Die Temperaturentwicklung des Universums

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DIE TEMPERATURENTWICKLUNG DES UNIVERSUMS
1. Kosmologische Grundlagen
1.1. Der kosmische Skalenfaktor S(t)
Aufgrund der Hubble-Expansion, die ja bekanntlich eine der wichtigeren Säulen des Big-BangModells ist, dehnt sich das Universum bezüglich Raum und Zeit aus. Daher sind natürlich auch
sämtliche Abstände r(t), Volumina V(t) und damit auch Dichten (t) zeitabhängig, denn
3
3
V (t ) ∝ r (t ) und ρ (t ) ∝ 1 / V (t ) ∝ 1 / r (t ) .
Weiterhin ist der tatsächliche Radius des Universums unbekannt, so dass keine Bezugsgröße
bezüglich Längen vorhanden ist.
Daher führt man die dimensionslose Größe des Skalenfaktors S(t), der die relative Expansion des
Universums angibt, wie folgt ein:
S0
ρ (t )
S (t )
r (t ) S (t ) V (t )
3
3
,
da V (t ) ∝ r (t ) und
=
da ρ (t ) ∝ 1 / V (t ) ∝ 1 / r (t )
=
=
V0
S0
S (t )
r0
S0
ρ0
Dabei sind die Größen r0, V0, 0 und S0 auf die heutige Zeit t = t0 bezogen. Der Skalenfaktor S0 zur
heutigen Zeit ist der Einfachheit auf S0 = 1 festgelegt, so dass also gilt:
3
3
r (t ) ∝ S (t ) , V (t ) ∝ S (t ) und ρ (t ) ∝ S (t )
3
−3
Weiterhin folgt aus dem Hubble-Gesetz v = H 0 ⋅ d mit der Einführung des Skalenfaktors S(t) die
Definition des Hubble-Parameters H(t): S (t ) = H (t ) ⋅ S (t )
H (t ) =
S (t )
S (t )
Somit gibt der Hubble-Parameter H(t) also die zeitliche Änderung des Skalenfaktors relativ zum
Skalenfaktor selbst an und ist daher eine Art „Expansionsrate“.
Außerdem kann man auch die Rotverschiebung mit Hilfe des Skalenfaktors S(t) wie folgt
ausdrücken: z + 1 = λ Empfänger / λQuelle = S 0 / S (t ) da das Licht der Wellenlänge λ Empfänger zur heutigen
Zeit t = t0 gemessen wird und damit mit dem Skalenfaktor S0 (ebenfalls bezogen auf die heutige
Zeit t = t0) skaliert. Analog wird natürlich Licht der Wellenlänge λQuelle von einer bestimmten
Galaxie zum Zeitpunkt t ausgesendet, so dass diese dann mit dem Skalenfaktor S(t) zum Zeitpunkt t
skaliert. Also:
z + 1 ∝ S (t )
−1
1.2. Die Friedmann-Lemaître-Gleichungen
Diese beschreiben die Evolution und Dynamik des Universums und machen daher auch
Voraussagen möglich über dessen Expansion oder Kontraktion. Sie stellen also eine Art
Bewegungsgleichungen dar. Die Friedmann-Lemaître-Gleichungen folgen durch Anwendung des
„Kosmologischen Prinzips“ (= Das Universum ist homogen und isotrop.) aus den Feldgleichungen
der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie lauten:
Hauptseminar: „Der Urknall und seine Teilchen“ --- Verfasser: Johannes Schwarz --- Seite 1 von 5
H (t )
2
S (t )
=
S (t )
2
8
k
= Gπ (ρ γ (t ) + ρ m (t ) + ρ Λ ) −
2
3
S (t )
S (t )
4
3 p(t )
= − Gπ ρ γ (t ) + ρ m (t ) + ρ Λ + 2
S (t )
3
c
Dabei beschreibt (t) die Strahlungsdichte, m(t) die Materiedichte, die zeitlich konstante Dichte
der Vakuumsenergie, k die Krümmung und p(t) den Druck. Die zweite Friedmann-LemaîtreGleichung erhält man durch zeitliche Ableitung der ersten (siehe Vorlesung „Kosmologie“).
2. Vergleich zwischen strahlungs- und materiedominierter Ära
Strahlungsdominierte Ära
(Strahlung und relativistische Materie)
Materiedominierte Ära
(Nicht-relativistische Materie)
a) Adiabatische Expansion
Das Universum kann beschrieben werden als
ideale Flüssigkeit bestehend aus im thermischen
Gleichgewicht liegenden Photonen und freien
Elementarteilchen.
Universum expandiert adiabatisch.
Mitbewegtes Volumen: V ∝ S 3
Energiedichte: ε γ = Eγ / V mit Eγ = hν
Erster Hauptsatz der Thermodynamik mit
Q = 0 (adiabatisch) und W = -pdV
(Expansion durch Volumenarbeit):
dE = − pdV
Das Universum kann aufgrund seiner
mittlerweile enormen Größe als homogenes
Universum beschrieben werden.
Universum expandiert fast adiabatisch.
Mitbewegtes Volumen: V ∝ S 3
Energiedichte: ε m = ρ m c 2 aus E = mc 2
bzw. ε m = E m / V
Erster Hauptsatz der Thermodynamik mit
Q = 0 (adiabatisch) und W = -pdV
(Expansion durch Volumenarbeit):
dE = − pdV
b) Energiedichte bzgl. Skalenfaktor S
hν
hc
1
mc 2
1
ε γ ∝ S −4
ε m ∝ S −3
=
∝ 3
ε m = ρ mc 2 =
∝ 3
V
V
V ⋅λ S ⋅S
V
S
V und vergrößern sich bei einer Expansion.
m ändert sich bei einer Expansion nicht.
Somit fällt also um den Faktor S-1 schneller ab als m,
d.h. mit zunehmender Expansion des Universums gilt
nach ca. 10000 Jahren: ε γ = ε m .
Vor diesem Zeitpunkt spricht man daher von der
strahlungsdominierten Ära, da während dieser die
Gesamtenergiedichte hauptsächlich durch Strahlung
bereitgestellt wurde.
Nach diesem Zeitpunkt spricht man schließlich von der
materiedominierten Ära, da hier m dominiert.
Heute ist m (noch) unbekannt aufgrund der Existenz
von Dunkler Materie.
εγ =
Eγ
=
Hauptseminar: „Der Urknall und seine Teilchen“ --- Verfasser: Johannes Schwarz --- Seite 2 von 5
c) Temperatur T bzgl. Skalenfaktor S
Aufgrund des thermischen Gleichgewichts
zwischen den Photonen und den freien
Elementarteilchen stellen die Photonen einen
idealen schwarzen Strahler dar. Für diesen
gelten u.a. das Plancksche Strahlungsgesetz, das
Wiensche Verschiebungsgesetz und das StefanBoltzmann-Gesetz.
Die Ruhemasse nicht-relativistischer MaterieTeilchen darf nicht vernachlässigt werden.
Somit gilt für deren Energie und deren Druck
gemäß der Zustandsgleichung:
2
E = m 2 c 4 + p 2c 2 und p = ε kin
3
Die Bewegung von N Teilchen im Volumen V
Im Einheitsvolumen und dem Frequenz-intervall bei der Temperatur Tm verursacht folgenden
( , +d ) gilt für die Anzahl der Photonen mit
Druck (mit der Teilchendichte n = N / V ):
der Energie h nach dem Planckschen
p = nkTm
Strahlungsgesetz:
8π ν 2 dν
Also gilt für die Energiedichte ε m = E m / V :
nγ (ν )dν = 3 hν / kT
c e
−1
3
3
Integriert man diese über alle Frequenzen, so
ε m = ε ruhe + ε kin = nmc 2 + p = nmc 2 + nkTm
2
2
erhält man die Anzahldichte N :
∞
k
N γ = nγ (ν )dν ≈ 2,404 ⋅ 8π ⋅
hc
0
3
⋅T 3
Nγ ∝ T 3
Für die Gesamtenergiedichte gilt analog das
Stefan-Boltzmann-Gesetz:
∞
8π 5 k 4
ε γ = hν ⋅ nγ (ν )dν =
⋅ T 4 = aT 4
3
15
(hc )
0
ε γ = aT 4
ε γ ∝ Tγ 4
Tγ ∝ S −1
Bekannt aus b): ε γ ∝ S −4
Setzt man diese in den ersten Hauptsatz für eine
adiabatische Expansion ein, dann gilt:
3
dE = d (ε mV ) = d nmc 2V + nkTmV
2
!
3
= mc 2 d (nV ) + kd ((nV )Tm ) = − pdV = − nkTm dV
2
Also:
3
mc 2 d (nV ) + k [Tm d (nV ) + nVdTm ] = − nkTm dV
2
Mit der Näherung der Teilchenzahlerhaltung
dN = d (nV ) = 0 und V ∝ S 3 gilt dann:
3 3
S dTm = −Tm d S 3
2
!
( )
Diese lineare DGL 1. Ordnung ist lösbar mit
Hilfe der Trennung der Veränderlichen. Man
erhält schließlich: Tm ∝ S −2
ε m ∝ Tm 3 / 2
Bekannt aus b): ε m ∝ S −3
Die Temperatur Tm nicht-relativistischer Materie zeigt also eine andere Abhängigkeit vom
Skalenfaktor als die Temperatur T der Strahlung bzw. relativistischer Teilchen. Somit kühlt sich
bei der Expansion des Universums nicht-relativistische Materie auch schneller ab als Strahlung.
Kalte Materie und heiße Strahlung liegen daher bezüglich kosmischer Zeiträume niemals im
thermischen Gleichgewicht. Daher ist auch eine getrennte Herleitung von Tm und T erlaubt.
Für hohe Temperaturen dominiert zudem im Gegensatz zu m, weshalb zu Beginn des
Universums bei hohen Temperaturen dominiert. Man spricht daher von der
strahlungsdominierten Ära.
Hauptseminar: „Der Urknall und seine Teilchen“ --- Verfasser: Johannes Schwarz --- Seite 3 von 5
d) Die erste Friedmann-Lemaître-Gleichung
Für die strahlungsdominierte Ära gilt mit der
bekannten Konstanten a aus dem StefanBoltzmann-Gesetz:
ε
aT 4
ρ γ = γ2 = 2 >> ρ m , ρ Λ , kS −2
c
c
Damit gilt für die erste F.L.-Gleichung:
H (t ) =
2
S (t )
S (t )
2
8
aT
= Gπ ⋅ 2
3
c
4
Für die materiedominierte Ära gilt mit der
Proportionalitätskonstanten b:
ε
b
ρ m = m2 = 3 >> ρ γ , ρ Λ , kS −2
c
S
Damit gilt für die erste F.L.-Gleichung:
H (t )
2
S (t )
=
S (t )
2
8
b
= Gπ ⋅ 3
3
S
e) Zeitabhängigkeit der Proportionalitäten
Bekannt aus c): Tγ ∝ S −1
b
mit der Proportionalitätskonst. b
S
Das Differential davon lautet:
b
1
b
dTγ = bd
⇔ dTγ = − 2 dS = −
dS
S
S ⋅S
S
b ⋅ Tγ
dTγ
dS
⇔ dTγ = −
=−
dS ⇔
S ⋅b
Tγ
S
Die Multiplikation mit 1/dt davon ergibt:
dTγ
Tγ
dS
S
=−
⇔
= − = − H (t )
dt ⋅ Tγ
dt ⋅ S
Tγ
S
Tγ =
Dies kann man nun in die erste F.L.-Gleichung
für die strahlungsdominierte Ära (siehe d))
einsetzen und erhält:
H (t ) = −
2
Tγ
Tγ
2
aTγ
8
= Gπ ⋅ 2
3
c
4
8Gπa
3
⋅ Tγ
2
3c
Diese lineare DGL 1. Ordnung ist lösbar mit
Hilfe der Trennung der Veränderlichen. Man
erhält schließlich:
⇔ −Tγ =
Tγ (t ) = 4
3c 2
1
1s
⋅
= 1,520 ⋅ 1010 K ⋅
32Gπa t
t
Die erste F.L.-Gleichung für die materiedominierte Ära (siehe d)) ist eine lineare DGL 1.
Ordnung, die mit Hilfe der Trennung der
Veränderlichen wie folgt lösbar ist:
H (t )
2
S (t )
=
S (t )
2
b
8
= Gπ ⋅ 3
3
S
8
1
2
⇔ S (t ) = Gπb ⋅
3
S (t )
⇔
dS
8
1
=
Gπb ⋅
dt
3
S
⇔ S 1 / 2 dS =
8
Gπb ⋅ dt
3
2
8
⇔ S 3/ 2 =
Gπb ⋅ t
3
3
3 8
⇔ S (t ) =
⋅
Gπb ⋅ t
2 3
2/3
Leider ist die Proportionalitätskonstante b nicht
bekannt, aber es gilt trotzdem: S ∝ t 2 / 3
Weiterhin folgt mit S ∝ t 2 / 3 und ...
- … Tm ∝ S −2 aus c)
Tm ∝ t −4 / 3
-
… ε m ∝ S −3 aus b)
ε m ∝ t −2
Es gilt also: Tγ ∝ t −1 / 2
Weiterhin folgt mit Tγ ∝ t −1 / 2 und ...
-
… Tγ ∝ S −1 aus c)
S ∝ t1/ 2
-
… ε γ ∝ Tγ aus b)
ε γ ∝ t −2
4
Hauptseminar: „Der Urknall und seine Teilchen“ --- Verfasser: Johannes Schwarz --- Seite 4 von 5
Das Universum expandiert also während der strahlungsdominierten Ära proportional zu t1/2, da
S ∝ t 1 / 2 , und während der materiedominierten Ära entsprechend proportional zu t2/3, da S ∝ t 2 / 3 .
Die Voraussetzungen dafür waren allerdings, dass eine homogene Verteilung vorliegt, die jeweilige
Materieform dominiert und die beiden Ären jeweils getrennt betrachtet wurden.
Außerdem fällt auf, dass in beiden Ären die jeweiligen Energiedichten und m quadratisch mit
der Zeit abfallen trotz verschieden schneller Expansion. Allerdings muss beachtet werden, dass die
obigen Proportionalitäten nur dann gelten, wenn
Strahlung und nicht-relativistische Materie
getrennt voneinander betrachtet werden und
jeweils die dominierende Materieform ist.
Weiterhin fällt auf, dass die Temperatur T der
Strahlung eine andere zeitliche Abhängigkeit
aufweist als die Temperatur Tm der nichtrelativistischen Materie, denn T fällt zeitlich
langsamer ab als Tm. Daher ist im nebenstehenden
Schaubild auch ein „Knick“ des logarithmisch
aufgetragenen zeitlichen Temperaturverlaufs zu
erkennen.
Klar zu erkennen ist auch:
lim S (t ) = 0 , lim T (t ) = ∞ und lim ε (t ) = ∞
t →0
t →0
t →0
3. Die Phasen des Universums
Phase
Planck-Ära
Zeit t
t=0
GUT-Ära
t = 10-43s
Inflation &
Baryogenese
t = 10-36s
Quarks-Ära
t = 10-33s
T = 1025K
E = 1012GeV
HadronenÄra
t = 10-6s
T = 1013K
E = 1GeV
Leptonen-Ära
(Beginn)
Leptonen-Ära
(Ende)
Primordiale
Nukleosynthese
Ende der
str.dom. Ära
Entkopplung
der Strahlung
Heute
t = 10-4s
T = 1012K
E = 0,1GeV
T = 1010K
E = 1MeV
T = 109K
E = 0,1MeV
t = 1s
t = 10-100s
t = 10000y
t = 300000y
t = 13,6Mrd.y
T und E
T=
E=
T = 1032K
E = 1019GeV
T = 1027K
E = 1014GeV
T = 30000K
E = 3eV
T = 3000K
E = 0,3eV
T = 2,7 K
E = 0,23meV
Stichworte (Kräfte, Eigenschaften,…)
„Urkraft“, Singularität, Raum und Zeit bilden
kein Kontinuum, Quantengravitation erforderlich
Gravitation & GUT, X- und Y-Bosonen als
Trägerteilchen der GUT, Dichte: 1094g/cm³
Gravitation & starke & elektroschwache Kraft,
spontane Symmetriebrechung, überlichtschnelle
Expansion, thermisches Gleichgewicht,
Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie
keine X- und Y-Bosonen mehr, Leptonen und
Quarks, Quark-Antiquark-Gluonen-Plasma, nach
t = 10-12s und bei T = 1016K: vier Naturkräfte
Quarks bilden schweren Hadronen, mit abnehmender T zerfallen diese in n und p (1:5) und deren
Antiteilchen, dadurch entstehen viele Neutrinos
viele , , e-, e+ aus p-n-Reaktionen, Paarvernichtungen, Leptogenese, Neutrinos entkoppeln
p-n-Reaktionen „frieren aus“
n:p = 1:6, Neutrinos vollständig entkoppelt
„Freeze-Out“
Neutronenzerfall
n:p = 1:7, p und n bilden
erste Atomkerne, Fusionsgrenzen: Photodesintegration & Coulombwall, Ende nach 30min
Begründung: siehe 2.b), Ruheenergie der Materie
übersteigt jetzt die Energie der Strahlung
Kerne fangen freie Elektronen ein, RekombiLicht, Universum wird durchsichtig
nation
Entkopplung der Strahlung als „Hintergrundstrahlung“ (CMB) beobachtbar, Rotverschiebung
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Hauptseminar: „Der Urknall und seine Teilchen“ --- Verfasser: Johannes Schwarz --- Seite 6 von 5
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