Anordnung der Rückstellung von Blutspendern - Paul-Ehrlich

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Der Präsident
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nicht pathogen-inaktivierten Blutkomponen-
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N2.00.01.08/0002#0001
ten und gefrorenem Frischplasma
22.09.2016
Abwehr von Arzneimittelrisiken
Stufenplan Stufe 2: Anordnung der Rückstellung von Blutspendern, die sich in den letzten
vier Wochen vor der Spende in einem Zikavirus-Endemiegebiet aufgehalten haben, zur
Verhinderung einer möglichen Übertragung von Zikavirus durch nicht pathogeninaktivierte Blutkomponenten und gefrorenes Frischplasma
Ergänzung zum Bescheid vom 03.03.2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach schriftlicher Anhörung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom 17.08.2016 wird der Bescheid des PEI vom 03.03.2016 gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern, die
nicht pathogen-inaktivierte zelluläre Blutkomponenten und gefrorenes Frischplasma in
den Verkehr bringen, im Tenor und in der Begründung ergänzt und lautet somit wie folgt:
Bescheid:
Der Bescheid des PEI vom 03.03.2016 wird ergänzt und wie folgt neu gefasst:
1.
Bei der Herstellung von Vollblut, zellulären Blutkomponenten und gefrorenem
Frischplasma, die keinem Verfahren zur Virusinaktivierung unterworfen wurden,
darf kein Ausgangsmaterial aus Spenden verwendet werden, deren Spender sich
in den letzten vier Wochen vor der Blut- oder Plasmaspende in einem RisikoEndemiegebiet für Zika-Viren aufgehalten haben.
Diese Gebiete umfassen Teile von Mittel- und Südamerika (im Einzelnen: Barbados, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Puerto Rico (US-Territorium), Costa Rica,
Curacao, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Französisch Guayana,
Guadeloupe, Guatemala, Guyana, Haiti, Honduras, Martinique, Mexico, Panama,
Nicaragua, Paraguay, Saint Martin, Surinam, Amerikanische Jungferninseln und
Venezuela), die Karibik, die Inseln im Pazifischen Ozean mit Amerikanisch-Samoa
und Samoa, Afrika mit der Inselgruppe der Kapverden sowie zusätzlich den Bundesstaat Florida in den USA.
2.
Eine Entscheidung über die Kosten ergeht durch gesonderten Bescheid.
Begründung:
Die Auflage beruht auf den Bestimmungen von § 28 Abs. 3 c Satz 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG).
Danach kann das PEI, soweit es zur Risikovorsorge geboten ist, bei den o.g. Arzneimitteln durch Auflage anordnen, dass bei ihrer Herstellung und Kontrolle bestimmte Anforderungen eingehalten und bestimmte Maßnahmen und Verfahren angewendet werden.
Die Auflage ist geboten, um dem Risiko der Übertragung des Erregers von Zikafieber
(Zikavirus) durch die Transfusion der o.g. Arzneimittel vorzubeugen.
Bereits durch Bescheid vom 03.03.2016 wurde die Notwendigkeit der Rückstellung von
Spendern aus Endemiegebieten für Zikavirus ausführlich dargelegt. Auf die Begründung
im Bescheid vom 03.03.2016 wird daher Bezug genommen.
Das Zikavirus gehört zu den Arboviren aus der Familie der Flaviviren. Das Virus wird von
Mücken der Gattung Aedes (Stegomyia), vorwiegend durch die Gattung Aedes aegyptii
(Gelbfiebermücke), auf den Menschen übertragen, aber auch für die Gattung Aedes
albopictus (Tigermücke) werden Übertragungen berichtet [1,2]. Das Virus wurde erstmals
1947 aus Affen aus dem Zika-Urwald in Uganda isoliert. Der erste Ausbruch des Virus
außerhalb von Afrika und Asien wurde 2007 in Mikronesien im Nordpazifik dokumentiert
und darauf folgend dann in anderen Inselstaaten im pazifischen Raum wie FranzösischPolynesien beobachtet. Im Jahr 2015 wurden Zikavirusinfektionen – ebenfalls mit dem
asiatischen Genotyp – beim Menschen erstmalig auch in Brasilien beschrieben. In der
zweiten Jahreshälfte 2015 wurden dann zunehmend auch Infektionen in Kolumbien, Venezuela und aus Ländern Mittelamerikas berichtet.
Das klinische Bild einer Zikavirusinfektion ist im Vergleich zu Infektionen mit Chikungunya- oder Dengue-Virusinfektionen eher mild. Die Infektion wird symptomatisch durch ein
makulo-papulöses Exanthem sowie Kopf-, Gelenk- und Gliederschmerzen, oft begleitet
von einer nichteitrigen Konjunktivitis und subfebrilen bis mäßig febrilen Temperaturen. Die
ersten Symptome treten in einem Zeitraum von 3 bis 12 Tagen (im Mittel nach 3 bis 7
Tagen) nach einem infektiösen Mückenstich auf, der gesamte Krankheitsverlauf dauert
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etwa eine Woche. Eine stationäre Therapie im Krankenhaus ist meistens nicht erforderlich. Ein großer Teil der Infektionen verläuft klinisch inapparent. Todesfälle im Zusammenhang mit bestätigten Zika-Infektionen wurden nur sehr vereinzelt bei Personen mit
vorbestehenden schweren Grunderkrankungen berichtet.
Darüber hinaus ist von einem Zusammenhang zwischen Zikavirusinfektion und GuillainBarré-Syndrom auszugehen. Eine Fall-Kontroll-Studie in Französisch-Polynesien weist
darauf hin, dass ein postinfektiöses Guillain-Barré-Syndrom (GBS) durch eine Zikavirusinfektion ausgelöst werden kann [3]. Außerdem wurde in 14 Ländern und Gebieten weltweit
eine erhöhte Inzidenz des Guillain-Barré-Syndroms und/oder eine Bestätigung einer
Zikavirusinfektion bei Patienten mit Guillain-Barré-Syndrom berichtet [Übersicht 4]. In
allen Ländern, in denen eine erhöhte Inzidenz des Guillain-Barré-Syndroms berichtet
wurde, wurde der Krankheitsausbruch durch das Zikavirus des asiatischen Stamms verursacht.
Es besteht mittlerweile Konsens, dass das Zikavirus zu Schädel-Hirn-Fehlbildungen (z.B.
Mikrozephalie) bei Föten führen kann, wenn sich schwangere Frauen infizieren [5]. Klinische Studien werden von In-vitro-Studien mit humanen kortikalen neuronalen Progenitorzellen sowie In-vivo-Studien in Mäusen gestützt, die gezeigt haben, dass Zikavirus die
Plazenta passieren und über die Infektion neuronaler Progenitorzellen eine Mikrozephalie
verursachen kann [6,7]. Die Häufigkeit einer Übertragung über die Plazenta sowie mögliche zusätzliche Risikofaktoren sind derzeit noch unbekannt. Es gibt jedoch zunehmend
Hinweise, dass das Risiko für ZNS-Fehlbildungen und Mikrozephalie mit dem Gestationsalter assoziiert und bei einer Infektion im ersten und zweiten Trimester der Schwangerschaft erhöht ist [Übersicht 4].
Neben der Mikrozephalie werden weitere kongenitale Schäden wie zum Beispiel bilaterale
makulare und peri-makulare Läsionen und Veränderungen des Nervus opticus sowie Gelenkkontrakturen (Arthrogryposis) berichtet [8,9]. Zikavirus wurde mittels RT-PCR im Blut
gesunder Spender in Französisch-Polynesien festgestellt [10] und kann durch Bluttransfusion übertragenen werden [11,12]. In zwei dieser Fälle wurde die Übertragung durch Abgleich der Sequenzanalyse des Zikavirusgenoms zwischen Spender und Empfänger bestätigt [11,12].
Das PEI hatte bereits mit E-Mail vom 01.08.2016 empfohlen, die weitere Entwicklung,
gegebenenfalls auch eine weitere Ausbreitung von Zikavirusinfektionen in den Südstaaten
der USA aufmerksam zu beobachten und, soweit erforderlich, eigenverantwortlich die
Spenderrückstellung anzupassen.
Inzwischen gibt es zwei Gebiete im Bezirk Miami-Dade, in denen Zikavirus aktiv durch
Mücken übertragen wird [13]. Außerdem wurden in mehreren Bezirken (z.Zt. Miami-Dade,
Broward, Palm-Beach, Pinellas) Fälle einer nicht reiseassoziierten Zikavirusinfektion beoSeite 3/7
bachtet, so dass eine fortschreitende räumliche Ausdehnung des Zikavirus in Florida
möglich erscheint. Inzwischen gehen die staatlichen Behörden in Florida von 79 mit
Zikavirus autochthon erworbenen Infektionen aus [14, Stand 16.09.2016].
Aus Gründen der Praktikabilität bei der Eruierung der genauen Aufenthaltsgebiete von
potentiellen Blutspendern sowie aufgrund der fortschreitenden räumlichen Ausdehnung
des Zikavirus in Florida hält das PEI eine Rückstellung nach Aufenthalt im gesamten USBundesstaat Florida für sinnvoll und fachlich gerechtfertigt.
Daher ist die Ergänzung des Bescheids vom 03.03.2016 in Gestalt des o.g. Tenors geboten, um auszuschließen, dass aus dem Endemiegebiet des Bundesstaates Florida kommende infizierte, aber noch symptomfreie Personen bzw. Personen mit nur milden Symptomen infektiöses Blut spenden. Es soll dem Risiko der Übertragung des Erregers von
Zikafieber (Zikavirus) durch die Transfusion der o.g. Arzneimittel vorgebeugt werden. Dabei wird auch für das Endemiegebiet des Bundesstaates Florida ein Zeitraum von vier
Wochen der Rückstellung nach Rückkehr aus dem Bundesstaat Florida für erforderlich
gehalten, um auch überdurchschnittlich lange Inkubationszeiten zu erfassen.
Zu dieser Ergänzung des Bescheids vom 03.03.2016 wurden die o.g. pharmazeutischen
Unternehmer mit Schreiben vom 17.08.2016 angehört. Mit Ausnahme eines Inhabers der
Zulassung wurden keine Einwände erhoben bzw. zustimmende Stellungnahmen abgegeben. Von den pharmazeutischen Unternehmern, die eine Stellungnahme abgegeben haben, hat die Mehrheit mitgeteilt, dass sie die beabsichtigte Maßnahme bereits umgesetzt
haben.
Von Seiten eines Zulassungsinhabers wurde angeregt, dass die Blutspendedienste in
Eigenverantwortung regelmäßig Zikavirus-Risikogebiete aktualisieren, sodass ein gesonderter Bescheid bezüglich der Ausweitung der Endemiegebiete auf Florida (USA) nicht
erforderlich sei. Weiterhin schlug dieser Zulassungsinhaber vor, ausschließlich die Gebiete in Florida, in denen autochthone Übertragungen durch die CDC bestätigt wurden, bei
der Spenderrückstellung zu berücksichtigen. Begründet wurde der Vorschlag mit der
Vermeidung von verzichtbaren Rückstellungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit.
Das Paul-Ehrlich-Institut folgt den beiden Vorschlägen des Zulassungsinhabers aus folgenden Gründen nicht:
1. Die Eruierung der genauen Aufenthaltsgebiete von potentiellen Blutspendern ist mitunter schwierig, da nicht sichergestellt ist, dass die Blutspender genaue Kenntnis über den
Namen des Bezirks bzw. der verschiedenen Bezirke haben, in dem/denen sie sich aufgehalten haben. Hinzu kommt die sich zeigende Tendenz einer fortschreitenden räumlichen
Ausdehnung des Zikavirus im Bundesstaat Florida.
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2. Ein signifikanter Rückgang der Spenden, welcher zu einem Versorgungsengpass führen könnten, ist nicht zu erwarten. Denn gemäß der Stufenplananordnung vom
11.04.2014, ergänzt durch die Anordnung vom 22.01.2014 zum Ausschluss von Blutspendern zur Verhinderung einer möglichen Übertragung des West-Nil-Virus durch nicht
pathogen-inaktivierte Blutkomponenten in Verbindung mit der Stufenplananordnung vom
02.09.2003 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 180 vom 25. September 2003,
S. 21) ist Nordamerika bereits als Risikogebiet definiert und eine vierwöchige Spenderrückstellung im Zeitraum vom 01. Juni bis 30. November muss daher ohnehin erfolgen
[15].
Die Dynamik der Situation erfordert es auch weiterhin, dass sich die verantwortlichen Inhaber
der
Zulassung
regelmäßig
auf
der
WHO/CDC-Internetseite
(z.B.
http://www.cdc.gov/zika/geo/) über die aktuelle Entwicklung informieren und ggf. eigenverantwortliche Maßnahmen ergreifen.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Dieser Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger als
bekannt gegeben.
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt Widerspruch
erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für Sera und
Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Straße 51-59, 63225 Langen, schriftlich oder zur Niederschrift zu
erheben.
Hinweis:
Die Umsetzung der Anordnung ist dem Paul-Ehrlich-Institut durch Änderungsanzeige gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) unverzüglich mitzuteilen.
Falls der pharmazeutische Unternehmer eine Spenden-Stammdokumentation eingereicht
hat (vgl. Bundesanzeiger Nr. 187 vom 06.10.2001, S. 21361) und diese vom Paul-EhrlichInstitut bestätigt wurde, kann die Änderungsanzeige für diese Stammdokumentation erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. K. Cichutek
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Referenzen
[1] Wong PS, Li MZ, Chong CS, Ng LC, Tan CH: Aedes (Stegomyia) albopictus
(Skuse): a potential vector of Zika virus in Singapore. Public Library of Science (PLoS)
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[2] 4 Grard G, Caron M, Mombo IM, Nkoghe D, Mboui Ondo S, Jiolle D, Fontenille
D, Paupy C, Leroy EM: Zika virus in Gabon (Central Africa)-2007: a new threat from Aedes albopictus? PLoS Negl Trop Dis 2014; 8: e2681
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[4] European Centre for Disease Prevention and Control. Rapid Risk Assessment. Zika
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[5] Rasmussen SA, Jamieson DJ, Honein MA, Petersen LR. Zika Virus and Birth Defects Reviewing the Evidence for Causality. N Engl J Med. 2016 May 19;374(20):1981-7.
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[7] Wu KY, Zuo GL, Li XF, Ye Q, Deng YQ, Huang XY, et al. Vertical transmission of Zika
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[8] De Paula Freitas B, de Oliveira Dias J, Prazeres J, Sacramento GA, Ko AI, Maia M, et
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[9] van der Linden Vanessa, Filho Epitacio Leite Rolim, Lins Otavio Gomes, van der Linden Ana, Aragão Maria de Fátima Viana Vasco, Brainer-Lima Alessandra Mertens et al.
Congenital Zika syndrome with arthrogryposis: retrospective case series study BMJ 2016;
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[10] Musso D, Nhan T, Robin E, Roche C, Bierlaire D, Zisou K, Shan Yan A, CaoLormeau VM, Broult J. Potential for Zika virus transmission through blood transfusion
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Euro Surveill. 2014;19(14): pii=20761.
http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=20761
Seite 6/7
[11] Reuters. Brazil reports Zika infection from blood transfusions. February 4, 2016.
http://www.reuters.com/article/us-health-zika-brazil-blood-idUSKCN0VD22N
[12] Barjas-Castro ML, Angerami RN, Cunha MS, Suzuki A, Nogueira JS, Rocco IM, et al.
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[13] CDC Homepage http://www.cdc.gov/zika/intheus/maps-zika-us.html
[14] http://www.floridahealth.gov/newsroom/2016/09/091616-zika-update.html
[15] Bescheid des PEI vom 22.01.2014 „Bekanntmachung über die Zulassung von Arzneimitteln - Abwehr von Arzneimittelrisiken Stufe II - Änderung des Bescheides über die
Anordnung des Ausschlusses von Blutspendern zur Verhinderung einer möglichen Übertragung des West-Nil-Virus durch nicht pathogen-inaktivierte Blutkomponenten“
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