Ruhr-Universität Bochum PD Dr. med. K.-D. Rupp Dienstort: Universitätsklinikum Münster Klinik und Poliklinik für Allgemeine Chirurgie Chirurgie des kolorektalen Karzinoms – Therapieergebnisse und prognostische Faktoren Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Marion Hölter aus Waltrop 2003 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Priv.-Doz. Dr. med. D. Rupp Korreferent: Prof. Dr. med. Viebahn Tag der mündlichen Prüfung:09.11.2004 2 Widmung: Meinen Eltern Gerda und Josef Hartmann und meinem Mann Olaf Hölter 3 1. Einleitung .................................................................................................. 6 1.1 Epidemiologie......................................................................................................... 6 1.2 Ätiologie ................................................................................................................. 7 1.3 Pathologie/Tumorstadium....................................................................................... 8 1.4 Klinik und diagnostische Verfahren ..................................................................... 11 1.4.1 Symptomatik.................................................................................................. 11 1.4.2 Präoperative Diagnostik................................................................................. 11 1.4.3 Chirurgische Therapie.................................................................................... 13 1.4.4 Komplikationen ............................................................................................. 15 1.4.5 Chemo- und Radiotherapie ............................................................................ 16 1.5 Zielsetzung............................................................................................................ 19 2. Material und Methode ............................................................................. 20 2.1 Patientenkollektiv ................................................................................................. 20 2.2 Datenerfassung...................................................................................................... 21 2.3 Follow-up.............................................................................................................. 22 2.4 Statistische Methoden ........................................................................................... 23 3. Ergebnisse ............................................................................................... 24 3.1 Tumorlokalisation................................................................................................. 24 3.2 Symptomatik ......................................................................................................... 25 3.3 Präoperative Diagnostik........................................................................................ 26 3.3.1 Rektoskopie ................................................................................................... 26 3.3.2 Körperliche Untersuchung............................................................................. 27 3.3.3 Sonographie ................................................................................................... 27 3.3.4 Computertomographie ................................................................................... 28 3.3.5 Coloskopie ..................................................................................................... 29 3.4 Tumormarker ........................................................................................................ 29 3.5 Operationsverfahren.............................................................................................. 30 3.6 Stadieneinteilung des Patientenkollektivs nach UICC ......................................... 31 3.7 Histopathologischer Tumortyp und Grading ........................................................ 32 3.8 Postoperative Komplikationen/perioperative Letalität ......................................... 33 3.9 Outcome des Patientenkollektives nach chirurgischer Therapie .......................... 34 3.9.1 Gesamtgruppe ................................................................................................ 35 4 3.9.2 OP-Erfolg....................................................................................................... 36 3.9.3 Einfluß klinischer und histopathologischer Parameter auf die Überlebensrate in Form univariater Analysen ........................................................................ 37 3.9.3.1 Geschlecht............................................................................................... 37 3.9.3.2 Alter ........................................................................................................ 38 3.9.3.3 Differenzierungsgrad .............................................................................. 39 3.9.3.4 Tumorgröße ............................................................................................ 40 3.9.3.5 Erhöhte präoperative CEA-Level ........................................................... 41 3.9.3.6 Tumor-Stadium....................................................................................... 42 3.9.3.7 Tiefe der Wandinfiltration ...................................................................... 43 3.9.3.8 Lymphknotenmetastasen ........................................................................ 44 3.9.3.9 Radikalität der Operation........................................................................ 45 3.9.3.10 Tumorlokalisation................................................................................. 46 3.9.4 Bestimmung unabhängiger prognostischer Parameter mittels multivariater Analyse (Cox-Regressions-Modell) .............................................................. 47 4. Diskussion ............................................................................................... 47 5. Zusammenfassung................................................................................... 53 6. Literatur................................................................................................... 54 7. Danksagung............................................................................................. 57 8. Lebenslauf ............................................................................................... 58 5 1. Einleitung 1.1 Epidemiologie Die kolorektalen Karzinome zählen zu den häufigsten bösartigen Neubildungen in der BRD. Seit den 50er Jahren wird eine kontinuierliche Zunahme der Neuerkrankungen beobachtet (1, 3); die Inzidenz hat sich von 1960 bis 1980 nahezu verdoppelt (4). Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes lag die Zahl der Neuerkrankungen 1997 bei 50.000 Patienten in der BRD (4); europaweit erkranken jährlich ca. 300.000 Patienten an einem kolorektalen Karzinom (5). Nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Datenerfassung in den alten und neuen Bundesländern schwanken die Angaben zur Inzidenz der kolorektalen Karzinome zum Teil beträchtlich. Aus dem Saarland liegen bezüglich der alten Bundesländer die zuverlässigsten Daten vor. Hier wird die Inzidenz für die Frauen mit 45,5 und für die Männer mit 38,5 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner und Jahr angegeben (7). Das Lebenszeitrisiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken, liegt bei 4 –6% (4, 5). Die kolorektalen Karzinome nehmen in der Häufigkeitsverteilung bei den Männern den zweiten Rang nach dem Bronchial-Karzinom und bei den Frauen nach dem MammaKarzinom ein (1), wobei das kolorektale Karzinom in einigen Untersuchungen sogar die Häufigkeit des Mamma-Karzinoms beim weiblichen Geschlecht übersteigt (5, 3). Auch die Angaben bezüglich der Mortalität differieren: 1998 wurden durch das Tumorzentrum München 29,9 Sterbefälle/100.000 Einwohner bei den Frauen und 22,8 Sterbefälle/100.000 Einwohner bei den Männern angegeben (7); aus dem gleichen Zeitraum existieren Angaben von 30,8/100.000 beim weiblichen Geschlecht und 33,7/100.000 Einwohner beim männlichen Geschlecht (1). 1996 verstarben in der BRD über 30.000 Menschen an einem kolorektalen Karzinom. Insgesamt rangieren die kolorektalen Karzinome damit an zweithäufigster Stelle der tumorbedingten Todesursachen in der BRD; wobei sich kaum Unterschiede in der Geschlechtsverteilung erkennen lassen (1, 4, 5). Die kolorektalen Karzinome müssen in der Zusammenfassung aller Daten als Erkrankung des höheren Lebensalters betrachtet werden (1, 4, 6). Die Mehrheit der Patienten ist über 50 Jahre alt; der Erkrankungsgipfel liegt bei ca. 65 Jahren (7).Nur 5% 6 der Patienten, die an einem kolorektalen Karzinom erkranken, sind jünger als 43 Jahre (7). In dieser Altersgruppe liegen häufiger prädisponierende Faktoren wie z.B. eine Colitis ulcerosa, ein M. Crohn oder eine Polyposis coli vor (6). 1.2 Ätiologie Es wird angenommen, dass 90% der kolorektalen Karzinome aus adenomatösen Polypen entstehen. Die Entwicklung eines Karzinoms aus einem Adenom erfolgt über eine typische Abfolge molekulargenetischer Veränderungen; diese Veränderungen beinhalten beispielsweise die Aktivierung von Onkogenen wie dem K-ras-Gen oder aber auch den Verlust der Genfunktion von Tumor-Supressorgenen wie dem p 53-Gen, dem DCC-Gen (deleted in colorectal cancer), dem MCC-Gen (mutated in colorectal cancer) und dem APC-Gen (adenomatous polyposis coli). Die Dauer der Karzinomentstehung wird dabei auf ca. 10 –15 Jahre eingeschätzt. Die karzinogene Potenz der Adenome ist abhängig von der Adenomgröße, dem histologischen Typ und insbesondere vom Dysplasiegrad. Die Entartungstendenz steigt mit der Adenomgröße und dem Grad der Dysplasie. Tubuläre Adenome haben eine geringere karzinogene Potenz als villöse Adenome; die tubulovillösen Polypen nehmen eine Zwischenstellung ein (1, 6, 4). Neben der Adenom-Karzinom-Sequenz werden eine Vielzahl anderer Faktoren, die die Entstehung eines colorektalen Karzinoms begünstigen sollen, diskutiert. Die Beobachtung, dass die Inzidenz des kolorektalen Karzinoms in Zentralafrika und Südamerika niedrig, in den westlichen Ländern hingegen hoch ist, legt den Verdacht auf eine Beteilung exogener Faktoren nahe. So soll sich das Risiko, an einem colorektalen Karzinom zu erkranken, bei Auswanderern aus Ländern mit niedriger Inzidenz in solche mit einer höheren Erkrankungsrate schon innerhalb einer Generation an die Inzidenz des neuen Heimatlandes anpassen (1, 3). Bei der Ernährung wird einem hohen Faseranteil bei gleichzeitig niedriger Fett- und Fleischzufuhr eine protektive Wirkung zugeschrieben. So soll eine faserreiche Kost die Kolontransitzeit und somit die Einwirkungszeit von Karzinogenen verkürzen; ein hoher Fettanteil in der Nahrung führt hingegen zur vermehrten Bildung von Cholesterol und seinen Metaboliten, denen eine karzinogene Wirkung zugeschrieben wird (1, 3). Daneben werden auch Alkohol, Tabak und Übergewicht eine negative Wirkung zugeschrieben. Eine sichere protektive Wirkung von Vitamin C, Acetylsalicylsäure und 7 NSAR gilt als nicht bewiesen(1). Ob ein gesteigerter enterohepatischer Umsatz an Gallensäuren bei Patienten nach Cholezystektomie die Inzidenz erhöht, wird ebenfalls widersprüchlich beurteilt (1, 6, 3). Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht außerdem für Patienten mit einer autosomal dominant vererbten FAP (familiäre polyposis coli), bei denen es durch eine Störung der Proliferation und Differenzierung der Darmmucosa zum Auftreten vieler hundert Adenome kommt. Nahezu alle Patienten mit einer FAP entwickeln ein Karzinom (1). Generell nimmt man an, dass bei 6 – 13% aller an einem kolorektalen Karzinom erkrankten Patienten eine autosomal-dominant vererbte Tumorprädisposition vorliegt (HNPCC = hereditary non-polyposis colorectal cancer oder Lynch-Syndrom) (1). Bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist die Entwicklung von Dysplasien der Darmmucosa infolge des langandauernden entzündlichen Reizes begünstigt. Patienten mit einer Colitis ulcerosa haben ein gegenüber der Normalbevölkerung ca. 30 fach erhöhtes Risiko an einem colorektalen Karzinom zu erkranken, für Patienten mit einem M. Crohn wird ein 10 fach erhöhtes Risiko angenommen. Abhängig ist die Karzinomentstehung dabei von der Erkrankungsdauer und dem lokalen Ausmaß (1, 7, 6). 1.3 Pathologie/Tumorstadium Von den zahlreichen histologischen Tumortypen und tumorähnlichen Läsionen entfallen über 90% der benignen Neubildungen auf die epithelialen, primär nicht malignen Neoplasien, die sog. Adenome. Tubuläre Adenome machen 60-70% der Adenome aus und sind aus verzweigten, in die Lamina propria eingebetteten , Tubuli aufgebaut. Villöse Adenome, ca. 10%, zeigen fingerförmige zottenartige Protuberanzen der Lamina propria, die durch ein neoplastisches Epithel begrenzt werden. 20-30% der Adenome werden als tubulovillös bezeichnet. Bei diesen müssen die villösen Anteile mehr als 20% der Tumormasse ausmachen. Die mittlere Größe der Adenome nimmt in der Reihenfolge tubulär, tubulovillös, villös zu, wobei die Größe der Adenome direkt mit der Entartungsmöglichkeit korreliert. Die zelluläre Differenzierung ist in allen drei Adenomtypen gleich; die Zellkerne erscheinen dunkler und größer und zeigen eine Pleomorphie, die Anzahl der Mitosen ist erhöht, die Schleimbildung oft vermindert. Gelegentlich lassen sich Paneth-Zellen, enterochromaffine Zellen und 8 Plattenepithelmetaplasien nachweisen. Zelluläre Atypien und strukturelle Anomalien werden als Dysplasien bezeichnet. 60-80% der Adenome haben geringe Dysplasien, 1030% mäßige und 10% zeigen schwere Dysplasien. Schwere Dysplasien finden sich signifikant häufiger in großen Adenomen und umso häufiger, je größer der villöse Anteil ist. Der Anteil schwerer Dysplasien soll nach einigen Untersuchungen außerdem größer bei Adenomen des linken Colons als bei solchen des rechten Colonanteils sein (6) und steigt mit der Anzahl der Adenome pro Patient und mit dem Alter des Patienten. Penetriert ein neoplastischer Prozeß per continuitatem die Muscularis mucosae und infiltriert die Tunica submucosa, so liegt ein invasives Karzinom vor. Um solche Invasionszonen in adenomatösen Polypen nachzuweisen, ist eine komplette Entfernung des Polypen notwendig. Polypektomiepräparate sollten dann in etwa 5 mm dicken Scheiben in toto eingebettet werden und in großen Stufen geschnitten werden. Von einem solchen invasiven Wachstum muß man die sog. Pseudokarzinomatöse Invasion abgrenzen. Hierbei handelt es sich um eine Verlagerung von Drüsen in die Submucosa gestielter Adenome, wahrscheinlich infolge einer Stieldrehung und traumatischer Herniation. Im Gegensatz zur „echten“ karzinomatösen Invasion stehen die verlagerten Drüsen nicht in Verbindung mit der Polypenoberfläche, sind oft zystisch erweitert und der zytologische Atypiegrad des Epithels reicht nicht über denjenigen des Epithels an der Polypenoberfläche hinaus. Begleitend sieht man im Polypenstiel häufig Hämosiderinablagerungen und entzündliche Infiltrate; auch die typische desmoplastische Stromareaktion fehlt. Insbesondere auch tangentiale Schnitte durch unregelmäßige basale Drüsen können eine karzinomatöse Invasion vortäuschen. Unter den malignen kolorektalen Tumoren sind die Adeno-Karzinome mit ca. 90% die häufigsten. Machen mehr als 50% der Tumormasse Muzinsubstanzen aus, so spricht man von muzinösen Adeno-Karzinomen; sind über 50% der Tumormasse aus klassischen Siegelringzellen aufgebaut so werden sie als Siegelringzellkarzinome bezeichnet. Am übersandten, in der Regel formalinfixierten OP-Präparat sollte der Pathologe neben der histologischen Klassifikation des Tumors zur Infiltrationstiefe in der Darmwand, der Anzahl befallener Lymphknoten, zum Tumoreinbruch in Blutgefäße, Lymphgefäße und Perineuralscheiden, zum Differenzierungsgrad und zur Tumorfreiheit bzw. Tumorbefall des oralen, aboralen und lateralen Resektionsrandes Stellung nehmen. Bei entsprechend sorgfältiger Aufarbeitung und gegebenenfalls unter Anwendung besonderer Färbetechniken kann eine Lymphangiosis carcinomatosa der Darmwand relativ häufig 9 beobachtet werden. Die lymphatische Metastasierung erfolgt anterograd direkt von Lymphknoten zu Lymphknoten. Sind Lymphknotenstationen tumorüberladen und der proximale Lymphabflußweg blockiert, so kann es auch zu einer sog. retrograden Metastasierung kommen. Karzinome im unteren Rektumdrittel metastasieren auch nach distal bzw. inguinal. Da die Wahrscheinlichkeit, tumorbefallene Lymphknoten zu entdecken, mit der Zahl der untersuchten Lymphknoten steigt, wird eine Mindestzahl von 12 untersuchten regionären Lymphknoten gefordert. Entsprechend dem venösen Abfluß über die Pfortader ist die Leber das erste Metastasierungsorgan. Tiefsitzende Rektum-Karzinome können entsprechend dem Abfluß über die V. cava inferior auch bevorzugt pulmonale Filiae verursachen. Daneben sind andere Metastasierungsorte wie das Skelettsystem, das Gehirn, das Peritoneum und nicht regionäre Lymphknoten zu erwähnen. All diese, durch den Pathologen und den Kliniker erhobenen Daten gehen in das Staging bzw. den Differenzierungsgrad betreffend in das Grading ein. Die Stadiengruppierung kolorektaler Karzinome erfolgt heute nach der von der UICC übernommenen TNM-Klassifikation, die ältere Schemata wie das von Dukes und seine zahlreichen Modifikationen z.B. durch Astler und Coller weitgehend abgelöst hat (s. Tabelle 1) (1, 2, 3, 6, 7, 8). Tabelle 1: Stadiengruppierungkolorektaler Karzinome T x: 0: Tis: T1: T2: T3: T4: Jedes T Primärtumor (T) kann nicht beurteilt werden Kein Anhalt für T Carcinoma in situ infiltriert Submukosa T infiltriert Muscularis propria T infiltriert durch die Muscularis propria in die Subserosa oder in nichtperitonealisiertes perikolisches oder perirektales Gewebe N x: 0: 0 0 0 0 T perforiert das viszerale 0 Peritoneum oder infiltriert direkt in andere Organe oder Strukturen N1: N2: N3: UICC Dukes Astler Coller I A A B1 II B B2 Regionäre Lymphknoten (LK) können nicht beurteilt werden Keine regionären LK-Metastasen 0 Metastasen in 1-3 perikolischen bzw. perirektalen LK Metastasen in 4 oder mehr perikolischen oder perirektalen LK Metastasen in LK entlang eines Gefäßstammes C1 (wenn T1 oder T2) III C --------------C2 (wenn T3 oder T4) Ohne Metastasen = MO Mit Fernmetastasen = M1 mit jedem T und N = TNM-Stadium IV (oder Dukes D) 10 1.4 Klinik und diagnostische Verfahren 1.4.1 Symptomatik Das wohl häufigste Symptom kolorektaler Karzinome sind intermittierende Blutungen. Bei den distal gelegenen Tumoren werden diese Blutungen häufig durch den Patienten selbst als Blutauflagerung auf dem Stuhl oder Blutspur am Toilettenpapier bemerkt. Eher proximal lokalisierte Tumore führen dagegen häufig zu okkulten Blutungen die, wenn nicht im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung durch den Hämocculttest zufällig diagnostiziert, erst als Spätsymptom in Form von Befindungsstörungen (Müdigkeit, Schwäche, Dyspnoe) als Folge einer Anämie manifest werden. Daneben sollte jede länger andauernde Änderung der Stuhlgewohnheiten, wie z.B. Obstipation, Wechsel zwischen Obstipation und Diarrhoe, Bleistiftstuhl etc. als wichtiges Warnsymptom beachtet werden. Schmerzen sind dagegen ein weniger häufig beobachtetes Symptom und treten eher bei fortgeschrittenen infiltrierenden Prozessen auf. Daneben sind noch seltene Symptome bei Mitbeteiligung anderer Organe zu erwähnen, wie z. B. eine Pneumaturie bei rekto-urethraler Fistel oder Stuhlabgang über die Vagina bei rekto-vaginaler Fistelbildung. Sehr tief sitzende Rektum-Karzinome können auch zu einer Affektion des Sphinkter-Organs und/oder zu einem Fremdkörpergefühl führen. Die Rate der Obstruktionen und damit die akute Symptomatik in Form eines Ileus nimmt mit der Distanz ab ano zu. Seltenere, zu einer akuten Symptomatik führende Komplikationen sind die Tumor-Perforation mit kotiger Peritonitis und massive Tumorblutungen mit hämodynamischer Wirksamkeit. Wie bei allen Malignomen können unspezifische Symptome wie Inappetenz, Leistungsknick und Gewichtsverlust auftreten (7, 6, 5, 3, 1, 8). 1.4.2 Präoperative Diagnostik Zu Beginn sollte neben einer ausführlichen Erhebung der Anamnese eine gründliche körperliche Untersuchung, insbesondere auch mit Inspektion des Analbereichs und digitaler Austastung des Rektums, durchgeführt werden. Hierbei können sicher 11 abhängig von der Erfahrung des Untersuchers, bereits 50 – 60% der Rektum-Karzinome erfaßt werden (1). Zu den Standardverfahren gehört daneben im Rahmen der Vorsorge die Untersuchung des Stuhls auf occultes Blut. Diese beruht auf einem chemischen oder immunologischen Nachweis von Hämoglobin oder dessen Abbauprodukten im Stuhl. Auch wenn in großen Untersuchungen ca. 1/3 der Patienten mit gesichertem Karzinom ein negatives Testergebnis aufwiesen gilt die fäkale occulte Bluttestung als geeignete Screeningmaßnahme mit einer Senkung der Mortalität um 23%. Es wurden in getesteten Populationen vermehrt frühe Tumorstadien gefunden als in nicht getesteten Kontrollgruppen (1, 4, 5, 6). Zu den obligatorischen präoperativen Untersuchungen gehört die Coloskopie. Abhängig vom Sauberkeitsgrad des Darms sind per Coloskopie auch kleine Veränderungen der Schleimhaut des gesamten Colon gut erkennbar, es besteht die Möglichkeit zur Abtragung von Polypen und insbesondere zur Probengewinnnung zwecks histologischer Sicherung eines Malignoms. Auch bei bereits durch Rektoskopie oder Sigmoidoskopie gesichertem Karzinom muß zum Ausschluß eines synchronen Zweitkarzinoms eine komplette Coloskopie durchgeführt werden. Bei Rektum-Karzinomen wird zur exakten Höhenbestimmung, welche entscheidend für die Verfahrenswahl ist, die starre Rektoskopie der flexiblen vorgezogen. Aufgrund der hohen Spezifität und Sensitivität ist die Effizienz der Coloskopie auch als Screeningverfahren gesichert; sie soll zu einer Senkung der Mortalität von 60-80% führen (1, 4, 5, 6). Ist eine Passage des Tumors aufgrund einer filiformen Stenose nicht möglich, können die übrigen Colonabschnitte durch eine radiologische Zusatzdiagnostik in Form eines Kontrasteinlaufs oder auch intraoperativ endoskopisch abgeklärt werden. Der Kolon-KE ist u.a. wegen der deutlich schlechteren Beurteilbarkeit des Schleimhautreliefs keine Alternative zur Coloskopie und sollte daher nur eingesetzt werden, wenn eine Coloskopie technisch nicht möglich ist (1, 5, 6). An weiteren möglichen bildgebenden Verfahren ist die Endosonographie zu erwähnen. Für den erfahrenen Untersucher ist hiermit eine relativ gute Beurteilung des Rektum und Pararektalraumes bis ca. 20 cm ab ano möglich (1). Die percutane Sonographie dient präoperativ fast ausschließlich der Beurteilung intraabdomineller Lymphknoten und vor allem der Suche nach Leberfiliae (1, 6). Auch die Computertomographie wird zur Beurteilung der lokalen Tumorausdehnung, zum Lymphknotenstaging und zum Nachweis von Fernmetastasen eingesetzt. Eine 12 exakte Festlegung der Infiltrationstiefe ist auch mit diesem bildgebenden Verfahren nicht möglich. Die Computertomographie führt häufig zu einer Unterschätzung der wahren Tumorausdehnung, da geringfügige Infiltrationen nicht nachgewiesen werden können; perifokale Entzündungen führen dagegen nicht selten zu einer Überschätzung der Infiltrationstiefe (1, 6). Ähnliche Probleme sind auch bei der Kernspintomographie zu berücksichtigen. Ihre Vorteile liegen in der fehlenden Strahlenbelastung und Kontrastmittelgabe. Gut geeignet ist die Methode bei wandüberschreitendem Wachstum zur Beurteilung einer Infiltration von Nachbarorganen und des Kontinenzapparates. Auch bei der Darstellung der Beziehung eines Tumors zu den benachbarten Gefäßstrukturen, zum Beispiel bei geplanter Lebermetastasenresektion, ist die Kernspintomographie der CT überlegen (1, 6). Zur präoperativen Standarddiagnostik gehört außerdem die Bestimmung der serologischen Tumor-Marker CEA und CA 19-9. Nicht zuletzt aufgrund einer Sensitivität von nur 50-60% dient die Bestimmung der Tumor-Marker vorrangig der Tumor-Nachsorge von Patienten mit präoperativ erhöhten Werten. Hier ist bei über 50% der Patienten ein Wiederanstieg der Tumor-Marker der erste Indikator des Rezidivs und kann der Manifestation um Monate vorausgehen. Ein Absinken präoperativ erhöhter Werte kann außerdem als Indikator für die Effektivität des chirurgischen Eingriffs gewertet werden (1, 2, 6). Neben den genannten Untersuchungsverfahren werden außerdem Routinelaborparameter (Blutbild, Gerinnung, Nierenwerte, Transaminasen, Elektrolyte) bestimmt und eine Röntgenaufnahme des Thorax angefertigt. In Ausnahmefällen müssen beispielsweise urologische oder gynäkologische Konsiliaruntersuchungen durchgeführt werden. 1.4.3 Chirurgische Therapie Der einzig kurative Therapieansatz besteht primär in der operativen Beseitigung des Primärtumors en bloc zusammen mit dem zugehörigen Lymphabflußgewebe. Die Metastasierung colorektaler Karzinome erfolgt vorrangig lymphogen. Die Lymphabflußwege entsprechen der arteriellen Versorgung. Das Ausmaß der Kolonresektion wird nicht von der Infiltrationstiefe des Tumors in die Darmwand, 13 sondern von dem nach zentraler Gefäßligatur zu entfernenden Lymphabflußgebiet bestimmt. Voraussetzung für eine risikoarme Anastomosierung ist eine komplette präoperative mechanische Darmreinigung. Diese wird per orthograder Darmspülung, die heute wegen der geringeren Volumenbelastung des Kreislaufs mit polyäthylenglykolhaltigen Lösungen durchgeführt wird, erreicht. Hochgradig stenosierende Tumore oder Notfalleingriffe bei Ileus, Tumorperforation oder schwerer Blutung gelten als Kontraindikationen dieser Methode. In diesen Fällen wird eine intraoperative Darmspülung mittels eines in das Zökum eingeführten Katheters in Form einer sogenannten Jet-Lavage mit hohen Durchflussmengen durchgeführt. Präoperativ wird mit Einleitung der Anästhesie in der Regel eine systemische Antibiotikatherapie zur Vermeidung von Wundinfekten verabreicht. Hier wird eine single shot-Gabe z.B. Cephalosporin + Metronidazol als ausreichend beurteilt. Außerdem erfolgt stets die Einlage eines Blasenkatheters, der bei Eingriffen im kleinen Becken bei leerer Blase einen besseren Zugang erlaubt und daneben der Anästhesie eine kontinuierliche Kontrolle der Diurese gewährleistet. Ist die Anlage eines Anus präter geplant, so sollten für eine optimale Stomalokalisation präoperativ die Bauchhautverhältnisse im Liegen, Sitzen und Stehen beurteilt werden und die spätere Position angezeichnet werden. Nach Eröffnen der Abdominalhöhle erfolgt dann zunächst ein intraoperatives Staging mit Beurteilung der lokalen Operabilität, Inspektion des gesamten Abdomens, bimanueller Palpation beider Leberlappen und ggf. intraoperativer Sonographie der Leber. Die operative Resektion sollte auch bei ausgedehnter Metastasierung mit palliativer Indikation zur Vermeidung späterer Tumorkomplikationen angestrebt werden. Gegebenenfalls muß man sich zu einer multiviszeralen Resektion bei adhärenten fixierten Organen entschließen; ob eine tumoröse oder entzündliche Konvolutbildung vorliegt, läßt sich weder inspektorisch noch palpatorisch sicher entscheiden. Es erfolgt dann die Resektion des tumortragenden Kolonabschnitts unter zentralem Absetzen des versorgenden Gefäßes und Mitnahme des Lymphabflußgebietes mit Dissektion entlang der entsprechenden Stammgefäße. Bei den Rektum-Karzinomen hängt die Verfahrenswahl von der Höhenlokalisation des Tumors ab. Bei Lage des Tumors im oberen Rektumdrittel ( 12 – 15 cm ab ano) wird eine anteriore Rektumresektion durchgeführt, auch im Bereich des mittleren Rektumdrittels (7-11 cm ab ano) gelingt in der Regel eine kontinenzerhaltende Operation mittels tiefer anteriorer 14 Resektion. Ist der Tumor im unteren Rektumdrittel ( bis 6 cm ab ano) gelegen, so ist auch hier, vor allem für kleine Tumore unter Wahrung eines entsprechenden Sicherheitsabstands, eine kontinenzerhaltende tiefe anteriore Resektion möglich; in den übrigen Fällen wird dann eine abdomino-perineale Rektumextirpation mit Anlage eines Anus präter durchgeführt. Alternativ kommen hier lokale Exzisionen für low-riskKarzinome (d.h. Tumor kleiner 3cm, mäßiger oder guter Differenzierungsgrad, uT1, uN0 , fehlender Nachweis von Schleimbildung resp. Siegelringzellen, fehlende Invasion in Lymphgefäße, Venen und Perineuralscheiden) in Frage. Laparoskopische OP-Verfahren gewinnen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Generell gilt für die operativen Maßnahmen die sog. No-touch-Technik nach Turnbull zur Vermeidung introperativer Tumorzelldissemination. Hierzu gehört die präliminäre Ligatur zu- und abführender Gefäße, die orale und aborale Ligatur des zu resezierenden Kolonabschnitts sowie die Minimierung von Manipulationen direkt am Tumor. Abschließend erfolgt die Inspektion des OP-Gebietes auf Bluttrockenheit und ggf. entsprechende Blutstillung sowie die ausgiebige Spülung des OP-Gebietes evtl. auch mit cytociden Lösungen und die Einlage entsprechender Drainagesysteme. Als Notfalleingriff bei Tumorperforation mit ausgedehnter Peritonitis, bei dekompensiertem Ileus oder als Palliativmaßnahme wird auch heute noch die Diskontinuitätsresektion nach Hartmann durchgeführt. Neben den klassischen Sigmaresektionen mit Blindverschluß des Rektums und Ausleitung des Colon descendens als endständiges Stoma werden hierunter auch Diskontinuitätsresektionen des Rektum subsummiert. Bei gesicherter Tumorfreiheit bietet sich hier die Möglichkeit einer Rückverlagerung des Anus präter; heute wird diese meist erst nach 6 Monaten im Sinne einer second look OP angeschlossen. Bei lokaler Inkurabilität bieten sich außerdem therapeutische Möglichkeiten im Sinne einer Deviationskolostomie, einer endoskopischen Palliation per Tumorablation mittels Laser-, Kryo- oder Elektrotherapie oder einer Stentimplantation ( 1, 5, 6, 7). 1.4.4 Komplikationen An möglichen Komplikationen ist neben den Wundinfekten und der postoperativen Nachblutung, wie sie bei allen chirurgischen Eingriffen auftreten können, v.a. die 15 Anastomoseninsuffizienz zu erwähnen. Generell gilt, je tiefer die Anastomose liegt, umso höher ist die Insuffizienzrate. So kann man sich bei potentiell gefährdeten Anastomosen wie z.B. sehr tiefen und technisch schwierigen Anastomosen nach Rektumresektion zu einer kurzfristigen inneren Schienung per dünnem Gummischlauch oder auch zu einem längerfristigem Schutz per protektivem Anus präter entscheiden. Bei symptomarmen Anastomoseninsuffizienzen mit lokal begrenztem entzündlichem Geschehen reicht in der Regel eine parenterale Ernährung in Kombination mit einer Antibiose als therapeutische Konsequenz aus. Komplizierte Insuffizienzen mit schwerer Peritonitis erfordern eine Relaparotomie mit Aufhebung der Anastomose, Nachresektion devitaler Darmanteile, Spülung der Bauchhöhle, Stomaanlage und evtl. Etappenlavage. Nach ausgeheilter Insuffizienz werden häufiger narbige Stenosen der Anastomose beobachtet. Solche narbigen Schrumpfungen lassen sich meist mittels endoskopischer Bougierung oder Laserinzision des Narbengewebes beheben. Gelegentlich erfordern sie auch eine operative Revision. Auch postoperative Darmischämien wegen unzureichender Perfusion der anastomosierten Kolonenden nach aortennahem durchtrennen des Stammgefäßes sowie Blutungen aus der Anastomose können zu einer Relaparotomie zwingen. Bei den tiefen Rektumresektionen können außerdem Blasenfunktionsstörungen sowie Störungen der Sexualfunktion durch intraoperative Zerstörung sympathischer oder parasympathischer Fasern auftreten. Bei abdominoperinealen Rektumextirpationen tritt häufig der Fall ein, dass das Beckenperitoneum nicht wieder verschlossen werden kann. Der Gefahr des Herabsinkens von Dünndarmschlingen mit nachfolgendem Ileus oder bei geplanter Radiotherapie möglichen Strahlenschäden des Dünndarms begegnet man durch Einbringen eines Kunststoffnetzes oder Anlage einer Netzplombe. Wird ein Kolostoma angelegt so muß hier auf absolute Spannungsfreiheit des Kolons geachtet werden, aber auch ein Durchhängen des Darms soll vermieden werden. Zu möglichen Komplikationen im Bereich des Stomas gehören Wundheilungsstörungen, Stomaausriss oder Retraktion, parastomale Hernien und Dermatitiden (1, 5, 6, 7). 1.4.5 Chemo- und Radiotherapie Das Ziel adjuvanter Therapiemaßnahmen ist, nach chirurgisch radikaler Tumoroperation, das rückfallfreie Überleben und/oder das Gesamtüberleben zu 16 verbessern. Vorraussetzung für diese Maßnahmen sind eine lokale R0-Situation bei gleichzeitigem Fehlen verifizierbarer Fernmetastasen. Außerhalb von Studien gilt die adjuvante Chemotherapie bei Kolon Karzinomen im Stadium UICC III als Standardtherapie. Im Stadium II ist der Nutzen bislang nicht gesichert, so dass hier eine Therapie außerhalb von Studien nicht indiziert ist. Gleiches gilt für immunzytologische Befunde von isolierten Tumorzellen in KM-Biopsien oder Lymphknoten sowie zytologische Tumorzellbefunde in Peritonealspülungen. Im Gegensatz zum KolonKarzinom, bei dem also lediglich der Nachweis von regionalen Lymphknotenmetastasen eine Indikation zur adjuvanten Chemotherapie darstellt, ist aufgrund der anatomischen Lage im kleinen Becken beim Rektum-Karzinom ab T3-N0Tumoren von einem erhöhten lokalen Rezidivrisiko auszugehen, so dass hier schon im Stadium UICC II eine Indikation besteht. Heute gilt eine 6 monatige Therapie mit 5 FU/Folinsäure niedrig dosiert nach dem Mayo-Protokoll als Standardtherapie. Eine gleichwertige Therapieoption ist die 8 monatige Applikation von 5 FU/Folinsäure nach dem Roswell-Park-Schema (s. Tabelle 2). Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine Therapie nach 6 Monaten ihre Wirksamkeit zeigt; eine längere Therapiedauer hingegen keinen Vorteil erbringt. Ein früher Beginn der Chemotherapie, spätestens 8 Wochen nach der Resektion, wir als sinnvoll angesehen. Die Kombination 5FU/Folinsäure gilt im allgemeinen als gut verträglich. Als mögliche Nebenwirkungen sind Mukositiden und Diarrhöe zu erwähnen. Knochenmarkstoxizität wird vor allem bei BolusProtokollen beobachtet. Haarausfall und Übelkeit stellen in der Regel kein größeres Problem dar. Bei Hochdosis-Protokollen hat man vergleichsweise häufiger ein Handfoot-Syndrom beobachtet, in Einzelfällen treten auch kardiotoxische Nebenwirkungen auf. Die Dauerinfusion gilt als signifikant nebenwirkungsärmer als die Bolustherapie. 17 Tabelle 2: Therapieschemata Therapieschemata (mod. Nach Moertel 1994[10]) 5-FU/Folinsäure („Mayo-Protokoll“) Folinsäure 20mg/m² i. v. Tag 1-5 5-Fluorouracil 425mg/m² i. v. Bolus Tag 1-5 Wiederholung Tag 29 für 6 Monate 5-FU/Folinsäure (RPCI-Protokoll/Roswell-Park-Cancer-Institute) Folinsäure 500mg/m² i. v. 5-Fluorouracil 500mg/m² i. v. Bolus 2h-Infusion Tag 1 Tag 1 Wiederholung wöchentlich für 6 Wochen, gefolgt von 2 Wochen Pause, insgesamt 4 Blöcke Die Strahlentherapie hat in der Primärtherapie des Kolon-Karzinoms praktisch keine Bedeutung. Beim Rektum-Karzinom wird sie als adjuvante Therapie in Form einer kombinierten Radiochemotherapie eingesetzt. Indiziert ist diese Therapie im Stadium UICC II ab einer Tumorgröße pT 3-4 unabhängig vom Tumorsitz, im Stadium UICC III, nach intraoperativem Tumoreinriss o. Einschnitt sowie nach R1- o. R2-Resektionen. In der primär neoadjuvanten Therapie wird die Bestrahlung bei lokal weit fortgeschrittenen, primär nicht kurativ operablen Tumoren (cT4), bei lokoregionären Rezidiven zur Tumorverkleinerung, bei geplanter radikaler Operation sowie generell zur Erleichterung von R0-Resektionen eingesetzt. In das Strahlenfeld werden Orte hoher Rezidivwahrscheinlichkeit eingeschlossen. Hierzu gehören die Sakralhöhle, das gesamte Sakrum, dorsale Anteile von Blase, Prostata oder Vagina, präsakrale und iliacale Lymphknoten bis zur Aortenbifurkation sowie nach Rektumamputation auch die Narbe am Perineum. Nach CT gestütztem Plan wird die Bestrahlung im Linearbeschleuniger mit mindestens 6-10 MV Photonen in einer isozentrischen 3- oder 4-Felder-Technik durchgeführt. Ziel ist das Erreichen einer maximalen Dosis im Tumorbett bei möglichst geringer Belastung gesunden Gewebes. Eine Einzeldosis von 1,8-2 Gy/die, fünf mal pro Woche verabreicht, gilt heute als die Dosis mit der höchsten therapeutischen Wirkung. Bei einer Gesamtdosis von 50 Gy hängt die Dosis im Tumorbett vom individuellen 18 Risikoprofil ab. Nach R0-Resektionen werden 5-6 Gy, nach R1- und R2-Resektionen 910 Gy, bei Lokalrezidiven vor geplanter Operation 10 Gy und bei Inoperabilität auch mehr als 10 Gy empfohlen. Nach der Radiochemotherapie in neoadjuvanter Absicht empfiehlt sich ein Intervall von 4-6 Wochen zur Operation, für die postoperative Strahlentherapie liegt der optimale Therapiezeitpunkt 4-6 Wochen nach der Operation, da ansonsten durch zunehmende Hypoxie und fibrotischen Gewebeumbau der optimale Bestrahlungseffekt gemindert wird. Das Ziel palliativer Therapiemaßnahmen ist die Lebensverlängerung bei erhaltener Lebensqualität. 5 FU/FS gilt auch in der palliativen Chemotherapie als Standardsubstanz. An weiteren wirksamen Substanzen stehen Topoisomerase IHemmer (Irinotecan), Oxaliplatin, spezifische Thymidylatsynthetasehemmer (Tomudex) und orale 5 FU-Prodrugs (z.B. Capecitabine) zur Verfügung. Nach primärer 5 FU/FS-Therapie und erneutem Progreß kann auch eine Verkürzung der Intervalle einen erneuten Stillstand herbeiführen. Irinotecan und Oxaliplatin sind auch bei 5 FU refraktären Tumoren wirksam. Die palliative Strahlentherapie wird bei inoperablen, im kleinen Becken weit fortgeschrittenen Tumoren, bei Lokalrezidiven, bei nachgewiesenen Fernmetastasen sowie auch zur Schmerzreduktion eingesetzt. Weitere Therapieansätze bieten Immuntherapien wie die aktive spezifische Immuntherapie mit inaktivierten patienteneigenen Tumorzellen in Kombination mit BCG oder die Gabe eines monoklonalen Antikörpers gegen spezielle Oberflächenantigene der Tumorzellen (Panorex) (1, 2, 5, 6, 7, 9, 10). 1.5 Zielsetzung Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer retrospektiven Studie 1.) das outcome der in unserer Klinik wegen eines colorektalen Karzinoms operierten Patienten mit den Ergebnissen anderer, auch größerer Studien zu vergleichen und somit unsere Therapieergebnisse kritisch zu betrachten und 2.) verschiedene klinische und histopathologische Parameter hinsichtich ihrer Wertigkeit als prognostische Faktoren zu überprüfen. 19 2. Material und Methode 2.1 Patientenkollektiv In dieser retrospektiven Studie sind 163 Patienten, die an einem kolorektalen Karzinom erkrankt sind, erfaßt. Die Patienten sind im Zeitraum von März 1991 bis Mai 1997 in der chirurgischen Universitätsklinik des Marienhospitals Herne wegen ihres Tumorleidens operativ behandelt worden. Dem Auffinden der Patienten diente die Diagnosestatistik der Verwaltung, unter dem Auswahlkriterium des entsprechenden ICD-Schlüssels. Einschlußkriterien waren: Erstdiagnose eines kolorektalen Karzinoms und primärer operativer Eingriff in der o.g. Klinik. Zu den Ausschlußkriterien zählte eine stationäre Aufnahme und/oder OP wegen eines Rezidivs/einer Metastasierung bei auswärtig durchgeführter primärer Operation. Unter den erfaßten Patienten sind 80 Männer und 83 Frauen. Männlich 49,1% Weiblich 50,9% Abbildung 1: Aufteilung Patienten nach Geschlecht Der jüngste Patient war zum Zeitpunkt der Erstdiagnose des kolorektalen Karzinoms 40 Jahre alt, der älteste Patient 91 Jahre alt. Das mediane Alter der Patienten lag bei 69 Jahren. 20 2.2 Datenerfassung Die Erfassung der Patientendaten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose und Operation des kolorektalen Karzinoms erfolgte anhand der archivierten Originalkrankenblätter. Der Datenerfassungs-Bogen enthält neben den allgemein üblichen Patientenstammdaten folgende Angaben: - Datum der Erstdiagnose - Lokalisation des Tumors im Kolonrahmen; bei Rektum-Karzinomen zusätzlich die mit dem starren Rektoskop gemessene Höhe in cm ab ano - Relevante Begleiterkrankungen (insbesondere kardiovaskuläre Begleiterkrankungen und vorangegangene Tumorerkrankungen) - Symptomatik (Dauer der Symptomatik, Stuhlunregelmäßigkeiten, Blut- oder Schleimbeimengungen, B-Symptomatik, Übelkeit/Erbrechen, Schmerzen) - Untersuchungsbefund bei Aufnahme (auslösbarer Druckschmerz, palpable Resistenz, vergrößert palpable Leber, rectal tastbarer Tumor, rectaler Blutabgang, Reduktion des Allgemein- und Ernährungszustands) - Präoperative Röntgen-Untersuchung des Thorax (Nachweis pulmonaler Rundherde) - Coloskopie (histologisch gesicherter Tumor; Beurteilung des Restkolons bezüglich Zweit-Tumoren im Sinne neoplastischer Polypen oder ZweitMalinom) - Präoperativer CEA-Wert - Präoperativer CA 19-9-Wert - Allgemeine Laborchemie (Anämie; Störungen der Gerinnung, Erhöhung der Transaminasen oder der Gamma-GT) - Computertomographie des Abdomen/Becken (in der Regel bei RektumKarzinomen durchgeführt; wandüberschreitendes Wachstum, Hinweis auf Lymphome oder Leberfiliae) - Sonographie des Abdomens (Hinweis auf Leberfiliae, Lymphknotenmetastasen, Infiltration anderer Organe) - Kolon-Kontrasteinlauf (bei unvollständiger Coloskopie; Ausschluß eines ZweitKarzinoms) - Art des operativen Eingriffs 21 - Dauer des operativen Eingriffs - Inspektion des OP-Situs (Infiltration anderer Organe, Peritonitis, Bauchdeckeninfiltration, Leberfiliae) - OP-Verlauf (Verletzung von Gefäßen; intraoperative Blutung, intraoperativer Erythrozytenkonzentrat-Verbrauch) - Makroskopische und mikroskopische Aufarbeitung des OP-Präparates durch die Pathologie (makroskopische Tumorgröße; histologische Klassifikation, Anzahl untersuchter Lymphknoten, Grading; Einstufung in das TNM-System) - Postoperativer Verlauf (Wundheilungsstörungen; schwere Komplikationen wie Nahtinsuffizienzen, Multiorganversagen; Kontrolle präoperativ erhöhter TumorMarker; transfusionsbedürftige Nachblutungen) 2.3 Follow-up Die hier erhobenen Daten geben Auskunft über den weiteren Krankheitsverlauf. Der Beobachtungszeitraum beträgt mindestens fünf Jahre nach Erstdiagnose des kolorektalen Karzinoms. Die Daten stammen zum Teil wiederum aus den Originalkrankenblättern, sofern sich die Patienten zu einem späteren Zeitpunkt erneut in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum Marien-Hospital-Herne befanden. Als weitere Quellen dienten Angaben der betreuenden Hausärzte, das Archiv des Tumornachsorgeregisters am Universitätsklinikum Marien-Hospital-Herne und bezüglich der Überlebenszeiten auch das zuständige Einwohnermeldeamt. Die Datensammlung umfaßt in diesem Teil: - Angaben zum Überleben der Patienten bzw. zum Tod und zur Todesursache Und soweit durchgeführt: - Ergebnisse der Nachsorgeuntersuchungen Coloskopie, Sonographie des Abdomens, (Beschwerdesymptomatik, Tumormarker-Bestimmung, Lungenaufnahme) 22 - Angaben zu tumorspezifischen Therapien (Radiatio, Chemotherapie sowohl in adjuvanter als auch in palliativer Zielsetzung) - Angaben zu Zweit-Operationen bei metachroner Metastasierung, Lokalrezidiven, Adhäsionen. Der Umfang, der pro Patient erhobenen Daten variiert hierbei innerhalb des Kollektivs abhängig von der Bereitschaft der Patienten, an einem Tumor-Nachsorgeprogramm teilzunehmen, dem Einverständnis der Patienten zur Weitergabe der Daten an das Tumorregister, der Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Hausarztkonsultationen und der Kooperation der behandelnden Hausärzte. 2.4 Statistische Methoden Die Beschreibung der Langzeitergebnisse erfolgte mittels beobachteter Überlebenskurven und 5 Jahres-Überlebensraten. Diese wurden nach dem KaplanMeier-Schätzer berechnet. Als „event“ galt der Tod, die postoperative Letalität wurde nicht ausgeschlossen. Unter den im Beobachtungszeitraum verstorbenen Patienten sind 10 Fälle, die nicht infolge ihres Tumorleidens verstarben. Diese Patienten gehen als zensierte Fälle in die Statistik ein. Die zufallskritische Beurteilung der Überlebenskurven bzw. Sterberaten erfolgte nach dem Log-rank-Test. Hierbei galt ein p-Wert von > 0,1 als nicht signifikant, p-Werte zwischen 0,05 und 0,1 als schwachsignifikant, zwischen 0,01 und 0,05 als signifikant und p-Werte < 0,01 als hochsignifikant. Zur multivariaten Beurteilung der das Überleben beeinflußender Faktoren wurden logistische Regressionsanalysen nach dem Cox-Regressionsmodell durchgeführt. Als Zielgröße wurde das beobachtete Gesamtüberleben gewählt. 23 3. Ergebnisse 3.1 Tumorlokalisation Unter den 163 erfaßten kolorektalen Karzinomen waren die Sigma-Karzinome mit 46 Fällen am häufigsten vertreten; es folgten, in absteigender Häufigkeit, die RektumKarzinome (37 Fälle), Colon ascendens-Karzinome (26 Fälle), Coecum-Karzinome (20 Fälle), Colon descendens-Karzinome (11 Fälle), Karzinome im Bereich des rektosigmoidalen Übergangs (9 Fälle), Colon-Transversum-Karzinome (8 Fälle), Karzinome der rechten Colon-Flexur (5 Fälle) und ein Karzinom im Bereich der linken Colon-Flexur. Als Rektum-Karzinome wurden bei der Auswertung alle Tumoren bis zu einer Höhe von 16 cm ab ano, gemessen mit dem starren Rektoskop, bezeichnet. Sigma-CA 28,2% Rektum-CA 22,7% CA linke Flexur 0,6% Colon transversum-CA 4,9% CA rechte Flexur 3,1% Colon descendens-CA 6,7% CA rekto-sigmoidaler Übergang 5,5% Colon ascendens-CA 16,0% Coecum-CA 12,3% Abbildung 2: Aufteilung Karzinome 24 3.2 Symptomatik Im Rahmen der stationären Aufnahme und Anamneseerhebung wurden die Patienten gezielt nach Stuhlunregelmäßigkeiten sowie auch nach Blut- oder Schleimbeimengungen zum Stuhl befragt. Weitere Fragen bezogen sich auf eine BSymptomatik; hier wurden Angaben zu Gewichtsabnahme, Nachtschweiß, Leistungsknick und Inappetenz berücksichtigt. 74 der 163 Patienten berichteten über Stuhlunregelmäßigkeiten(45,4%), 60 Patienten hatten Blutbeimengungen (36,8%) und 12 Schleimbeimengungen (7,36%) zum Stuhl bemerkt. Eine B-Symptomatik war bei 74 der befragten Patienten (45,4%) aufgetreten. 14,7% der Patienten beklagten bei Aufnahme Übelkeit und/oder Erbrechen (24 Patienten). 11 dieser Patienten befanden sich bei stationärer Aufnahme in einer Ileussituation. 54 der Patienten (33,13%) beklagten eine Schmerzsymptomatik. Hierbei wurden neben dauerhaft bestehenden Schmerzen auch Druckschmerzhaftigkeit des Abdomens sowie Schmerzen krampfartigen Charakters angegeben. Die Mehrzahl dieser Patienten (36 Fälle) befand sich in einem fortgeschrittenen Tumorstadium (17 Patienten im Stadium UICC III; 19 Patienten im Stadium UICC IV); aber auch in einem primären Tumorstadium UICC I klagten 6 Patienten über Schmerzen sowie im Stadium UICC II 12 Patienten. Bei 46 Patienten (28,22%) erfolgte die Diagnose ohne vorher bestehende subjektive Beschwerdesymptomatik. 15 dieser Patienten waren durch einen positiven HämoccultBefund im Rahmen der Routine-Vorsorge-Untersuchung aufgefallen, bei den übrigen 31 Patienten erfolgte die Aufnahme bzw. Tumorsuche aufgrund anderer Symptome: in 12 Fällen erfolgte eine Tumorsuche wegen einer Anämie, 2 Patienten hatten über Angina pectoris geklagt, bei 3 Patienten führte eine unklare neurologische Symptomatik zur Tumorsuche, in 4 Fällen wurde das kolorektale Karzinom zufällig im Rahmen eines anderen operativen Eingriffs entdeckt, 2 Patienten wurden mit einer akuten intestinalen Blutung und 8 Patienten in der Ileus-Situation aufgenommen. 25 Vorsorge ohne Symptome 28,22% Schmerz 33,13% B-Symptome 45,40% Schleimbeimengung 7,36% Blutbeimengung 36,81% Stuhlunregelmäßigkeit 45,40% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% Abbildung 3: Verteilung Symptome Nach dem Beginn des jeweils angegebenen Symptoms befragt ergaben sich Zeiträume zwischen einem Tag (3 Patienten) und 720 Tagen (ebenfalls 3 Patienten). Im Mittel lag die Vorlaufzeit bei 112 Tagen. 39 Patienten konnten zum Beginn der Symptomatik keine Angaben machen. 3.3 Präoperative Diagnostik 3.3.1 Rektoskopie Von den 37 Rektum-Karzinomen lagen 24,3 % (9 Fälle) in einer Höhe zwischen 5 bis 6 cm ab ano gemessen mit dem starren Rektoskop; der Großteil der Rektum-Karzinome (48,6 % = 18 Fälle) lagen zwischen 7 bis 10 cm ab ano und 16,2 % (6 Fälle) waren höher lokalisiert (über 10 cm ab ano). In 4 Fällen (10,8%) war die genaue Höhe des Rektum-Karzinoms nicht angegeben. 26 über 10 cm 16,2% keine Angabe 10,8% 5 - 6 cm 24,3% 7 - 10 cm 48,6% Abbildung 4: Tumorhöhe ab Ano 3.3.2 Körperliche Untersuchung Im Rahmen der körperlichen Untersuchung bei stätionärer Aufnahme erfolgte bei allen Patienten eine digitale-rektale Untersuchung. Von den 9 im unteren Rektumdrittel lokalisierten Tumoren wurden hierbei 7 getastet (entspricht 77,8%); im mittleren Drittel lokalisierte Tumore wurden in nur 8 von 18 Fällen vom Untersucher palpiert (entspricht 44,4%); allerdings lagen von den 10 nicht getasteten Tumoren 9 zwischen 9-10 cm ab ano. Über 10 cm gelegene Karzinome wurden von den untersuchenden Ärzten nicht getastet. 3.3.3 Sonographie Im Rahmen des präoperativen Stagings wurde bei allen Patienten eine Sonographie des Abdomens durchgeführt. In 32 Fällen ergab sich sonographisch der Verdacht auf eine Lebermetastasierung. In 30 dieser Fälle konnte der sonographische Befund intraoperativ bestätigt werden. In den beiden übrigen Fällen ergab sich zwar auch intraoperativ der Verdacht auf eine Lebermetastasierung, dieser konnte jedoch histologisch an der LeberProbeexzision nicht bestätigt werden. In 7 Fällen fand sich intraoperativ eine Lebermetastasierung, die zuvor durch die Sonographie nicht diagnostiziert worden war. Die in unserer Klinik zur Diagnose bzw. zum Ausschluß von Fernmetastasen durchgeführte Sonographie des Abdomens zeigte in dieser Studie eine Sensitivität von 81% und eine Spezifität von 98% (positiver und negativer prädiktiver Wert = 0,94). 27 3.3.4 Computertomographie 74 Patienten wurden vor operativem Eingriff einer Computertomographie des Abdomens und des Beckens zugeführt. Indikationen hierfür waren v.a. unklare sonographische Untersuchungsbefunde hinsichtlich einer Lebermetastasierung, Beurteilung des wandüberschreitenden Wachstums der Rektum-Karzinome oder aber auch der sonographische Verdacht auf einen Zweit-Tumor im Abdomen. In zwei Fällen beschränkte sich die computertomographische Untersuchung auf die Leber. In 18 der durchgeführten Computertomographien wurde der Tumor als wandüberschreitend eingestuft. Tatsächlich ließ sich dieses Ergebnis durch die pathohistologische Aufarbeitung bestätigen (13 Karzinome im Stadium T3 und 4 im Stadium T4). In einem der Fälle war der Tumor auf die Kolonwand beschränkt (T 2). In den übrigen 54 durchgeführten Computertomographien wurde das Karzinom als auf die Wand beschränkt eingestuft. In 16 dieser Fälle lag in der Tat ein Tumor im Stadium T1 (6 Fälle) oder T2 (10 Fälle) vor. In den restlichen 38 Fällen lagen jedoch Karzinome vor, die das perikolische/perirektale Fettgewebe infiltriert hatten (T3 = 28 Fälle) oder die Serosa durchbrochen bzw. benachbarte Organe infiltriert hatten (T4 = 10 Fälle). Darüberhinaus wurde in 9 Fällen computertomographisch der Verdacht auf eine Metastasierung in die perikolischen/perirektalen Lymphknoten geäußert. Dieses Ergebnis ließ sich in 5 Fällen durch die pathohistologische Aufarbeitung bestätigen; in den übrigen 4 Fällen ließen sich keine lokoregionären Lymphknotenmetastasen nachweisen. In den verbleibenden 65 Untersuchungen konnten keine pathlologisch vergrößerten und damit verdächtigen Lymphknoten nachgewiesen werden. Nach pathohistologischer Aufarbeitung lagen jedoch in 28 dieser Fälle eine Metastasierung in die lokoregionären Lymphknoten vor (pN1 = 23 Patienten; pN2 = 5 Patienten). Für die Beurteilung der Wandinfiltration ergibt sich somit lediglich eine Sensitivität von 30% und bezogen auf die Lymphknoten-Metastasierung eine Sensitivität von 15% bei jeweils hoher Spezifität von 94% bzw. 90%. 28 3.3.5 Coloskopie In 144 Fällen wurde präoperativ eine Coloskopie durchgeführt. Bei 30,6% der Fälle (44 Patienten) wurden in diesem Rahmen Zweit-Tumoren im Sinne von Polypen nachgewiesen; bei 7 Patienten bestand ein synchrones Zweit-Karzinom des Kolon/Rektum. In den Fällen, in denen eine präoperative Coloskopie wegen einer Stenosierung nicht komplett durchgeführt werden konnte wurde zum Ausschluß eines Zweit-Karzinoms im Colonrahmen ein Kolon-Kontrasteinlauf durchgeführt (32 Fälle). 3.4 Tumormarker Der Serum-Spiegel des CEA wurde bei 133 Patienten präoperativ bestimmt. 76 Patienten zeigten hierbei einen Wert oberhalb der Norm, bei 57 Patienten ließ sich kein erhöhter CEA-Wert nachweisen. Der Tumormarker CA 19-9 wurde bei 103 Patienten präoperativ bestimmt. Hier zeigten nur 20 Patienten einen erhöhtenWert. Bei den übrigen 83 fanden sich Normwerte.Bei 17 der 20 Patienten mit erhöhtem CA 19-9 Wert ließ sich gleichzeitig auch ein erhöhter CEA-Wert feststellen, so dass lediglich 3 Patienten eine isolierte Erhöhung des TumorMarkers CA 19-9 aufwiesen. In unserem Patientengut ließ sich eine positive Korrelation der Höhe des CEA-Wertes in Bezug zur Tumorinfiltration der Darmwand (T-Stadium) sowie auch zum Tumorstadium nach UICC nachweisen. Korrelationskoeffizient nach Pearson CEA / pT-Stadium: 0,172; Signifikanz (1-seitig) 0,024. Korrelationskoeffizient nach Pearson CEA / UICC-Stadium: 0,259; Signifikanz (1seitig) 0,01. Eine Korrelation der Höhe des CEA-Wertes zur Tumorgröße (größter Tumordurchmesser) ließ sich hingegen nicht belegen (Korrelationskoeffizient nach Pearson: 0,053; Signifikanz 1-seitig 0,280). 29 3.5 Operationsverfahren In 120 Fällen wurde unter kurativer Zielsetzung operiert; 43 mal erfolgte der operative Eingriff unter palliativer Absicht. OP paliativ 26,4% OP kurativ 73,6% Abbildung 5: OP-Erfolg Die Verteilung der durchgeführten Eingriffe zeigt Tabelle 3. Tabelle 3: Verteilung der OP-Arten OP_Art Anzahl Patienten primär inoperabel 5 Hemikolektomie rechts 42 Hemikolektomie links 13 erweiterte Hemikolektomie rechts 10 erweiterte Hemikolektomie links 1 Sigmaresektion 36 Segmentresektion 1 Transversumresektion 2 subtotale Kolektomie 1 tiefe anteriore Rektumresektion 23 abdomino-perineale Rektumresektion 16 Sonstige 4 Hartmann-OP 9 30 Ein multiviszeraler Eingriff wurde bei 24 Patienten durchgeführt. Bei 15 Patienten dieser Gruppe wurde der multiviszerale Eingriff wegen des Verdachts auf eine Infiltration von Nachbarorganen bzw. metastasenverdächtiger Herde durchgeführt (hierunter eine Nierenteilresektion, zwei Hysterektomien, zwei Adrenalektomien, zwei atypische Leberteilresektionen und eine Hemihepatektomie, zwei Blasenteilresektionen, drei Ovarektomien, drei Dünndarm-Teilresektionen und eine Nephrektomie). Die anschließende patho-histologische Aufarbeitung ergab in 6 Fällen einen positiven Befund; die durchgeführte Nephrektomie ergab ein simultanes Zweit-Karzinom (Nierenzell-Karzinom). In den übrigen 8 Fällen lagen lediglich entzündliche Verwachsungen bzw. benigne Zweit-Tumoren vor (Angioleiomyolipom der Niere, Myolipom der Nebenniere, Zystadenom des Ovars). Bei den 9 weiteren multiviszeralen Eingriffen handelte es sich um vom Tumor-Leiden unabhängige Operationen (hierunter sechs Cholezystektomien bei Cholezystolithiasis, eine Ovarektomie bei Ovarialzyste, eine Appendektomie und eine Splenektomie bei intraoperativer Verletzung). 3.6 Stadieneinteilung des Patientenkollektivs nach UICC Von den untersuchten 163 Patienten ließen sich in 74 Fällen keine Lymphknotenmetastasen nachweisen. Bei 29 dieser Patienten beschränkte sich das infiltrative Tumorwachstum auf die Submucosa und die Tunica muscularis propria (UICC Stadium I); in 45 Fällen war der Tumor bis in die Subserosa bzw. in nicht peritonealisiertes perikolisches oder perirektales Fettgewebe vorgewachsen oder hatte das viscerale Peritoneum perforiert bzw. andere Organe oder Strukturen direkt infiltriert (UICC Stadium II). Im Stadium UICC III befanden sich insgesamt 48 Patienten. 41 Patienten befanden sich bereits zum Zeitpunkt der Primär-Operation in einem fortgeschrittenen Tumorstadium mit Nachweis von Fernmetastasen (UICC Stadium IV). 31 50 48 45 41 40 30 29 20 10 0 UICC I UICC II UICC III UICC IV Abbildung 6: Verteilung UICC-Stadium Die zur Eingruppierung in die Kategorie N0 geforderte Anzahl von mindestens 12 pericolischen/perirectalen Lymphknoten wurde bei 27 der Patienten eingehalten. Bei den übrigen Patienten dieser Kategorie (54 Fälle) betrug die Anzahl der histologisch untersuchten Lymphknoten weniger als 12. In 75 Fällen ließen sich primär Lymphknotenmetastasen nachweisen (pN1 = 51 Patienten; pN2 = 24 Patienten). In 7 Fällen ließ sich der Lymphknotenstatus anhand des OP-Präparates nicht bestimmen (pNx). 200 150 81 100 50 27 51 24 54 0 N0 7 N1 N2 Nx Abbildung 7: Verteilung Lymphknotenmetastasen 3.7 Histopathologischer Tumortyp und Grading Mit Ausnahme von drei Fällen handelte es sich in allen untersuchten Tumoren um Adeno-Karzinome. In den übrigen drei Fällen handelte es sich um ein cloakogenes 32 Karzinom vom Transitionalzell-Typ, ein undifferenziertes kleinzelliges Karzinom und ein großzelliges, solides, teils riesenzelliges Karzinom. In der Mehrzahl der Fälle (84,7%) zeigten die Tumore einen mittleren Differenzierungsgrad (G2). Nur 5,5% der Tumore waren hochdifferenziert (G1), 8,6% wiesen einen niedrigen Differenzierungsgrad auf (G3). Lediglich in 1,2% der Fälle wurde das Grading als undifferenziert bestimmt (G4). G2 84,7% G3 8,6% G1 G4 5,5% 1,2% Abbildung 8: Verteilung Differenzierungsgrad In 144 der durchgeführten Operationen ergab die patho-histologische Aufarbeitung tumorfreie Resektionsränder (R0), in 6 Fällen wurden mikroskopisch Tumorreste im Resektionsrand nachgewiesen (R1). Bei 13 Patienten war eine komplette Tumorresektion nicht möglich (R2). 3.8 Postoperative Komplikationen/perioperative Letalität Bei 19 Patienten (7,2%) kam es zu einer sekundären Wundheilung; hierzu wurden auch kleinere Nahtdehiszenzen gerechnet, die zu keiner Verlängerung des stationären Aufenthaltes führten. Eine Übersicht der weiteren beobachteten postoperativen Komplikationen zeigt Tabelle 4. 33 Tabelle 4: Beobachtete Komplikationen Komplikation Nachblutung Anastomoseninsuffizienz Respiratorische Probleme / Insuffizienz Hierunter zusammengefaßte Anzahl In Krankheitsbilder Patienten Summe 4 - aus der OP-Wunde 1 - Blutung aus verletzter 1 Milzarterie - retro- bzw. intraperitoneales 2 Hämatom ohne sichere Blutungsquelle 4 - Pneumonie - multiple Lungenfiliae - Lungenembolie 8 4 1 - Herzinfarkt - protrahiertes Herz-KreislaufVersagen 2 1 Cardiale Probleme Septisches Krankheitsbild ohne Anastomoseninsuffizienz - Not-OP bei perf. TU mit hochgr. Peritonitis - unklarer Fokus 2 - Metastasenleber 2 In % von Gesamt 2,5 % 2,5 % 13 8,0 % 3 1,8 % 3 1,8 % 2 1,2 % 1 Leberversagen Gesamtkomplikationsrate: 17,8 % Hierunter sind alle Erkrankungen/Ereignisse subsummiert, die zu einem komplizierten postoperativen Verlauf, einem erneuten chirurgischen Eingriff oder zum Tod des Patienten führten. Die perioperative Letalität (= Exitus letalis während des stationären Aufenthaltes nach OP bzw. bis 30 Tage postoperativ) betrug 11,7% (= 19 Patienten). 3.9 Outcome des Patientenkollektives nach chirurgischer Therapie (5-Jahres-Überlebensraten und Einfluß verschiedener klinischer bzw. pathohistologischer Parameter) 34 Der maximale Beobachtungszeitraum betrug für das Gesamtkollektiv 60 Monate. 3.9.1 Gesamtgruppe Die Überlebensfunktion nach Kaplan-Meier für das Gesamtkollektiv zeigt Abbildung 9. Gesamtgruppe 100 90 [%] 80 70 60 Überlebenskurve Zensiert 50 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 9: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, alle Patienten (n = 163 / ÜLR 53,37%) Die 5-Jahres-Überlebensrate betrug insgesamt 53,37%. Die mediane Überlebenszeit lag bei 50 Monaten. 35 3.9.2 OP-Erfolg Betrachtet man die unter kurativer Zielsetzung operierten Patienten ( n = 120) und die Patienten, bei denen lediglich ein palliativer Eingriff möglich war (n = 43) getrennt voneinander, so ergeben sich hochsignifikante Unterschiede bezüglich der Überlebensrate (kurative Gruppe: 5-Jahres-Überlebensrate 70,83% versus 4,65% in der palliativen Gruppe); siehe Abbildung . OP-Erfolg 100 90 80 70 [%] 60 50 40 30 OP kurativ 20 OP kurativ-zensiert 10 OP paliativ 0 OP paliativ-zensiert 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 10: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach OP-Erfolg - kurativ (n = 120 / ÜLR = 70,83%) ; palliativ (n = 43 / ÜLR = 4,65%) – [p < 0,0001] 36 3.9.3 Einfluß klinischer und histopathologischer Parameter auf die Überlebensrate in Form univariater Analysen 3.9.3.1 Geschlecht Hinsichtlich des Geschlechts ergab sich für die Männer eine höhere Überlebensrate als für die weiblichen Patienten. (5-Jahres-Überlebensrate Männer: 58,75%; Frauen: 48,19%); dieser Unterschied ist jedocht in der univariaten Analyse als nicht signifikant einzustufen. Geschlecht 100 90 [%] 80 70 60 Weiblich W-zensiert 50 Männlch M-zensiert 40 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 11: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Geschlecht - männlich (n = 80 / ÜLR = 58,75%) ; weiblich (n = 83 / ÜLR = 48,19%) – [p = 0,1476] 37 3.9.3.2 Alter Auch das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose zeigte in der univariaten Analyse hochsignifikante Unterschiede bezüglich des Überlebens: Alter 100 90 80 über 80 Jahre [%] 70 über 80 Jahre zens. 60 71 - 80 Jahre 71 - 80 Jahre zens. 50 61 - 70 Jahre 61 - 70 Jahre zens. 40 bis 60 Jahre 30 bis 60 Jahre zens. 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 12: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Alter (Einzeldaten siehe Tabelle 5) – [p = 0,0154] Tabelle 5: Aufteilung der Altersgruppen Altersgruppe Anzahl 5-Jahres-ÜLR bis 60 Jahre (n = 34) 58,82% 61-70 Jahre (n = 53) 60,38% 71-80 Jahre (n = 53) 50.94% über 80 Jahre (n = 23) 34,78% 38 3.9.3.3 Differenzierungsgrad Zur Beurteilung des Einflußes des Differenzierungsgrades eines Tumors auf das Überleben der Patienten wurde das Kollektiv in zwei Gruppen unterteilt: eine „low grade Gruppe“ (Patienten mit Tumoren des Differenzierungsgrades G1 und G2) und eine „high grade Gruppe“ (Patienten mit Tumoren des Differenzierungsgrades G3 und G4). Patienten der „low grade Gruppe“ wiesen eine 5-Jahres-Überlebensrate von 56,46% auf, die der „high grade Gruppe“ eine von 25%. Somit bestanden hier signifikante Unterschiede bezüglich des Überlebens. Differenzierungsgrad 100 90 80 [%] 70 60 50 Highgrade 40 Highgrade-zensiert 30 Lowgrade Lowgrade-zensiert 20 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 13: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Differenzierungsgrad Lowgrade (n = 147 / ÜLR = 56,46%) ; Highgrade (n = 16 / ÜLR = 25,00%) – [p = 0,0013] 39 3.9.3.4 Tumorgröße Auch unter Berücksichtigung der Tumorgröße zeigten sich signifikante Unterschiede bezüglich der Überlebensrate. Tumorgröße 100 90 80 Tumor > 9 cm 70 [%] Tumor > 9 cm zens. Tumor 7 - 9 cm 60 Tumor 7 - 9 cm zens. 50 Tumor 4 - 6 cm Tumor 4 - 6 cm zens. 40 Tumor bis 3 cm Tumor bis 3 cm zens. 30 0 10 5 20 15 30 25 40 35 50 45 60 55 65 Monate Abbildung 14: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Tumorgröße (Einzeldaten siehe Tabelle 6) – [p = 0,0173] Tabelle 6: Aufteilung der Tumorgrößen Tumorgröße Anzahl 5-Jahres-ÜLR bis 3 cm (n = 34) 73,53% 4-6 cm (n= 79) 49,37% 7-9 cm (n = 26) 38,46% Über 9 cm (n = 12) 75.00% 40 3.9.3.5 Erhöhte präoperative CEA-Level Vergleiche der 5-Jahres-Überlebensraten zwischen Patienten mit präoperativ erhöhtem CEA-Wert (CEA > 5 ng/ml; n = 52) und solchen mit „normalen“ CEA-Spiegeln im Serum (CEA <= 5 ng/ml; n = 81) ergaben hochsignifikante Unterschiede. So betrug die 5-Jahres-Überlebensrate in der Gruppe mit erhöhten CEA-Werten 40,38% gegenüber einer 5-Jahres-Überlebensrate von 67,90% in der Gruppe mit „normalen“ CEA-Werten. CEA-Level 100 90 80 [%] 70 60 50 CEA <= 5 CEA <= 5-zensiert 40 CEA > 5 CEA > 5-zensiert 30 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 15: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach CEA-Level – CEA <= 5 (n = 81 / ÜLR = 67,90%) ; CEA > 5 (n = 52 / ÜLR = 40,38%) – [p = 0,0006] 41 3.9.3.6 Tumor-Stadium Hochsignifikante Unterschiede der Überlebensfunktionen fanden sich ebenfalls unter Berücksichtigung des Tumor-Stadiums (Einteilung nach UICC-Kriterien). UICC-Stadium 100 80 60 [%] UICC IV UICC IV-zensiert UICC III 40 UICC III-zensiert UICC II 20 UICC II-zensiert UICC I UICC I-zensiert 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 16: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Tumorstadium (Einzeldaten siehe Tabelle 7) – [p < 0,0001] Tabelle 7: Aufteilung UICC-Stadium Stadium Anzahl 5-Jahres-ÜLR UICC Stadium I (n = 29) 96,55% UICC Stadium II (n = 45) 66,67% UICC Stadium III (n = 48) 58,33% UICC Stadium IV (n = 41) 2,44% 42 3.9.3.7 Tiefe der Wandinfiltration Das outcome des Patientenkollektives bezogen auf die Tiefe der Wandinfiltration zeigt Abbildung 17. Auch hier ließen sich signifikante Unterschiede bezüglich des Überlebens nachweisen. Tiefe der Wandinfiltration 100 80 60 [%] T4 T4-zensiert T3 40 T3-zensiert T2 20 T2-zensiert T1 T1-zensiert 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 17: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Tiefe der Wandinfiltration (Einzeldaten siehe Tabelle 8) – [p < 0,0001] Tabelle 8: Aufteilung nach Wandinfiltration Wandinfiltration Anzahl 5-Jahres-ÜLR T1 (n = 12) 100,00% T2 (n = 27) 77,78% T3 (n = 90) 52,22% T4 (n = 34) 20,59% 43 3.9.3.8 Lymphknotenmetastasen Betrachtet man die Überlebensraten in Bezug zur Lymphknotenmetastasierung, so ergeben sich hochsignifikante Unterschiede. Lymphknotenmetastasierung (ohne Nx) 100 [%] 80 60 N2 N2-zensiert N1 40 N1-zensiert N0 20 N0-zensiert 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 18: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Lymphknotenmetastasierung – N-Stadium (Einzeldaten siehe Tabelle 9) – [p < 0,0001] Tabelle 9: Aufteilung Lymphknotenmetastasierung N-Stadium Anzahl 5-Jahres-ÜLR PN0 (n = 81) 71,60% PN1 (n = 52) 40,38% PN2 (n = 23) 26,09% 44 3.9.3.9 Radikalität der Operation Die Berücksichtigung der lokalen Radikalität der Operation hinsichtlich der Überlebensraten erbrachte hochsignifikante Unterschiede. Radikalität 100 80 [%] 60 40 R1 oder R2 20 R1 oder R2-zensiert R0 0 R0-zensiert 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 19: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Radikalität – R-Stadium (Einzeldaten siehe Tabelle 10) – [p < 0,0001] Tabelle 10: Aufteilung Radikalität Radikalität Anzahl 5-Jahres-ÜLR R0 (n = 144) 59,72% R1/R2 (n = 19) 5,26% 45 3.9.3.10 Tumorlokalisation Eine Unterteilung des Patientenkollektives in drei Gruppen, anhand der Lokalisation des Tumors in Rektum-Karzinome ( n = 37), linksseitig gelegene Karzinome (Rektosigmoid, Sigma und Colon descendens; n = 57) und höher bzw. rechts gelegene Karzinome (Colon transversum, Colon ascendens und Coecum; n = 69) ergab zwar eine höhere 5-Jahres-Überlebensrate für die Patienten mit Rektum-Karzinomen und linksseitig lokalisierten Tumoren (56,76% bzw. 57,89%) gegenüber den höher gelegenen Tumoren (47,83%), jedoch gilt der Unterschied der Überlebensfunktionen als nicht signifikant. Tumorlokalisation 100 90 [%] 80 70 Tief Tief-zensiert 60 Rechts Rechts-zensiert 50 Links 40 Links-zensiert 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 Monate Abbildung 20: Überlebenswahrscheinlichkeit nach Kaplan-Meier, nach Tumorlokalisation – Tief (n = 37 / ÜLR = 56,76%) ; Rechts (n = 69 / ÜLR = 47,83%); Links (n = 57 / ÜLR = 57,89%) – [p = 0,3480] 46 3.9.4 Bestimmung unabhängiger prognostischer Parameter mittels multivariater Analyse (Cox-Regressions-Modell) Testet man die einzelnen, in der univariaten Analyse geprüften Parameter in einer multivariaten Analyse, so erweisen sich lediglich die Kriterien Tumorstadium und Radikalität der Operation als unabhängige Faktoren mit hochsignifikantem Einfluß auf das Überleben (Tumorstadium: p < 0,0001; Radikalität der Operation: p = 0,002). 4. Diskussion Vergleich unserer Ergebnisse mit denen anderer Studien unter besonderer Berücksichtigung des outcomes unseres Patientenkollektivs Betrachtet man das in unserer Klinik operierte Patientenkollektiv bezüglich der fast ausgeglichenen Geschlechtsverteilung mit minimaler Bevorzugung der Frauen und einem medianen Alter von 69 Jahren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose, so entspricht dies in etwa der in anderen Studien beobachteten Verteilung. In einigen der größeren Studien findet sich ein etwas höherer Anteil der betroffenen Patienten unter den Männern (12, 14, 16, 17, 18, 23, 24, 25) in anderen Studien dagegen überwiegt das weibliche Geschlecht (19, 21). Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Erstdiagnose schwankt in diesen Untersuchungen zwischen 64 und 68 Jahren (16, 17, 18, 19); in einer Studie lag der Altersmedian mit 58 Jahren deutlich unter diesem Bereich (23), in einer anderen mit 70 Jahren gering darüber (24). Wie in der Literatur allgemein berichtet, waren auch bei den von uns untersuchten Patienten die Änderung der Stuhlgewohnheiten (45,5%), beobachtete Schleim- und Blutbeimengungen zum Stuhl (44,16%) und eine B-Symptomatik (45,5%) die häufigsten Symptome. Schmerzen werden in der Literatur als eher seltenes und dann in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium beobachtetes Symptom angegeben (7, 6). Immerhin klagten in unserem Kollektiv ein Drittel der Patienten über eine Schmerzsymptomatik; in der Tat befanden sich zwei Drittel hiervon in einem fortgeschrittenen Tumorstadium (UICC III und IV). 47 Die in unserer Klinik zur Diagnose bzw. zum Ausschluß von Leberfiliae durchgeführte Sonographie des Abdomens bestätigte mit einer Sensitivität von 81% und einer Spezifität von 98% die allgemein anerkannte Stellung der Sonographie als die Methode der Wahl hinsichtlich der Detektion von Lebermetastasen (11, 22, 6). Die präoperative Kenntnis bezüglich der Wandinfiltrationstiefe der Rektum-Karzinome ist für die Therapiewahl ein entscheidendes Kriterium. Die heute angewendeten bildgebenden Verfahren wie Endosonographie, Computertomographie, MRT und PET zeigen hierin eine gemeinsame Problematik auf. Die wahre Tumorausdehnung wird häufig unterschätzt, wobei insbesondere kleine Tumore, minimale Infiltrationen des Fettgewebes und frühe Stadien schwer zu beurteilen sind. Demgegenüber führen vorangegangene Bestrahlungen oder eine begleitende entzündliche Reaktion oft zu einer Überschätzung der lokalen Tumorausdehnung. Auch Kenntnisse über einen evtl. vorhandenen Lymphknotenbefall beeinflussen die gewählte Therapiestrategie. Die Problematik der oben genannten bildgebenden Verfahren liegt darin, dass alle Verfahren zur Beurteilung einer möglichen Lymphknotenmetastasierung lediglich die Größe der Lymphknoten als Parameter auswerten, gerade diese hat sich aber als unzuverlässiges Merkmal erwiesen (3, 6, 11, 22, 23). Obwohl heute die Endo-Sonographie, deren Genauigkeit in größeren Studien mit 6283% bezüglich der Wandinfiltration liegt (11), häufig bevorzugt wird, gilt die Computertomographie auch weiterhin als anerkannte diagnostische Methode zum lokalen Staging. Die Angaben in der Literatur bezüglich der Sensitivität und Spezifität hinsichtlich der Wandinfiltration und der Lymphknotenbeurteilung zeigen eine große Schwankungsbreite. Herzog fand in seiner Untersuchung von 122 Patienten mit Rektum-Karzinomen eine Sensitivität von 69,9% und eine Spezifität von 71,8% bezogen auf die Wandinfiltration; für die Lymphknotenbeurteilung ergab sich eine Sensitivität von 61,9% bei einer Spezifität von 54,5% (6). In einer Literaturübersicht von Heriot (London) wird die Genauigkeit der CT bezogen auf das T-Stadium mit 3377% für die Lymphknotenbeurteilung mit 22-73% angegeben (11). Chiesura-Corona et al. zeigten in ihrer Untersuchung an 52 Patienten eine 100%ige Sensitivität für die Lymphknotenmetastasensuche auf, allerdings bei einer Spezifität von nur 27%. Außerdem wurden in dieser Gruppe sämtliche sichtbaren Lymphknoten als Metastasen gewertet, was die hohe Sensitivität erklärt. Aber auch in einer zweiten untersuchten Gruppe mit 53 Patienten, in denen lediglich Lymphknoten über 5 mm Größe als 48 Metastasen beurteilt wurden, ergab sich immerhin noch eine Sensitivität von 88,5%, jetzt bei einer Spezifität von 70,4%. Für die Untersuchung hinsichtlich der lokalen Tumorausdehnung ergab sich in dieser Studie für das gesamte Kollektiv von 105 Patienten eine Genauigkeit von 80% (23). In unserer Studie ergab sich für die in 72 Fällen präoperativ durchgeführten Computertomographien für die Beurteilung der Wandinfiltration lediglich eine Sensitivität von 30% und bezogen auf die Lymphknotenmetastierung eine Sensitivität von 15% bei jeweils hoher Spezifität von 94 bzw. 90%. Die Vergleichbarkeit zu den o.g. Ergebnissen wird sicher dadurch beeinträchtigt, dass unser untersuchtes Kollektiv neben 27 Patienten mit Rektum-Karzinomen auch 45 Patienten mit Tumoren höherer Lokalisation einbezog. Üblicherweise beziehen sich derartige Untersuchungen lediglich auf die Fälle mit Rektum-Karzinom, da hier die Beurteilung der Tiefeninvasion direkten Einfluß auf die zu wählende Therapie nimmt. Die niedrige Sensitivität in unserer Untersuchung ist somit möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die vorrangige Fragestellung der computertomographischen Untersuchung in einem Großteil der Fälle nicht die Beurteilung der Wandinfiltration oder die Identifikation von Lymphknotenmetastasen war, sondern der Schwerpunkt der Begutachtung anderen Kriterien wie z.B. einer Lebermetastasierung galt. Betrachtet man die 27 Patienten mit Rektum-Karzinom in unserer Untersuchung gesondert so zeigt sich hier eine Sensitivität für die Wandinfiltration von 43% und für die Beurteilung der Lymphknoten von 18% bei einer Spezifität von 100 bzw. 88%. Hierbei sollte berücksichtigt werden, dass sich unter den 27 Patienten 60% in einem frühen Tumorstadium befanden und es insbesondere diese frühen Stadien sind, in denen die Beurteilung per CT Schwierigkeiten bereitet. In vorangegangenen Studien wird die Genauigkeit der CT in fortgeschrittenen Stadien mit 77-100%, in frühen Stadien dagegen mit 41-64% angegeben (23). Vergleicht man unsere Frühresultate mit denen anderer Studien, so erscheint die bei uns aufgetretene postoperative Letalität von 11,7% zunächst hoch. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass es sich nicht um eine reine 30-Tage-Letalität nach operativem Eingriff handelt, sondern um die Sterblichkeitsrate während der gesamten Hospitalisationsphase. Bekannt ist, dass eine Berücksichtigung dieser Krankenhausletalität auf dem Boden der Zunahme tumorbedingter Todesursachen zu höheren Letalitätsraten führt.Von den 19 verstorbenen Patienten starben 12 innerhalb 49 von 30 Tagen nach OP, die übrigen 7 Patienten verstarben zu einem späteren Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes. Des weiteren wurde das Patientengut zur Berechnung nicht selektiert. Das heißt, in die postoperative Letalität gehen auch Notfall-Eingriffe und Patienten mit palliativen Eingriffen ein. 58% der postoperativ Verstorbenen (11 Patienten) waren Patienten mit nachgewiesenen Fernmetastasen, bei denen der operative Eingriff lediglich zur Palliation durchgeführt wurde. Drei dieser Patienten sowie ein weiterer in kurativer Zielsetzung operierter Patient wurden außerdem in einer Not-Operation bei Ileus versorgt. In der Mehrzahl der Fälle handelte es sich außerdem um teils multimorbide Patienten in höherem Lebensalter. Bei 10 der verstorbenen Patienten bestand in der Anamnese eine koronare Herzkrankheit, wobei in 5 dieser Fälle bereits ein Myokardinfarkt vorangegangen war; in 3 Fällen bestand eine chronischeobstruktive Lungenerkrankung, bei einem Patienten war eine chronische lymphatische Leukämie und in einem weiteren Fall ein myelodysplastisches Syndrom bekannt. Unter Berücksichtigung dieser Fakten relativiert sich unsere Letalitätsrate von 11,7% und gleicht sich der in anderen Studien weitestgehend an. Wolters et al. berichten beispielsweise über eine perioperative Letalität von 6,2% (n = 1050), berücksichtigen hierbei jedoch nur die 30-Tage-Letalität (19). Nach Berichten von Longo betrug die postoperative Letalität in einem beobachteten Patientengut von 5853 Patienten 5,7%; auch hier wurden lediglich Todesfälle in den ersten 30 Tagen nach OP berücksichtigt (22). Read berichtet aus seinen Untersuchungen an 316 Patienten mit Kolon-Karzinomen von einer 30-Tage-Mortalität von nur 1%, berückstichtigt hierbei jedoch keine palliativen Eingriffe; gleiches gilt für eine Studie von Jagoditsch an 696 Patienten mit einer postoperativen Letalität von 3,2% (17). Betrachtet man die Frühergebnisse hinsichtlich der postoperativen Komplikationen anderer Studien so zeigen die Werte für die Gesamtkomplikationsrate hier deutliche Schwankungen. Jagoditsch et al berichten in ihrer Studie über eine Gesamtkomplikationsrate von 18,2% (17), eine identische Komplikationsrate konnten auch Staib et al in ihrer Studie nachweisen (16). In der Untersuchung von Wolters et al lag die Komplikationsrate etwas niedriger bei 15,8% (19), dahingegen werden in amerikanischen Studien deutlich höhere Raten von ca. 28% angegeben (22, 24). Bezogen auf die einzelnen Komplikationen ergaben sich in diesen Untersuchungen für die Anastomoseninsuffizienzen Werte zwischen 1-2%, Wundinfektionen wurden mit einer Häufigkeit von 1,9 – 4% angegeben. Die Raten für cardiale Probleme schwanken 50 zwischen 0,8 – 5%, die für eine respiratorische Problematik liegen bei 1,6-2,2%. Postoperative Blutungen machten bis zu 2% der Gesamtkomplikationen aus. Die in unserer Klinik beobachtete Gesamtkomplikationsrate von 17,8% entspricht somit den in anderen Studien beobachteten Werten, liegt im Vergleich zu den amerikanischen Untersuchungen sogar deutlich niedriger. Die Rate der Anastomoseninsuffizienzen lag in unserem Patientengut mit 2,5% gering über den Vergleichswerten, auch Nachblutungen traten mit 2,5% etwas häufiger auf. Die in unserer Untersuchung auffallend hohe Rate an respiratorischen Problemen (8%) läßt sich möglicherweise dadurch erklären, dass hier neben den klassischen pulmonalen postoperativen Komplikationen auch respiratorische Insuffizienzen bei ausgedehnter pulmonaler Metastasierung subsummiert sind. Die Gesamt-5-Jahres-Überlebensrate lag in unserem Kollektiv bei 53,37% und liegt damit gering höher als in vergleichbaren Untersuchungen von Staib (50%) und der German Study Group for Colorectal-Cancer (45,7%). Auch für die 5-JahresÜberlebensraten, bezogen auf das jeweilige UICC Stadium, fanden sich mit Daten größerer Studien vergleichbare Werte, wie z.B. in einer deutschen Multicenter-Studie von Hermanek oder der Untersuchung von Staib et al mit 2400 Patienten im Kollektiv (16,20). Somit liegen auch die Langzeitergebnisse unserer Patienten in dem nach der Literatur zu erwartenden Bereich. Überprüfung verschiedener klinischer und pathohistologischer Parameter hinsichtlich ihrer Wertigkeit als prognostische Faktoren In der univariaten Analyse erwiesen sich hierbei das Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose ( p = 0,0154), der Differenzierungsgrad des Tumors ( p = 0,0013), die Tumorgröße (p = 0,0173), erhöhte präoperative CEA-Level ( p = 0,0006), das Tumorstadium (p < 0,0001), die Tiefe der Wandinfiltration ( p < 0,0001), die Lymphknotenmetastasierung ( p < 0,0001) und die lokale Radikalität der Operation ( p < 0,0001) als signigikante prognostische Parameter. Ein signifikanter Einfluß des Geschlechts ( p = 0,1476) oder der Tumorlokalisation ( p = 0,3480) ließ sich nicht belegen. In der Literatur fanden sich in vergleichbaren Untersuchungen ganz ähnliche Resultate. Wolters et al bestimmten in ihrer Studie an 1050 Patienten ebenfalls das Alter und das Tumorstadium als signifikante Einflußgrößen, die Tumorlokalisation wurde in ihrem Einfluß ebenfalls als nicht-signifikant eingestuft, allerdings fand sich hier ein 51 signifikanter Unterschied der Überlebensraten bezogen auf das Geschlecht, der auch in der multivariaten Analyse bestätigt werden konnte (19). Auch in der Untersuchung von Staib an 2400 Patienten zeigten sich das Tumorstadium und die lokale Radikalität der Operation (p < 0,0001) als signifikante prognostische Parameter; ein Einfluß der Tumorlokalisation konnte auch hier nicht nachgewiesen werden (16). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Diez et al in ihrer Untersuchung an 292 Patienten. Als signifikante Parameter ließen sich hier die Lymphknotenmetastasierung (p = 0,001), der Differenzierungsgrad ( p = 0,009) und die Wandinfiltration ( p < 0,001) identifizieren; hier bestand keine Signifikanz hinsichtlich des Geschlechts, des Alters oder der Tumorlokalisation (14). Auch Hermanek bestätigt in seiner Multicenter-Studie die Wertigkeit der Lymphknotenmetastasierung, des Tumorstadiums und der lokalen Radikalität als prognostische Faktoren (20). Fillela et al sowie auch Wang et al fanden in ihren Untersuchungen als prognostisch verwertbaren Parameter einen präoperativ erhöhten CEA-Spiegel (p < 0,001) (15, 25) Derartige Bestimmungen von prognostischen Faktoren haben zum Ziel, unter den an einem kolorektalen Karzinom erkrankten Patienten sogenannte Risikogruppen zu identifizieren, die möglicherweise von einer adjuvanten Therapiemaßnahme profitieren könnten. Bislang richtet sich der Einsatz adjuvanter Therapiemaßnahmen außerhalb von Studien vorrangig nach dem jeweiligen Tumorstadium. Würde man die in der univariaten Analyse als signifikant beurteilten Parameter in dieser Entscheidung berücksichtigen, so ließen sich sicher auch außerhalb eines UICC Stadiums III Patientengruppen identifizieren, die von einer adjuvanten Maßnahme profitieren könnten. Betrachtet man die als signifikant eingestuften Parameter in einer multivariaten Analyse, so erweisen sich jedoch lediglich die Kriterien Tumorstadium und lokale Radikalität als unabhängige prognostische Parameter. Dies entspricht den Ergebnissen anderer Untersuchungen wie z.B. die Studien von Diez et al, Hermanek et al, Staib et al, German Study Group for Colorectal-Cancer (16, 14, 20). Das Tumorstadium nach UICC-Kriterien ließ sich somit auch in unserer Untersuchung als das wichtigste prognostische Kriterium bestätigen und ist somit sicher der am besten geeignete Faktor zur Orientierung und Festlegung von Therapierichtlinien. Faktoren wie z.B. der Differenzierungsgrad des Tumors oder präoperative CEA-Serum-Level sind jedoch möglicherweise auch geeignet, besondere Risikogruppen zu identifizieren. 52 5. Zusammenfassung Diese retrospektive Arbeit umfaßt 163 Patienten, darunter 80 Männer und 83 Frauen, die in der chirurgischen Klinik bei Erstdiagnose eines colorektalen Karzinoms operativ versorgt wurden. Das mediane Alter lag bei 69 Jahren. Die präoperative Diagnostik wurde nach den allgemein gültigen Standards durchgeführt. Die Sonographie des Abdomens zum Ausschluß bzw. zur Diagnose von Leberfiliae bestätigte mit einer Sensitivität von 81% bei einer Spezifität von 98% den Stellenwert dieser Methode als das Verfahren der Wahl zur Detektion von Lebermetastasen. Die Sensitivität der Computertomographie bezüglich der Wandinfiltration lag in unseren Untersuchungen bei 30%, die der Lymphknotenmetastasenerkennung bei 15% und damit unter den in der Literatur berichteten Werten. Ziel der Untersuchung war das outcome unserer Patienten im Vergleich zu anderen Studien kritisch zu betrachten und klinische sowie pathohistologische Parameter hinsichtlich ihrer prognostischen Wertigkeit zu überprüfen. Bezüglich der Früheresultate nach operativem Eingriff, insbesondere der postoperativen Letalität und der Komplikationsrate, lagen die Ergebnisse unserer Patienten in den nach vergleichbaren Studien zu erwartenden Bereichen. Hinsichtlich der Langzeitergebnisse ergab sich für unser Patientenkollektiv eine gering höhere allgemeine 5-JahresÜberlebensrate als in Untersuchungen mit vergleichbarem Patientengut und ähnlichem Studienprofil. Unter den untersuchten Parametern erwiesen sich lediglich die Kriterien Tumorstadium (p<0,0001) und lokale Radikalität der Operation (p = 0,002) in der multivariaten Analyse als unabhängige prognostische Faktoren. Diese Ergebnisse stimmen ebenfalls mit den Angaben in der entsprechenden Literatur überein. Unter den übrigen in der univariaten Analyse getesteten Parametern erwiesen sich neben der Lymphknotenmetastasierung und der Wandinfiltrationstiefe, die das Kriterium Tumorstadium wesentlich mitbestimmen, der Differenzierungsgrad des Tumors, das Alter des Patienten bei der Erstdiagnose, die Tumorgröße und erhöhte präoperative CEA-Level als das Überleben signifikant beeinflußende Faktoren. Derartig ermittelte prognostische Faktoren könnten möglicherweise zur Identifizierung weiterer Risikogruppen außerhalb des Tumorstadiums dienen, die eventuell von einer adjuvanten Therapie profitieren könnten. 53 6. Literatur [1] Rupp, K.-D., Holzgreve, A. (1998). 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Hohlbach, Direktor der chirurgischen Universitätsklinik am Marienhospital Herne, der mir freundlicherweise die Daten seiner Patienten zur Verfügung gestellt hat, und Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Rupp für seine Geduld. 57 8. Lebenslauf NAME: GEB. AM: GEB: IN: NATIONALITÄT: KONFESSION: FAMILIENSTAND: EHEMANN: ELTERN: Marion Hölter, geb. Hartmann 04.07.1968 Waltrop deutsch römisch-katholisch verheiratet seit dem 12.08.1993 Olaf Hölter, Betriebswirt Gerda Hartmann, Sekretärin Josef Hartmann, Maurer SCHULBILDUNG: 08/74 - 07/78 08/78 - 06/87 Barbara-Grundschule Waltrop Theodor-Heuss-Gymnasium Waltrop Latinum, Abitur 1987 mit der Note 1,7 BERUFSAUSBILDUNG: 10/87 - 10/90 Prosper-Hospital Recklinghausen Abschluß: Examen als Krankenschwester STUDIUM: 10/90 Beginn des humanmedizinischen Studiums an der Ruhr-Universität Bochum Physikum mit der Note gut 1. Staatsexamen mit der Note befriedigend 2. Staatsexamen mit der Note gut Praktisches Jahr im Marienhospital Herne 3. Staatsexamen mit der Note sehr gut Ärztl. Prüfung mit Gesamtnote gut(1,83) 09/92 08/93 09/95 10/95 - 09/96 11/96 11/96 FAMULATUREN: 09/93 - 10/93 03/94 - 04/94 09/94 - 10/94 03/95 - 04/95 BERUFSERFAHRUNG: St. Vincenz-Krankenhaus in Datteln, Abteilung für Innere Medizin Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen, Abteilung für Chirurgie St. Vincenz-Krankenhaus in Datteln, Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin Prosper-Hospital Recklinghausen, Abteilung für Chirurgie seit 10/87 Berufsausbildung zur Krankenschwester im Prosper-Hospital Recklinghausen, Wochenenddienste in der Abteilung für Chirurgie des Prosper-Hospitals, Nachtdienste in den Abteilungen für Proktologie, Urologie und Innere Medizin des Prosper-Hospitals 01/97 - 06/98 Ärztin im Praktikum in der chirurgischen Klinik des Marienhospitals Herne seit 09/98 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für allgemeine und spezielle Pathologie an der Ruhr-Universität Bochum, Professor Dr. med. K. Morgenroth 58