Astronomie

Werbung
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite III
Neil F. Comins
Astronomie
Eine Entdeckungsreise zu Sternen, Galaxien
und was sonst noch im Kosmos ist
Aus dem Amerikanischen übersetzt von
Michael Basler, Anna Schleitzer und Michael Zillgitt
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite IV
Titel der Originalausgabe: Discovering the Essential Universe. Fourth Edition
Die amerikanische Originalausgabe ist erschienen in den Vereinigten Staaten bei W.H. Freeman and Company,
New York.
Copyright © 2009 W.H. Freeman and Company. Alle Rechte vorbehalten.
First published in the United States by W.H. Freeman and Company, New York.
Copyright © 2009 by W.H. Freeman and Company. All rights reserved.
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Michael Basler, Anna Schleitzer und Michael Zillgitt.
Wichtiger Hinweis für den Benutzer
Der Verlag und die Autoren haben alle Sorgfalt walten lassen, um vollständige und akkurate Informationen in
diesem Buch zu publizieren. Der Verlag übernimmt weder Garantie noch die juristische Verantwortung oder
irgendeine Haftung für die Nutzung dieser Informationen, für deren Wirtschaftlichkeit oder fehlerfreie Funktion für einen bestimmten Zweck. Der Verlag übernimmt keine Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren,
Programme usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,
Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag hat sich bemüht, sämtliche Rechteinhaber
von Abbildungen zu ermitteln. Sollte dem Verlag gegenüber dennoch der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar gezahlt.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media
springer.de
© Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011
Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer
11 12 13 14 15
5 4 3 2 1
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung
in elektronischen Systemen.
Planung und Lektorat: Katharina Neuser-von Oettingen, Stefanie Adam
Redaktion: Regine Zimmerschied
Beratung: Stephan Fichtner, Heidelberg
Satz: TypoDesign Hecker, Leimen
Umschlaggestaltung: wsp design Werbeagentur GmbH, Heidelberg
Titelfotografie: © Spectral-Design, Fotolia.com
Zeichnungen: Imagineering Media Services
ISBN 978-3-8274-2498-3
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite V
Inhalt
1
2
Erkunden des Nachthimmels
Größenordnungen im Universum
Muster von Sternen
Einige Zyklusdauern bei der Erde
Finsternisse
1
2
5
10
23
Gravitation und
Planetenbewegung
31
Die Naturwissenschaften:
Der Schlüssel zum Verstehen
Vergleichende Planetologie
Planeten außerhalb unseres Sonnensystems
3
Licht und Teleskope
Die Natur des Lichts
Optiken und Teleskope
Nichtoptische Astronomie
Die Schwarzkörperstrahlung
Atome und ihre Spektren
4
Erde und Mond
Der Erdmond und die Gezeiten
5
Die anderen Planeten
und ihre Monde
Merkur
Venus
Mars
Die äußeren Planeten
Jupiter
Monde und Ringe des Jupiter
Saturn
Uranus
Neptun
Scientific American-Beitrag:
Säuretropfen
6
7
8
9
238
243
247
Das Leben der Sterne – von der
Geburt bis ins mittlere Alter
Hauptreihensterne und Riesen
Veränderliche Sterne
10
Wie Sterne sterben
Neutronensterne und Pulsare
Schwarze Löcher
Hinweise auf Schwarze Löcher
133
146
163
164
170
177
195
195
203
212
222
226
Sterne und ihre Eigenschaften
Helligkeitsskalen
Die Temperaturen von Sternen
Die Massen von Sternen
Scientific American-Beitrag:
Ein Roter Stern wird zum Star
64
75
76
84
100
109
118
Die Sonne, unser besonderer,
ganz gewöhnlicher Stern
Die Atmosphäre der Sonne
Die aktive Sonne
Das Innere der Sonne
32
60
Vagabunden des Sonnensystems 241
Zwergplaneten
Kleinkörper des Sonnensystems
Kometen
11
Die Galaxien
Was ist unsere Galaxis?
Der Aufbau unserer Galaxis
Rätsel am Rand der Galaxis
Galaxien
Die Hubble’schen Galaxientypen
Galaxienhaufen und Superhaufen
Superhaufen in Bewegung
Quasare
Andere aktive Galaxien
Supermassive Motoren
12
Kosmologie
253
277
279
283
293
301
304
307
315
325
327
342
349
361
378
389
399
411
412
415
426
427
427
439
448
453
458
461
473
474
Der Urknall
Eine kurze Geschichte der Raumzeit,
der Materie, der Energie und von allem 480
000_Titelei.qxd
27.08.2010
VI
13
8:51 Uhr
Seite VI
Inhalt
Das Schicksal des Universums
493
Astrobiologie
503
Scientific American-Beitrag: Warum
sich ET noch nicht gemeldet hat
517
Anhang
A
B
C
D
E
Die Zehnerpotenzschreibweise
Temperaturskalen
Datentabellen
Grafische Darstellungen
Periodensystem der chemischen
Elemente
F
Wie Pluto vom Planeten
zum Zwergplaneten wurde
G1 Das geozentrische Universum
G2 Die Gezeiten
G3 Das expandierende Universum
519
519
520
521
533
H1 Astronomische Entfernungseinheiten
H2 Energie und Impuls
H3 Altersbestimmung mittels
Radioaktivität
H4 Die Kernfusion
H5 Die Entfernungen zu den
nächstgelegenen Sternen
H6 Die Entfernungs-HelligkeitsBeziehung
H7 Die Gravitationskraft
(Schwerkraft)
546
547
549
550
552
553
554
536
537
541
543
545
Antworten auf Fragen und Lösungen
zu Rechenaufgaben in den Kapiteln 555
Begriffserklärungen
560
Index
581
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite VII
Vorwort
zur deutschen Übersetzung
Mit dieser Einführung in die Astronomie liegt nun ein
amerikanischer Lehrbuchklassiker in deutscher Sprache
vor, der für amerikanische Studierende gedacht ist, die
ohne mathematisches oder physikalisches Grundwissen
einen naturwissenschaftlichen Pflichtkurs absolvieren
müssen. Der Stoff wird durchgängig in einer für Physiker
ungewohnten nichtmathematischen Sprache anhand von
astronomischen Aufnahmen und theoretischen Konzepten vorgestellt, die durch Zeichnungen und anschauliche
Beschreibungen verständlich und auf die wesentlichen
Aussagen fokussiert dargestellt werden.
Der didaktische Ansatz, den Stoff nicht über mathematisch hergeleitete Formeln zu erschließen, macht dieses
Buch nicht nur für astronomieinteressierte Physikstudierende interessant, die über die Zusammenhänge hinter
den Formeln nachdenken möchten, sondern auch für
Hobbyastronomen, die über ihr Faible für Sterne und Galaxien hinaus in die Grundlagen der modernen Astronomie einsteigen möchten. Lehrer finden hier viele Anhaltspunkte, wie sie physikalische Zusammenhänge didaktisch
so einfach wie möglich darstellen können, ohne die Grenze zum vereinfachenden Verzerren zu verletzen. Und
Schüler der Sekundarstufe bietet sich mit diesem Buch die
Möglichkeit, schon einmal in ein Astronomie-Studium
hineinzuschnuppern. Insofern unterstützt es die Initiativen, Astronomie an die Schulen zu bringen.
Bei der Herausgabe des Buches haben wir – das Redaktionsteam der Übersetzer und Lektorinnen – uns an
die amerikanische Vorlage gehalten, mit wenigen Abweichungen. Die erste betrifft die mathematischen Formeln,
die im Original nur in Worten formuliert sind, die wir
Himmelsführungen im kostenlosen RedshiftPlanetarium zu diesem Buch:
Himmelsführung zu Kapitel 1:
Jahreszeiten – wie kommen sie zustande?
Die Bewegungen der Erde um die Sonne, die Neigung der Erdachse gegen die Erdbahnebene (Ekliptik) und die jahreszeitlichen Schwankungen der örtlichen Sonneneinstrahlung.
Himmelsführung zu Kapitel 2:
Gravitation und Planetenbewegung.
Schleifenbahnen am Himmel, die Kepler’schen Gesetzen für die Planetenbahnen, Modellbeispiele für Bewegungen nach dem Gravitationsgesetz: die Phasen der Venus und die Monde des Jupiter, die Galilei als Beispiele anführte, der Halley’sche Komet, Exoplaneten und
die galaktische Rotation.
aber entsprechend den Lehrplänen im deutschsprachigen
Raum in mathematischer Sprache angegeben haben – da
es sich um sehr elementare Formeln aus dem Schulstoff
handelt, die sich aus dem Lehrbuch sehr leicht erschließen
lassen.
Weiterhin haben wir das Glossar für die deutsche Leserschaft redaktionell überarbeitet und Begriffsdefinitionen so formuliert, dass sie über den speziellen Kontext
dieses Buches hinaus verwendbar sind. Dabei haben wir
uns an verschiedenen Lexika und Glossaren orientiert
und bemüht, uns vor eklatant falschen Definitionen zu
hüten. Wir danken Stephan Fichtner für seine sorgsame
Lektüre und Beratung bei der Abfassung des Glossars,
aber für eventuelle Fehler in der Endfassung träge ich als
verantwortliche Lektorin die alleinige Verantwortung –
ich würde mich über Rückmeldungen solcher Fehler freuen, um in einer Errata-Liste diese Fehler richtigzustellen
und mich auf diese Weise aktiv entschuldigen zu können.
Die größte Abweichung im Text betrifft den Bezug zu
Planetariumsprogrammen. Bei Abbildungen und am Ende der Kapitel haben wir die Bezüge zu den in Amerika
verbreiteten Programmen Starry Night Enthusiast™ und
World Wide Telescope aufgegeben und die Installationsanleitungen zu diesen Programmen gestrichen. Für die ersten sechs Kapitel haben wir ersatzweise einige Bewegungsanimationen auf unsere Website zum Buch gestellt,
die Redshift für diesen Zweck programmiert und als
Himmelsführungen zum Herunterladen zur Verfügung
gestellt hat.
Ihr Redaktionsteam
Himmelsführung zu Kapitel 3:
Licht und Teleskope
Licht und Luftverschmutzung, Vergrößerung durch Teleskope, Beobachten im sichtbaren Licht und in nichtsichtbaren Spektralbereichen.
Himmelsführung zu Kapitel 4:
Blick vom Mond auf die Erde
Erdaufnahmen von Apollo 11 mit Erdphasen und Erddrehung aus der
Sicht der Mondastronauten.
Himmelsführung zu Kapitel 5:
Die größten Planeten und ihre Monde
Eine 3D-Reise zu den größten Planeten des Sonnensystems und ihren
Monden.
Himmelsführung zu Kapitel 6:
Vagabunden des Sonnensystems
Zwergplaneten, Asteroiden und Kometen im Sonnensystem.
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite VIII
Aus dem Vorwort
zur englischen Ausgabe
Die vierte Auflage von Discovering the Essential Universe [dem englischen Originaltitel des vorliegenden
Buchs] ist besonders auf die Probleme gerichtet, denen sich Lehrkräfte der Astronomie wie Studenten bei
amerikanischen Einfürhungskursen gegenübersehen.
Das vorliegende Lehrbuch ist eines der kürzesten und
knappsten einführenden Lehrbücher, die es gibt. Es
beruht auf einem Lernverfahren, das den Studenten
helfen soll, falsche Auffassungen über die Astronomie
zu überwinden.
Trotz seiner Kürze bleibt der Umfang im Einklang
mit den meisten Einführungskursen, und Sie werden
feststellen, dass es mindestens genauso reichhaltige
Fotos des Himmels und Grafiken wie die meisten anderen Lehrbücher für denselben Hörerkreis enthält.
Gewisse unwichtige Punkte wie ausführliche mathematische Erläuterungen, Erweiterungskästen und ein
Teil des Materials am Ende der Kapitel wurden weggelassen. Die vierte Auflage von Discovering the Essential Universe setzt die Tradition des Buchs fort, aktuelle
Konzeptionen klar und präzise darzustellen und alle
didaktischen Hilfsmittel bereitzustellen, um den
Lernprozess effizient gestalten zu können. Hierzu zählen:
• der Einsatz sowohl von Text als auch von Grafiken
zur Darstellung von Konzeptionen, um Studenten
entgegenzukommen, die auf unterschiedliche
Weise lernen;
• Studenten dabei zu helfen, ihre Erwartungen mit
den Ergebnissen der modernen Wissenschaft zu
vergleichen und zu verstehen, weshalb die wissenschaftliche Ansicht richtig ist;
• die Nutzung von Analogien aus dem Alltag, um
kosmische Erscheinungen besser erfassbar zu machen;
• die Darstellung der Beobachtungen und der
grundlegenden physikalischen Konzepte, um astronomische Beobachtungen mit Theorien verknüpfen zu können, die sie schlüssig und sinnvoll
deuten.
Neue Elemente rücken das
Universum stärker in den
Mittelpunkt
Artikel aus der Zeitschrift Scientific
American
Der Autor hat diese ausgewählt, um die Kerngedanken zu beleuchten. Die kurzen, aktuellen und sachbezogenen Artikel veranschaulichen den Prozess der
Wissenschaft und Entdeckung und bieten zudem Anstöße für die Diskussion im Seminar.
Ein neues Kapitel über Astrobiologie
soll den Studenten eine solide Übersicht über diesen
anregenden und aufregenden Bereich der Astronomie
bieten, verbreitete irrige Annahmen geraderücken
und die ständige Weiterentwicklung unserer wissenschaftlichen Kenntnisse veranschaulichen.
Schwerpunktfragen
Zu wichtigen Problemkreisen sind Fragen in das Buch
integriert worden, die die Studenten anregen sollen,
ihr Wissen zu dem in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Material häufig zu überprüfen und
gegebenenfalls zu korrigieren, ehe sich Fehler summieren. So werden die Studenten z. B., nachdem sie in
Abschnitt 5.29 das Ringsystem des Uranus kennengelernt haben, gefragt, wodurch die Ringe auf ihrer
Bahn gehalten werden. Antworten zu etwa einem
Drittel dieser Fragen finden Sie am Ende des Buchs.
?
Wie werden die Uranusringe auf ihren Bahnen
gehalten?
000_Titelei.qxd
27.08.2010
8:51 Uhr
Seite IX
Aus dem Vorwort zur englischen Ausgabe
Sternkarten
zeigen den Ort wichtiger im Text angesprochener astronomischer Objekte am Himmel. Die Sternkarten
enthalten so viele Einzelheiten, dass der Student die
Objekte damit mit bloßem Auge oder mit einem kleinen Fernrohr auffinden kann.
a M104, eine Sa-Galaxie
Neue Behandlung der Planeten
IX
Bewährte Merkmale
unterstützen beim Lernen
Was meinen Sie? Was haben Sie
gedacht?
Diese Fragen werden den Studenten in jedem Kapitel
vorgelegt, damit sie sich ihr gegenwärtiges Wissen vor
Augen halten und angeregt werden, dieses aktiv mit
den im Buch dargestellten exakten wissenschaftlichen
Erkenntnissen zu vergleichen. An den Stellen, an denen die jeweilige Problemstellung im Text erörtert ist,
finden sie in der Randspalte entsprechende Ziffern.
Damit sollen die Studenten angeregt werden, sich zunächst über die ihrer Meinung nach richtige Antwort
auf die Frage Klarheit zu verschaffen. Anschließend
können sie sich dann schrittweise das exakte Wissen
erarbeiten. Es hat sich gezeigt, dass dies ein fruchtbares Lernverfahren ist, insbesondere dann, wenn der
Lehrende nicht genügend Zeit hat, den tatsächlichen
Sachverhalt ausgehend von falschen Annahmen direkt mit den Studenten zu erarbeiten.
Lernziele
heben die wichtigsten Problemkreise der Kapitel hervor.
In der Astronomie ist ein neues Klassifizierungsschema für die Körper im Sonnensystem eingeführt worden. Diese Planeten, Zwergplaneten und Kleinkörper
des Sonnensystems zusammen mit neuen Unterklassen
wie Plutoiden werden erläutert und mit der herkömmlichen Klassifizierung in Planeten, Monde, Asteroiden, Meteoriten und Kometen verglichen. Zudem ist dargestellt, weshalb Pluto besser zu den
Zwergplaneten als zu den acht Planeten passt.
Neue lebendige Grafiken
Das Buch enthält durchgängig zusammenfassende
Abbildungen, die entweder die Wechselbeziehungen
zwischen wichtigen Konzeptionen oder die Entwicklung wichtiger Objekte zeigen. So ist der Ort der Sonne am Himmel im Verlauf der Jahreszeiten zusammen
mit der Stärke des Lichteinfalls und der entsprechenden ausgeleuchteten Fläche am Boden in einer Abfolge von Zeichnungen in einer Abbildung dargestellt.
Abschnittsüberschriften
sind kurze Sätze, die den Inhalt des jeweiligen Abschnitts zusammenfassen und bei der Wiederholung
des Stoffs als schneller Wegweiser durch das Kapitel
dienen.
Einblicke in die Wissenschaft
Dies sind kurze Ergänzungen, die die behandelten
Fragen mit dem Vorgehen in der Forschung in Beziehung setzen und zum kritischen Durchdenken anregen sollen.
Wellenlängenkästchen
bei den Fotos zeigen, ob eine Aufnahme mit Radiowellen (R), Infrarotlicht (I), sichtbarem Licht (V),
Ultraviolettstrahlung (U), Röntgenstrahlung (X) oder
Gammastrahlung (G) erfolgte.
000_Titelei.qxd
27.08.2010
X
8:51 Uhr
Seite X
Aus dem Vorwort zur englischen Ausgabe
• WebLinks bieten dem Studenten eine Fülle an Online-Material.
Für Lehrkräfte
Die begleitende Website www.whfreeman.com/deu4e
enthält außerdem passwortgeschützte Anleitungen
für Lehrkräfte. Diese umfassen:
• alle Abbildungen und Fotos aus dem Lehrbuch sowohl im JPEG- als auch im PowerPoint-Format
• PowerPoint-Präsentationen für die Vorlesung
• Antworten auf die Wiederholungsfragen im Text.
Danksagungen
Zusammenfassungen und Übungen
• Schlüsselbegriffe ist eine Aufzählung der wichtigsten Konzeptionen des Kapitels.
• Was haben Sie gedacht? Hier finden Sie Antworten
auf die zu Beginn jedes Kapitels unter Was meinen
Sie? gestellten Fragen.
• Hervorgehobene zentrale Begriffe, eingestreute
Wiederholungsfragen sowie weiterführende Fragen sollen den Studenten beim Verständnis des
Materials in dem Kapitel unterstützen.
Medien- und Ergänzungspaket
Für Studenten
Frei zugängliche begleitende Website
Die begleitende Website www.whfreeman.com/deu4e
[in englischer Sprache] enthält eine Vielzahl von Material für Studium und Wiederholung, um den Studenten
beim Verständnis zu unterstützen. Hierzu zählen:
• Online Quizzing Fragen und Antworten mit unmittelbarer Rückkopplung, die Studenten für die
Wiederholung und Vorbereitung auf die Prüfung
heranziehen können. Lehrkräfte können auf die
Antworten zugreifen.
• Animations und Videos, sowohl eigene als auch
solche der NASA, sind auf bestimmte Kapitel gerichtet.
Den folgenden Astronomen und Lehrkräften bin ich
dankbar für die Durchsicht von Kapiteln dieser und
der vorangegangenen Auflagen.
William R. Alexander, James Madison University
Gordon Baird, University of Mississippi
Henry E. Bass, University of Mississippi
J. David Batchelor, Community College of Southern
Nevada
Jill Bechtold, University of Arizona
Peter A. Becker, George Mason University
Michael Bennett, DeAnza College
John Bieging, University of Arizona
Greg Black, University of Virginia
Julie Bray-Ali, Mt. San Antonio College
John B. Bulman, Loyola Marymount University
John W. Burns, Mt. San Antonio College
Alison Byer, Widener University
Gene Byrd, University of Alabama
Eugene R. Capriotti, Michigan State University
Michael W. Castelaz, Pisgah Astronomical Research
Institute
Gerald Cecil, University of North Carolina
David S. Chandler, Porterville College
David Chernoff, Cornell University
Tom Christensen, University of Colorado, Colorado
Springs
Chris Clemens, University of North Carolina
Christine Clement, University of Toronto
Halden Cohn, Indiana University
John Cowan, University of Oklahoma
Antoinette Cowie, University of Hawaii
Volker Credé, Florida State University
Charles Curry, University of Waterloo
031_Comins_K02.qxd
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 31
Kapitel 2
Gravitation und
Planetenbewegung
In der Raumfahrt, beispielsweise zum Mond, muss man
bei der Planung und der
Durchführung unter anderem
das Gravitationsgesetz und
die Newton’schen Axiome anwenden, um eine sichere
Rückkehr zu gewährleisten.
(NASA)
Was meinen Sie?
1 Wodurch ist eine Theorie als wissenschaftlich
2
3
4
5
6
gekennzeichnet?
Welche Form hat die Umlaufbahn der Erde um
die Sonne?
Umlaufen die Planeten die Sonne mit
konstanten Geschwindigkeiten?
Umlaufen alle Planeten die Sonne mit gleich
hohen Geschwindigkeiten?
Welche Kraft ist aufzubringen, damit ein
Körper seine geradlinige Bewegung mit
konstanter Geschwindigkeit fortsetzt?
Wie unterscheiden sich die Messwerte der
Masse ein und desselben Körpers auf der Erde
und auf dem Mond?
7 Spüren Astronauten, deren Raumstation die
8
9
10
11
Erde umläuft, die Schwerkraft?
Gehören die Sonne und die Planeten zu den
im Universum zuerst entstandenen Körpern?
Wie lange existiert die Erde bereits, und woher
kennen wir ihr Alter?
Welche typische(n) Form(en) haben Monde,
und was bewirkte diese Form(en)?
Wurden schon erdähnliche Planeten entdeckt,
die sonnenähnliche Sterne umlaufen?
Die Antworten finden Sie bei der jeweiligen Ziffer im
Text und noch einmal zusammengefasst am Ende des
Kapitels.
031_Comins_K02.qxd
2
32
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 32
2 Gravitation und Planetenbewegung
Die Naturwissenschaften bieten Erklärungen von
Sachverhalten und Effekten, sei es in der Gegenwart
oder in der Vergangenheit. Sie ermöglichten aber
auch entsprechende Vorhersagen für die Zukunft.
Die wissenschaftlichen Methoden sind inzwischen
enorm leistungsfähig. Mit ihrer Hilfe können wir
Vorgänge beobachten, deuten und verstehen, ohne
sie – wie zu früheren Zeiten – einfach hinnehmen
oder gar fürchten zu müssen, dass sie sich auf unerwartete Weise ändern. Die Naturwissenschaften ermöglichen eine gewisse Vereinfachung oder besser
Abstraktion und nehmen uns einen Teil der Ungewissheit, mit der die Welt uns seit jeher konfrontiert.
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Wesen der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften. Dabei werden wir erkennen, welchen
Gesetzmäßigkeiten die Planeten, aber auch die unzähligen anderen Himmelskörper unterliegen.
In diesem Kapitel geht es darum,
• wodurch eine Theorie als wissenschaftlich gekennzeichnet ist;
• dass im Laufe einer wissenschaftlichen „Revolution“ die Erde ihre Stellung im Zentrum des Universums verlor;
• welche Anschauung Kopernikus über den Umlauf
der Planeten um die Sonne hatte;
• warum sich die Bewegungsrichtungen der Planeten
an der Himmelskugel von Zeit zu Zeit umkehren;
• dass Kepler bei seiner Beschreibung der Planetenbahnen auf die sorgfältigen Beobachtungen seines
Mentors Tycho Brahe zurückgriff;
• dass Isaac Newton eine Gleichung aufstellte, um
die Gravitationskraft zu beschreiben, und dass er
mit ihr erklärte, warum die Planeten und die Monde in ihren Umlaufbahnen bleiben;
• wie sich das Sonnensystem bildete;
• warum die Umgebung des Sonnensystems in seiner
Frühzeit weitaus lebensfeindlicher als heute war;
• wie Astronomen die verschiedenartigen Objekte
im Sonnensystem klassifizieren;
• wie die Planeten angeordnet sind;
• wie nahezu im gesamten Sonnensystem etliche
Monde entstanden;
• woraus die Reste des frühen Sonnensystems bestehen;
• dass Scheiben aus Gas und Staub, aber auch Planeten in der Nähe von immer mehr Sternen nachgewiesen wurden;
• dass die Entstehung neuer Sterne oder Planetensysteme beobachtet wird.
Die Naturwissenschaften:
Der Schlüssel zum Verstehen
Wenn wir die Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten verstehen, die die Natur beherrschen, dann können wir die Materie und die Energie, die unsere Umgebung darstellen, sozusagen manipulieren und dabei
Neues hervorbringen, um Vorteile daraus zu ziehen.
So führen technische Verbesserungen zu neuen Erfolgen in der Forschung, sodass wir noch tiefere Erkenntnisse über Raum, Zeit, Materie und Energie sowie über deren Beziehungen zueinander gewinnen
können. Diese Spirale des Verstehens und der Anwendung begann schon vor Jahrhunderten. In diesem Kapitel betrachten wir zunächst, wie schon angedeutet,
das Wesen der Naturwissenschaften. Dabei verstehen
wir unter anderem, wie die Gravitationskraft die Planeten und anderen Objekte, die die Sonne umlaufen,
sowie die Monde, die ihren jeweiligen Planeten umlaufen, auf ihren Bahnen hält.
2.1 Wissenschaft ist beides: Wissen
und der Prozess des Erforschens
Wir können die Naturwissenschaften in zwei Aspekte
aufteilen. Der erste ist eine inzwischen gewaltige Ansammlung von Wissen, das im Laufe langer Zeit bei
Beobachtungen und Experimenten anfiel. Beispiele
dafür sind die Details der Bewegungen des Monds, der
Planeten und der Sonne an der Himmelskugel, wie
wir sie in Kapitel 1 beschrieben haben. Das angesammelte Wissen ermöglicht eine anschauliche Beschreibung der Gegebenheiten, wie sie in diesem Buch in
den allermeisten Fällen gegeben wird. Aber mithilfe
des Wissensfundus konnten und können auch mathematische Gleichungen aufgestellt werden, aus denen
quantitative Aussagen oder Vorhersagen abzuleiten
sind.
Der zweite Aspekt der Naturwissenschaften besteht
darin, dass neu hinzukommendes Wissen stets von jedermann überprüft und ggf. allgemein akzeptiert
werden kann. Diese Vorgehensweise ist der Kern der
wissenschaftlichen Methode, die in Abb. 2.1 schematisch skizziert ist. Im Prinzip verläuft der Erkenntnisweg über Beobachtungen und/oder Experimente, sodann das Erklären der Sachverhalte und schließlich
das Vorhersagen künftiger Gegebenheiten. Zwar ist
der „Einstieg“ in den Prozess auch an jeder anderen
Stelle in Abb. 2.1 möglich. Allerdings wird er – um bei
der Astronomie zu bleiben – meist so durchlaufen,
031_Comins_K02.qxd
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 33
Die Naturwissenschaften: Der Schlüssel zum Verstehen
1
dass die Bewegungen irgendwelcher Körper (z. B. von
Planeten) an der Himmelskugel beobachtet werden
und dass eine Erklärung dafür gesucht wird, dass die
Sterne diesen Bewegungen nicht folgen. Die Ergebnisse späterer Beobachtungen oder Experimente müssen dann mit den zuvor aufgestellten Theorien verglichen werden. Ergeben sich dabei Widersprüche,
dann muss eine Hypothese aufgestellt werden, die die
bisher anerkannte Erklärung modifiziert oder ersetzt.
Die Gesamtheit der Hypothesen für miteinander zusammenhängende Sachverhalte bezeichnet man als
wissenschaftliche Theorie oder einfach Theorie.
Im Alltag verstehen wir unter einer Theorie meist
eine Vorstellung, die auf logischem Denken, Intuition
oder persönlichen Überzeugungen gegründet ist. Eine
derartige Theorie führt natürlich weder zu Gleichungen, noch ermöglicht sie konkrete Vorhersagen. In der
Wissenschaft dagegen stellt eine Theorie eine Erklärung von Beobachtungen oder Versuchsergebnissen
dar, die quantitativ beschrieben und auch überprüft
werden können. Die mathematische Beschreibung einer wissenschaftlichen Theorie bezeichnet man meist
als Modell des betrachteten Systems. Beispielsweise
kann die von Newton aufgestellte Theorie der Gravitation als Gleichung formuliert werden. Anhand seines Gravitationsgesetzes können wir für jeden einzelnen Fall vorhersagen, wie die beteiligten Körper einander anziehen.
Wie bereits erwähnt, muss eine Theorie, die als
wissenschaftlich gelten soll, überprüfbare Vorhersagen
liefern. Das bedeutet, es muss möglich sein, sie im
Rahmen weiterer Beobachtungen oder Experimente
zu bestätigen oder zu widerlegen. Außerdem muss bei
der Theorie auch deren Gültigkeitsbereich angegeben
werden, damit die Überprüfung sinnvoll ist. Gemäß
dem Newton’schen Gravitationsgesetz sollten die Pla-
33
neten die Sonne auf Ellipsen oder Kreisen umlaufen,
wofür sie umso länger brauchen, je weiter sie von ihr
entfernt sind. Wie wir gleich sehen werden, konnten
diese Vorhersagen in den allermeisten Fällen bestätigt
werden.
Wissenschaftler, die ein neues oder genaueres Modell entwickeln, betreten natürlich Neuland. Für viele
von ihnen ist dies ein kreativer Prozess, der ebenso befriedigend ist wie für einen Künstler das Schaffen eines Meisterwerks, für einen Athleten ein neuer Weltrekord oder für einen Astronauten eine Erdumrundung oder gar ein Weltraumspaziergang.
Aber die Überprüfung einer Theorie kann nicht
nur die Bestätigung, sondern auch die Widerlegung
zur Folge haben. Dementsprechend ist eine Theorie
nur dann als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie
prinzipiell auch widerlegt werden könnte. Beispielsweise könnten ja eines Tages unwiderlegbare experimentelle Befunde dem Newton’schen Gravitationsgesetz widersprechen, sodass man die Theorie verbes-
Einblicke
in die Wissenschaft
Die Naturwissenschaft ist weltumspannend Der
wissenschaftliche Fortschritt vollzieht sich im Grunde als
praktisch weltweites Teamwork. Im Prinzip kann eine Theorie hierbei von jedermann aufgestellt, modifiziert oder
überprüft werden, der sich dazu berufen fühlt. In der Praxis muss er aber zumindest das nötige mathematische
Rüstzeug mitbringen. Dass die Theorie in Form konkreter
Gleichungen zu formulieren ist, sorgt für die nötige Eindeutigkeit. Nur wenn diese sichergestellt ist, kann die Theorie jederzeit und überall von anderen Wissenschaftlern
überprüft werden.
Beobachtungen oder
Experimente ausführen
Ergebnisse untersuchen
Wenn es bereits Theorien
gibt, die die Ergebnisse
stützen, ist die einfachste
von ihnen zu wählen; überprüfte Ergebnisse publizieren
Test der
Theorie im neuen
Zusammenhang
konzipieren
Wenn es noch keine Theorie
gibt, die die Ergebnisse stützt,
ist eine bestehende Theorie
entsprechend anzupassen
oder eine neue aufzustellen
Neue oder präzisere Versuchsoder Beobachtungsanordnung
konzipieren, um den Gültigkeitsbereich der Theorie zu erweitern
Vorhersagen
aufgrund der neuen
bzw. modifizierten
Theorie aufstellen
Test der
neuen Theorie
konzipieren
Abb. 2.1 Die wissenschaftliche
Methode. Dieses Flussdiagramm zeigt
die wesentlichen Schritte beim Entwickeln und Überprüfen neuer Theorien.
Jeder Forscher kann an irgendeiner
Stelle in den Prozess eintreten, also Beobachtungen bzw. Experimente ausführen oder eine Theorie modifizieren bzw.
eine neue aufstellen oder anhand neuer
Theorien bestimmte Sachverhalte vorhersagen. (© Neil F. Comins)
2
031_Comins_K02.qxd
2
34
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 34
2 Gravitation und Planetenbewegung
Einblicke
in die Wissenschaft
Theorien und Glaube Neue Theorien sind individuelle
Schöpfungen, aber die Naturwissenschaften sind kein
persönliches Glaubenssystem. Wie schon im vorhergehenden Kasten zur wissenschaftlichen Methode angemerkt wurde, liefern wissenschaftliche Theorien grundsätzlich Aussagen, die von vielen Wissenschaftlern unabhängig voneinander überprüft werden können. Wenn jede
Überprüfung die Theorie bestätigt, dann wird diese in ihrem Bereich als gültig angesehen. Im Unterschied dazu ist
es aber beispielsweise nicht überprüfbar, welches politische System das beste ist, denn hier wird es immer unterschiedliche persönliche Überzeugungen oder Meinungen
geben.
sern oder durch eine andere ersetzen müsste. Dagegen
kann eine Behauptung wie „Die Erde wurde in sechs
Tagen erschaffen“ nicht überprüft werden. Dies kennzeichnet sie als unwissenschaftliche Theorie.
?
Nennen Sie jeweils ein Beispiel für eine wissenschaftliche und eine unwissenschaftliche Hypothese oder Theorie.
Wenn die Vorhersagen einer Theorie mit den Beobachtungen unvereinbar sind, dann kann sie ggf. modifiziert oder auf einen kleineren Gültigkeitsbereich
eingeengt werden. Aber es kann auch nötig sein, sie
ganz zu verwerfen und eine neue Erklärung zu suchen. Ein Beispiel bietet wiederum das Newton’sche
Gravitationsgesetz: Es beschreibt bestens den Fall eines Apfels vom Baum, den Flug eines Geschosses oder
den Umlauf der Erde um die Sonne. Doch für Vorgänge nahe bei einem Schwarzen Loch, in dem die
Materie extrem dicht ist, liefert es unbrauchbare Werte. In diesem Fall ist das Newton’sche Gravitationsgesetz durch Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zu
ersetzen, die die Merkmale der Gravitation sogar für
solche extremen Sonderfälle beschreibt – allerdings
zum Preis einer größeren mathematischen Kompliziertheit.
In den Naturwissenschaften ist man stets bemüht,
so viele Sachverhalte wie möglich mithilfe von möglichst wenigen Theorien zu erklären. Wir können im
Universum im Prinzip Milliarden von Milliarden an
Objekten sehen. Es ist nun ein Ding der Unmöglichkeit, sie sämtlich einzeln zu untersuchen, um jeweils
eine detaillierte Beschreibung zu erhalten. Glücklicherweise braucht man nicht jedes Mal eine einzelne
Theorie, die genau das betreffende Objekt beschreibt.
Hier kommt den Forschern nämlich der Umstand
zugute, dass viele der physikalischen Objekte im
Raum sich sehr ähnlich verhalten. Die Objekte werden entsprechend klassifiziert, sodass nur für jede
Klasse oder Gruppe eine Theorie aufgestellt werden
muss. Dann sind zahlreiche Objekte mit wenigen
Theorien zu beschreiben, und diese Theorien können
anschließend überprüft und nötigenfalls verfeinert
oder verbessert werden. Solche Klassifizierungen sind
eine Methode von unschätzbarem Wert, denn damit
konnten Einblicke in die Struktur und die Anordnung von Milliarden von Sternen und Galaxien gewonnen werden, die einander tatsächlich sehr ähnlich sind.
Obwohl die weitaus meisten Wissenschaftler den
Regeln der wissenschaftlichen Forschung gewissenhaft folgen, gibt es etliche Experimente, deren Ausführung und/oder Auswertung fragwürdig ist. Zuweilen
wurden experimentelle Fakten oder Beobachtungen
ignoriert, die dem Forscher nicht „in den Kram passten“ oder seinen Grundüberzeugungen irgendwie zuwiderliefen. Zuweilen wurden sogar Daten gefälscht
oder von anderen Forschern gestohlen. Doch praktisch alle diese Fälle von Irrtum oder Fehlverhalten
wurden letztlich entdeckt und aufgeklärt – eben weil
die Theorien und ihre Vorhersagen gewöhnlich von
mehreren unabhängigen Forschern überprüft werden.
Im Grund besteht die naturwissenschaftliche Methode aus sechs grundlegenden Schritten: Beobachtungen oder Experimente anstellen, eine Hypothese
Einblicke
in die Wissenschaft
Nach Einfachheit streben Wenn mehrere konkurrierende Theorien die gleichen Sachverhalte mit gleicher Genauigkeit beschreiben, dann wählt man stets die einfachste dieser Theorien – d. h. diejenige, die die wenigsten unbewiesenen Annahmen beinhaltet. Dieser Grundsatz wurde schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von
dem englischen Philosophen Wilhelm von Ockham aufgestellt. Er nannte es das Prinzip der logischen Beschränkung, und heute spricht man auch von Ockhams Rasiermesser. Weil sie dieses Prinzip befolgte, war die ursprüngliche Form des heliozentrischen (sonnenzentrierten) Weltbilds, der wir uns gleich zuwenden wollen, so
ansprechend. Sie lieferte nämlich mit einem wesentlich
einfacheren Modell die gleichen Vorhersagen über die Planetenbewegungen am Himmel wie das geozentrische
Weltbild. – Denken Sie immer an Ockhams Rasiermesser.
031_Comins_K02.qxd
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 35
Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild
oder Theorie aufstellen, Vorhersagen daraus ableiten,
sodann die Theorie überprüfen, modifizieren oder
vereinfachen. Achten Sie bei der Lektüre dieses Buchs
immer wieder auf diese mehrschrittige Vorgehensweise. Wir begegnen ihr prompt bei unserem ersten
Beispiel, nämlich der Entdeckung, dass die Erde die
Sonne umläuft.
Die Abkehr vom geozentrischen
Weltbild
Im Altertum versuchten die griechischen Astronomen, die Bewegungen der fünf damals bekannten Planeten – Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn – zu
erklären. Aus den beobachteten Bewegungen der
Himmelskörper folgerten sie, dass Sonne, Mond, Sterne und Planeten die Erde umlaufen. Also war man davon überzeugt, dass die Erde den Mittelpunkt (das
Zentrum) des Kosmos einnimmt; man hatte also ein
geozentrisches Weltbild. Eine Theorie der Struktur und
Entwicklung des Universums wird als Kosmologie
bezeichnet. Somit hing man in der Antike weitestgehend einer geozentrischen Kosmologie bzw. einem geozentrischen Weltbild an. Sie wäre nur zu widerlegen gewesen, wenn man die Planetenbewegungen sehr genau verfolgt und aufgezeichnet hätte. Daher konnte
sie sich über 2000 Jahre lang halten (zu näheren Einzelheiten siehe Anhang G.1).
35
2.2 Das heliozentrische Weltbild
setzte sich nur langsam durch
Eine der großen Herausforderungen für die Astronomen des Altertums bestand darin, die komplizierten
Bewegungen der fünf Planeten zu erklären. Dabei
wurde ja vorausgesetzt, dass die Erde sich im Mittelpunkt aller Bewegungen befindet. Die Griechen der
Antike wussten natürlich schon, dass sich die Positionen der Planeten relativ zu den (unbeweglichen)
Fixsternen ständig verschieben. Daher rührt die Bezeichnung Planeten (bzw. Wandelsterne, nach dem
griechischen Wort planes = umherschweifend). Ebenfalls schon im Altertum war bekannt, dass sich die Planeten nicht gleichmäßig schnell gegen die Sternbilder
der Fixsterne verschieben. Von der Nordhalbkugel der
Erde aus gesehen bewegen sich die Planeten vor den
Hintergrundsternen im größten Teil der Zeit langsam
nach links (ostwärts). Dies ist die rechtläufige Bewegung. Jeder Planet scheint nach einiger Zeit innezuhalten und sich danach über Wochen oder Monate
hinweg in die entgegengesetzte Richtung zu verschieben. Dies ist die rückläufige Bewegung (relativ zu den
Hintergrundsternen westwärts). Sowohl die rechtläufige als auch die rückläufige Bewegung sind zu erkennen, wenn man über längere Zeit die nächtlichen Positionen des betreffenden Planeten vor den Hintergrundsternen erfasst (Abb. 2.2).
Die Bewegungen der Planeten an der Himmelskugel relativ zu den Hintergrund- oder Fixsternen sind
LÖWE
1. Jan. 2010
1. Feb. 2010
1. März 2010
ZWILLINGE
1. Dez. 2009
1. Juli 2010
Ekliptik
1. Juni 2010
1. April 2010
1. Mai 2010
1. Nov.
2009
KREBS
Osten
1. Okt. 2009
1. Sept.
2009
Westen
WASSERSCHLANGE
Abb. 2.2 Die Bewegung des Mars an der Himmelskugel. Von September 2009 bis zum Juni 2010 passierte der Mars die
Sternbilder Zwillinge, Krebs und Löwe. Vom 23. Dezember 2009 bis 12. März 2010 vollführte er dagegen eine rückläufige Bewegung. Die rückläufige Schleife liegt manchmal nördlich und manchmal südlich der gewöhnlichen Bahn (siehe Abb. 2.3).
2
031_Comins_K02.qxd
2
27.08.2010
36
9:24 Uhr
Seite 36
2 Gravitation und Planetenbewegung
1. Vom Punkt 1 bis zum Punkt 4
scheint sich der Mars – von der Erde
aus gesehen – vor den Hintergrundsternen nach Osten zu bewegen
(rechtläufige Bewegung).
2. Wenn die Erde den Mars
zwischen den Punkten 4 und 6
passiert, scheint sich der Mars –
von der Erde aus gesehen – vor den
Hintergrundsternen nach Osten zu
bewegen (rückläufige Bewegung).
3. Vom Punkt 6 bis zum Punkt 9
scheint sich der Mars – von der Erde
aus gesehen – vor den Hintergrundsternen erneut nach Osten zu
bewegen (rechtläufige Bewegung).
Osten
Westen
8
9
9
9
3
4
8 7 6
6
8 7
2
7
5
1
6
5 4 3 2
5 4 3
2
Sonne
1
1
Umlaufbahn der Erde
Umlaufbahn des Mars
Abb. 2.3 Eine heliozentrische Erklärung der Planetenbewegungen. Die Erde umläuft die Sonne mit höherer Geschwindigkeit
und mit kürzerer Umlaufdauer als der Mars. Infolgedessen überholt die Erde ihn von Zeit zu Zeit, wobei er sich einige Monate lang
vor den Hintergrundsternen rückläufig zu bewegen scheint (hier zwischen den Punkten 4 und 6).
weitaus langsamer als die scheinbare tägliche Bewegung (Drehung) der ganzen Himmelskugel, die von
der Erdrotation herrührt. Die relativen Planetenbewegungen überlagern sich dabei der scheinbaren Drehung der Himmelskugel. Daher gehen die Planeten,
wie auch die Fixsterne, immer in der östlichen Hälfte
des Himmels auf und in der westlichen Hälfte unter.
?
Warum ist der Planet Mars manchmal oberhalb
und manchmal unterhalb der Ekliptik zu sehen?
Beim Bemühen, die Bewegungen der Planeten – insbesondere deren rückläufige Anteile – zu erklären,
wurde das Modell, das die Erde im Zentrum voraussetzte, immer komplizierter. Doch schon im 3. Jahrhundert v. Chr. schlug der griechische Astronom
Aristarch eine viel einfachere Erklärung der Planetenbewegungen vor. Dabei nahm er an, dass sich alle Planeten, einschließlich der Erde, um die Sonne drehten.
Die rückläufige Bewegung des Mars rührt bei diesem
heliozentrischen (sonnenzentrierten) Ansatz daher,
dass sich die Erde schneller bewegt und dabei den roten Planeten überholt (Abb. 2.3). Die gelegentliche
rückläufige Bewegung eines Planeten rührt also von
der Veränderung unseres Standorts her, während die
Erde die Sonne umläuft. Diese Vorstellung ist von
wunderbarer Einfachheit, wenn man sie mit dem geozentrischen System vergleicht, das ja viele komplizierte Planetenbewegungen voraussetzt. (Streng genommen ist der Ausdruck heliozentrisch irreführend. Zwar
umlaufen unsere Planeten, deren Monde und sehr
viele kleine Bruchstücke unsere Sonne, aber die Sterne sowie unzählige andere Objekte im Weltraum umlaufen sie nicht. Vielmehr bewegt sich das gesamte
Sonnensystem – mit der Sonne in der Mitte – um das
Zentrum unserer Galaxis, der Milchstraße.)
Weil Einfachheit und Genauigkeit für die Wissenschaften kennzeichnend sind, wurden die komplexen
geozentrischen Modelle letztlich durch das einfachere
und auch elegantere heliozentrische Modell ersetzt.
Aber das Entthronen der Erde, d. h. die Vertreibung
aus dem Zentrum des Kosmos, konnte nur allmählich
durchgesetzt werden. Schließlich schien es doch klar
zu sein, dass sich die Erde nicht bewegt! Der von Aristarch schon im Altertum vorgeschlagene Ansatz, dass
die Sonne im Zentrum steht, fand daher lange Zeit
031_Comins_K02.qxd
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 37
Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild
keine Anerkennung. Das lag nicht zuletzt auch an den
kirchlichen Lehrmeinungen von der zentralen Stellung der Erde, wie auch am Bedürfnis des Menschen,
sich selbst im Zentrum der Schöpfung zu sehen. Erst
ab dem 16. Jahrhundert erwog man erneut die Vorteile eines heliozentrischen Weltbilds.
2.3 Kopernikus entwarf das erste
umfassende heliozentrische Weltbild
Nach und nach offenbarten die genauer gewordenen
Beobachtungen der Planetenpositionen deutliche Abweichungen von den Berechnungen gemäß dem geozentrischen Modell. Daher mussten den Planeten immer kompliziertere Bewegungen zugeschrieben werden. Aber auch damit wurde um die Mitte des 16.
Jahrhunderts die Vorhersage der exakten Planetenpositionen immer schwieriger. In jener Zeit trat der
deutsche Astronom und Mathematiker Nikolaus Kopernikus auf den Plan, der außerdem als Arzt und als
Kleriker wirkte (siehe Exkurs „Wegbereiter der modernen Astronomie“). Bei seinem Bemühen, das Modell der Planetenbewegungen zu vereinfachen, ließ er
Aristarchs Theorie wieder aufleben.
Kopernikus nahm also an, dass die Planeten die
Sonne anstatt die Erde umlaufen. Dadurch konnte er
aus den jahrhundertelang angefallenen und inzwischen verbesserten Ergebnissen erschließen, welche
Planeten der Sonne näher als die Erde und welche
weiter entfernt sind. Aus der Tatsache, dass Merkur
und Venus nur in der Nähe der Sonne zu beobachten
sind, folgerte er richtigerweise, dass ihre Umlaufbahnen innerhalb derjenigen der Erde liegen müssen. Die
Ein innerer Planet bei
größter östlicher Elongation ist bei Sonnenuntergang sichtbar
U m la ufbah
anderen zu Kopernikus’ Zeit bekannten Planeten –
Mars, Jupiter und Saturn – sind zuweilen hoch am
Nachthimmel zu sehen, während die Sonne weit unter
dem Horizont steht. Daraus schloss er, dass sich die
Erde zwischen der Sonne und diesen Planeten befindet, d. h., dass die Umlaufbahnen von Mars, Jupiter
und Saturn außerhalb der Erdumlaufbahn liegen.
Die geometrische Anordnung der Erde, des jeweils
betrachteten Planeten und der Sonne nennt man
Konstellation. Wenn sich beispielsweise Merkur
(oder Venus) direkt zwischen Erde und Sonne befindet (Abb. 2.4), dann ist die momentane Konstellation
dieses Planeten die untere Konjunktion. Wenn er sich
aber – von der Erde aus gesehen – genau hinter der
Sonne befindet, spricht man von der oberen Konjunktion.
Der Winkel zwischen der Sonne und einem Planeten, wie er von der Erde aus zum jeweiligen Zeitpunkt
zu sehen ist, heißt Elongation dieses Planeten. Die
Elongation eines Planeten variiert also zwischen 0° bis
zu einem bestimmten Maximalwert. Die momentane
Elongation hängt davon ab, wo sich der Planet auf seiner Umlaufbahn um die Sonne gerade befindet. Bei
größter östlicher bzw. größter westlicher Elongation eines Planeten bilden unsere Sichtlinien zu ihm und zur
Sonne jeweils den größtmöglichen Winkel. Dieser
Maximalwinkel beträgt beim Merkur ungefähr 28°
und bei der Venus rund 47°. Wenn Merkur oder Venus
vor der Sonne aufgehen, erscheint er bzw. sie als heller
„Stern“ am Osthimmel. Daher nennt man die Venus
auch Morgenstern. Und wenn Merkur oder Venus
nach der Sonne untergehen, erscheint er bzw. sie am
westlichen Himmel, und die Venus ist der Abendstern.
Im größten Teil der Zeit befinden sich diese zwei Planeten natürlich nicht bei großer Elongation, sondern
Ein äußerer Planet in
Konjunktion ist nur tagsüber (also nicht nachts)
sichtbar
Umlaufbahn
des Merkur oder
der Venus
Größte
Größte
westliche
östliche
Elongation
Elongation
Sonne
Ein innerer Planet in unterer
oder oberer Konjunktion ist nur
tagsüber (also nicht nachts)
sichtbar
n
en
Konjunktion
Obere
Konjunktion
von
37
Mar
Erde
s, Jup
iter, Sa
turn usw.
Ein äußerer Planet in Opposition steht um Mitternacht
am höchsten am Himmel
Untere
Konjunktion
Opposition
Ein innerer Planet bei
größter westlicher
Elongation ist bei
Sonnenaufgang sichtbar
Abb. 2.4 Planetenkonstellationen. Einige ausgezeichnete
Punkte der Umlaufbahn eines jeden Planeten entsprechen bestimmten Konstellationen. Ihre
Bezeichnungen sind in der Skizze eingetragen. Hier liegt jeweils
eine spezielle relative Position
der Erde, des betreffenden Planeten und der Sonne vor.
2
031_Comins_K02.qxd
2
38
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 38
2 Gravitation und Planetenbewegung
Wegbereiter der modernen Astronomie
Im 16. und 17. Jahrhundert erfuhr die Astronomie enorme Fortschritte und geradezu Umwälzungen, die sich aus den neuen Erkenntnissen ergaben. Die Bewegungen der Himmelskörper konnten jetzt nämlich durch das Wirken der Gravitationskraft erklärt werden, und die Erde verlor endgültig ihre besondere Stellung als Zentrum des Kosmos. Die maßgebenden Theorien wurden von
glänzenden Denkern aufgestellt; sie widerlegten das heliozentrische Modell des Sonnensystems
und klärten die Bedeutung der Schwerkraft.
Nikolaus Kopernikus
(1473–1543)
Kopernikus wurde als jüngstes von vier
Kindern einer deutschen Familie in
Thorn an der Weichsel geboren, das zwei
Jahrzehnte zuvor an Polen gefallen war.
Er studierte in Krakau Mathematik und
Astronomie sowie in Bologna und Padua
Medizin und Rechtswissenschaften. Er
(E. Lessing/
konzipierte eine heliozentrische Theorie
Art Resource)
des seinerzeit bekannten Universums
und veröffentlichte 1543, kurz vor seinem Tode, sein Hauptwerk De Revolutionibus Orbium Coelestium (Über die Kreisbewegungen der Himmelssphären). Seine revolutionäre Theorie
hatte allerdings noch den Nachteil, dass die Umlaufbahnen
der Planeten um die Sonne als Kreise angenommen wurden.
Dies wurde später von Johannes Kepler korrigiert.
Tycho Brahe (1546–1601) und
Johannes Kepler (1571–1630)
Tycho Brahe (in diesem Porträt Keplers
im Hintergrund dargestellt) wurde als
Sohn einer adligen Familie in der dänischen Stadt Knudstrup geboren, die
heute zu Schweden gehört. Im Alter von
20 Jahren verlor er bei einem Duell einen Teil seiner Nase und trug seitdem
(Gemälde von Jeaneine Prothese bzw. Maske aus Metall.
Leon Huens, mit
Im Jahre 1576 gewährte ihm der dänifreundlicher
sche König Frederik II. die Mittel für den
Genehmigung der
Bau einer Sternwarte. Brahe nannte sie
National GeoUraniborg (nach Urania, der griechigraphic Society)
schen Muse der Astronomie). Brahe
lehnte sowohl die heliozentrische Theorie des Kopernikus als auch die geozentrische Theorie des
Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. ab. Er kombinierte
beide Ansätze miteinander und hielt die Erde für ruhend, die
von Sonne und Mond umlaufen wird, während sich alle anderen Planeten um die Sonne drehen.
Der nahe Stuttgart geborene Johannes Kepler studierte
drei Jahre lang in Deutschland Mathematik, Philosophie und
Theologie. Im Jahre 1596 publizierte er mathematische Formeln zum Berechnen der Umlaufbahnen der Planeten. Obwohl diese Theorie unzutreffend war, erregten sein Mut und
seine Originalität die Aufmerksamkeit von Tycho Brahe, dessen Mitarbeiter Kepler im Jahre 1600 wurde. Dieser leitete
später seine drei Gesetze aus den Ergebnissen von Brahes
Beobachtungen ab.
Galileo Galilei (1564–1642)
Galilei, der in Pisa geboren wurde, studierte hier Medizin und Philosophie.
Bald wandte er sich aber der Mathematik und der Physik zu. Er erhielt an der
Universität Padua den Lehrstuhl für Mathematik und kehrte später in gleicher
Funktion an die Universität Pisa zurück.
Hier stellte er sein berühmtes Fallge(Art Resource)
setz auf, nach dem alle Objekte mit der
gleichen Beschleunigung zur Erde fallen, gleichgültig wie schwer sie sind. Im Jahre 1609 verbesserte er die Konstruktion des Teleskops. Hiermit gelangen
ihm zahlreiche bahnbrechende Entdeckungen, die den von
der römisch-katholischen Kirche als einzig wahr anerkannten
Lehren des Aristoteles widersprachen. Seine Arbeiten zur
Astronomie sowie zu den Begriffen Bewegung, Beschleunigung und Scherkraft fasste er 1632 in seinem Werk Dialogo
sopra le due massimi systemi (Dialog über die zwei hauptsächlichsten Weltsysteme) zusammen.
Isaac Newton (1643–1727)
Newton beschäftige sich gern mit der
Konstruktion mechanischer Vorrichtungen wie beispielsweise Sonnenuhren
oder Windmühlenmodellen; er konzipierte auch eine Wasseruhr und eine
mechanische Kutsche. Sein Studium in
London und Cambridge schloss er
1665 ab. Als Professor für Mathematik
(National Portrait in Cambridge entwickelte er danach
Gallery, London)
(unabhängig vom Gottfried Wilhelm
Leibniz) die Infinitesimalrechnung. Bei
seinen Experimenten zur Optik konstruierte Newton ein
Spiegelteleskop und entdeckte, dass weißes Licht eine Mischung von Licht aller Farben ist. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse über Kräfte allgemein und über die Gravitationskraft im Besonderen publizierte er 1687 in dem umfangreichen Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica (Mathematische Prinzipien der Naturlehre). Im Jahre 1704 legte
Newton seine zweite große Abhandlung Opticks (Optik) vor,
in der er seine Experimente und Theorien über Licht und Farben beschrieb. Newton starb 1727 und wurde in der Westminster Abbey beigesetzt – eine Ehre, die zuvor noch keinem
Wissenschaftler zuteil geworden war.
031_Comins_K02.qxd
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 39
Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild
laufbahn der Erde
Um
Uml
a
Untere
Konjunktion
1
ahn des M
ufb
kur
er
erscheinen bei recht kleinen Winkeln zur Sonne. Das
gilt vor allem für den Merkur, weil er ja die innerste
Umlaufbahn hat. Er ist daher von der Erde aus oft nur
schwer zu sehen. Im Gegensatz dazu ist die Venus (der
nach Sonne und Mond hellste Himmelskörper) während des größten Teils ihrer Umlaufbahn zu sehen. Bei
Sonnenaufgang bzw. bei Sonnenuntergang steht sie
oft in mäßiger Höhe über dem Horizont. Wegen ihrer
großen Helligkeit und weil sie aufgrund von Fluktuationen in der Erdatmosphäre zuweilen ihre Farbe zu
ändern scheinen, werden Merkur und Venus manchmal sogar für UFOs gehalten.
Planeten, die von der Sonne weiter entfernt sind als
die Erde, zeigen unterschiedliche Konstellationen. Bei
Konjunktion steht ein Planet, von der Erde aus gesehen, vor oder hinter der Sonne, und bei Opposition
steht er am Himmel der Sonne gegenüber (Abb. 2.4).
Wenn sich Mars beispielsweise in Opposition befindet, erscheint er um Mitternacht als heller „Stern“
hoch oben am Himmel.
Ein Planet kann relativ leicht verfolgt werden,
wenn er sich von einer Konstellation zu einer anderen
bewegt. Aber aus solchen Beobachtungen allein können wir seine tatsächliche Umlaufbahn nicht erschließen, weil sich auch die Erde bewegt (von der aus wir
ihn ja beobachten). Daher unterschied Kopernikus
bei jedem Planeten sorgfältig zwischen zwei charakteristischen Zeitintervallen oder Perioden.
Wie wir in Kapitel 1 am Beispiel des Monds gesehen haben, ist die wahre Umlaufdauer eines astronomischen Objekts dessen siderische Periode. Dies ist
die Zeitspanne, in der ein Himmelskörper relativ zu
den Hintergrundsternen einen vollständigen Umlauf
(beispielsweise um die Sonne) vollendet. Die siderische Periode eines Planeten ist dessen Jahreslänge.
Das andere nützliche Zeitintervall, das Kopernikus
ansetzte, ist die synodische Periode. Dies ist die Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden, von der
Erde aus gesehen gleichen Konstellationen eines Himmelskörpers. Das kann also der Zeitraum von einer
Opposition bis zur nächsten oder von einer Konjunktion bis zur nächsten sein (Abb. 2.5). Bei Kenntnis seiner synodischen Periode können wir berechnen,
wann ein Planet das nächste Mal der Erde am nächsten kommt und daher am besten zu beobachten ist.
Vor rund 500 Jahren konnte Kopernikus also die
Werte ermitteln, die den ersten sechs Zeilen in Tab. 2.1
entsprechen (die anderen Werte sind Ergebnisse aus
unserer Zeit, die der Vollständigkeit halber angegeben
sind). Kopernikus konzipierte nun eine einfache geometrische Methode, um die Abstände der Planeten
von der Sonne zu bestimmen. Seine Ergebnisse kamen
den heutigen Werten schon recht nahe, wie aus
39
Untere
Konjunktion
2
Abb. 2.5 Die synodische Periode. Die Zeitspanne zwischen
aufeinanderfolgenden Konjunktionen von Erde und Merkur beträgt 116 Tage. Für alle synodischen Perioden von Planeten ist
es typisch, dass sich die Erde am Anfang und am Ende der Periode an unterschiedlichen Positionen befindet. Diese Abbildung zeigt auch die Konstellationen eines äußeren Planeten;
dazu muss man hier nur die Erde an die Stelle des Merkur und
den äußeren Planeten an die Stelle der Erde setzen.
Tab. 2.2 deutlich wird. Aus ihr und aus Tab. 2.1 geht
hervor, dass die Umlaufdauer eines Planeten umso
länger ist, je weiter er von der Sonne entfernt ist.
Kopernikus präsentierte seinen heliozentrischen
Ansatz zusammen mit Beobachtungsergebnissen und
Berechnungen, die ihn unermauerten, unter dem Titel De Revolutionibus Orbium Coelestium (Über die
Kreisbewegungen der Himmelssphären). Diese Schrift
erschien 1543 kurz vor seinem Tode. Kopernikus’ Erkenntnisse zeichneten sich durch die begriffliche Einfachheit des heliozentrischen Planetensystems gegenüber dem geozentrischen aus. Das zeigte sich vor allem bei der Erklärung der zeitweise rückläufigen Pla-
Einblicke
in die Wissenschaft
Auch eine andere Perspektive einnehmen Zuweilen
ist eine wissenschaftliche Theorie oder Hypothese schwer
nachzuvollziehen. Dann sollte man sie einmal aus einer
anderen Perspektive betrachten. Beispielsweise würde
die siderische Umlaufdauer eines Planeten um die Sonne
viel anschaulicher, wenn man seine Bewegung auf der
Umlaufbahn von der Sonne anstatt von der Erde aus betrachten würde. Andererseits ist die synodische Umlaufdauer eines Planeten von der Erde aus leichter zu erklären. Eine entscheidende Rolle spielt also der Standort des
Beobachters. Man kann hierbei auch von einem Bezugssystem sprechen; hierauf werden wir im Zusammenhang
mit Einsteins Relativitätstheorien (der speziellen und der
allgemeinen) noch zurückkommen.
2
031_Comins_K02.qxd
2
40
27.08.2010
9:24 Uhr
Seite 40
2 Gravitation und Planetenbewegung
Tab. 2.1 Synodische und siderische Umlaufdauern der Planeten (in siderischen Erdenjahren)
synodisch
Tab. 2.2 Mittlere Abstände der Planeten von der Sonne
Messwert (AE)
nach Kopernikus
siderisch
heute
Merkur
0,318
0,241
Merkur
0,38
0,39
Venus
1,599
0,616
Venus
0,72
0,72
Erde
–
1,0
Erde
1,00
1,00
Mars
2,136
1,9
Mars
1,52
1,52
Jupiter
1,092
11,9
Jupiter
5,22
5,20
Saturn
1,035
29,5
Saturn
9,07
9,54
Uranus
1,013
84,0
Uranus
Unbekannt
19,19
Neptun
1,008
164,8
Neptun
Unbekannt
30,06
netenbewegungen. Allerdings irrte Kopernikus mit
seiner Theorie, dass die Planeten auf Kreisbahnen die
Sonne umlaufen. Daher waren viele seiner Voraussagen der Planetenpositionen ohne Annahme von Epizykeln auch nicht genauer als beim geozentrischen
So sieht sie die Berge hinter
dem nahe gelegenen Baum
Sein Blickwinkel
zum nahe gelegenen Baum
So sieht er die Berge hinter
dem nahe gelegenen Baum
Ihr Blickwinkel
zum nahe gelegenen Baum
Ansatz (siehe Anhang G.1). Wie wir gleich sehen werden, erzielte Johannes Kepler später genauere Vorhersagen. Dazu nahm er ellipsenförmige statt kreisförmiger Umlaufbahnen an und konnte auf jegliche Epizykeln verzichten.
2.4 Tycho Brahes astronomische
Beobachtungen widersprachen
dem alten Weltbild
Im November 1572 erschien im Sternbild Kassiopeia
plötzlich ein heller Stern. Zunächst war er sogar heller
als die Venus. Doch wurde er nach und nach dunkler
und verschwand nach 18 Monaten wieder vom Himmel. Heute weiß man, dass es sich um eine Supernovaexplosion gehandelt hatte, also um den Tod eines
Sterns, der einem bestimmten Typ angehörte (siehe
Kapitel 10). Im 16. Jahrhundert war das Auftauchen
eines neuen Sterns mit den anerkannten Lehren unvereinbar, die seit der Antike galten und vornehmlich
auf Aristoteles und Platon zurückgingen. Sie besagten
unter anderem, dass die Himmelskugel mit den Fixsternen völlig unveränderlich ist. Demnach konnte
der „neue Stern“ von 1572 überhaupt kein Stern sein,
denn sein Erscheinen würde ja eine Veränderung darstellen. Daher waren viele Astronomen und TheoloAbb. 2.6 Die Parallaxe. Nahe gelegene Objekte erscheinen
von verschiedenen Standorten unter verschiedenen Blickwinkeln. Diese Objekte scheinen sich dabei relativ zu weit entfernten Objekten für jeden Betrachter zur selben Zeit an einer
anderen Position zu befinden. Diese beiden als Parallaxe bezeichneten Effekte werden beispielsweise von Astronomen,
Landvermessern und Seeleuten ausgenutzt, um Entfernungen
zu bestimmen. (Tobi Zausner)
Herunterladen