13. IZZ-Presseforum am Universitätsklinikum Tübingen

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Praxis & Wissenschaft
13. IZZ-Presseforum am Universitätsklinikum Tübingen
Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie
bei Kindern
Nach Vorträgen von Prof. Dr. Dr. Siegmar Reinert, Prof. Dr. Dr. Jürgen
Hoffmann, OA Dr. Dr. Christoph Leitner, OA Dr. Dr. Michael Krimmel,
OA Dr. Dr. Dirk Gülicher, Dr. Dr. Steffen Kless, Dr. Martin Hairass
„Die Mund-KieferGesichtschirurgie ist ein
Erfolgsmodell, das die
Kenntnisse von Zahnarzt und
Facharzt verbindet – in den
USA werden Lippen-KieferGaumen-Spalten beispielsweise ausschließlich von
plastischen Chirurgen operiert“, sagte Prof. Dr. Dr.
Siegmar Reinert, Ärztlicher
Direktor und Oberarzt an der
Poliklinik für MKG-Chirurgie
am Universitätsklinikum
Tübingen. Auf dem 13. IZZPresseforum am 15.Juni 2007
stellten die Tübinger Forscher
vor, mit welchen modernen
Methoden sie chirurgische
Behandlungen im Kindesalter
durchführen.
Indizes:
Blutschwämme
Ektodermale Dysplasie
Kieferfehlentwicklung
Kindliche Kieferfrakturen
Hämangiome
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
Schädeldeformitäten
Zahnverletzungen im Kindesalter
„Die optimale Aufbewahrung für Fragmente ist die Dent-osafe-Box, die eigentlich
in alle Kindergärten,
Schulen oder Schwimmbäder gehören sollte“,
betonte Dr. Martin
Hairass
„Statistisch erleidet jedes dritte Kind bzw.
Jugendliche ein dentales Trauma der
Milchzähne oder bleibenden Zähne. Insbesondere sind dabei die mittleren und
seitlichen Schneidezähne im Oberkiefer
betroffen“, sagte Dr. Martin Hairass,
© die dental praxis, XXIV, Heft 7/8-2007
Facharzt für Oralchirurgie an der Poliklinik in Tübingen. Man unterscheidet bei
der Einteilung der Zahnverletzungen zwischen Zahnhartsubstanzverletzungen
(Zahnfrakturen) und Dislokationsverletzungen, bei denen es von einer geringfügigen Erschütterung eines Zahnes bis hin
zum vollständigen Herauslösen eines
Zahnes aus seiner Alveole kommen kann.
Wegen der oft weit reichenden Folgen
sind Verletzungen der bleibenden Zähne
junger Patienten mehr gefürchtet als
Milchzahnverletzungen.
Die häufigste Zahnhartsubstanzverletzung ist die Kronenfraktur ohne gleichzeitige Eröffnung der Pulpa. Ist bei Erstvorstellung des Patienten eine sofortige
Restauration des betroffenen Zahnes aus
zeitlichen Gründen nicht möglich, muss
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Abb. 1
Prognosen bei Extrusion,
lateraler Dislukation und
Intrusion von Zähnen
(nach Andreasen FM/
Vestergaard Pedersen B,
Endod. Dent. Traumatology
1985 Oct.; 1(5): 160-169)
Therapieempfehlungen für den avulsierten Zahn
Abb. 2
Übersicht über die richtige
Lagerung von frakturierten
Fragmenten (Die Daten
stammen unter anderem aus
dem im Farbatlas der
Traumatologie der Zähne
Andreasen/Andreasen 1990,
Deutscher Ärzteverlag)
freiliegendes Dentin mit einem adhäsiven Dentinwundverband versorgt werden.
Die definitive ästhetische und funktionelle Restauration bei einer Kronenfraktur
gestaltet sich am einfachsten mittels adhäsiver Wiederbefestigung des frakturierten Fragments (falls vorhanden). Alternativ kann bei verloren gegangenem Fragment ein adhäsiver Kompositaufbau
durchgeführt werden.
Vitalerhaltung der Pulpa
Das primäre Therapieziel bei Kronenfrakturen mit gleichzeitiger Eröffnung der
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Pulpa ist die Vitalerhaltung der Pulpa. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen
steht bei noch nicht abgeschlossenem
Wurzel- und Kieferwachstum sowie bei
weitlumigen Pulparäumen noch keine
prothetische und implantologische Therapiemaßnahme zur Verfügung. So wird
empfohlen, dass eine Pulpa die weniger
als 48 Stunden Expositionszeit zur Mundhöhle aufweist, beim jungen Patienten
mit einem Diamanten angefrischt wird
und eine direkte Überkappung oder partielle Pulpotomie durchgeführt wird. Eine Pulpektomie ist bei noch nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum erst bei
© die dental praxis, XXIV, Heft 7/8-2007
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Vorliegen einer irreversiblen Pulpitis angezeigt. Die
restaurative Versorgung
erfolgt wie bereits beschrieben.
Weit seltener kommt es zu
einer Kronen-Wurzel-Fraktur ohne/mit Eröffnung der
Pulpa. Die Versorgung dieser Verletzung erfolgt analog zur Kronenfraktur. Allerdings stellt sie den Behandler aufgrund der
subgingivalen Frakturrandlage vor größere restaurative Probleme als die
Kronenfraktur. Eine chirur- Abb 3 Kronenfraktur der Zähne 11 und 21
gische Darstellung des Defektes kann ebenso wie die chirurgische Allerdings kann es selbst dann zu so geoder kieferorthopädische Extrusion des nannten nicht entzündlichen ErsatzreZahnes bei der Restauration hilfreich sein. sorptionen kommen, bei denen die WurBei den Dislokationsverletzungen kommt zel über mehrere Jahre resorbiert und
es in erster Linie zur Verletzung des Pa- durch Knochen ersetzt wird.
rodonts. Bei der Konkussion mit und oh- Ziel ist, bei Kindern und Jugendlichen,
ne Lockerung des Zahnes ist dieser kli- verletzte Zähne bis mindestens zum Abnisch perkussionsempfindlich und bei der schluss des Körperwachstums zu erhalLockerung eines Zahnes kommt es auf- ten um dann gegebenenfalls eine Implangrund gerissener Parodontalfasern meis- tatinsertion durchzuführen zu können.
tens zu einer geringen Blutung aus dem Wenn es trotz aller Maßnahmen zum vorSulkus. Komplikationen wie Pulpanekro- zeitigen Verlust eines bleibenden Zahnes
se und Wurzelresorptionen sind hier aber kommt, ist ein kieferorthopädischer Lückenschluss oder die Transplantation zum
seltene Ereignisse.
Bei der lateralen Dislokation, der Extrusi- Beispiel eines Prämolaren in die Fronton und der Intrusion kommt es zu einer zahn in Erwägung zu ziehen.
Lageveränderung des Zahnes. Mehr oder
minder schwere Quetschungen der Wur- Milchzähne
zelhaut sind die Folge der Dislokation. Die Therapieentscheidung bei MilchBei der Avulsion kommt es sogar zur voll- zahnverletzungen ist in erster Linie vor
ständigen Herauslösung des Zahnes aus dem Hintergrund einer möglichen Schäseiner Alveole. Je nach Lagerung des digung des bleibenden Zahnkeims zu
Zahnes kann die Austrocknung der Wur- treffen. Vor allem bei Dislokationsverletzelhaut zum Zelltod der Parodontalzellen zungen ist beim Verdacht auf eine Kollision mit dem bleibenden Zahnkeim der
führen (Abb. 1 und Abb. 2).
verlagerte Milchzahn zu entfernen. EbenProgrediente entzündliche externe
falls entfernt werden sollten Milchzähne
Wurzelresorptionen
mit Kronen-Wurzel-Fraktur und mindesDie am meisten gefürchtete Komplikati- tens das koronale Fragment bei der sehr
on nach Beschädigung der Wurzelhaut seltenen Wurzelquerfraktur. Kommt es
sind progrediente entzündliche externe nach zunächst erfolgreicher Therapie von
Wurzelresorptionen. Voraussetzung da- traumatisierten Milchzähnen zu Spätkomfür ist allerdings zusätzlich eine Infekti- plikationen wie Fistelung und Abszedieon des Endodonts. Da schnell fortschrei- rung, werden auch solche Milchzähne
tende Resorptionen innerhalb von entfernt.
wenigen Wochen und Monaten zur
vollständigen Zerstörung der Wurzel füh- „Nicht zuletzt entscheidet aber auch bei
ren, ist die rechtzeitige Einleitung einer einfachen Milchzahnverletzungen die
Wurzelkanalbehandlung bei klinischen Compliance des Patienten über den Umund oder röntgenologischen Anzeichen fang der Therapie, die durchgeführt wereiner Pulpanekrose von großer Bedeu- den kann“, sagte Dr. Martin Hairass abtung.
schließend.
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Kindliche Kieferfrakturen
„Die bleibenden
Zahnkeime im Kiefer
dürfen beim Verwenden
von Osteosyntheseplatten nicht beeinträchtigt werden“,
sagte Dr. Dr. Steffen
Kless
„Im Bereich des Unterkiefers als exponiertem Knochen treten in Relation zu
sonstigen Gesichtsschädelverletzungen
häufig traumatische Läsionen auf“, so Dr.
Dr. Steffen Kless, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Tübingen.
Frakturen im kindlichen Unterkiefer sind
insgesamt jedoch seltener als im Erwachsenenalter.
Die häufigste Ursache der Unterkieferfrakturen im Kindes- und Jugendlichenalter
sind Stürze sowie Sport- und Spielunfälle.
Rohheitsdelikte spielen bei kindlichen Unterkieferfrakturen – mit Ausnahme der jugendlichen Erwachsenen – im Gegensatz
zu den Frakturen bei Erwachsenen eine
untergeordnete Rolle. Am häufigsten finden sich im Kindesalter Frakturen im Bereich des Processus condylaris gefolgt von
Frakturen im Corpusbereich. Als Begleitverletzungen finden sich häufig assoziierte Weichteilwunden sowie dentale
Traumata. Eine Besonderheit der Unterkieferfraktur im Wechselgebiss ist die
Grünholzfraktur. Hierbei handelt es sich
um eine durch den Periostschlauch „geschiente“ gar nicht oder wenig dislozierte Fraktur.
Frakturdiagnostik
Bei der Frakturdiagnostik steht neben der
klinischen Untersuchung die konventionelle Röntgenuntersuchung mit Frakturdarstellung in zwei Ebenen im Vordergrund. Dies kann sich insbesondere bei
Kleinkindern mit mangelnder Compliance als schwierig erweisen. Eine Computertomographie ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
Eine richtige Diagnose ist wichtig, da im
Kindes- und Jugendlichenalter nicht erkannte oder nicht therapierte Unterkieferfrakturen zu Komplikationen und Spätschäden führen können. Hierzu zählen
Pseudarthrosen, skelettale Deformitäten,
Funktionsstörungen des Kiefergelenkes
sowie Okklusionsstörungen.
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Therapieziele
Das Ziel der Therapie von Unterkieferfrakturen besteht darin, die Form und
Funktion des Unterkiefers wiederherzustellen. Besonderer Wert wird auf die Rehabilitation der Okklusion, der Artikulation und der Gelenkfunktion gelegt.
Unterkieferfrakturen können prinzipiell konservativ oder operativ versorgt werden. Konservative Maßnahmen sind die geschlossene Frakturreposition und temporäre Ruhigstellung durch intermaxilläre Fixation (IMF)
mittels dentaler Schienenverbände oder
Drahtligaturen. Im Anschluss erfolgt eine
funktionelle Nachbehandlung mittels lockerer Gummizüge. Eine weiterführende Nachbehandlung kann im Kindesalter mittels kieferorthopädischer Aktivatortherapie erfolgen. Unter einer operativen Therapie
versteht man die offene Reposition und anschließende Osteosynthese der Fraktur.
Wegen potentieller Wachstumsstörungen
des Unterkiefers sowie möglicher Verletzungen von Zahnkeimen, die durch offene Osteosyntheseverfahren hervorgerufen werden können, wird im Kindes- und
Jugendalter häufiger als im Erwachsenenalter konservativ therapiert.
Kindliche Gelenkfortsatzfrakturen
meist konservativ therapiert
Für Frakturen des Unterkiefers gelten für
Erwachsene die allgemeinen Richtlinien
zur operativen Versorgung im Sinne einer Reposition und Osteosynthese bei
stärkerer Dislokation. Eine Ausnahme
stellen die Gelenkfortsatzfrakturen dar,
bei denen in Abhängigkeit der Dislokation und der Frakturlokalisation neben
der operativen Therapie auch konservativ therapiert wird.
Im Gegensatz hierzu werden kindliche
Gelenkfortsatzfrakturen fast ausschließlich konservativ therapiert. Eine insbesondere bei Kindern schwierige Zugänglichkeit der grazilen Gelenkregion sowie
die Gefahr von potenziellen Wachstumsstörungen in Kombination mit den sehr
guten funktionellen Ergebnissen nach
konservativer Behandlung auch bei deutlicher Dislokation sprechen für dieses Vorgehen. Dies erklärt sich dadurch, dass im
Kindesalter im Bereich des Kiefergelenks
die Kapazität zum remodelling, das heißt
die Erneuerungsfähigkeit des Kiefergelenkes, äußerst groß ist.
Ankylosen vermeiden
Bei Kiefergelenksluxationsfrakturen oder
stark dislozierten diakapitulären Fraktu-
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ren kann die Phase der intermaxillären
Fixation verkürzt werden zu Gunsten einer frühzeitigen funktionellen Nachbehandlung, um Ankylosen zu vermeiden.
Bei dislozierten Frakturen im Bereich des
zahntragenden Unterkiefers steht wie bei
Erwachsenen in aller Regel eine operative
Therapie im Vordergrund. Bei Grünholzoder nicht dislozierten Frakturen kann im
Wechselgebiss auch konservativ mittels
temporärer Ruhigstellung therapiert werden, um mögliche Schäden der Zahnanlagen durch Osteosyntheseschrauben zu
vermeiden. In nahezu allen Fällen ist eine
zeitweilige Diät mittels flüssiger oder passierter Kost notwendig.
In jedem Falle stellt die Behandlung von
kindlichen Kieferfrakturen eine Herausforderung dar. Sowohl bei der operativen
als auch bei der konservativen Therapie
ist eine chirurgische Intervention nötig,
da die kleinen Patienten im Regelfall einer Schienung der beiden Kiefer im wachen Zustand nicht zugänglich sind. In
beiden Fällen muss Rücksicht auf grazile anatomische Strukturen genommen
werden. „Jedoch nicht nur der technisch
erhöhten Schwierigkeit, sondern auch der
psychologischen Seite mit behandlungsunwilligen Kindern und besorgten Eltern
muss Rechnung getragen werden“, gab
Dr. Dr. Steffen Kless am Ende seinen Vortrags zu bedenken.
Ektodermale Dysplasie
Oberarzt Dr. Dr.
Christoph Leitner
verwendet bei Kindern
mit Ektodermaler
Dysplasie beim
Knochenaufbau ausschließlich Knochen
aus dem Beckenkamm
und kein alloplastisches Material
Die Ektodermale Dysplasie ist eine angeborene Erkrankung, die in verschiedenem
Umfang die Haut und die so genannten
Hautanhangsgebilde betrifft. „In Deutschland gibt es etwa 300 Patienten mit diesem Krankheitsbild“, so Oberarzt Dr. Dr.
Christoph Leitner, der sich in Tübingen
auf die Therapie dieser Erkrankung spezialisiert hat. Ein entscheidendes Symptom der ektodermalen Dysplasie sind die
multiplen fehlenden Zahnanlagen, nach
aktuellen Untersuchungen im Durchschnitt zehn pro Patient. Darüber hinaus
© die dental praxis, XXIV, Heft 7/8-2007
leiden die Patienten an schütterem Haar,
fehlenden Schweißdrüsen und Fehlbildungen der Nägel.
Durch die große Zahnunterzahl wird eine
extreme Unterentwicklung der Kieferknochen in allen Ebenen verursacht, so dass
zum Teil gratartige Kieferkämme resultieren, die nur sehr schwer prothetisch
versorgt werden können. Eine herausnehmbare Versorgung mit Prothesen hat
darüber hinaus den gravierenden Nachteil, dass durch die Druckbelastung des
Knochens ein weiterer Knochenabbau
verursacht wird. Auf der anderen Seite ist
eine Implantatversorgung wegen des unterentwickelten Knochenangebots ebenfalls nicht möglich.
Therapie als Gesamtkonzept
Am Tübinger Zentrum für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde wird ein interdisziplinärer Therapieansatz vor allem von Prothetik und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie verfolgt. Hierbei wird ein Gesamtkonzept erstellt, dass folgende
therapeutische Prinzipien beinhaltet:
1. Im Milchgebiss und der frühen zweiten Dentition bis zirka zum 18. Lebensjahr, je nach individueller Situation und
Leidensdruck, herausnehmbarer Zahnersatz, der aufgrund des Kieferwachstums
in entsprechenden Abständen erneuert
werden muss. Implantationen sind in diesem Alter nur im Ausnahmefall möglich.
2. Im Wachstum bei Bedarf kieferorthopädische Behandlung zur Beseitigung
eventueller Bisslageanamalien.
3. Ab dem 18. Lebensjahr definitive prothetische Versorgung, wenn möglich, an
Implantaten verankert. Da durch die Kiefer-Unterentwicklung eine Implantation
in der Regel nicht möglich ist, wird der
Kieferknochen mit körpereigenem Knochen aufgebaut, meist aus dem Beckenkamm.
4. Nach einem Intervall von drei Monaten werden dann die zur Knochenfixation
eingebrachten Schrauben und Platten
entfernt und die Implantate eingebracht,
die dann wiederum sechs Monate einheilen müssen.
5. Nach diesen sechs Monaten können
die Implantate freigelegt und prothetisch
mit einer meist durch einen Steg gehaltenen Prothese versorgt werden.
Der große Vorteil dieser Versorgung ist
nicht nur der bessere Halt der Prothese,
sondern die Vermeidung der weiteren
Kieferknochen-Atrophie, da die Kaukraft
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über die Implantate in den Knochen eingeleitet wird. Dieses Prinzip einer Implantat getragenen prothetischen Versorgung
ist am zahnlosen Kiefer entwickelt worden und wird somit auf den mit Knochentransplantaten aufgebauten Kiefer übertragen.
„Das vorgestellte Konzept hat sich an einer Vielzahl von Patienten mit ektodermaler Dysplasie bewährt, ist zwar aufwändig, jedoch komplikationsarm und
schenkt den Patienten eine hervorragende kaufunktionelle Wiederherstellung
und Sicherheit“, so Dr. Dr. Christoph Leitner.
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
„Die Nase ist bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalten stets mit betroffen, sollte aber erst
nach Abschluss der
Wachstumsphase operiert werden“, hob
Prof. Dr. Dr. Siegmar
Reinert hervor
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dass auch ohne familiäres Auftreten
Spaltbildungen spontan entstehen können.
Eine sichere Prophylaxe von Spaltbildungen ist nicht möglich, jedoch gibt es Hinweise aus neueren Studien, dass die Gabe von Vitamin B-Komplex und Folsäure
die Rate von Spaltbildungen verringern
kann. Eine pränatale Diagnostik im Ultraschall ist etwa ab der 18. Schwangerschaftswoche möglich.
Erscheinungsbild
Das Erscheinungsbild von Spaltbildungen umfasst Lippenspalten, Lippen-Kieferspalten, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und isolierte Gaumenspalten. Die drei
Erstgenannten können ein- oder beidseitig auftreten, ferner sind alle Ausprägungsgrade in der Breite möglich. Ferner
treten Spaltbildungen auch als Teil von
Syndromen in Kombination mit anderen
Fehlbildungen auf.
„Lippen-Kiefer-Gaumenspalten gehören
nach den Gliedmaßenfehlbildungen mit
elf bis 15 Prozent den häufigsten angeborenen Fehlbildungen“, stellte Prof. Dr. Dr.
Siegmar Reinert, Ärztlicher Direktor in
Tübingen, seinem Vortrag voran.
Sie treten sehr früh in der Entwicklungsphase im Grenzbereich so genannten Organisationszentren auf, das heißt, an den
Grenzen von Zelldifferenzierungszonen
des späteren Gesichtes. Die Entstehung
liegt in der Zeit des 36. bis 42. Tages bzw.
des 49. bis 56./58. Tages der Embryonalentwicklung. In dieser Entwicklungsphase befinden sich im späteren Gesichtsbereich Zellwülste, die normalerweise verschmelzen. Bleibt diese Verschmelzung
aus, entsteht dort eine Spaltbildung.
Behandlung unmittelbar
nach der Geburt
Die Behandlung von Spaltbildungen beginnt grundsätzlich unmittelbar nach der
Geburt. Hierbei steht zunächst die Sicherstellung der Ernährung im Vordergrund,
zum Beispiel durch die Eingliederung einer Gaumenplatte aus Kunststoff, die das
Saugen erleichtert oder auch die Demonstration bestimmter Fütterungstechniken.
Die zweite Funktion der Gaumenplatte
ist die unblutige Lenkung des Kieferwachstums, da die Kiefersegmente in den
ersten Lebensmonaten stark wachsen.
Das Wachstum der beteiligten Strukturen
ist auch der Grund dafür, dass Spaltbildungen in fast allen Zentren schrittweise
verschlossen werden. Grundsätzlich werden Operationen an Weichgeweben, zum
Beispiel dem weichen Gaumen oder der
Lippe, früher vorgenommen als Operationen an knöchernen Strukturen wie
dem harten Gaumen oder dem Kiefer.
Ursachen noch nicht geklärt
Die Ursachen von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind nicht eindeutig geklärt,
jedoch ist eine familiäre Häufung, somit
eine genetisch fixierte Ursache, gesichert.
Dafür spricht auch, dass deutliche Unterschiede in der Häufigkeit von Spaltbildungen zwischen verschiedenen Rassen
bestehen. Beispielsweise treten bei nordamerikanischen Indianern oder Ostasiaten Lippen-Kiefer-Gaumenspalten häufiger aus. Es ist jedoch ebenfalls bekannt,
Operative Behandlung
Für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ergibt sich folgender exemplarischer Ablauf der operativen Behandlung:
■ mit zirka vier Monaten Verschluss des
weichen Gaumens,
■ mit zirka sechs Monaten Verschluss der
Lippe,
■ mit zirka zwei Jahren Verschluss des
harten Gaumens,
■ mit zirka acht bis zehn Jahren Knochenanlagerung in die Kieferspalte und
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■ nach Wachstumsende Korrektur der be-
gleitenden Nasendeformität, da bei Lippenspalten auch immer die Nase mitbeteiligt ist.
Fachübergreifende Sprechstunde
Parallel erfolgt in einer fachübergreifenden, gemeinsam abgehaltenen Sprechstunde mit Kieferorthopädie, Hals-NasenOhrenheilkunde mit Phoniatrie und Logopädie die Überwachung der Sprechund Sprachentwicklung, des Hörvermögens, des Kieferwachstums und des Zahndurchbruchs. Dabei werden auch die jeweils erforderlichen Begleitmaßnahmen,
wie Behandlung einer spaltbedingten
Mittelohr-Schwerhörigkeit, kieferorthopädische Behandlung oder logopädische
Behandlung in die Wege geleitet, um zu
einem funktionell und ästhetisch guten
Ergebnis zu gelangen.
„Insgesamt ist bei der Behandlung von
Spaltbildungen im Kiefer- und Gesichtsbereich von besonderer Bedeutung, dass
die Behandlung in einem spezialisierten,
von allen beteiligten Fächern getragenen
Zentrum durchgeführt wird, wobei die
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie die
Koordination übernimmt“, betonte Prof.
Dr. Dr. Siegmar Reinert.
Kieferfehlentwicklung
Oberarzt Dr. Dr. Dirk
Gülicher beschrieb
das chirurgische
Vorgehen bei Kieferfehlentwicklungen,
die unterstützend zur
Kieferorthopädie
durchgeführt werden
Oberarzt Dr. Dr. Dirk Gülicher nahm sich
dem Thema „Kieferfehlentwicklung–Chirurgie als Ergänzung der Kieferorthopädie“ an. Fehlbisssituationen setzen sich
aus verschiedenen Faktoren zusammen:
fehlerhafte Zahnstellungen im Kiefer,
durch die Verzahnung vermittelter
Zwangsbiss, fehlerhafte Kiefergröße und
fehlerhafte Position eines oder beider Kiefer am Schädel. Fehlbisse werden während des Durchbruchs der Zähne und des
Wachstums des Gesichtsschädels manifest. Diagnostik und Therapie sind primär
in den Phasen starken Wachstums angesiedelt. In dieser Phase kommen vor allem kieferorthopädische Maßnahmen
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zum Einsatz. Diese haben zum einen das
Ziel, die Zähne optimal im Kiefer auszurichten, zum anderen das Wachstum der
Kiefer so zu steuern, dass eine normale
Größe und Relation zueinander resultieren. Diese Maßnahmen führen jedoch in
manchen Fällen nicht zum gewünschten
Erfolg.
Zahnbögen und skelettale
Verlagerungen
In diesen Fällen ist zur Kieferregulierung
auch eine chirurgische Therapie erforderlich. Grundsätzlich unterscheidet man
chirurgische Maßnahmen im Bereich der
Zahnbögen und skelettale Verlagerungen des vollständigen Ober- bzw. Unterkiefers.
Die Maßnahmen innerhalb der Zahnbögen dienen der Unterstützung der kieferorthopädischen Therapie und werden daher im Wachstumsalter durchgeführt.
Hierzu zählen die Zahnentfernungen bei
Überzahl oder Platzmangel, die Freilegung verlagerter Zähne zur anschließenden kieferorthopädischen Einstellung, die
Korrektur von Schleimhautbändern, die
die Zahnregulierung behindern, und die
chirurgische segmentale Verlagerung von
Zahngruppen, die sich kieferorthopädisch
alleine nicht ausreichend bewegen lassen. Die chirurgisch unterstützte Gaumennahterweiterung zur Verbreiterung
des zu kleinen Oberkiefers (oberer
Schmalkiefer) ist eine weitere Maßnahme zur Unterstützung einer erforderlichen
kieferorthopädische Therapie. Da sie den
Oberkiefer in seiner Gesamtheit auch
knöchern verändert, stellt die chirurgische Gaumennahterweiterung das Bindeglied zur zweiten Behandlungsgruppe
dar.
Herausforderung Gesichtsskoliose
Bei dieser werden Kiefergröße und -position auf skelettaler Ebene grundlegend
verändert. Auf diese Weise können
Wachstumsstörungen der Kiefer kausal
korrigiert werden. Häufige Indikationen
sind der zurückliegende oder der zu prominente Unterkiefer (mandibuläre Retrognathie bzw. Prognathie), der zurückliegende Oberkiefer (maxilläre Retroganthie), der skelettal offene oder tiefe Biss.
Eine besonders komplexe Situation liegt
bei der asymmetrischen Entwicklung der
Kieferhälften mit einer so genannten Gesichtsskoliose vor. Die Fehlstellungen
müssen dreidimensional analysiert und
die adäquaten chirurgischen Maßnahmen
7
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festgelegt werden. Grundsätzlich können
Ober- oder Unterkiefer isoliert oder auch
beide Kiefer simultan verlagert werden.
Die räumlichen Veränderungen können
alle drei Raumebenen betreffen. Das Verhältnis von Ober- und Unterkiefer zueinander wird so normalisiert. Es resultieren
eine reguläre Okklusion und Artikulation sowie ein harmonisiertes Gesichtsprofil. Die Kieferorthopädie als vornehmlich
die Zahnstellungen korrigierende Behandlung kann diese Veränderungen alleine nicht leisten, so dass die chirurgische Kieferverlagerung nicht als Alternative zur Kieferorthopädie sondern als
eigenständig notwendige Behandlung zu
sehen ist.
Die Gesamtbehandlung
immer interdisziplinär
Im Wachstumsalter muss der skelettale
Fehler der Kiefer erkannt und die chirurgische Behandlungsnotwendigkeit von
Kieferorthopäde und Kieferchirurg gemeinsam festgestellt werden. Der chirurgischen Therapie geht praktisch immer
eine kieferorthopädische Vorbehandlung
voraus, da die Kongruenz der Zahnbögen
eine unabdingbare Voraussetzung zur
Operation darstellt. Der operative Behandlungsschritt erfolgt in der Regel nach
dem Wachstumsabschluss, um das Ergebnis nicht durch einen nachfolgenden
Wachstumsschub zu gefährden. Postoperativ ist noch eine kieferorthopädische
Feineinstellung der Zähne erforderlich.
Zur Optimierung des funktionellen und
ästhetischen Ergebnisses können Kinnkorrektur, implantatprothetische Lückenversorgung und Zahnform-modulierende
Maßnahmen angeschlossen werden.
Distraktionsosteogenese als Sonderfall
Eine Sonderstellung nimmt die Kieferveränderung durch die Distraktionsosteogenese ein. Sie gleicht das Entwicklungsdefizit eines Kiefers durch graduelles
Auseinanderziehen der chirurgisch
durchtrennten Kiefersegmente aus. In
dem sich kontinuierlich erweiternden
Knochenspalt wird hierbei neuer Knochen
gebildet. Die Bewegung der Kiefersegmente erfolgt durch Aktivierung einer
operativ am Kiefer fixierten Apparatur
(Distraktor). Die Distraktionsosteogenese wird bei Patienten mit Lippen-KieferGaumenspalten eingesetzt, bei denen der
Oberkiefer infolge der Narbenbildung im
Spaltbereich eine ausgeprägte Entwicklungsverzögerung aufweist. Eine weitere
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Indikation ist die vertikale Verkürzung des
Unterkiefers bei Wachstumshemmung einer Gesichtshälfte (hemifaziale Mikrosomie) oder bei Fehlbildungssyndromen mit
symmetrischer Unterentwicklung des Unterkiefers (Franceschetti-Syndrom). Im
Gegensatz zur einzeitigen Kieferverlagerung kann die Distraktionsosteogenese
bereits während des Körperwachstums
durchgeführt werden, um einen Wachstumsrückstand nachzuholen. Anschließend bleibt das Kieferwachstum jedoch
erneut zurück, so dass in vielen Fällen im
Erwachsenenalter eine zusätzliche Korrektur durch chirurgische Umstellung der
Kiefer erforderlich wird.
„Die Kiefer-Gesichtschirurgie bietet die
Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit der
Kieferorthopädie Kinder und junge Erwachsene mit Wachstums- und Entwicklungsstörungen der Kiefer vollständig und
kausal sowohl funktionell als auch ästhetisch zu rehabilitieren“, so Dr. Dr. Gülicher abschließend.
Blutschwämme und Hämangiome
„Wichtig bei Hämangiomen und Blutschwämmen ist die Dokumentation – hierbei haben
wir ja in der Regel viele
Fotos durch die Eltern
vorliegen, um die
Entwicklung zu beurteilen“, bemerkte Prof.
Dr. Dr. Jürgen Hoffmann
Etwa jedes dritte Kind wird mit einem Gefäßmal geboren oder entwickelt eines im
ersten Lebensmonat. Meist handelt es
sich um einen so genannten Storchenbiss,
der sich spontan zurückbildet. „Bei zirka zwei bis drei Prozent aller Säuglinge
bildet sich jedoch ein Hämangiom, also
ein gutartiger endothelialer Tumor. In 60
Prozent der Fälle treten diese im Kopfund Halsbereich auf.“, sagte Prof. Dr.
Dr. Jürgen Hoffmann, leitender Oberarzt
an der Klinik und Poliklinik für Mund-,
Kiefer-, und Gesichtschirurgie in Tübingen.
Das klinische Bild eines Hämangioms
reicht von überwärmten Schwellungen
mit beerenartiger Vorwölbung bis zu ausgedehnten infiltrierenden Geschwulsten.
Nach einer Proliferationsphase, die etwa
zwei Jahre dauert, bilden sich Hämangiome bis zur Pubertät bei fast 90 Prozent der
Kinder zurück.
© die dental praxis, XXIV, Heft 7/8-2007
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In den übrigen Fällen kann
es jedoch zu einem erheblichen
Größenwachstum
kommen, wobei die Gefäßveränderungen nicht nur
entstellend wirken, sondern
auch Sprechen, Essen und
das Atmen erheblich behindern können (Abb. 4a und
4b).
Abhilfe schafft eine maßgeschneiderte Diagnostik
und Therapie, bei der am
Tübinger Universitätsklinikum Ärzte verschiedener
Fachrichtungen zusamAbb. 4a Nasenspitzenhämangiom („Cyrano-de-Bergerac-Nase“)
menarbeiten.
Ziel der Behandlung ist es bei einem Säugling
bei Hämangiomen zunächst, das weitere Wachstum zu stoppen. Hierbei
kommen in erster Linie
moderne Lasertechniken
zum Einsatz. Einige Laser
wirken nur oberflächlich,
können aber ohne Narkose eingesetzt werden. Der
Nd:YAG-Laser dagegen
dringt bis zu acht Millimeter in die Haut ein (Abb. 5).
Die Behandlung ist etwas
schmerzhaft, Kinder brauchen eine Vollnarkose.
Liegt ein voluminöses Hämangiom vor, so kann die- Abb. 4b Innerhalb von zwei Monaten deutliche Größenzunahme;
ses mit einer Glasfaser die Eltern hatten eine Behandlung zunächst abgelehnt
punktiert und von innen
behandelt werden. Bei großen Hämangio- Deutlich seltener treten so genannte
men sind oft mehrere Sitzungen erforder- vaskuläre Malformationen auf, die grundlich. In ausgewählten Fällen, insbesonde- sätzlich von den Blutgefäßschwämmre bei umschriebenen Blutschwämmchen chen unterschieden werden müssen. Im
mit raschem Wachstum, kommt auch ei- Gegensatz zu diesen bestehen hier anlane chirurgische Therapie in Betracht. Da- gebedingte Gefäßveränderungen, welmit ist dann das Problem oft mit nur einer che sich nicht spontan zurückbilden.
Operation zu beheben.
Für deren Therapie ist eine sorgfältige
Abb. 5 Lasertherapie eine Hämangioms unter
Eiskühlung
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Abb. 6 Venöse Malformation der Wangenschleimhaut bei einem sechsjährigen Mädchen
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Subdifferenzierung von hoher Bedeutung.
Diese wird neben der klinischen Beurteilung durch moderne diagnostische Verfahren, wie zum Beispiel der farbkodierten Duplex-Sonographie, unterstützt.
Bei der Behandlung der venösen Malformation, vergleichbar mit einer Krampfader im Gesichtsbereich, stehen Verödungsbehandlungen im Vordergrund.
Diese Behandlung wird durch konventionelle chirurgische oder lasertherapeutische Maßnahmen ergänzt (Abb. 5).
Kapilläre Gefäßanomalien, das so genannte Feuermal, wird heutzutage mit
hochenergetischem gepulstem Licht behandelt, während stark perfundierte Gefäßveränderungen (AV-Malformationen)
zunächst durch eine Gefäßdarstellung beurteilt und gegebenenfalls im Rahmen
dessen verschlossen werden. In den meisten Fällen muss hier jedoch auch eine umfangreiche chirurgische Therapie erfolgen.
Die Behandlung von Gefäßveränderungen erfordert insbesondere im Kopf- und
Halsbereich ein sehr differenziertes Vorgehen unter Nutzungen befundspezifischer Behandlungsmethoden.
„Hierfür hat sich die Therapieplanung im
Rahmen einer interdisziplinären Sprechstunde bewährt, wie sie an der Tübinger
Klinik bereits seit mehreren Jahren angeboten wird“, so Prof. Dr. Dr. Jürgen
Hoffmann.
In der Literatur findet man eine Vielzahl
standardisierter chirurgischer Korrekturmethoden. Die Vielzahl der Verfahren
zeigt, dass es die Methode zur Ohrmuschelreliefplastik anscheinend nicht gibt.
Jedes Verfahren hat seine Vor- und Nachteile.
In der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums
Tübingen wird standardisiert eine Ohrmuschelknorpelfaltung mit nicht abbaubaren Fäden vorgenommen, wobei der
Knorpel zuvor geschwächt wird, um die
Rückstellkraft des Knorpels zu vermindern. Ergänzend wird bei Bedarf eine Reduktion oder Verkleinerung der so genannten Concha vorgenommen. Die nicht
abbaubaren Fäden sorgen für ein stabiles Ergebnis ohne Fremdkörperreaktionen.
Die vorgestellte Technik ergibt reproduzierbare und ästhetisch sehr schöne Ergebnisse, so dass ein natürlich aussehendes Ohrmuschelrelief erzielt werden
kann. Die Methode kann ebenfalls bei Jugendlichen oder Erwachsenen angewendet werden und zeigt auch hier ausgezeichnete Ergebnisse. Die Operation wird
bei Kindern im Allgemeinen in Vollnarkose, bei Erwachsenen zum Teil auch in
örtlicher Betäubung und in der Regel ambulant vorgenommen. „Durch den Zugang auf der Rückseite der Ohrmuschel
entstehen keine sichtbaren Narben“, sagte Prof. Dr. Dr. Siegmar Reinert.
Ohrenanlegeplastik
Schädeldeformitäten
„Das so genannte abstehende Ohr ist die
häufigste Ohrmuschelfehlbildung“ sagte Prof. Dr. Dr. Siegmer Reinert, der dem
Auditorium mit Hilfe eines Films sein Vorgehen erläuterte.
Sehr viele Menschen sind durch Anomalien der Form des äußeren Ohres so wenig gestört, dass sie sich deswegen nicht
einer Operation unterziehen würden. Die
Indikation zur operativen Korrektur erfolgt aufgrund emotionaler psychologischer Faktoren der Patienten (zum Beispiel Hänseln in der Schule) oder funktioneller Probleme beim Tragen einer
Kopfbedeckung. Im Allgemeinen wird
der Zeitpunkt des Eingriffs vor der Einschulung gewählt.
Abstehende Ohren sind meistens bedingt
durch eine mangelhafte Faltung des Ohrmuschelknorpels, seltener auch durch eine zu große so genannte Concha oder einen zu großen Winkel zwischen Ohrmuschelknorpel und seitlichem Schädel.
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Aufgrund der – gerechtfertigten – PädiatrieEmpfehlung, zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes das
Kind auf dem Rücken
liegen zu lassen,
„kommt es gehäuft zu
einer Abflachung der Hinterhauptschädels“, beobachten Oberarzt Dr. Dr. Michael Krimmel und
seine Kollegen
Schädeldeformitäten beim Säugling haben im Wesentlichen zwei verschiedene
Ursachen, leitete Dr. Dr. Michael Krimmel seinen Vortrag ein.
Durch die Empfehlung der Fachgesellschaft für Pädiatrie, Kinder zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes beim
Schlafen auf dem Rücken zu lagern,
© die dental praxis, XXIV, Heft 7/8-2007
Praxis & Wissenschaft
kommt es in den letzten Jahren gehäuft
zu einer symmetrischen oder asymmetrischen Abflachung des Hinterhauptsschädels bei Kindern. Diese Fehlform wirkt
sich durch knöcherne Verschiebungen
sichtbar nach vorn auf die Position der
Ohrmuscheln und die Form des Gesichts
aus. Da diese Deformität durch äußere
Faktoren bedingt wird, lässt sie sich beim
Säugling durch krankengymnastische
und orthopädische Maßnahmen erfolgreich korrigieren.
störungen führen können. Zudem wird
das äußere Erscheinungsbild durch die
Wachstumshemmung von Neuro- und
Viszerokranium nachhaltig gestört.
Erst die Ausdehnung der neurochirurgischen Operationsverfahren auf den Kiefer-Gesichts-Bereich seit der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts ermöglichte
die direkte operative Ausformung der
Fehlbildung und damit eine intrakranielle Volumenvermehrung. Die kraniofaziale Chirurgie beschränkt sich dabei nicht
nur auf das Neurokranium, sondern bezieht das Viszerokranium mit ein und erfordert deshalb Kenntnisse des stomatognathen Systems sowie Erfahrungen bei
Kraniosynostosen meist isoliert
Eine andere und deutlich schwerwiegendere Ursache für eine Schädeldeformität
sind die Kraniosynostosen.
Kraniosynostosen entstehen durch einen vorzeitigen Verschluss von Schädelnähten. Ihre Gesamtinzidenz wird heute auf eins
von 2000 lebenden Neugeborene geschätzt. Die
überwiegende Mehrzahl
stellen isolierte Formen
dar. In Abhängigkeit von
den betroffenen Nähten
konnte Virchow bereits
1851 neun pathologische
Schädelfehlbildungen beschreiben. Die prämature
Fusion einer Naht führt zur
Wa c h s t u m s h e m m u n g
senkrecht zu ihrem Verlauf. Gleichzeitig findet
kompensatorisch eine Aus- Abb. 7 Zustand nach frontoorbitalem Advancement bei
dehnung des Schädels in Kraniosynastose
Richtung dieser Naht statt.
Die Wachstumshemmung verursacht ein plastisch rekonstruktiven Maßnahmen im
Missverhältnis zwischen Hirnvolumen Bereich des knöchernen Gesichtsschädels
und Schädelkapazität und führt dadurch (Abb 7). „Kraniofaziale Eingriffe erfolgen
zum Anstieg des intrakraniellen Drucks. deshalb in enger Zusammenarbeit von
Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen und
Neurochirurgen“, schloss Dr. Dr. MichaWachstumshemmungen
el Kimmel seinen Vortrag ab und unterauch beim Gesichtsschädel
Die Wachstumshemmungen beschränken strich damit wie seine Vorredner die
sich jedoch nicht nur auf den Hirnschä- Bedeutung der interdisziplinären Zusamdel, sondern betreffen auch den Gesichts- menarbeit von Medizin und Zahnmeschädel. Durch die prämature Synostosie- dizin.
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rung wird die Entwicklung der Maxilla
nach vorn und unten behindert. Als Folge treten eine Mittelgesichtshypoplasie
und die ungenügende Ausdehnung des
Nasenrachenraums auf. Dies verursacht
Veränderungen des stomatognathen Sys- Die Vorträge wurden auf dem 13. IZZtems und der Atemwege, die mit erhöh- Presseforum (Informationszentrum Zahnter Infektanfälligkeit einhergehen und zu gesundheit Baden-Württemberg) am 15.
einer Beeinträchtigung der Nahrungsauf- Juni 2007 an der Universität Tübingen genahme und damit zu erheblichen Gedeih- halten. Bearbeitet von Robert Schwabe.
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