Medikamentöse Therapie der Neuroendokrinen Tumoren - Update Prof. Dr. med. Marianne Pavel Charité - Campus Virchow Klinikum, Med. Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie Neuroendokrine Neoplasmen (NEN) stellen eine heterogene Gruppe von Tumoren dar. Grundlegende Kriterien für die Therapieentscheidung schließen Histologie (Grading), Funktionalität und Primärtumorlokalisation ein. Zu den medikamentösen Therapieoptionen gehören Somatostatinanaloga (SSA), Interferon-alpha (IFN), systemische Chemotherapie, neue molekularzielgerichtete Therapien (Sunitinib, Everolimus) und die Peptidradiorezeptortherapie (PRRT). SSA und IFN sind zugelassen für funktionell aktive Tumoren, während Sunitinib und Everolimus die einzigen zugelassenen antiproliferativen Therapien darstellen. Die Zulassung ist beschränkt auf pankreatische NET. Die Streptozotocin-basierte Chemotherapie stellt aufgrund der langjährigen positiven Erfahrungen und potentiell zu erzielender partieller Remissionen progredienten eine pankreatischen Standardtherapie NET dar (Pavel und et Erstlinientherapie al. ENETS bei Leitlinien, Neuroendocrinology 2012). Komparative Studien zu den Systemtherapien (insbes. Molekulare vs. Chemotherapie in der Erstlinie) fehlen bisher. Zahlreiche weitere molekular-zielgerichtete Therapien (z.B. Bevacizumab, Sorafenib, EGFR- und IGFR Antikörper) sind in klinischer Evaluierung in Mono- und Kombinationstherapie-Studien Ergebnisse von Monotherapiestudien • Multivariate analysis including biomarkers in the phase III RADIANT-2 study of octreotide LAR plus everolimus (E+O) or placebo (P+O) among patients with advanced neuroendocrine tumors (NET). (Abstract #4014) J Yao In der RADIANT-2 Studie wurden 429 Patienten mit fortgeschrittenen und innerhalb von 12 Monaten progredienten NET mit Karzinoid-Syndrom mit Everolimus + Octreotid LAR vs. Placebo + Octreotid LAR behandelt. Es bestehen Diskrepanzen zwischen zentraler und lokaler radiologischer Analyse, wobei beide Analysen konsistent eine Verlängerung des PFS im Vergleich zu Placebo zeigten. Der primäre Endpunkt (PFS nach zentr. radiolog. Analyse) wurde knapp verfehlt (Pavel et al, Lancet 2011). In der 1 multivariaten Analyse wurde adjustiert für Imbalanzen in der Studie, das Ergebnis stützt die Wirksamkeit von Everolimus (HR 0.63, p<0.003). • RAMSETE: A single-arm, multicenter, single-stage phase II trial of RAD001 (everolimus) in advanced and metastatic silent neuro-endocrine tumours in Europe. (Abstract #4122, Pavel et al). In dieser Studie wurde Everolimus als Monotherapie bei non-funktionellen nicht-pankreatischen NET (21 Foregut, 21 Midgut, 4 Hindgut, 14 CUP) eingesetzt, um die Effektivität bei einer weiteren Subpopulation die nicht in RADIANT-2 (NET mit Karzinoid-Syndrom) und RADIANT-3 (Pankreatische NET) erfasst wurde, zu untersuchen. Primärer Endpunkt war das Tumoransprechen in der zentralen radiolog. Analyse. Objektive Remissionen wurden nicht beobachtet. Nach voraus gegangenem Progress hatten 55% der Patienten eine stabile Erkrankung. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 6.2 Monaten. Die RADIANT-4 Studie (Everolimus vs. Placebo bei nicht-funktionellen pulmonalen und gastrointestinalen NET) wird den Stellenwert der Everolimus-Monotherapie bei GI- und Lungen-NET weiter untersuchen • Multicenter phase II trial of temsirolimus (TEM) and bevacizumab (BEV) in pancreatic neuroendocrine tumor (PNET): Results of a planned interim efficacy analysis. (Abstract #4047 T Hobday, et al) Die Interimsanalyse von 25 Patienten mit progredienten NET mit Primärtumorsitz im Pankreas zeigt eine beeindruckend hohe Responserate von 52% und ein medianes PFS von 13 Monaten. Im CALGB Trial (80701) wird Everolimus vs. Everolimus + Bevacizumab weiter untersucht. • A multi-institutional phase II open-label study of AMG 479 in advanced carcinoid and pancreatic neuroendocrine tumors. (Abstract #4125, Matthew Kulke, MD, MMSc 60 Patienten mit innerhalb von 12 Mon. progredienten NET (je 30 „Karzinoide und 30 pankreatische NET) wurden mit Ganitumab (AMG479), einem humanen monoklonalen AK gegen den IGF_R behandelt. 34 Patienten erhielten eine begleitende Octreotid-Therapie. Der primäre Endpunkt war das objektive Tumoransprechen. Tumorremissionen wurden nicht erzielt. In der Monotherapie hat dieser Ansatz keine weitere Bedeutung. 2 • Treatment of advanced neuroendocrine tumors: Results of the UKINETS and NCRI randomized phase II NET01 (STZ + CAP vs. STZ+CAP+Cis) trial (P Corrie et al, Abstract #4121) 86 Patienten wurden randomisiert auf Capecitabin + Streptozotocin (n=44) und Capecitabin + Streptozotocin + Cisplatin (n=42). Primärer Endpunkt war Tumorresponse. Diese lag mit 7.5 bzw. 13.2% unter den in der Literatur berichteten Responseraten. Die Dreifachtherapie ist der Zweifachtherapie (ohne Platin) nicht überlegen. Limitationen sind fehlende Angaben über den Progressionsstatus bei Studieneinschluss und heterogenes Patientengut (Pankreas, Foregut, CUP) sowie unterschiedliches Grading einschließlich G3 NEC • Efficacy and safety of bevacizumab combined with chemotherapy in the treatment of patients with metastatic well-differentiated duodeno-pancreatic endocrine tumors (BETTER study). (Abstract #4036, M Ducreux et al) Mit dieser Therapie (Chemotheraoie mit STZ/5-FU gefolgt von Bevacizumab) wurde eine erstaunlich hohe Responserate (56%) erzielt, obwohl die minimale Zeit der Chemotherapie 6 Mon betrug und diese dann Untersucherabhängig fortgeführt wurde. Auch das mediane Progressionsfreie Überleben war mit knapp 24 Monaten erstaunlich lang. • Efficacy and safety of bevacizumab combined with capecitabine in progressive, metastatic well differentiated digestive endocrine tumors (BETTER study). (Abstract #4071; E Mitry et al) Auch bei GI NET wurde durch Kombination einer Chemotherapie (Capecitabin) mit Bevacizumab ein zufriedenstellendes Tumoransprechen erzielt (69% SD, 18% PR) mit einem medianen PFS von gut 23 Monaten. Das Therapiekonzept scheint erfolgversprechend und bedarf einer Evaluierung an größeren Patientenzahlen • Predictive and prognostic factors for treatment and survival in 305 patients with advanced GI poorly differentiated neuroendocrine carcinoma. (Abstract H. Sorbye et al): Diese große retrospektive Analyse weist auf ein kurzes medianes PFS von 4 Monaten und ein medianes Überleben von 11 Monaten unabhängig vom verwendeten Chemotherapieregime (CIS/ETO, CARBO/ETO; CARBO/ETO/VINCRISTIN) hin. Prognostische Faktoren inkludieren Performance status, Primärtumorsitz (pankreatische günstiger als 3 kolorektale NET), Ki67, LDH, Thrombozyten. Die Analyse verdeutlicht den dringenden Bedarf an optimierten Therapiekonzepten 4