DOI: 10.1002/ciuz.200700426 Atmosphärische Spurenstoffe und ihre Sondierung J OHN BURROWS | H ERBERT F ISCHER | K LAUS K ÜNZI | K LAUS P FEILSTICKER | U LRICH P LAT T | A NDREAS R ICHTER | M ARTIN R IESE | G ABRIELE S TILLER | T HOMAS WAGNER Viele Eigenschaften unserer Atmosphäre sind durch die Spurenstoffe geprägt. Diese sind durch menschliche Eingriffe und natürliche Prozesse einem ständigen Wandel unterworfen. Um diesen Wandel besser zu verstehen und vorherzusagen, wird die Atmosphäre in den meisten Regionen fortlaufend mit modernen Messinstrumenten untersucht. Entsprechend der Fragestellungen werden dazu sowohl in-situ („vor Ort“)-Verfahren als auch die Methoden der Fernerkundung eingesetzt. Neuerlich liefern satellitengetragene Fernerkundungsmethoden die Möglichkeit der globalen Beobachtung, wodurch völlig neue Perspektiven in der Charakterisierung der raumzeitlichen Entwicklung von atmosphärischen Spurenstoffen und deren Deutung ermöglicht wurden. In-situ-Messungen Die Bedeutung der „vor-Ort“-Messung Während die große Stärke der Fernerkundungsverfahren im Zugang ferner (nicht-lokaler) atmosphärischer Regionen und dem schnellen Erfassen ausgedehnter räumlicher atmosphärischer Strukturen liegt, besitzen in-situ-Messverfahren (lateinisch für „vor-Ort“) Vorteile in der erreichbaren Messgenauigkeit der beobachteten atmosphärischen Parameter sowie in der Auflösung von kleinen räumlichen Strukturen und ihrer raschen zeitlichen Änderung. Auch können mit Hilfe von in-situ-Messungen eine größere Zahl atmosphärische Parameter mit unterschiedlichen Messmethoden erfasst werden. So werden atmosphärische in-situ-Messverfahren gerne bei meteorologischen und klimatischen Langzeitbeobachtungen, zur Emissionsüberwachung technischer Anlagen, bei der lokalen, regionalen Umweltüberwachung und beim Studium atmosphärischer Prozesse, wie die Untersuchung der mikro- und mesoskaligen Dynamik, Fragen der Wolkenbildung und des Strahlungstransportes und photochemischer Prozesse eingesetzt. Folgende wissenschaftliche Fragestellungen werden in der heutigen Atmosphärenforschung vornehmlich mit insitu-Methoden untersucht: 170 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim – Luftchemische Fragen, wie die Emission und die Transformation von Luftschadstoffen in der Atmosphäre, die Bildung von photochemischem Smog, die Photochemie stratosphärischen Ozons, der Abbau klimawirksamer langlebiger Verbindungen in der Stratosphäre und Mesosphäre (z. B. von SF6) oder die Bildung leuchtender Nachtwolken in der polaren Mesosphäre. – Die Wechselwirkung von klimawirksamen Gasen und Aerosolen mit dem atmosphärischen Strahlungshaushalt. Typische Beispiele hierfür sind die Empfindlichkeit der Änderungen der atmosphärischen Ozon-, Wasser-, und Kohlendioxidkonzentrationen auf die Strahlungsheizung bzw. -kühlung und damit dem diabatischen Transport in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre der Tropen, oder die Wirkung von vulkanischen, mineralischen und anthropogen emittierten Aerosole auf die Strahlungsbilanz. – Das Studium des Austausches von Energie, Impuls und (Spuren-) Stoffen an den Grenzschichten Atmosphäre/ Wasser, Atmosphäre/Biosphäre, Atmosphäre/Boden, und Atmosphäre/Kyrosphäre. Typische Beispiele hierfür sind u.a. Untersuchungen zum Transport von horizontalem Impuls auf Wasseroberflächen und die Bildung von ozeanischen Wellen, der ozeanischen Senke des klimawirksamen Gases Kohlendioxids, der Evatranspiration in semiariden Gebieten, oder der Einfluss von Luftverschmutzung auf das Rückstreuvermögen (Albedo) von Schnee und Eis. – Viele meteorologische Prozesse sowie Fragen der atmosphärischen Dynamik mit einer Präferenz für kleine und mittlere räumliche Skalen. Typische Beispiele hierfür sind u.a. die Bildung von konvektiven Zellen, die Wolkenbildung und die Bildung von Starkniederschlag in der Troposphäre, Fragen der Turbulenz wie das Studium des Energiespektrums von Windfeldern und ihrer Intermittenz, der Transport von Luftmassen zwischen der Troposphäre und Stratosphäre oder die Bildung stratosphärischer Wolken. Die für die Atmosphärenforschung wichtigen Parameter und Größen können in zwei Gruppen aufgeteilt werden: – Größen, deren Eigenschaften sich durch eine Probennahme nicht ändern bzw. über längere Zeit erhalten bleiChem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Abb.1 Aufbau der Erdatmosphäre und Messträger der atmosphärischen Forschung. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 171 Abb. 2 Vollautomatischer CARIBIC-Messcontainer, wie er einmal pro Monat für vier aufeinander folgende Flüge im Frachtraum eines umgebauten Airbus A340-600 der Lufthansa eingebaut wird. CARIBIC wird in Deutschland koordiniert; insgesamt sind 11 europäische Institute beteiligt. Methoden der in-situ-Messungen ben. Hierfür wird eine geeignete Sammelapparatur (zumeist ein Luftsammler) zur Probennahme benötigt. Entsprechende Luft- oder Aerosolproben können im Labor mit analytischen Methoden vermessen und mit Standards sehr genau kalibriert werden. Dazu zählen die Konzentrationen der meisten Quellgase (CH4, N2O, FCKWs, OCS, Kohlenwasserstoffe) und vieler länger lebender Radionuklide sowie die isotopische Zusammensetzung von z.B. H2O, CH4 und N2O. – Größen, die augenblicklich am Ort bestimmt werden müssen, da ihre Eigenschaft nicht über längere Zeit konserviert werden kann. Dazu gehören praktisch alle meteorologischen Größen wie Lufttemperatur, Druck, Windgeschwindigkeit, Feuchte, die Konzentrationen von luftchemisch wichtigen Spurengasen und Radikalen wie O3, OH, NO3, NO, NO2 und BrO, viele Reservoirgase (H2SO4, HNO3, N2O5, Peroxyacetylnitrat (PAN)), Quellgase polarer Natur und/oder geringer chemischer Bindung, die meisten physikalischen bzw. chemischen Eigenschaften atmosphärischer Aerosole und Wolkentröpfchen und Kristalle, wie ihre Größenverteilung, die physikalische Phase oder ihre chemische Zusammensetzung. Einen Überblick über die gängigen analytischen in-situMethoden der Atmosphärenforschung zeigt Tabelle 1. Diese Methoden umfassen neben den üblichen meteorologischen Messinstrumenten eine Vielzahl an unterschiedlichen Instrumenten zur Erfassung der atmosphärischen Zusammensetzung, Photochemie, Mikrophysik, Dynamik und Strahlung: – Optische Methoden wie die Absorptionsspektrometrie, gekoppelt mit White-Zelle oder optischem Resonator, Laser-induzierter Resonanzfluoreszenz, Cavity Ring Down Spectroscopy (CRDS), Diodenlaserspektroskopie, Laserbasierte Photoakustik (LPAS), Quantum-Cascade-LaserAbsorptionspektroskopie, Spektralradiometer, Pyrgeometer oder Vorwärtsstreuexperiment (FSSP) – Massenspektrometrie wie chemische Ionisations-Massenspektroskopie (CIMS), Protonen-Transfer-ReaktionMassenspektrometrie (PTR-MS), Beschleuniger-Massenspektrometrie, Laufzeit-Massenspektrometrie (TOF) – Gaschromatographie mit und ohne Massenspektrometerkopplung, Denuder gekoppelt mit Hochdruckgaschromatographie (HPLC), Filteranalytik mit Flüssigkeitsgaschromatographie – Chemische Verstärker, wie der „peroxy radical chemical amplifier“ (PERCA) – Chemilumineszenz – Elektrochemische Methoden – Proportionalzählrohre – Impaktoren Allen Messmethoden gemeinsam ist die Schwierigkeit, vom jeweiligen Messträger unbeeinflusste Umgebungsluft zu erhalten, denn ganz unvermeidlich beeinflusst jeder Messträger die physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften der Umgebungsluft. Zum einen verändert er in der Regel das ihn umgebende Strömungsfeld, was z.B. zu einer Abb. 3 Gruppenphoto der an dem SCOUT-O3-Vorhaben beteiligten Wissenschaftler mit den Forschungsflugzeugen Falcon der DLR (links) und der russischen GEOPHYSICA (rechts) auf dem Flughafen in Darwin/Australien im Januar 2006. 172 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG Separation von Luft und Aerosolpartikel führen kann. Bei sich schnell bewegenden Messträgern (Flugzeuge und Raketen), muss dafür Sorge getragen werden, dass nur die ungestörte Umgebungsluft außerhalb der hydrodynamischen Grenzschicht des Messträgers analysiert wird. Diese Grenzschicht ist bei Flugzeugen typischerweise 10 – 40 cm dick. Eine Beeinflussung der chemischen Eigenschaften der Umgebungsluft kann auch direkt durch die Emission von Spurenstoffen in die umgebende Atmosphäre erfolgen oder indirekt als Folge der Störung des Strahlungsfeldes durch den Messträger. Zum Beispiel ist bekannt, dass die Kunststoffhülle großer Stratosphären-Ballone signifikante Mengen an Wasserdampf, der beim Ballonaufstieg aus der Troposphäre als Haftwasser mitgebracht wird, in die Umgebungsluft entlässt. Daher werden stratosphärische in-situ-Messungen von Wasserdampf (und anderer Spurengase) grundsätzlich nur im kontrollierten Abstieg des Ballons unternommen, bei dem das unten hängende Messgerät stets von kontaminationsfreier Umgebungsluft umspült wird. Messträger Die Wahl des Messträgers wird von den gewünschten Untersuchungen bestimmt. So sollten die zu untersuchenden atmosphärischen Regionen leicht erreicht werden können, d.h. Einsatzhöhe, Reichweite und Fluggeschwindigkeit des Messträgers müssen den Untersuchungen angepasst sein. So erlauben einerseits schnell fliegende Messträger (z. B. Raketen) eine schnell aufeinander folgende Erfassung großer atmosphärischer Regionen, was bei manchen Untersuchungen ein großer Vorteil ist. Andererseits stellen jedoch ABB. 4 | | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E große Fluggeschwindigkeiten hohe Anforderung an die zeitliche Auflösung der Instrumente, denn sie führen zu einer wesentlichen Einschränkung der erreichbaren räumlichen Auflösung bei den zu messenden atmosphärischen Parametern. Letzteres Problem ist unmittelbar mit der für jede Messmethode möglichen Zeitauflösung bei gegebener Messgenauigkeit verknüpft. Die Atmosphärenforscher haben in der Vergangenheit fast alle zur Verfügung stehenden Luftfahrtzeuge in der atmosphärischen Grundlagenforschung eingesetzt (Abbildung 1). Dazu gehören: Fesselballone (Gipfelhöhe 1000 m, Tragkraft einige 10 kg), mit denen man hervorragend länger andauernde meteorologische und luftchemische Untersuchung in der planetaren Grenzschicht durchführen kann. Drachen und Hängegleiter (v einige m/s, Gipfelhöhe einige 1000 m, Tragkraft einige kg), die u.a. schon für die störungsfreie Messung des aktinischen Strahlungsflusses als Funktion der Bewölkung und atmosphärischen Aerosolbelastung eingesetzt wurden. Luftschiffe (Zeppeline) (Flughöhe einige 1000 m, Tragkraft einige 1000 kg, Reichweite einige 1000 km), die erst seit jüngster Zeit der atmosphärischen Forschung zur Verfügung stehen. Ihr Vorteil besteht in ihrer variablen Geschwindigkeit wodurch Lagrange-Experimente möglich sind. Bei diesen Experimenten wird das Luftschiff genau mit der Windgeschwindigkeit der Umgebungsluft über Grund bewegt, sodass das Luftschiff stets von der gleichen Luftmasse umgeben wird. Flugzeuge (v einige 100 m/s, Gipfelhöhe < 21 km), die für eine Vielzahl an Forschungszielen eingesetzt werden. So dienen kleinere Flugzeuge zumeist der lokalen und re- I N - S I T U - M E S S G E R Ä T F Ü R S T I C KOX I D E In-situ-Messgerät SIOUX (Stratospheric Observation Unit for nitrogen oXides) des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt. SIOUX ist ein Zweikanal-Chemolumineszenz-Instrument und kommt am Höhenforschungsflugzeug M55-Geophysica zum Einsatz. In Kanal A wird Stickstoffmonoxid (NO) und in Kanal B die Summe der reaktiven Stickstoffverbindungen (NOy) gemessen. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 173 TA B . 1 | M E S S G R Ö ß E N U N D - PR I N Z I PI E N VO N I N - S I T U - B EO BAC H T U N G E N D E R AT M OS PH Ä R E Messgröße Instrument/Messprinzip Anwendung Referenzen O3 UVAbsorptionsspektrometer, Chemiluminesenz, Elektrochemische Sonde, Massenspektrometer Resonanz-Fluoreszenz und optische Absorption Ly-α Resonanz Fluoreszenz, Hygrometer, Frostpunkthygrometer, Laser basierte Photoakustik (LPAS), durchstimmbarer Diodenlaser (TDL), kryogenes Sammeln Laser-induzierte Fluoreszenz (LIF) und chemische Ionisation, Matrix Isolation, Massenspektroskopie (CIMS) Denuder ‘Grab’ oder kryogenes Sammeln, Rest Gas Analysator (RGA) Peroxy Radical Chemischer Verstärker (PERCA) und Massenspektroskopie (CIMS) Infrarot CO2 Analysator, Gaschromatographie (GC), Durchstimmbarer Diodenlaser (TDL), Vakuum-Ultraviolet (VUV) Spektrometer, durchstimmbarer Diodenlaser (TDL), Rest Gas Analysator (RGA) Gaschromatographie, durchstimmbarer Diodenlaser (TDL) Protonen Transfer Reaktion Massenspektrometer (PTR-MS) und Gaschromatographie Massenspektrometer (GC-MS) Photochemie atm. Transport, Photochemie, atm. Plasmaphysik Mikrophysik [1] [2] [3] Photochemie [4] Photochemie Photochemie [5] [6] Photochemie Klima [7] [8] Photochemie, Transport [6] Photochemie Photochemie [9] [10] Photochemie [11] Photochemie Photochemie Photochemie Photochemie, Heterogene Chemie Photochemie, Heterogene Chemie [12] [13] [14] [15] [16] Photochemie, Mikrophysik Atmosphärische Photochemie, Mikrophysik [17] [18] Photolyse, Laser-induzierte Fluoreszenz (LIF) Photochemie [19] Cavity Ring Down Spektrometer (CRDS) Cavity Ring Down Spektrometer (CRDS) und Laser-induzierte Fluoreszenz (LIF) Chemische Ionisation Massenspektroskopie (CIMS) durchstimmbarer Diodenlaser (TDL) Gaschromatographie mit Chemilumineszenz Chemische Ionsations- Massenspektroskopie (CIMS) Quantum Cascade Laser Chemische Ionsations- Massenspektroskopie (CIMS) Gesamtluftsammler mit Gaschromatographie und/oder Massenspektrometer, durchstimmbarer Diodenlaser (TDL) Photochemie Photochemie [20] [20] Photochemie Photochemie Photochemie Photochemie Photochemie Photochemie Atmosphärischer Transport Photochemie [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] Filter mit Photonen-vervielfacher Massenspektrometer und Faradaybecher Transport, Mikrophysik Photochemie, Plasmaphysik [28] [29] 2π Radiometer Photochemie, Strahlungstransport [30] Pyrgeometer Impaktor, Laser Optische Partikelinstrument, Vorwärtsstreuexperiment (FSSP) Wachstumskammer Zwei-kanal Kondensationkern-zähler Filteranalytik, Laserablation Massenspektrometer (AMS), Time of Flight Spektrometer Strahlungstransport Mikrophysik [31] [32] Mikrophysik Mikrophysik, Photochemie [33] [34] O (3S,3P) H2O OH/HO2 H2O2 H2 RO2 CO2 CO CH4 Flüchtige Organische Substanzen (VOC) und Nicht Methan Kohlenwasserstoffe (NMHC) CH2O (CH3)2CO Peroxyacetylnitrat (PAN) CH3CN Cl, ClO, BrO ClOOCl, ClONO2 HBr, HCl, HF NO und totales NOy (= NO, NO2, NO3, HNO3, N2O5, ClONO2) NO2 NO3 N2O5 HNO3 HNO2 Alkylnitrate SO2, H2SO4, MSA, DMSO OCS NH3 Isotopomere: HDO, H218O, 13 CH4, 12CDH3, 17O3 18O3, C17OO, H2, HD, 13CO, 14 CO, C18O, C17O, …. Radon Positive und negative Kleinionen, Elektronen Aktinischer Fluß: J(NO2), J(O3), J(O(1D)) Breitbandige solare Strahlung Aerosole (Größenverteilung) Kondensationkeime Aerosole (Zusammensetzung) 174 | Durchstimmbarer Diodenlaser (TDL), Denuder mit Hochdruckgaschromatographie (HPLC) Chemische Ionisation Massenspektroskopie (CIMS) Gaschromatographie, Massenspektroskopie (CIMS) Massenspectometer (CIMS) Chemische Konversion und Resonanz-Fluoreszenz Thermische Dissoziation/Chemische Konversion und Resonanz-Fluoreszenz Filteranalyse mit Chromatographie Chemilumineszenz ohne/mit Goldkatalysator © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG gionalen Umweltüberwachung, aber auch für Untersuchungen zur mesoskaligen Dynamik, Wolkenbildung, Strahlungsbilanz, und Photochemie in der untersten Atmosphäre. Größere und leistungsstärkere Flugzeuge benützt man hingegen vor allem zur Untersuchung von Prozessen von regionaler und hemisphärischer Bedeutung, wie z. B. interkontinentaler und interhemisphärische Transport von Luftschadenstoffen, die Photochemie, Mikrophysik, und Transport des Ozons in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre oder die Bildung des Ozonloches. Große Flugzeuge besitzen zudem den Vorteil, dass man auf viele Messgeräte zurückgreifen und damit eine große Anzahl atmosphärischer Parameter gleichzeitig messen kann, was eine synergetische Interpretation der Messungen stark verbessert. Eine besonders interessante Anwendung ist hierbei die Verwendung von regelmäßig verkehrenden Verkehrsflugzeugen. Dabei werden im Rahmen des Projektes CARIBIC (Civil Aircraft for the Regular Investigation of the atmosphere Based on an Instrument Container) in-situ-Messungen von luftchemisch und klimatisch relevanten atmosphärischen Spurenstoffen auf Linienflügen der Lufthansa vorgenommen (Abbildung 2). Eine besondere Klasse von Forschungsflugzeugen stellen auch die russische GEOPHYSICA und die amerikanische ER-2 dar, die beide ehemals zu Spionagezwecken eingesetzt wurden. Beide Flugzeuge zeichnen sich durch ihre große Gipfelhöhe (< 21 km) aus, womit die sonst nur schwer erreichbare, aber photochemisch und klimatisch bedeutsame oberste Troposphäre und untere Stratosphäre (15 – 21 km) erreicht werden können (Abbildungen 2 und 3). Diese Flugzeuge wurden u.a. sehr erfolgreich zur Untersuchung der chemischen und dynamischen Prozesse eingesetzt, die zur Bildung des stratosphärischen Ozonloches im antarktischen Frühjahr führen, oder auch für Untersuchungen der klimatisch wichtigen tropischen oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre (Abbildungen 3 und 4). Hochfliegende unbemannte Drohnen (Gipfelhöhe 22 km, Reichweite bis zu 25000 km, v = 100 m/s, typ. Tragkraft < 500 kg), die von der NASA zur Erforschung der Dynamik und Photochemie der schwer erreichbaren subtropischen und tropischen Tropopausenregion und unteren Stratosphäre (15 – 22 km) in jüngster Zeit verwendet werden. Drohnen besitzen im Gegensatz zu den Höhenforschungsflugzeugen eine wesentlich größere Reichweite und Einsatzzeit, wodurch sich sehr entlegene Gebiete über dem Pazifik oder die Antarktis mühelos und gefahrlos erreichen und untersuchen lassen. Ballone: Kleine Ballone (Tragkraft einige kg, Gipfelhöhe bis 35 km) werden von vielen Wetterdiensten für die regelmäßige meteorologische Überwachung der unteren und mittleren Atmosphäre eingesetzt. Große Ballone (Gipfelhöhe bis 45 km, Reichweite bis zu 5 Erdumlaufen, Tragkraft < 2 t, v einige 10 m/s) kommen hingegen häufig zur Erforschung der stratosphärischen Ozonschicht zum Einsatz. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Raketen (Tragkraft < 1t, Gipfelhöhe einige 100 km, Flugdauer einige 10 Minuten), die bisher vor allem zur Untersuchung der Atmosphäre oberhalb der Gipfelhöhe der Ballone ( > 45 km, d.h. in der oberen Stratosphäre, Mesosphäre, Thermosphäre, und Exosphäre) eingesetzt wurden. Ihr Vorteil besteht in ihren großen möglichen Gipfelhöhe, wodurch sich mit anderen Methoden nicht erreichbare atmosphärische Regionen untersuchen lassen. Boden- und flugzeuggestützte Fernerkundung Prinzipien der Fernerkundung In der Fernerkundung werden grundsätzlich zwei verschiedene physikalische Prinzipien angewandt: Absorption eines externen Signals und thermische Emission aus der Atmosphäre. In der Absorptionsspektroskopie ergibt sich das Signal aus der Abschwächung der Intensität I0 einer Strahlungsquelle durch den zu messenden Spurenstoff. Quantitativ wird der Zusammenhang zwischen Konzentration und gemessenen Lichtintensitäten durch das Gesetz von Lambert-Beer beschrieben: I(λ) = I0(λ) exp(– S σ(λ)) (1) In Gleichung (1) bedeuten I0(λ) bzw. I(λ) die (wellenlängenabhängigen) Intensitäten vor bzw. nach Durchlaufen einer Messstrecke in der sich der Spurenstoff mit der Säulendichte S befindet, σ(λ) bezeichnet den (wellenlängenabhängigen) Absorptionsquerschnitt des Spurenstoffs, die Säulendichte ist das Integral der Konzentration über die Messstrecke (Länge L) mit der Spurenstoffkonzentration c(l): L S = ∫ c ( l ) dl = c · L. (2) 0 Die Säulendichte kann auch als Produkt der über die Messstrecke gemittelten Konzentration mit der Länge L der Messstrecke geschrieben werden. Mit diesen Größen lässt sich die mittlere Spurenstoffkonzentration als Funktion der zu messenden Intensitäten I0, I (bzw. der Optischen Dichte D) ausdrücken: ⎛ l (λ ) ⎞ log ⎜ 0 ⎝ l ( λ ) ⎟⎠ D . c= = σ (λ ) · L σ (λ ) · L (3) Absorptionsspektroskopische Messungen werden in vielen Varianten angewandt, die sich in einer Reihe von Merkmalen unterscheiden: Art der Lichtquelle (natürlich oder künstlich), Anordnung des Lichtweges (direkter Weg zwischen Lichtquelle und Empfänger bzw. Empfang von gestreutem Licht), Art der Messung (mittlere Spurenstoffkonzentration oder Länge des Lichtweges L, etwa in Wolken). Eine Reihe der Varianten ist in Abbildung 5 dargestellt. In der Emissionsspektroskopie wird die thermische Emission elektromagnetischer Strahlung durch atmos- www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 175 phärische Spurenstoffe ausgenutzt, um deren Säulendichte bzw. Konzentration zu bestimmen. Da thermische Emission in nutzbarer Intensität bei allen atmosphärischen Temperaturen nur bei Wellenlängen oberhalb von 3 – 4 μm stattfindet, ist Emissionsspektroskopie nur im IR- und Mikrowellenbereich möglich. Damit sind aber Messungen ohne fremde Strahlungsquellen (z.B. die Sonne) am Tag und in der Nacht möglich. Nachteil der Emissionsspektroskopie ist die Notwendigkeit der Eichung der Strahlungsmessungen mit Schwarzkörpern. Das Signal I(λ), das der Sensor empfängt, wird durch die Strahlungstransfergleichung beschrieben. Für die Intensität I (L,λ) in der Höhe L als Funktion der Wellenlänge λ gilt: mit I0 der Intensität der Strahlung, die von außen in die Atmosphäre eintritt und entsprechend der optischen Dichte (Opazität) der gesamten Atmosphäre D0 abgeschwächt wird; l ist die Distanz vom Sensor mit der maximalen Distanz L an den Rand der Atmosphäre. Das Integral beschreibt den Strahlungsbeitrag aus der Atmosphäre, σ(L,λ) ist der Absorptionskoeffizient an der Stelle l der eine Funktion der Zusammensetzung, der Temperatur und des Druckes ist und (T,λ) ist die Quellfunktion, die für thermische Strahlung durch die Planckfunktion beschrieben wird und von der Wellenlänge λ und der Temperatur T abhängt. Das Produkt aus Absorption und Quellfunktion an der Stelle l wird mit der Opazität Dl abgeschwächt. Für die Opazitäten gilt: L I ( L, λ ) = I 0 exp (– DL ) + ∫ σ ( l, λ ) · P (T , λ ) · exp (–( DL – D l ))dl 0 ABB. 5 | L l DL ( λ ) = ∫ c ( l ) · σ ( l , λ ) dl und Dl = ∫ c ( l' ) · σ ( l', λ ) dl'. 0 0 Für einen Sensor am Boden ist I0 die kosmische Hintergrundstrahlung, für einen Sensor in einem Flugzeug oder Satelliten, der in Richtung Erde beobachtet, ist I0 die Eigenstrahlung der Erdoberfläche. Messungen sind natürlich bei beliebigen Winkeln zum Nadir möglich. Zur Untersuchung von Molekülen, die nur in sehr geringen Konzentrationen vorkommen, wird die Horizontabtastung (englisch limb sounding) eingesetzt unter Verwendung einer Plattform innerhalb und oberhalb der interessierenden Atmosphärenschichten. Durch diese Beobachtungsgeometrie werden sehr lange Wege in der Atmosphäre ermöglicht. Durch eine geeignete Wahl der Beobachtungswellenlänge kann man erreichen, dass man im wesentlichen nur ein Signal von einem bestimmten Molekül in der Atmosphäre misst; wenn die atmosphärische Temperatur- und Druckverteilung mit ausreichender Genauigkeit bekannt ist, kann aus der Messung der Strahlungsintensität I auf die vertikale Verteilung des betreffenden Moleküls geschlossen werden. Falls die Verteilung des strahlenden Moleküls bekannt ist, kann mit Hilfe dieser Messung auch das Temperaturprofil bestimmt werden. Je nach benutztem Wellenlängenbereich muss der Effekt der Streuung an Teilchen in der Atmosphäre unterschiedlich behandelt werden. Für infrarote und sub-mm Wellen muss ein Streuungsalgorithmus unter Berücksichtigung der Teilchengrößenverteilung und Teilchenform verwendet werden. Entsprechende Algorithmen sind verfügbar, sind aber sehr rechenintensiv. Für den langwelligen Teil des Mikrowellenspektrums (λ >1cm) beschränkt sich der Effekt von Teilchen auf deren dielektrische Verluste im Material. Von Vorteil ist, dass man bei geeigneter Wahl der Wellenlänge durch Messung der Strahlung auf die Teilchengrößen und deren Form schließen kann. A B S O R P T I O N SS PE K T ROS KO PI E Nutzbare Spektralbereiche Das Prinzip der Absorptionsspektroskopie wird in vielen Varianten angewandt, die sich durch die Art der Lichtquelle (natürlich oder künstlich), der Anordnung des Lichtweges (direkter Weg zwischen Lichtquelle und Empfänger bzw. Empfang von gestreutem Licht) sowie der Art der Messung (mittlere Spurenstoffkonzentration oder Länge des Lichtweges) unterscheiden. 176 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Bei Aufnahme oder Abgabe eines Lichtquants (Photons) aus dem Strahlungsfeld der Atmosphäre gehen die Moleküle in einen um die Energie des Quants energetisch höheren bzw. tieferen Zustand über. Nach den Regeln der Quantenme- www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG chanik sind nur bestimmte Zustände zulässig, die diskrete Energiewerte besitzen. Bei Emission oder Absorption eines Photons wird an der entsprechenden Position eine Linie im Spektrum beobachtet. Das gesamte, für das Molekül charakteristische Spektrum wird durch die Gesamtheit der möglichen Zustände, die Anzahl der Moleküle in diesen Zuständen (eine Funktion der Temperatur), und durch Regeln bestimmt, welche angeben, welche Übergänge zugelassen sind und an das Strahlungsfeld koppeln. Grundsätzlich kann man drei Arten der Anregung eines Moleküls unterscheiden. Die elektronische Anregung ändert die Konfiguration der Außenelektronen des Moleküls, die Vibrationsanregung ändert die Schwingungen der Atome des Moleküls relativ zueinander. Schließlich kann auch die Rotation des Moleküls (oder von Teilen davon) durch Strahlungseinwirkung geändert werden. | tionsprofile der Spurengase gewonnen werden können. Bei letzterem macht man sich zunutze, dass aufgrund des mit der Höhe exponentiell abnehmenden Drucks die Strahlungsbeiträge aus unterschiedlichen Höhen in der Atmosphäre eine stark unterschiedliche Druckverbreiterung aufweisen. So resultiert die Emission von Strahlung einer Substanz im unteren Teil der Atmosphäre in einer sehr breiten Linie, während die Emission eines Gases im oberen Teil der Atmosphäre zu einer sehr schmalen Spektrallinie mit schar- ABB. 6 | I N F R A ROT- A B S O R P T I O N Der Ultraviolette und sichtbare Spektralbereich Im ultravioletten und sichtbaren Spektralbereich kann Absorption von Strahlung nur stattfinden, wenn elektronische Molekülübergänge angeregt werden können. Da gleichzeitig noch Vibrations- und Rotationsanregung auftreten, sind die Molekülspektren in diesem Bereich sehr komplex. In der Tat bestehen sie in vielen Bereichen aus hunderten von einander überlappenden Linien. Man spricht dann von nicht auflösbaren „Bandenspektren“. Der infrarote Spektralbereich Der infrarote Spektralbereich bietet ebenfalls ein erhebliches Potential zur Fernerkundung der atmosphärischen chemischen Zusammensetzung. Im mittleren Infraroten werden Schwingungs- und Rotationsübergänge angeregt. Es resultieren Schwingungs-Rotationsbanden, die umso komplexer ausfallen, je größer die Anzahl der atomaren Konstituenten im Molekül ist. Die Hauptbestandteile der Atmosphäre, N2 und O2, sind nicht infrarotaktiv und koppeln daher nicht an das atmosphärische Strahlungsfeld. Andernfalls wäre die Atmosphäre im gesamten infraroten Spektralbereich vollkommen undurchsichtig. Viele Spurengase aber, wie H2O, O3, CO2, CH4 , HNO3, oder N2O, sind strahlungsaktiv (Abbildung 6). Jene Gase, die sowohl strahlungsaktiv sind als auch ausreichend hohe Konzentrationen besitzen, legen mit den Positionen ihrer Hauptbanden fest, in welchen Fensterbereichen die Atmosphäre transparent bleibt. Neben den genannten Spurengasen gibt es noch eine größere Zahl (ca. 30) von anderen Spurengasen, die ebenfalls Absorptionssignaturen im IR aufweisen und deshalb mit der IR-Spektroskopie gemessen werden können. Abb. 6 In Kiruna (Schweden) gemessenes Absorptionsspektrum im thermischen Infrarotbereich. Die Banden einiger starke Absorber sind markiert. ABB. 7 Der Mikrowellen- und Sub-MillimeterwellenBereich Bei der Messung mit Mikrowellenradiometern werden Emissionslinien atmosphärischer Spurengase, die von thermisch angeregten Rotationsübergängen der betreffenden Moleküle herrühren, spektral so weit aufgelöst, dass anhand der Druckverbreiterung der Spektrallinien vertikale KonzentraChem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 AT M OS PH Ä R E N C H E M I E www.chiuz.de | EMISSIONSLINIEN-ENTSTEHUNG Abb. 7 Zur Entstehung einer Emissionslinie aus Beiträgen verschiedener Höhen. Ein höhenunabhängiges Mischungsverhältnis (grün) ergibt eine andere Linienform als ein Mischungsverhältnis, das in der Stratosphäre maximale Werte annimmt (rot). © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 177 fer Spitze führt (Abbildung 7). Unterhalb von 10 km Höhe wird die Linie allerdings so breit, dass sie sich nicht mehr vom unterliegenden Kontinuum abhebt. Das Verfahren ist deshalb auf die Messung von Spurengasen in der StratosABB. 8 | D OA S … phäre und in der Mesosphäre begrenzt, d.h. auf Höhen, in denen die Druckverbreiterung der dominierende Mechanismus ist. Da Mikrowellenstrahlung Wolken nahezu ungehindert durchdringt, sind Messungen der Konstituenten mit starken Emissionslinien wie Ozon auch bei teilweise bedecktem Himmel möglich. Messanordnungen Das Prinzip der Absorptionsspektroskopie wird in vielen Varianten angewandt, die sich im Wesentlichen durch folgende Merkmale unterscheiden: – Wellenlänge der sondierenden Strahlung (UV, sichtbar, IR, Mikrowellen) – Art der Lichtquelle (natürlich oder künstlich) – Anordnung des Lichtweges (direkter Weg zwischen Lichtquelle und Empfänger bzw. Empfang von gestreutem Licht) – Art der Messung (mittlere Spurenstoffkonzentration oder Länge des Lichtweges) – Bauart des Empfangssystems und Auswertemethode (Spektrometer oder Interferometer), DOAS – Auswertung (s.u.). Die Differentielle optische Absorptionsspektroskopie (DOAS) ABB. 9 | … U N D E I N B E I S PI E L Beispiel für die DOAS-Datenanalyse. Die skalierten Absorptionsquerschnitte („Fingerabdrücke“) der unterschiedlichen Spurengase sind in schwarz, die gemessene spektrale Signatur ist in rot dargestellt [37,38]. 178 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Aktive Absorptionsspektrometer Die „klassische“ Messanordnung eines Absorptions-Spektrometers für die Atmosphären-Sondierung besteht aus einer Strahlungsquelle (d.h. einem Scheinwerfer), die einen kollimierten Strahl durch die Atmosphäre zu einem Spektrographen schickt, der mit einer passenden Empfangsoptik ausgerüstet ist. Als Lichtquellen sind in allen Spektralbereichen thermische Emitter im Gebrauch, im infraroten Globare, im sichtbaren und ultravioletten Spektralbereich werden Glühlampen und Bogenlampen verwendet, neuerdings gewinnen auch Lumineszenzdioden (LEDs) an Bedeutung [35]. Alternativ kann die optische Messstrecke auch einfach gefaltet werden. Ein Reflektor schickt die Strahlung zurück zur Lichtquelle, in deren Nähe der Empfänger angebracht ist. Damit sind alle aktiven Bauelemente an einem Ende des Lichtweges zusammengefasst. VielfachReflexionssysteme (z.B. White System) dienen zur vielfachen (ggf. mehr als 100-fachen) Faltung des Lichtweges, um die Messstrecke auf relativ kleinem Raum unterzubringen. Die Vorteile der aktiven Absorptionsspektroskopie sind die einfache Bestimmung des Lichtweges und der relativ große nutzbare Spektralbereich. Zur Aufzeichnung der Spektren dienen im sichtbaren und ultravioletten Spektralbereich in aller Regel Gitterspektrometer; die Analyse erfolgt mittels der Differentiellen Optischen AbsorptionsSpektroskopie (DOAS, siehe unten). Im infraroten Spektralbereich dominieren Interferometer; die Spektren werden durch Fourier-Tranformation aus den Interferogrammen gewonnen. www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG Absorptionsspektroskopie von direktem SonnenMond- und Sternlicht Die Spektroskopie von direktem Licht natürlicher, extraterrestrischer Lichtquellen hat ebenfalls eine lange Tradition. Messungen dieser Art erlauben die Bestimmung der Gesamt-Säulendichte atmosphärischer Spezies (z.B. von Ozon). Der Aufbau der Geräte ist relativ einfach, allerdings ist direkte Sicht zu den Himmelskörpern notwendig, die nur zu bestimmten Tageszeiten gegeben ist bzw. durch Bewölkung blockiert werden kann. Ein weiterer Nachteil ist der eingeschränkte Spektralbereich: Zum Beispiel absorbiert die stratosphärische Ozonschicht im Wesentlichen alle UV-Anteile unterhalb ca. 300 nm. Messungen mit Mond- bzw. Sternlicht, die allerdings in erhöhte Anforderungen an die Empfindlichkeit des Messsystems stellen, erlauben auch nächtliche Messungen. UV/VIS-Absorptionsspektroskopie mit Streulicht Die Spektroskopie von gestreutem Sonnenlicht ist eine etablierte Messmethode, mit der viele atmosphärische Spurenstoffe mit meist hoher Genauigkeit und Empfindlichkeit bestimmt werden können [36]. Auf ihren Weg durch die Erdatmosphäre wird elektromagnetische Strahlung durch Spurengase absorbiert, die dem Sonnenspektrum charakteristische Absorptionsbanden aufprägen. In der Regel wird die Differentielle Optische Absorptions-Spektroskopie (DOAS) zur Analyse der Spektren angewandt. Dabei wird das für jedes Molekül spezifische Absorptionsmuster (vergleichbar einem Fingerabdruck) genutzt, um Rückschlüsse auf dessen Vorkommen zu ziehen (Abbildung 8). Hierbei ermöglicht die spektrale Analyse des Streulichts die absolute Bestimmung der Menge von verschiedenen atmosphärischen Spurgasen wie Ozon, NO2, zahlreichen Halogenoxiden, Formaldehyd, Wasserdampf und vielen anderen Spurengasen, indem man ihre einzelnen – unter Umständen auch überlagerten – spektralen Fingerabdrücke im Spektrum nachweist. Ein Beispiel für eine DOAS-Datenanalyse wird in Abbildung 9 gezeigt. Horizontsondierung Die Methode der Horizontsondierung wird heute häufig für die Erfassung von Spurenstoffen eingesetzt, weil damit auch Spurengase mit geringer Konzentration mit vergleichsweise guter vertikaler Auflösung gemessen werden können. Die Blickrichtung des Messgeräts verläuft in diesem Fall tangential durch die Atmosphäre und erreicht im Tagentenpunkt den minimalen Abstand ht zur Erdoberfläche, sodass nur Schichten oberhalb ht zum Messsignal beitragen. Durch die Geometrie wird die Schicht direkt oberhalb ht stark gewichtet, wodurch die gute vertikale Auflösung bedingt ist. Entsprechende Sensoren arbeiten im gesamten Wellenlängenbereich von Mikrowellen bis in den UV-Bereich. AT M OS PH Ä R E N C H E M I E gie zum bekannten RADAR (RAdiowave Detection and Ranging)-Verfahren geprägt. Das Messprinzip beruht auf der Aussendung von kurzen, gebündelten Lichtpulsen, üblicherweise eines gepulsten Lasers, in die Atmosphäre (Abbildung 10). Aus der Analyse des zeitlichen Verlaufes der rück-gestreuten Intensität kann auf die räumliche Verteilung von streuenden und absorbierenden Luftbeimengungen geschlossen werden. Systeme, die mit nur einer Wellenlänge arbeiten, werden zur Bestimmung der Aerosolverteilung vom Boden oder von Flugzeugen aus eingesetzt. Die Bestimmung der Verteilung von Spurengasen ist ebenfalls möglich, wenn zwei oder mehr verschieden Wellenlängen verwendet werden. Bei dem „Differential Absorption LIDAR“ (DIAL) werden die Wellenlängen des Paares so gewählt, dass eine Laserlinie vom Spurenstoff stark absorbiert wird, die andere schwach. Aus dem zeitlichen Verlauf der Differenz der Echo-Signale wird dann die SpurenstoffVerteilung entlang des Laserstrahls berechnet. Bodengebundene Instrumente Der Einsatz spektroskopischer Verfahren vom Boden aus ist in vielerlei Hinsicht attraktiv. Einerseits können Messungen der Spurenstoffkonzentration in Bodennähe durchgeführt werden. Hier haben spektroskopische Verfahren Vorteile z.B. aufgrund ihrer inhärenten Eichung und der Möglichkeit, „berührungslose“ Messungen durchzuführen. Andererseits erlaubt gerade der Aspekt der Fernerkundung die Sondierung höherer Atmosphärenschichten vom Boden aus. Über die Bestimmung der Gesamtsäulendichte hinaus können mit modernen Verfahren durch Ausnutzung verschiedener physikalischer Prinzipien (Druckverbreiterung von Absorptionslinien, Streuung in der Atmosphäre, Laufzeit der Strahlung) mittlerweile Vertikalverteilungen von Spurengasen in recht hoher Auflösung bestimmt werden. Multi-Axis Differentielle Absorptions-Spektroskopie (MAX-DOAS) Die Multi-Axis (MAX-) DOAS-Methode ist eine neue Variante der DOAS – Technik, die in den letzten Jahren wachsende Anwendungsmöglichkeiten gefunden hat. MAX-DOAS Instrumente sind mit einer Optik ausgestattet, mit dem man unter beliebigen Elevationswinkeln (Winkel zwischen Horizont und Blickrichtung, Abbildung 11) zum Himmel sehen ABB. 10 LIght Detection and Ranging (LIDAR) Instrumente Die Bezeichnung „LIght Detection and Ranging“ (etwa: Licht-Nachweis und Entfernungsmessung) wurde in AnaloChem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 | www.chiuz.de | L I DA R- M E S S U N G Schema einer „LIght Detection and Ranging (LIDAR)“Messung. © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 179 kann. Dies kann mit einem beweglichen Teleskop, das nacheinander Licht verschiedener Richtungen sammelt oder mit einer Vielzahl von Teleskopen geschehen, die gleichzeitig Strahlung aus verschiedenen Einfallsrichtungen zum Spektrometer führen. Da der Lichtweg durch die untere Atmosphäre sehr lang wird, wenn man nahe am Horizont Beobachtungen durchführt, sind MAX-DOAS-Geräte sehr empfindlich für die Spurengase, die in der unteren Troposphäre liegen. Durch sequentielle Messungen mit unterschiedlichen Elevationswinkeln kann man mit Hilfe des MAX-DOAS-Gerätes auf vertikale Spurengasverteilungen und – damit verbunden – Aerosolverteilungen schließen. Bei Messungen von Streulicht ist der Weg, den das Licht durch die Atmosphäre genommen hat, a priori nicht bekannt und kann durch Aerosolpartikel sowohl erheblich verlängert als auch verkürzt worden sein. Dadurch erscheint auf den ersten Blick eine verlässliche Aussage über die Konzentration eines Spurengases nicht möglich. Allerdings kann mit Hilfe von Strahlungstransportrechnungen der wahrscheinlichste Weg durch die Atmosphäre berechnet und aufgrund der MAX-DOAS-Geometrieeigenschaften die vertikale Spurengasverteilung abgeschätzt werden. Dadurch werden dann eindeutige Konzentrationsmessungen möglich. Darüber hinaus erhält man auch Angaben über die Höhe der Mischungsschicht [37-39]. Bodengebundene IR-Spektroskopie Die bodengebundenen Spektrometer nutzen meist die heiße Sonne als breitbandige Hintergrundquelle; die in den atmosphärischen Fenstern empfangene Strahlung wird mit hoher spektraler Auflösung analysiert. Anhand der Stärke der charakteristischen Absorptionsbanden lässt sich die Konzentration vieler (etwa 40) verschiedener Spezies erfassen. Letztendlich beruht die Messung der Gase auf einem Vergleich mit Labormessungen der Absorptionswirkung bei bekannter Gaskonzentration, die in Datenbanken wie HITRAN zusammengestellt sind. Die bodengebundene ABB. 11 | E L E VAT I O N S W I N K E L Messung liefert somit primär Gesamtsäulen der Spurengase; außerdem können aus Details der beobachteten Spektralverteilung (Druckverbreiterung von Spektrallinien und Abhängigkeit der Banden von der Temperatur) gewisse Rückschlüsse auf das Konzentrationsprofil als Funktion der Höhe gezogen werden. Daneben gibt es wenige bodengebundene Infrarot-Spektrometer, die die von der Atmosphäre emittierte Strahlung messen. In diesem Fall wird der erfassbare Höhenbereich durch die nach oben abnehmende Temperatur auf die untersten 3 bis 4 km beschränkt. Global gibt es etwa 15 Stationen, die mit hochauflösenden Infrarotspektrometern ausgerüstet sind und die Atmosphäre kontinuierlich beobachten. Sie sind Bestandteil des NDACC-Netzes (Network for the Detection of Atmospheric Composition Change: www.ndacc.org/). Die längsten Messreihen reichen zurück bis in die Mitte der 70er Jahre. Die lange Überdeckung ermöglicht Trendbestimmungen (etwa von Chlorverbindungen im Zusammenhang mit Untersuchungen des Ozonlochs oder klimarelevanter Gase wie Methan) und die Validierung weltraumgestützter Experimente, die meist nur einige Jahre aktiv sind. Mikrowellen – Fernerkundung vom Boden aus Bodengebundene Messungen werden typischerweise im Frequenzbereich von ca. 20 GHz bis 300 GHz durchgeführt. Oberhalb dieses Frequenzbereichs wird die Absorption der interessierenden Strahlung aus der Stratosphäre durch den troposphärischen Wasserdampf zu stark, um am Boden noch eine ausreichende Signalstärke zu messen. Unterhalb von 20 GHz finden sich kaum noch Spektrallinien in geeigneter Stärke zur Fernerkundung der Atmosphäre mit Mikrowellenradiometern. Hauptsächlich werden vom Boden aus Wasserdampf und Ozon gemessen, daneben aber auch Konstituenten mit schwächeren Signaturen wie N2O, HNO3 oder ClO. Für die Auswertung der gemessenen Spektren wird der Strahlungstransport in der Atmosphäre unter Vorgabe von vertikalen Druck-, Temperatur- und Spurengasprofilen modelliert. Zur Bestimmung des vertikalen Konzentrationsprofils stehen erprobte Inversionsmethoden zur Verfügung, die auch eine Berücksichtigung der verschiedenen Fehlerquellen erlauben. Flugzeugestützte Fernerkundungsmessungen Geometrie des MAX-DOASInstruments. α bezeichnet den Elevationswinkel. 180 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Airborne Multi-Axis -DOAS (AMAX-DOAS) Analog zu der bodengebundenen Multi-Axis (MAX-) DOASMethode sind auch Flugzeug-getragene Messungen möglich. Airborne MAX-DOAS-Instrumente (AMAX-DOAS) sind normalerweise mit einer Vielzahl von Teleskopen ausgerüstet, die gleichzeitig Strahlung aus verschiedenen Einfallsrichtungen zum Spektrometer führen. Damit wird gegenüber sequentiell arbeitenden MAX-DOAS-Geräten, die überwiegend vom Boden aus eingesetzt werden, eine kürzere Messzeit erreicht, die sich in einer besseren räumlichen Auflösung niederschlägt. MAX-DOAS-Instrumente sind sehr www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG empfindlich für die Spurengase, die sich in der Nähe des Flugzeuges befinden. Das Beispiel in Abbildung 12 zeigt AMAX-DOAS-Messungen der vertikalen NO2 – Verteilung entlang der Flugstrecke von Basel (Schweiz) nach Tozeur (Tunesien) am 19. Februar 2003 [40-42]. Flugzeuggestützte IR Fernerkundung Infrarot-Spektrometer sind bereits vielfach in Flugzeugen eingesetzt worden, da durch diesen Träger die Nutzung sehr flexibel ist. Spurengasmessungen können damit weltweit und großräumig flächendeckend durchgeführt werden. Allerdings ergibt sich aus der hohen Geschwindigkeit der Flugzeuge eine Beschränkung bei der spektralen Auflösung, wodurch die Anzahl der erfassbaren Spurengase und die vertikale Auflösung oberhalb des Flugzeugs reduziert werden. Weltweit sind einige Infrarot-Spektrometer auf Flugzeugen im Einsatz; gemessen wird sowohl die durch die Atmosphäre geschwächte als auch die emittierte Strahlung. Die qualitativ hochwertigen Ergebnisse werden auch zur Validierung von Satellitenmessungen herangezogen. Beispielhaft sei das MIPAS (Michelson Interferometer für Passive Atmosphärische Sondierung)-STR Experiment genannt, bei dem es sich um ein gekühltes Fourierspektrometer auf ABB. 12 | | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E der hochfliegenden Geophysica handelt. MIPAS-STR wurde bereits mehrfach auf Messkampagnen in tropischen, mittleren und hohen geografischen Breiten mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Zielen eingesetzt, wobei die Temperatur und die Spurengase O3, H2O, HNO3, ClONO2, FCKW 11 und FCKW 12 in einem Höhenbereich von der oberen Tropopause bis etwa 20 km detektiert und ausgewertet worden sind. Erst kürzlich wurde nachgewiesen, dass MIPAS-STR in der Lage ist, PAN-Profile mit Volumenmischverhältnissen von etwa 0,1 ppbv im Höhenbereich von 8 bis 19 km in den Tropen zu messen (Abbildung 13) [43]. PAN spielt u. a. eine Rolle beim Photosmog und entsteht bei Biomassenbränden. Flugzeuggestützte Mikrowellen-Fernerkundung Für den Einsatz auf Flugzeugen können verschiedene Beobachtungsgeometrien verwendet werden. Eine Blickrichtung nach oben zur Erforschung der über dem Flugzeug liegenden Atmosphärenschichten erlaubt die Bestimmung der vertikalen Verteilung eines Spurenstoffs oberhalb der Flughöhe. Eine Blickrichtung nach unten dient meist der Untersuchung der Troposphäre, hier erlauben die doch relativ langen Wellenlängen (cm bis einige mm) eine Beob- N O 2 -V E R T E I LU N G AMAX-DOASMessungen der räumlichen NO2 Verteilung entlang einer Flugstrecke von Basel (Schweiz) nach Tozeur (Tunesien) am 19. Februar 2003 [41]. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 181 achtung auch in Gegenwart von Wassertröpfchen in Wolken oder Niederschlag, die je nach Art, Größe und Dichte als mehr oder weniger durchsichtige Schicht erscheinen. Für spezielle Anwendungen wird die Horizontsondierung eingesetzt. Das in Bremen entwickelte Mikrowellenradiometer ASUR (Airborne SUbmillimeter Radiometer) eignet sich für die Untersuchung des stratosphärischen Ozonabbaus durch Chlor besonders gut, da es nicht nur eine genaue Messung des Ozonprofils erlaubt, sondern es können auch die Schlüsselsubstanzen ClO (Chlormonoxid) und HCl (Salzsäure) für die Untersuchung der Chemie des Ozonabbaus mit sehr guter Genauigkeit bestimmt werden. Ein Resultat des Polar Aura Validation Experiments (PAVE), einer von der NASA unterstützten großen Kampagne über Nordamerika Ende Januar bis Anfang Februar 2005 zeigt die Abbildung 14 Daten von ASUR an Bord der DC-8 dienten zur Darstellung der Breitenabhängigkeit von stratosphärischem Ozon, HCl und ClO in Form von zweidimensionalen, vertikalen Schnitten durch die Atmosphäre. Eine Ausdünnung der Ozonschicht in 20 bis 25 km Höhe parallel zu einer Zunahme von ClO und einer entsprechenden Abnahme von HCl in hohen Breiten innerhalb des Polarwirbels ist klar erkennbar. Das bedeutet, dass Chlor, welches zuerst in der für Ozon unschädlichen Form HCl gespeichert ist, freigesetzt wird und Ozon abbaut. Ballongestützte Fernerkundung Die in den vorangehenden Abschnitten beschriebenen Verfahren lassen sich auch auf Höhenforschungsballonen einsetzen. Ein besonderer Vorteil des Einsatzes von ballongetragenen Instrumenten in der Fernerkundung besteht in dem Potential einer guten Höhen- und Zeitauflösung bei einer gleichzeitig hohen Messgenauigkeit der zu untersuchenden atmosphärischen Parameter. So erreichen Höhenforschungsballone bei einer Tragkraft von bis zu 2 Tonnen heute Gipfelhöhen von maximal 43 km bei einer Messdau- ABB. 13 | PE ROX YAC E T Y L N I T R AT ( PA N ) Vertikalprofil von PAN, abgeleitet aus MIPAS-STR Messungen über Südamerika am 17. Februar 2005 (Koordinaten 22,0° S; 47,7° W). 182 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim er von einigen Stunden bis einige Wochen. Diese Flugeigenschaften ermöglichen u.a. sehr lange atmosphärische Lichtwege von bis zu 1200 km, die der hochgenaue Nachweis von atmosphärischen Spurenstoffen mit sehr kleinen Konzentrationen von ca. 104 – 106 cm–3 wie z.B. der ozonschädlichen Radikale OH, BrO, ClO, IO, NO und NO2 erfordert. Außerdem kann durch die gute zeitliche Auflösung auch der Tagesgang von reaktiven Spurengasen gemessen werden. In der ballongestützten atmosphärischen Fernerkundung kommen heute sowohl Verfahren der Absorptionswie auch der Emissionsspektroskopie zum Einsatz, wobei bei ersterem ultraviolettes, sichtbares und nahes infrarotes Licht spektroskopiert wird, das von Sternen, der Sonne und dem Mond emittiert bzw. von der Atmosphäre gestreut wird, während im zweiten Verfahren die Eigenemission der Atmosphäre im mittleren und fernen infraroten Spektralintervall ausgenützt wird. So illustriert Abbildung 15 die ballongetragene Messung des ozonschädlichen Bromoxidradikals (BrO) mit Hilfe der Sonnenokkultations-Spektroskopie im UV (330 – 360 nm). Der Vergleich der gemessenen und modellierten BrO-Absorption liefert wichtige Aussagen über die Chemie und das Budget stratosphärischen Broms [44]. Satellitenbeobachtung Möglichkeiten und Grenzen der Satellitenfernerkundung Die Fernerkundung der Erdatmosphäre vom Satelliten bietet eine völlig neue Informationsqualität. Neben dem fundamentalen Perspektivwechsel, durch den man den eigenen Lebensraum erstmals von außen ‚beobachten’ kann, bietet die Satellitenfernerkundung gegenüber herkömmlichen Methoden auch viele praktische Vorteile. Der wesentliche Aspekt ist die Verfügbarkeit von Information über räumliche Verteilungen auf globaler Skala. Anhand der gewonnenen „Weltkarten“ verschiedener Spurenstoffe lassen sich z. B. deren Emissionsquellen und atmosphärische Transformationsprozesse identifizieren und untersuchen. Aus Bildfolgen über verschiedene Zeiträume lassen sich zudem Information über globale Transportwege gewinnen. Eine unabhängige Kontrollmöglichkeit aus dem All könnte in Zukunft eine wichtige Rolle für die Überwachung internationaler Vereinbarungen (z.B. für das Kyoto-Protokoll) spielen. Eine besondere Herausforderung, aber auch Quelle neuartiger Erkenntnis, stellt zudem der Vergleich von Satellitendaten mit Modellergebnissen dar. Hierdurch eröffnet sich die Möglichkeit, unser aktuelles Wissen über das System Erde einem umfassenden globalen Test zu unterziehen. Neben diesen Vorteilen unterliegen satellitengebundene Fernerkundungsmethoden auch prinzipiellen Einschränkungen. So stellen sie wegen ihrer Ferne zum beobachteten Objekt die extremste Form der atmosphärischen Fernerkundung dar. Konkret bedeutet dies, dass die beobachteten Volumina typischerweise sehr groß sind (Dimensionen bis zu mehreren hundert Kilometern). So repräsentieren die gemessenen Spektren nur Mittelwerte für Ge- www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG biete, innerhalb derer die beobachteten Spurenstoffe auch starke Variationen aufweisen können. Eine limitierte räumliche Auflösung sollte indessen nicht nur als Nachteil gesehen werden. So sind durch die integrative Natur von Satellitenbeobachtungen die Messergebnisse oft repräsentativer für den Zustand der Atmosphäre als lokale in-situ-Messungen. Eine weitere Einschränkung besteht in der niedrigen Abtastrate. Diese ist charakteristisch für Satelliten auf polaren Umlaufbahnen mit dem Ziel einer globalen Überdeckung. Trotz der insgesamt sehr großen Zahl von Einzel- ABB. 14 ABB. 15 | O 3, H C l , C l O | BrO | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E messungen wird der gleiche Ort nur mit großen zeitlichen Abständen (z.B. nur einmal pro Tag) oder auch nur für bestimmte Bedingungen (z.B. nur tagsüber) beobachtet. Darüber hinaus sind Satellitenbeobachtungen auch durch ihre geringe Messempfindlichkeit eingeschränkt. Diese ist speziell durch die begrenzte Transparenz der Atmosphäre in vielen Spektralbereichen limitiert. Ähnlich wie für astronomische Beobachtungen vom Erdboden aus müssen auch für Satellitenmessungen die spektralen Fenster, speziell im UV/sichtbaren und Mikrowellen- Messungen von Ozon und den Schlüsselsubstanzen HCl und ClO (Chlormonoxid) mit Hilfe des ASUR während der PAVE-Kampagne über dem nordamerikanischen Kontinent und der Arktis. Die Farbskalen stellen die Menge eines Stoffes in Einheiten von 10-9 Volumenanteilen (ppb) dar. Die Sterne am oberen Rand jedes Bildes sind die Stellen, an denen die einzelnen Profile gemessen wurden. Modelliertes Feld der stratosphärischen Bromoxidkonzentration als Funktion des Sonnenzenitwinkels und der Höhe bzw. des atmosphärischen Drucks (in Pink hinterlegt). Darüber gezeichnet sind zum einen die Flugtrajektorie des Messinstrumentes (dicke schwarze Linie) sowie der Lichtstrahl für jede zehnte Beobachtung des Sonnenlichtes. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 183 bereich genutzt werden. Für andere Spektralbereiche sind meist nur Beobachtungen der oberen Troposphäre oder Stratosphäre möglich. Aber auch im UV/sichtbaren Spektralbereich ist die Empfindlichkeit für bodennahe Spurenstoffe durch atmosphärische Streuung stark eingeschränkt. Im Extremfall macht dichte Bewölkung die Beobachtung bodennaher Spurenstoffe völlig unmöglich. Historischer und methodischer Überblick Am Beginn der satellitengestützten Spurenstoff-Fernerkundung stand die Überwachung der stratosphärischen Ozonschicht im Vordergrund des Interesses. Bereits 1978 gelang mit den TOMS Geräten (Total Ozone Mapping Spectrometer) der Durchbruch zur Erstellung einer kontinuierlichen globalen Ozon-Messreihe, die mit Nachfolgegeräten bis heute fortgesetzt wird. TOMS-Geräte messen das von der Erde reflektierte Sonnenlicht in ausgewählten Spektralbereichen TA B . 2 | im UV, die entweder innerhalb oder außerhalb von Ozonabsorptionsbanden liegen. Speziell für die Erkundung der Stratosphäre eignen sich die Limb- und Okkultations-Messgeometrie. Dabei wird in sehr flachem Winkel entweder die von der Atmosphäre gestreute bzw. emittierte oder das von der Atmosphäre abgeschwächte direkte Sonnenlicht (auch Mond- und Sternenlicht) gemessen. Kennzeichnend für diese Messgeometrien ist, dass die Wege der Strahlung durch die Atmosphäre sehr lang sind, was zu einer sehr hohen Empfindlichkeit führt. Zur Erzielung einer hohen horizontalen Auflösung werden Satelliteninstrumente in der NadirMessgeometrie betrieben. Dabei wird die senkrecht von unten kommende Strahlung detektiert. Solche Instrumente wurden in den spektralen Fenstern im UV- und sichtbaren Spektralbereich sowie im Mikrowellenbereich schon sehr früh für die Erkundung von Bodeneigenschaften eingesetzt. Durch Messungen im roten und nahen IR-Spektralbereich E I N I G E W I C H T I G E SAT E L L I T E N I N S T R U M E N T E F Ü R AT M OS PH Ä R I S C H E S P U R E N S TO F F M E S S U N G E N Instrument Satellit Start 1978 Spektralbereich M Kanäle oder Spektren Kanäle Spektrale Auflösung ? SSMR, SSMI HIRS MSU SBUV TOMS SAGE Nimbus-7, DOD/DMSP satellites TIROS-N TIROS-N Nimbus-7 Nimbus-7 AEM-B satellite ATMOS MLS HALOE 1978 1978 1978 1978 1979 TIR M UV UV Vis/NIR Kanäle Kanäle Kanäle Kanäle Kanäle ∼ 0.2 μm ? ∼ 1 nm ∼ 1 nm 2-20 nm N N N N O Space shuttle UARS UARS 5 x seit 1985 1991 1991 TIR Mikrowelle TIR ∼ 0,2 nm ∼ 500 MHz ? O L O CLAES POAM-II UARS SPOT-3 1991 1993 TIR Vis/NIR Spektrum Kanäle Kanäle und GasFilter Korrelation Kanäle Kanäle ∼ 1 nm 2-10 nm O CRISTA GOME IMG Space shuttle ERS-2 ADEOS 1994, 1997 1995 1996 TIR UV/vis TIR Spektrum Spektrum Spektrum ∼ 8 nm 0,.2 nm ∼ 0.1nm L N N ILAS MOPITT ADEOS Terra 1996 1999 Vis/NIR TIR, NIR 0,1 nm /0.1 μm O N SCIAMACHY MIPAS GOMOS OMI EOS-MLS TES GOME-2 IASI ENVISAT ENVISAT ENVISAT Aura Aura Aura METOP METOP 2002 2002 2002 2004 2004 2004 2006 2006 UV/vis/NIR TIR UV/vis/NIR UV/vis Mikrowelle TIR UV/vis TIR Spektrum Gas-Filter Korrelation Spektrum Spektrum Spektrum Spektrum Kanäle Spektrum Spektrum Spektrum SP vieler Spurenstoffe SP von Aerosol Extinktion, Temperatur, Ozon, H2O und NO2 SP vieler Spurenstoffe GS, TS vieler Spurenstoffe TP von Temperatur, CO2, H2O, Ozon, CH4, N2O,CO SP vieler Spurenstoffe Troposphärisches CO-Profil 0,2 nm – 1nm 0.05nm 0.14-0.9nm ∼ 0.5nm N/L/O L O (Stern) N L N N N SP, GS, TS vieler Spurenstoffe SP vieler Spurenstoffe SP vieler Spurenstoffe GS vieler Spurenstoffe SP vieler Spurenstoffe SP und TP vieler Spurenstoffe GS vieler Spurenstoffe SP und TP vieler Spurenstoffe 0.06 cm-1 0.2nm 0.5 cm-1 Beobachtungsgeometrie N Produkte H2O TS, Regen, Eisbedeckung H2O TP, Temperatur Temperatur Ozon SP Ozon GS SP von Aerosol Extinktion, Ozon, H2O und NO2 SP vieler Spurenstoffe SP vieler Spurenstoffe SP vieler Spurenstoffe Wellenlängenbereiche: M: Mikrowellen, TIR: thermisches Infrarot, NIR: Nahes Infrarot, Vis: sichtbarer Spektralbereich, UV: Ultravioletter Spektralbereich. Spurenstoffprodukte: SP: Stratosphärische Profile, GS: Gesamtsäulendichte, TP: Troposphärische Profile (oftmals nur sehr geringe vertikale Auflösung), TS: Troposphärische Säulendichte. Beobachtungsgeometrie: N: Nadir, L: Limb, O: Okkultation 184 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG kann z.B. die Aktivität der Vegetation auf den Kontinenten und im Meer bestimmt werden. Im Mikrowellenbereich können aus der gemessenen Strahlungsintensität Rückschlüsse auf die Emissivität der Erdoberfläche und daraus auf die stoffliche Zusammensetzung gezogen werden. Dies erlaubt z.B. die Erkundung der zeitlichen Entwicklung der Meereisbedeckung in beiden Polarregionen. Zusätzlich können aus der Extinktion der vom Boden emittierten Strahlung auf dem Weg durch die Atmosphäre auch die Stärke von Regen und der Gehalt an Wasserdampf bestimmt werden. Ein besonderer Vorteil dieser Methode ist, dass Wolken für Mikrowellenstrahlung nahezu durchsichtig sind. Ein wesentliches Merkmal der frühen Satelliteninstrumente war, dass die spektrale Information nur in wenigen, getrennten Spektralintervallen, sog. ‚Kanälen’ gewonnen wurde. Hierbei wurden wichtige Spektralbereiche (z.B. Absorptionsbanden) grob abgetastet, aber keine zusammenhängenden Spektren gemessen. Zudem waren die gewählten Spektralintervalle oft recht breit, und interferierende Beiträge konnten nur schlecht oder überhaupt nicht getrennt werden. Einen wesentlichen Fortschritt in der Satelliteninstrumentierung brachte daher der Bau von Instrumenten zur Messung von kontinuierlichen Spektren. Erste Versuche wurden schon in den 1970er Jahren mit den SBUV-Instrumenten im UV-Spektralbereich und in den 1980er Jahren mit dem ATMOS-Instrument (seit 1985 fünfmal auf dem Space-Shuttle eingesetzt) im IR Spektralbereich gemacht. Ab Mitte der 1990er Jahre gelang dann der Durchbruch dieses Gerätekonzepts (siehe Tabelle). Mit diesen neuen Instrumenten war es möglich, die spektrale Signatur einer Vielzahl von Spurenstoffen nachzuweisen. Insbesondere gelang es erstmals, aus Nadir-Messungen im UV, sichtbaren und nahen IR-Spektralbereich die globale bodennahe Verteilung von Spurenstoffen wie NO2, SO2, HCHO, CH4, CO, etc. zu bestimmen, die für die Luftqualität und das Klima von großer Bedeutung sind. Zukünftige Instrumente sollen insbesondere in geostationären Positionen betrieben werden. Dadurch ließe sich zum einen die räumliche Auflösung, insbesondere aber auch die zeitliche Abtastrate erheblich verbessern. Dies würde vor allem die Untersuchung räumlich und zeitlich stark variierende Spurenstoffverteilungen wie z.B. lokale und regionale Luftverschmutzung deutlich verbessern. Eine aktuelle Weiterentwicklung der Satellitenfernerkundung betrifft die Verwendung von aktiven Systemen. Während diese im Mikrowellenbereich als Radar-Instrumente schon lange erfolgreich angewandt werden, ist mit CALIOP auf CALIPSO im Jahr 2006 das erste aktive Instrument im sichtbaren Spektralbereich in Betrieb genommen worden. Mithilfe der LIDAR-Methode können damit erstmals Höhenprofile von Wolken und Aerosolen mit einer Höhenauflösung von <100 m aus dem All aufgenommen werden. Eine Übersicht über wichtige Satelliteninstrumente für atmosphärische Spurenstoffmessungen ist in Tabelle 2 gezeigt. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Anwendungsbeispiele Aus der Fülle der Möglichkeiten werden im Folgenden drei Instrumente und einige Beispiele für Ergebnisse herausgegriffen, die schwerpunktmäßig in Deutschland entwickelt und ausgewertet wurden. Dies sind das MIPAS-Instrument auf ENVISAT, das CRISTA-Experiment, das vom Spaceshuttle aus gestartet wurde, und SCIAMACHY auf ENVISAT mit seinem Vorläufermodell GOME auf ERS-2. MIPAS Das Michelson-Interferometer für Passive Atmosphärische Sondierung (MIPAS) ist ein Fourier-Transformations-Spektrometer, das nach dem Michelson-Prinzip im mittleren Infrarot arbeitet. Die atmosphärische Infrarotstrahlung, die in einer Blickrichtung tangential durch die Atmosphäre hindurch mit dem kalten Weltraum als Hintergrund gemessen wird, wird durch eine Eingangsoptik auf einen Strahlteiler geleitet. Zwei auf Schlitten bewegliche Spiegelecken erzeugen einen Gangunterschied von maximal 20 cm zwischen den interferierenden Teilstrahlen, was einer nominalen spektralen Auflösung von 0,025 cm–1 entspricht. Das Interferenzsignal wird mit mehreren Detektoren in 5 spektralen Kanälen gemessen und anschließend zu Strahldichtespektren verarbeitet. MIPAS wurde im März 2002 auf ENVISAT in eine polare sonnensynchrone Umlaufbahn gebracht. Da alle in der Atmosphäre vorkommenden Moleküle mit einem permanenten elektrischen Dipolmoment ein Vibrations-Rotationsspektrum emittieren, finden sich in den von MIPAS aufgezeichneten Spektren die Signaturen einer Vielzahl von atmosphärischen Spurengasen. Der Spektralbereich von ca. 14,6 μm bis ca. 4,15 μm (685 bis 2410 cm–1) ABB. 16 www.chiuz.de | ClONO2 MIPAS-Messungen eines Chlornitrat (ClONO2)-Kragens im Randbereich des antarktischen Polarwirbels. In diesem Bereich mischen sich NOxarme, aber ClOreiche Luftmassen des Polarwirbels mit NOx-reicher Luft von außerhalb des Wirbels, was zur Bildung von ClONO2 führt [45]. © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 185 CRISTA im Trägersystem ASTROSPAS (Shuttle Pallet Satellite). Messungen wurden während 10tägiger Freiflugphasen in einem Abstand von ca. 50 km hinter dem Shuttle durchgeführt [46,47]. ist so gewählt, dass die Signaturen der wichtigsten atmosphärischen Spurengase enthalten sind, und die thermische Emission noch stark genug ist, um ein gutes Signal-zuRausch-Verhältnis zu gewährleisten. Der Standard-Beobachtungsmodus umfasst den Höhenbereich von 5 bis 70 km in 17 Höhenstufen. Das Gesichtsfeld deckt dabei ca. 3 km in der Höhe und ca. 30 km quer zur Flugbahn des Satelliten ab. Die Aufnahme eines einzelnen Interferogramms dauert ca. 4 s; ein Profil mit ca. 59600 spektralen Stützstellen pro Höhenstufe wird in ca. 90 sec aufgezeichnet. In dieser Zeit bewegt sich ENVISAT ca. 500 km weiter, so dass längs ABB. 17 | DA S PR I N Z I P VO N C H R I S TA ABB. 18 | N 2O - M E S S U N G Mit CRISTA gemessene N2O-Verteilung (10. und 13. August) in 30 km Höhe (10 hPa). Die Daten sind in einer südpolaren Projektion dargestellt. Weiße Flächen kennzeichnen Messlücken. 186 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim des Orbits alle 500 km ein Strahldichteprofil gemessen wird (insgesamt ca. 1000 Profile pro Tag). Die Ableitung von Spurengasen aus den Strahldichteprofilen erfolgt durch Standardverfahren der Inversionstheorie, indem an die gemessenen Spektren simulierte Spektren mit einem nicht-linearen Verfahren der kleinsten Fehlerquadrate angepasst wird. Die Strahlungstransportrechnung durch die Atmosphäre ist aufwendig, da wegen der sehr guten spektralen Auflösung von MIPAS die einzelnen Vibrations-Rotationsübergänge aller beteiligten Moleküle simuliert werden müssen. Basis dafür sind Datenbanken der im Labor vermessenen bzw. berechneten Vibrations-Rotationsübergänge mit deren Position, Intensität, Temperaturund Druckabhängigkeit . Bisher wurden aus MIPAS-Daten globale Verteilungen von einer Vielzahl von atmosphärischen Spurengasen abgeleitet. Besonders wichtig für das Verständnis der stratosphärischen Chemie sind neben Ozon Spurengase der Stickstoff-Familie (NO, NO2, HNO3, N2O5, HO2NO2, ClONO2, PAN), der Wasserstoff-Familie (H2O, H2O2, HO2) und der Chlor-Familie (ClONO2, HOCl, ClO), die zur Aufklärung der katalytischen Ozonzerstörungszyklen (NOx-, ClOx- und HOx-Zyklus) im arktischen und antarktischen Ozonabbau herangezogen werden (Abbildung 16). Eine wesentliche Rolle beim polaren Ozonabbau spielen auch Polare Stratosphärische Wolken (PSCs), an denen durch heterogene Prozesse an Teilchenoberflächen chemisch wenig aktive Chlorverbindungen (z.B. ClONO2) in chemisch reaktive Verbindungen gewandelt werden, die dann den katalytischen Ozonabbau in Gang setzen. Es ist mit Hilfe von MIPAS gelungen, die chemische Zusammensetzung dieser PSC zu bestimmen und die Bildungsmechanismen einer bestimmen Art, der NAT (Nitric Acid Trihydrate) PSC, in einem antarktischen Winter aufzuklären [45]. Wasserdampf in der Atmosphäre ist eines der für die zukünftige Klimaentwicklung wichtigsten Spurengase. Mit MIPAS kann die Wasserdampfverteilung im gesamten Höhenbereich von ca. 5 km bis 70 km gemessen werden. Es wurde bisher untersucht, durch welche Transport- und mikrophysikalischen Prozesse der Wasserdampf aus der Troposphäre in die Stratosphäre gelangt. Die Detailuntersuchung des Wasserdampftransportes in die Stratosphäre wird dadurch unterstützt, dass MIPAS auch die Beobachtung von Wasserdampf-Isotopologen, besonders HDO, möglich macht. Da jeder Prozess wie Kondensieren, Ausfrieren etc. einen „Fingerabdruck“ in der Isotopolog-Abreicherung von Wasserdampf hinterlässt, sind die Untersuchungen der Wasserdampf-Isotopologe besonders geeignet, ein Detailverständnis des Wasserdampftransports durch die Tropopausenregion zu erlangen. Schadstoffe in der Atmosphäre, die von Bodennähe in die obere Troposphäre transportiert werden, führen dort zur Bildung von Ozon. Mit MIPAS wurde die globale Ozonverteilung in dieser Höhenregion vermessen und mit Schadstoffwolken aus Biomasse-Bränden und industriellen Abgasen in Verbindung gebracht. Im Herbst 2003 wurde eine www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG Wolke von Luftschadstoffen beobachtet, die sich von Südamerika über den Atlantischen Ozean und Südafrika bis nach Australien erstreckte. Die Zusammensetzung (Ozon, Ethan, Ethen, PAN, HNO3, etc.) deutet auf Biomasse-Brände als Ursprung hin. CRISTA Zum globalen Studium wichtiger dynamischer und photochemischer Prozesse im Höhenbereich der Stratosphäre sind satellitengestützte Fernerkundungsmessungen mit guter vertikaler Auflösung unverzichtbar. Das in Wuppertal entwickelte CRISTA-Instrument (Cryogene Infrarot Spektrometer und Teleskope für die Atmosphäre) hat im Rahmen von zwei Space-Shuttle-Missionen der NASA (1994, 1997) solche Messungen mit bisher unerreichter dreidimensionale Auflösung aus einer erdnahen Umlaufbahn durchgeführt [46,47]. CRISTA benutzt ähnlich wie MIPAS die Messtechnik der Horizontsondierung zum Nachweis atmosphärischer Spurengase, Aerosole und Wolken über deren Infrarotemissionen. Der Vorteil von Emissionsmessungen besteht in der Unabhängigkeit von äußeren Strahlungsquellen (z. B. Sonne, Mond), d. h. Beobachtungen sind zu jeder Tageszeit möglich. Einige der von CRISTA gemessenen Spurengase (z. B. CFC-11, CFC-12, N2O, CH4) besitzen in der Stratosphäre eine relativ lange photochemische Lebenszeit und eignen sich somit als Indikatoren für dynamische Prozesse und Spurengastransporte. Abbildung 18 veranschaulicht dies anhand von N2O-Konzentrationen, die am 10. und 13. August 1997 in etwa 30 km Höhe in der Südhemisphäre gemessen wurden. Im Beobachtungszeitraum zeichnet sich der südpolare Wirbel durch sehr niedrige N2O-Konzentrationen aus, die eine Folge von Abwärtstransporten N2O-armer Luftmassen während der Wintermonate sind. Starke Aktivität planetarer Wellen [48] führt zu einer Verformung des Wirbels und einer Verschiebung in Richtung Tropen. Dadurch kommt es zu einer Wechselwirkung des Polarwirbels mit tropischen (N2O-reichen) Luftmassen, die zur Bildung einer ausgedehnten Zunge (Streamer) N2O-reicher Luft führt. Diese Zunge führt zu einem Transport von N2O in mittleren Breiten. | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Während eines Orbits wechseln sich die verschiedenen Beobachtungsarten ab, wobei Sonnen- und Mondokkultation nur in hohen nördlichen bzw. südlichen Breiten durchgeführt werden können. SCIAMACHY wurde gemeinsam mit MIPAS im März 2002 auf ENVISAT in eine polare sonnensynchrone Umlaufbahn gebracht. In dem von SCIAMACHY abgedeckten Spektralbereich haben eine Reihe von Molekülen strukturierte Absorptionsquerschnitte. Da im UV und im Sichtbaren die Lichtstreuung an Luftmolekülen und Aerosolen nicht vernachlässigt werden kann, und auch die Reflexion bzw. Streuung am Boden je nach Oberfläche unterschiedliche spektrale Charakteristika hat, können nur diejenigen Moleküle zuverlässig nachgewiesen werden, die relativ schmalbandige Absorptionsstrukturen (< 2 nm) aufweisen. Dazu gehören neben Ozon vor allem NO2, SO2, BrO, OClO, HCHO, CHOCHO, H2O sowie O2 und O4. Im NIR-Spektralbereich kommen noch CO2, CH4 und CO hinzu. Während eines der 14tägigen Orbits nimmt SCIAMACHY typischerweise 1-2 Okkultationsmessungen, 25 Limb-Profile und je nach Spektralbereich zwischen 2000 und 10000 Nadirmessungen auf. Da die Messungen mit Sonnenlicht arbeiten, sind sie mit Ausnahme der Emissionssignale auf die Tagseite des Orbits beschränkt. Aufgrund des sonnensynchronen Orbits von ENVISAT wird jede Breite zu einer festen lokalen Zeit überflogen, die am Äquator bei 10:00 Uhr liegt. SCIAMACHYABB. 19 | Globale Verteilung des troposphärischen NO2 aus SCIAMACHY-Messungen für 2005 (oben) und jährliche Änderung des troposphärischen NO2 zwischen 1996 und 2002 abgeleitet aus GOME-Daten [49]. Während sich über Europa und Teilen der USA eine deutliche Verbesserung der Luftqualität beobachten lässt, nahm die NO2Menge über China stark zu. NO2 SCIAMACHY Das Scanning Imaging Spectrometer for Atmospheric Chartography (SCIAMACHY) ist ein 8-Kanal-Gitterspektrometer, das den Spektralbereich von 240 nm–2,4 μm mit einer spektralen Auflösung von 0,2–1,5 nm abdeckt. SCIAMACHY verfügt über 4 Beobachtungsmodi: Okkultationsmessungen mit Sonne und Mond, die tangentiale Beobachtung des im Limb gestreuten Lichts und die Nadir-Beobachtung des von der Atmosphäre und Erdoberfläche zurückgestreuten Sonnenlichtes. Während die ersten drei Beobachtungsarten Vertikalprofile von Spurenstoffen in der Stratosphäre und Mesosphäre liefern, können mit den Nadir- Messungen troposphärische Spurenstoffverteilungen in guter räumlicher Auflösung (typischerweise 30 × 60 km2) bestimmt werden. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 187 Mittelwert der über die Säule gemittelten Methan-Mischungsverhältnisse für die Jahre 2003 und 2004 aus SCIAMACHY-Messungen (oben) und dem TM4Modell (unten) [50]. ABB. 20 | Messungen in mittleren und niedrigen Breiten geben eine Vormittagssituation wieder. Für die verschiedenen Datenprodukte von SCIAMACHY werden jeweils ganz unterschiedliche Algorithmen verwendet. Bei der Mehrzahl von ihnen handelt es sich aber um Abwandlungen der Differentiellen Optischen Absorptions-Spektroskopie (DOAS), die auch bei Fernerkundungsmessungen vom Boden, von Flugzeugen und von Ballonen aus verwendet wird. Dieser Ansatz berücksichtigt nur Änderungen der Absorption mit der Wellenlänge und kann so auf eine absolute radiometrische Kalibration der Messungen verzichten. Darüber hinaus wirken sich Störungen durch Aerosole oder die Bodenalbedo weniger auf das Ergebnis aus. Aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Messgeometrien können SCIAMACHY-Daten Beiträge zu Untersuchungen in fast allen Höhenschichten der Atmosphäre liefern. Ein mit anderen Messmethoden vom Satelliten aus nicht zugänglicher Bereich ist die untere Troposphäre, die aufgrund ihrer Bedeutung für das Leben auf der Erde von herausragendem Interesse ist. Die folgenden Beispiele konzentrieren sich deshalb auf Anwendungen in der Troposphäre. Stickoxide (NOX = NO + NO2) spielen in der Atmosphäre eine wichtige Rolle. Die Hauptquellen der Stickoxide sind in vielen Gebieten anthropogene Emissionen von Ver- METHAN brennungsprozessen in Verkehr, Industrie, Energieerzeugung und im Haushalt. Daneben spielen aber auch natürliche Quellen wie mikrobiologische Prozesse in Böden, Blitze und Vegetationsbrände eine Rolle. Wie groß die einzelnen Beiträge zum NOx in der Atmosphäre sind, ist noch nicht klar, zumal sich die Emissionen mit der Zeit auch ändern. Messungen von SCIAMACHY und dem Vorläufergerät GOME konnten hier schon eine Reihe von wichtigen Beiträgen liefern. So wurde nicht nur erstmals die globale Verteilung des troposphärischen NO2 kartiert (Abbildung 19), sondern auch einzelne Quellen räumlich und zeitlich bestimmt. Beispiele sind der Beitrag von Blitzen, die Emissionen von Schiffen, der Einfluss von Düngung und Regen auf Bodenemissionen, der Wochengang der Stickoxidbelastungen in Ballungsgebieten und die globalen Veränderung der NO2-Werte mit der Zeit. Letztere ist insofern interessant, als zwei gegenläufige Tendenzen die Entwicklung der letzten Jahre bestimmen: Auf der einen Seite konnte durch technische Verbesserungen und dem Übergang zu saubereren Treibstoffen insbesondere in Europa und den USA eine deutliche Verbesserung der Luftqualität erreicht werden. Gleichzeitig haben sich durch die rasche Industrialisierung und die Verbesserung des Lebensstandards in Asien, insbesondere in China die Emissionen auch von Stickoxiden dort drastisch erhöht. Methan ist der Kohlenwasserstoff mit der größten atmosphärischen Konzentration. Es hat sowohl natürliche als auch anthropogene Quellen, insbesondere die Förderung und Verarbeitung von fossilen Brennstoffen, den Reisanbau, die Tierhaltung und Deponiebetrieb. Seit Beginn des Industriezeitalters hat sich das Mischungsverhältnis von Methan in der Atmosphäre fast verdoppelt, und eine weitere Zunahme ist zu erwarten. Dies ist insbesondere deshalb von Interesse, weil Methan nach CO2 das zweitwichtigste anthropogene Treibhausgas ist. Bodengebundene Messungen von Methan sind sehr genau und haben zu einem guten Verständnis des atmosphärischen Methangehaltes geführt. Die geringe Anzahl der Messpunkte erlaubt jedoch keine zuverlässige Ableitung der globalen räumlichen Verteilung und der Quellen und Senken. Mit SCIAMACHY konnten erstmals globale Karten der atmosphärischen Gesamtsäule von Methan bestimmt werden. Ein Vergleich der SCIAMACHY Messungen mit Modelldaten zeigte gute Übereinstimmung was den Gradienten zwischen den beiden Hemisphären und den Jahresgang angeht, das Modell unterschätzt jedoch deutlich die Methanwerte in den Tropen (Abbildung 20). Diese Diskrepanz weist auf eine systematische Unterschätzung der biogenen Quellen in den Tropen hin, was gerade im Hinblick auf eine mögliche Rückkopplung zwischen Klimaänderungen und Vegetation von großer Wichtigkeit ist. Ausblick Nachdem in den letzten Jahren mit der Auswertung von Satellitendaten oft Neuland betreten wurde, und viele Spurenstoffe erstmals global beobachtet werden konnten, wird sich in Zukunft die wissenschaftliche Auswertung der Da188 | © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 SPURENSTOFFSONDIERUNG ten auf ihre quantitative Interpretation und die Beobachtung von Langzeittrends verschieben. Dies ist gerade in Hinblick auf den erwarteten Klimawandel relevant, aber auch für die Überwachung von Luftverschmutzung in Bodennähe und die Verfolgung der Entwicklung der stratosphärischen Ozonschicht. Bei der technischen Entwicklung der nächsten Jahre werden im wesentlichen zwei Linien verfolgt werden: (i) Die Entwicklung bildgebender Horizontsondierungsverfahren mit deutlich erhöhter räumlicher Auflösung und (ii) die Verwendung geostationärer Satelliten, die bei guter horizontaler Auflösung mehrere Messungen am Tag ermöglichen und dadurch einen Einblick in den Tagesgang der Atmosphärenchemie geben. Mit zunehmender Reife der Datenprodukte wird sich in Zukunft die Auswertung von Satellitendaten, die heute noch weitgehend an Universitäten und Forschungsinstituten stattfindet, zu den Weltraumorganisationen und Wetterdiensten verlagern, und damit von „wissenschaftlichen“ zu „operationellen“ Daten werden. Diese können dann direkt in die immer komplexer werdenden Systeme zur Atmosphärenmodellierung und zur Datenassimilation einfließen und damit letztlich eine „chemische Wettervorhersage“ ermöglichen. Zusammenfassung In der Zeit des globalen Wandels stellt die Untersuchung der Erdatmosphäre eine große Herausforderung dar. Zum einen werden für belastbare Wettervorhersagen ständig meteorologische Parameter benötigt. Zum anderen ist der durch natürliche und menschliche Ursachen beschleunigte Wandel der Atmosphäre so besorgniserregend, dass die möglichen Folgen dieses Wandels für die heutige und zukünftige Zivilisation besser vorhergesagt werden sollten. Hierfür sind umfangreiche und genaue Untersuchungen der atmosphärischen Zusammensetzung, der Strahlung in der Atmosphäre, des Energiebudgets und der Dynamik notwendig. Solche Untersuchungen werden u.a. mit in-situ-Methoden praktisch in allen Regionen der Atmosphäre durchgeführt, wobei raffinierte Messinstrumente auf unterschiedlichen Fluggeräten (Zeppeline, Flugzeuge, Ballone, und Raketen) eingesetzt werden. Die Fernerkundung atmosphärischer Spurenstoffe und Parameter ist praktisch nur durch die Analyse elektromagnetischer Strahlung möglich. Identifiziert werden die Moleküle aufgrund ihrer charakteristischen Spektren; die Konzentration der Spurenstoffe ergibt sich aus der Stärke der thermischen Emission oder der Abschwächung eines externen Signals. Vor etwas mehr als 45 Jahren wurde das erste Bild der Erde vom Weltraum aus aufgenommen. Seither sind Satellitenbilder zum vertrauten Bestandteil unserer Alltagswelt und zum unerlässlichen Hilfsmittel der Meteorologie geworden. Neben der bildgebenden Fernerkundung wurden seither aber auch spektroskopische Satelliteninstrumente entwickelt und eingesetzt. Solche Instrumente arbeiten in verschiedenen Spektralbereichen und erlauben heute die Messung einer Vielzahl von atmosphärischen Spurenstoffen auf globaler Skala. Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Summary Monitoring of the atmosphere is an important challenge in understanding global atmospheric change. In particular, weather forecasting and the ongoing climate change require detailed investigations. This includes the continuous monitoring of the atmosphere for a number of meteorological parameters that drive the prognostic weather models. On the other hand, the natural and anthropogenic atmospheric change is of increasing public concern. Accordingly, reliable forecasting of the consequences of this atmospheric change is crucial for human life. In this respect, sophisticated investigations of the change in atmospheric composition, radiation, energy budget, and dynamics are necessary. Such studies are undertaken in virtually in all atmospheric regions using dedicated in-situ instruments that are deployed at the ground, on airships, aircrafts, high flying balloons and rockets. Of equal importance in atmospheric observation is the remote sensing of the atmosphere. This involves an analysis of the characteristic electromagnetic radiation which is emitted or absorbed by the atmospheric constituent. An special and unprecedented form of remote sensing is that from satellites using optical or UV/VIS/IR/MW spectrally resolved observations. The development of increasingly more sophisticated instruments in combination with different satellite platforms has led to a much increased and improved data base of many atmospheric constituents of global coverage. Schlagworte Atmosphärische Spurenstoffe, in-situ-Messmethoden, Fernerkundungsmethoden und -Plattformen, Satellitenbeobachtungen. Literatur [1] A. Brewer und J. Milford, The Oxford-Kew ozone sonde, Proc. Royal Soc. London Ser. A256, 470, 1960. [2] J. G. Anderson, The absolute concentration of O(3P) in the earth‘s stratosphere, Geophys. Res. Lett. 1975, 2, 231. [3] D. Kley und E. J. 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E-Mail: [email protected] Herbert Fischer wurde 1942 in Zweibrücken geboren und studierte Physik an der Ludwig-MaximiliansUniversität in München. Er promovierte und habilitierte sich dort in Meteorologie. 1986 wurde er zum Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung am Forschungszentrum Karlsruhe und gleichzeitig zum Professor an der Universität Karlsruhe berufen. Er hat insbesondere wesentlich zur Fernerkundung atmosphärischer Parameter beigetragen (z. B. MIPAS-Experimente). Er war Präsident der Internationalen Strahlungskommission (IAMAS), ist Mitglied der Akademie Leopoldina in Halle und Sprecher des Forschungsprogramms ATMO der Helmholtz-Forschungszentren. Korrespondenzadresse: Forschungszentrum Karlsruhe Postfach 3640 76021 Karlsruhe [email protected] [43] Vertical Profile of peroxyacetylnitrate (PAN) from MIPAS-STR measurements over Brazil in February 2005, ACPD, submitted October 2006. [44] H. 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Wichtige Bereiche seiner Arbeit sind die Entwicklung neuer Beobachtungsmethoden zum besseren Erfassen des Zustandes unserer Umwelt und ihrer Veränderungen, die Aufbereitung und Interpretation der gesammelten Daten und die Entwicklung und Verwendung von Modellen. E-Mail: [email protected] Klaus Pfeilsticker wurde 1954 in Isny/Allgäu geboren und studierte von 1975 bis 1980 Physik an den Universitäten Ulm, Heidelberg und Beer-Sheba/ Israel. Seine Promotion erfolgte 1985 an der Universität Heidelberg. Nach Forschungsaufenthalten in Bremerhaven, Jülich, Heidelberg und Boulder/ USA wurde er 1998 an der Universität Heidelberg mit einem Thema zu atmosphärischen Strahlungstransport habilitiert. Seit 2005 ist er außerordentlcher Professor an der Fakultät für Physik und Astronomie der Universität Heidelberg. E-Mail: [email protected] Ulrich Platt ist Jahrgang 1949, er studierte von 1968 bis 1974 Physik an der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg. Ab 1974 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum Jülich. Nach seiner Promotion 1977 und der Habilitation in Geophysik (Universität Köln, 1984), sowie einer anderthalbjährigen Tätigkeit am Statewide Air Pollution Research Center der University of California, Riverside, USA (1979 bis 1981) folgte er 1989 einem Ruf auf einen Lehrstuhl in Experimentalphysik an die Universität Heidelberg. Seitdem ist er Direktor am Institut für Umweltphysik, seine Forschungsinteressen umfassen die Rolle freier Radikale in der Atmosphäre, spektroskopische Messung von atmosphärischen Spurenstoffen (DOAS), Fernerkundung und Strahlungstransport in der Erdatmosphäre. Korrespondenzadresse: Institut für Umweltphysik Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 229 69120 Heidelberg [email protected] Chem. Unserer Zeit, 2007, 41, 170 – 191 www.chiuz.de | AT M OS PH Ä R E N C H E M I E Andreas Richter ist Jahrgang 1964 und studierte von 1985 bis 1991 Physik an der Ludwig-Maximilans Universität München. Seit seiner Promotion im Jahr 1997 leitet er die DOAS-Arbeitsgruppe am Institut für Umweltphysik der Universität Bremen und arbeitet vor allem an der Weiterentwicklung und Interpretation von satellitengestützten Fernerkundungsmessungen troposphärischer Spurengase. E-Mail: [email protected] Martin Riese wurde 1961 in Köln geboren und studierte von 1983 bis 1989 Physik an der Bergischen Universität Wuppertal. Nach seiner Promotion (1994) und Habilitation (2001) in den Gebieten der satellitengestützten Infrarot-Fernerkundung und Atmosphärenmodellierung folgte er im Jahr 2002 einem Ruf auf eine Direktorenstelle am Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre (Forschungszentrum Jülich). Im Jahr 2003 wurde er zum Professor für Atmosphärenphysik am Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften der Universität Wuppertal ernannt. E-Mail: [email protected] Gabriele Stiller wurde 1960 geboren und studierte von 1978 bis 1984 Physik an der Universität Karlsruhe (TH). Nach ihrer Doktorarbeit 1987 wechselte sie in die atmosphärische Fernerkundung im Infraroten am neugegründeten Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des Forschungszentrum Karlsruhes. Nach Arbeiten zur bodengebundenen Infrarot-Spektroskopie der Atmosphäre und einem Forschungsaufenthalt 1993 am Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien übernahm sie 1995 die Leitung der MIPAS/ ENVISAT-Arbeitsgruppe des IMK und arbeitet seitdem an der Auswertung und Interpretation satellitengestützter Infrarot-Fernerkundungsdaten. E-Mail: [email protected] Thomas Wagner, geboren 1966, studierte von 1989 bis 1995 Physik an der Universität Heidelberg und promovierte 1999 in der Arbeitsgruppe für Atmosphärenphysik von U. Platt. In seiner Promotion und Habilitation (2003) beschäftigte er sich mit der Analyse atmosphärischer Spurenstoffe aus neuartigen Satellitenmessungen. 2006 wurde er zum APL-Professor an der Universität Heidelberg ernannt. Im Oktober wechselte er an das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und leitet dort die neugegründete Forschungsgruppe für Satellitenfernerkundung. E-Mail: [email protected] © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim | 191