Skript zum Einführungskurs Chemie Vorwort Inhalt dieses Kurses sind die Grundbegriffe, Fakten und Regeln, die ein zukünftiger Student wissen und beherrschen muss, um den Chemievorlesungen im ersten Semester folgen zu können. Der Vorkurs beinhaltet nicht die Chemiekenntnisse, die für ein erfolgreiches Studium an der TU BAF angeeignet werden müssen. Der Inhalt des Vorkurses wird vorausgesetzt und nicht nochmals während des Studiums behandelt. 1 Teil 1 : Atombau und Aufbau der Materie Atombau nach RUTHERFORD und BOHR Atom Atomkern: Elektronenhülle: Zentrum positiver Ladung; Massenzentrum Protonen Sphäre negativer Ladung; nahezu masselos Neutronen Den Elektronen stehen um den Atomkern verschiedene, bestimmte Energieniveaus („Schalen“ ) für den bevorzugten Aufenthalt zur Verfügung. Die energieärmste Schale ist die dem Kern am nächsten liegende. Jede Schale fasst maximal 2n2 Elektronen, wobei n die Schalenzahl ist. Die äußerste besetzte Schale (Valenzschale) bestimmt das chemische Verhalten und ist daher wesentlich für die Einordnung im Periodensystem der Elemente (PSE). Zahl der Protonen = Zahl der Elektronen = Ordnungszahl = Kernladungszahl Z Aufbau der Materie Materie Heterogene Gemische Homogene Stoffe durch physikalische Umwandlung in (variable Zusammensetzung) Homogene Gemische (Lösungen) durch physikalische Umwandlung in Reine Stoffe (konstante Zusammensetzung) (variable Zusammensetzung) Verbindungen Moleküle durch chemische Umwandlung in Ionenkristalle bestehend aus mehreren Atomen, welche durch kovalente Bindungen verknüpft sind - Moleküle mit einer Atomsorte (H2, O2, P4, etc.) - Moleküle mit mehreren Elementen (H2O, CO2, etc.) bestehend aus positiv geladenen Kationen und negativ geladenen Anionen - einatomige Ionen (K+ , Fe3+, Cl-, etc.) - komplexe Ionen (NH4+ , NO3-, SO42-, etc.) 2 Elemente bestehend aus einzelnen Atomen oder einem Atomverband - Edelgase (He, Ne, Ar, Kr, Xe) - Metalle (Fe, Al, Na, etc.) Chemische Symbole und Formeln Symbole: Jedes Element wird mit einem Symbol gekennzeichnet, das aus einem oder zwei lateinischen Buchstaben besteht, von denen der erste groß und der zweite klein geschrieben wird. Bsp.: Kalium Natrium Chlor K Na Cl Das Symbol des Elements bezeichnet zugleich ein Atom dieses Elements. Formeln: Jede chemische Verbindung wird mit einer chemischen Formel bezeichnet, die sich aus den Symbolen der am Aufbau der Verbindung beteiligten Elemente zusammensetzt. Die chemische Formel zeigt dabei an, • welche Elemente am Aufbau der chemischen Verbindung beteiligt sind und • in welchem Verhältnis die Elemente dabei auftreten. Dabei sind zwei Arten von chemischen Verbindungen zu unterscheiden: Moleküle: Bei chemischen Verbindungen, die in Form von Molekülen vorliegen, geben die Formeln die Zusammensetzung der Moleküle an. Es ist die Anzahl der Atome pro Molekül bestimmbar. Bsp.: NH3 Welche Elemente? Verhältnis der Elemente? Anzahl der Atome pro Molekül? N, H 1:3 4 H2O Welche Elemente? Verhältnis der Elemente? Anzahl der Atome pro Molekül? H, O 2:1 3 Ionen: Bei chemischen Verbindungen, die in Form von Ionen vorliegen, geben die Formeln zusätzlich das Verhältnis an, in dem die Ionen am Aufbau des Kristallgitters beteiligt sind. Bsp.: Al2(SO4)3 Welche Elemente? Verhältnis der Elemente? Verhältnis der Ionen im Kristallgitter? Al, S, O 2:3:12 Al3+ : SO42- = 2:3 Ba(OH)2 Ba, O, H 1:2:2 Ba2+ : OH- =1:2 Welche Elemente? Verhältnis der Elemente? Verhältnis der Ionen im Kristallgitter? Die Atommultiplikatoren stehen rechts tiefgestellt hinter dem zugehörigen Atom. Sie geben an, wie oft das Atom in der Formeleinheit vorkommt. Wenn ganze Atomgruppen mehrfach in der Formeleinheit vorkommen, werden diese in Klammern gesetzt und der Atommultiplikator steht rechts tiefgestellt hinter der Klammer. 3 Aufstellen einer chemischen Formel bei Ionenverbindungen Beispiel Eisen (III)-oxid: Als erstes werden die Symbole der Elemente in der Verbindung aufgeschrieben. Dabei gilt, Kationen zuerst, dann folgen die Anionen: 1. Fe O Im zweiten Schritt werden die Ladungen der beteiligten Ionen (aus den Ionenladungen) ermittelt: 2. Fe3+ : 3 O2- : 2 Aus den Ladungen wird das "kleinste gemeinsame Vielfache (kgV)" gebildet: 3. kgV =3⋅2=6 Aus der Kenntnis des kleinsten gemeinsamen Vielfachen und der Ladung der einzelnen Ionen lässt sie nun die Formel aufstellen, wobei darauf zu achten ist, dass die Verbindung elektrisch neutral sein muss: 4. Fe2O3 Wichtige Ionen und ihre Ladungen: Kation Element Ladung H +1 Na +1 K +1 Mg +2 +2 Ca +2 Ba +3 Cr +2 Mn +2, +3 Fe Co +2 +2 Ni +1, +2 Cu +2 Zn +1 Ag +2 Pb +3 Al Anion Element Ladung F -1 Cl -1 -1 Br I -1 O -2 S -2 N -3 H OH CN -1 -1 -1 Aufstellen einer chemischen Formel bei Molekülverbindungen Wie bei Ionenverbindungen, nur tritt an die Stelle der Ionenladung die Oxidationszahl. Nomenklatur (Bezeichnung) chemischer Verbindungen Die Nomenklatur der chemischen Verbindungen dient zur Vereinheitlichung der Namen chemischer Verbindungen. Sie ist universell verständlich und die Formel der Verbindung ist aus dem Namen ableitbar. 4 Regeln zur Nomenklatur einfacher anorganischer Verbindungen: 1. Die positiv geladenen Kationen stehen am Anfang, die negativ geladenen Anionen am Ende des Verbindungsnamens. Bsp.: Natriumchlorid (Trivialname: Kochsalz bzw. Steinsalz) 2. Die Anzahl der Atome bzw. Ionen pro Formeleinheit wird durch die griechischen Zahlworte vor dem entsprechenden Atom bzw. Ion verdeutlicht. 1 2 3 4 5 Mon(o)DiTriTetr(a)Pent(a)- 6 7 8 9 10 Hex(a)Hept(a)Okt(a)Non(a)Dek(a)- Bsp.: Kohlenstoffdioxid (CO2), Distickstofftetroxid (N2O4) Zahlwörter können weggelassen werden, wenn die Formel trotzdem eindeutig ableitbar ist. Bsp.: Natriumsulfid Na2S 3. Positiv geladene, einatomige Kationen werden mit ihrem deutschen Namen benannt. Bei mehreren möglichen Wertigkeiten wird die Wertigkeit des Ions in Klammern mit römischen Zahlen hinter dem betreffenden Ion verdeutlicht. Bsp.: Eisen(III)-chlorid, Kupfer(I)-iodid 4. Komplexe, positiv geladene Kationen, welche aus mehreren Atomen bestehen, werden mit dem lateinischen Namen sowie der Endung "-ium" bezeichnet. Bsp.: H3O+ Oxonium- (alt: Hydronium-) NH4+ Ammonium- 5. Negativ geladene Anionen, welche aus nur einem Atom aufgebaut sind, werden mit dem lateinischen Namen und der Endung "-id" bezeichnet. Bsp.: O2S2N3H- -oxid -sulfid -nitrid -hydrid FClBrI- -fluorid -chlorid -bromid -iodid Ausnahmen: OH- -hydroxid CN- -cyanid 6. Komplexe, negativ geladene Anionen, welche aus mehreren Atomen bestehen, werden mit dem lateinischen Namen des zentralen Atoms sowie bei höchstmöglicher Wertigkeit des zentralen Atoms mit der Endung "-at"; bei der nächstniedrigen Wertigkeit des zentralen Teilchens mit der Endung "-it" bezeichnet. Bsp.: CO32SO42SO32PO43NO3NO2- -carbonat -sulfat -sulfit -phosphat -nitrat -nitrit HCO3HSO4HSO3HPO42H2PO4MnO4- -hydrogencarbonat -hydrogensulfat -hydrogensulfit -hydrogenphosphat -dihydrogenphosphat -permanganat ClOClO2ClO3ClO4- -hypochlorit -chlorit -chlorat -perchlorat Diese Bezeichnungen sollten Sie kennen und ohne langwieriges Nachdenken aufsagen können! 5 Teil 2 : Das Periodensystem der Elemente - PSE Das PSE wurde 1869 von MENDELEJEW und MEYER unabhängig voneinander aufgestellt. Dabei sind die Elemente nach steigender Kernladungszahl (= Ordnungszahl) geordnet. Es zeigte sich eine Periodizität der Eigenschaften bei den Elementen. Durch Zusammenfassen der Elemente mit periodisch wiederkehrenden Eigenschaften entstanden die Gruppen (Haupt- und Nebengruppen). Diese sind senkrecht im PSE angeordnet. Alle Elemente einer Gruppe haben die gleiche Anzahl an Außenelektronen. Die Nummer der Hauptgruppe gibt die Anzahl der Außenelektronen an. Waagerecht im PSE angeordnet sind die Perioden. Alle Elemente in einer Periode haben die gleiche Anzahl besetzter Elektronenschalen. Die Nummer der Periode gibt die Nummer der äußersten Elektronenschale, also die Anzahl der Elektronenschalen an. Änderung von Element-Eigenschaften im PSE: • Atom- und Ionenradien nehmen innerhalb einer Periode von links nach rechts ab, innerhalb einer Gruppe von oben nach unten zu. • Elektronegativität (EN) Die Elektronegativität ist ein Maß für das Bestreben eines Atoms, in einer kovalenten Einfachbindung ein Elektron an sich zu ziehen. Es gibt mehrere Skalen, die bekannteste ist die von Pauling (0 - 4). Dabei hat die Elektronegativität des elektronegativsten Elementes (Fluor) willkürlich den Wert 4. Die Elektronegativität nimmt innerhalb einer Periode von links nach rechts zu, innerhalb einer Gruppe von oben nach unten ab. • Metallischer Charakter Der metallische Charakter der Elemente nimmt innerhalb einer Periode von links nach rechts ab und innerhalb einer Gruppe von oben nach unten zu. Demzufolge stehen im PSE typische Metalle "links unten" und typische Nichtmetalle "rechts oben". Eine "Trennungslinie" bilden die Halbmetalle (B, Si, Ge, As, Te), die auch in ihrem Verhalten zwischen den beiden Typen stehen. Die Trennung ist nicht scharf; es gibt eine breite Übergangszone. Folgende Informationen sind aus dem PSE zu entnehmen: • • • • • • • Ordnungzahl (= Kernladungszahl = Anzahl der Protonen bzw. Elektronen des Elements) Anzahl der Außenelektronen (= Hauptgruppenzahl) Anzahl der Elektronenschalen (= Periodenzahl) Elektronegativität Atommasse (= Molmasse) maximale Oxidationszahl Oxidationszahl gegenüber Wasserstoff in Verbindungen 6 Oxidationszahl: Die Oxidationszahl (früher Wertigkeit) eines Elements ist die Zahl der Ladungen eines Atoms in einer Verbindung, die man erhält, wenn man sich die Verbindung aus Ionen aufgebaut vorstellt. Die Oxidationszahl wird mit Vorzeichen oberhalb des Elementsymbols in der Formel geschrieben. +1 +6 -2 ±0 Bsp.: +4 -2 H 2 S O4 Na C O2 Regeln zur Aufstellung von Oxidationszahlen : 1. Die Oxidationszahl von Atomen im elementaren Zustand ist Null. 2. Die Oxidationszahl von Fluor in Verbindungen ist -1. 3. Die Oxidationszahl von Wasserstoff in Verbindungen ist +1 (Ausnahme: Hydride [-1]). 4. Die Oxidationszahl von Sauerstoff in Verbindungen ist -2 (Ausnahme: Peroxide [-1]). 5. Die Oxidationszahl eines einatomigen Ions entspricht seiner Ladung. -2 -1 Bsp.: Cl - +3 Fe 3+ O2- 6. In Verbindungen ist die Oxidationszahl des Elements mit der kleineren Elektronegativität positiv, die des Elements mit der größeren Elektronegativität negativ. Bsp.: H2O ENH = 2,1 ENO = 3,5 +1 CH4 -2 ENH = 2,1 ENC = 2,2 -4 +1 ⇒H2O ⇒C H 4 7. Die algebraische Summe der Oxidationszahlen der Atome eines neutralen Moleküls ist Null. Auf diese Weise errechnet man sich die Oxidationszahl eines Elementes in einer Verbindung, wenn alle anderen Oxidationszahlen bekannt sind. Bsp.: Methanol CH3OH +1 -2 H O −2 3(+1) -2 +1 ⇒C H 3 O H weiteres Bsp.: Die verschiedenen Oxidationszustände des Stickstoffs: −3 +1 -1 N H 4 Cl +1 −1 -2 +1 H2N O H 1 -2 N2O ±0 N2 2 -2 NO 3 −2 N 2 O3 4 -2 N O2 +1 5 -2 H N O3 8. Die Summe der Oxidationszahlen der Atome eines Ions entspricht seiner Ladung. Bsp.: - MnO4 +7 4(-2) ⇒ Mn O 4 7 Teil 3 : Die Reaktionsgleichung Die Reaktionsgleichung ist die quantitative Beschreibung einer chemischen Reaktion. Dabei stehen die Ausgangsstoffe (Edukte) auf der linken Seite, die Reaktionsprodukte auf der rechten Seite des Reaktionspfeils. Bsp.: H 2Cl 2 2 HCl Die Koeffizienten sind Bestandteil einer chemischen Gleichung und beziehen sich auf die gesamte Formel, vor der sie stehen. Die Anzahl der Atome jedes Elements muss auf beiden Seiten des Reaktionspfeils gleich sein. Die algebraische Summe der Ladungen muß ebenfalls auf beiden Seiten gleich sein. Bsp.: Ag + NO -3K + Cl - AgCl K + NO -3 Die Reaktionsgleichung muss chemisch sinnvoll sein! Zuerst überlegen, welche Formeln die Ausgangsstoffe und Reaktionsprodukte haben, diese hinschreiben und erst dann mit den stöchiometrischen Koeffizienten so ausgleichen, dass die Anzahl der Atome und Ladungen beiderseits des Reaktionspfeils gleich groß werden. Was kann man in der Reaktionsgleichung wie verdeutlichen? 1. den Aggregatzustand der Reaktanden (rechts unterhalb der Formel in Klammern) (s) Bsp.: = fest (solidus) (l) = flüssig (liquidus) (g) = gasförmig (gaseous) 1 H 2(g) O2(g) H 2 O(l) 2 2. den gelösten Zustand (rechts unterhalb der Formal in Klammern) (aq) Bsp.: = in Wasser gelöst (aquatisch) H 2O NH 3(g) NH 3(aq) 3. Änderungen des Aggregatzustandes (Pfeil hinter der Formel) ↓ = Ausfällung eines Feststoffes aus einer Lösung Bsp.: Ag +(aq) Cl -(aq) AgCl ↑ = Gasentwicklung Bsp.: + 2- 2 Na (s)H 2 SO4 2 Na SO 4 H 2 4. Gleichgewicht oder vollständige Reaktion → Reaktionspfeil bei vollständigem Umsatz Bsp.: H 3 O +OH - 2 H 2 O ⇄ Reaktionspfeil bei Gleichgewichtszustand Bsp.: N2(g) + 3 H2(g) ⇄ 2 NH3(g) 8 Arten von Reaktionen 1. Säure-/ Base-Reaktionen Arrhenius-Konzept: Säuren sind Stoffe, die in wässriger Lösung in Protonen (H+) und Anionen dissoziieren. Bsp.: ⇄ HNO3 H+ + NO3- Basen sind Stoffe, die in wässriger Lösung in positiv geladene Kationen und negativ geladene Hydroxidionen (OH-) dissoziieren. Bsp.: ⇄ NaOH Na+ + OH- Brǿnstedt-Konzept: Säuren sind Stoffe, die in wässriger Lösung ein Proton auf H2O übertragen und dabei positiv geladene Oxoniumionen (H3O+) und negativ geladene Säurerestionen bilden (Protonendonatoren). Bsp.: HNO3 + H2O ⇄ H3O+ + NO3- Basen sind Stoffe, die Protonen aufnehmen können (Protonenakzeptoren). Bsp.: OH- + H+ ⇄ H2O Bei jeder Säure-Base-Reaktion entsteht aus einem Säure-Base-Paar im Ausgangszustand ein neues nach der Reaktion: H2SO4 (Säure) + H2O (Base) HSO4- (Säure) + H2O (Base) ⇄ ⇄ H3O+ (Säure) + HSO4- (Base) H3O+ (Säure) + SO42- (Base) An Säure-/Base-Reaktionen sind Säuren bzw. Basen beteiligt. Die Oxidationszahl der Atome bleibt dabei unverändert. Bei einer Neutralisation reagiert eine Säure mit einer Base zu Wasser und einem Salz. Bsp.: Na+ OH - H 3 O + Cl - 2 H 2 ONa+ Cl - 2. Redoxreaktionen Bei einer Redoxreaktion kommt es zum Elektronenübergang zwischen den Reaktanden. Bsp.: 2 MgO 2 2 MgO Teilreaktion 1: Mg Mg 2+ 2 e Oxidation (Elektronenabgabe) 1 2O 2 e O Teilreaktion 2: Reduktion (Elektronenaufnahme) 2 2 Eine Oxidation ist nicht auf Reaktionen mit Sauerstoff beschränkt!! Bsp.: 2 NaCl 2 2 NaCl Teilreaktion 1: Na Na+ e1 Cl e - Cl Teilreaktion 2: 2 2 Oxidation Reduktion 9 Bei der Oxidation gibt ein Stoff Elektronen ab. Die Oxidationszahl steigt dabei (wird positiver), der Stoff wird oxidiert. Bei der Reduktion nimmt ein Stoff Elektronen auf. Die Oxidationszahl sinkt dabei (wird negativer), der Stoff wird reduziert. Stoffe, die andere Stoffe oxidieren (ihnen Elektronen entziehen), sind Oxidationsmittel. Stoffe, die andere Stoffe reduzieren (ihnen Elektronen liefern), sind Reduktionsmittel. Es gibt keine absoluten Oxidations- oder Reduktionsmittel. Die Frage, ob ein Stoff Oxidationsmittel oder Reduktionsmittel ist, hängt vom Reaktionspartner ab. Bsp.: Stickstoff als Reduktionsmittel: ±0 ±0 Stickstoff als Oxidationsmittel: ±0 +4 -2 ±0 +2 -3 3 Mg N 2 Mg 3 N 2 N 22 O2 2 N O 2 Reduktion und Oxidation in einer chemischen Reaktion sind immer gekoppelt (Redox-Reaktionen). Die Oxidationszahlen der beiteiligten Atome in den Verbindungen ändern sich immer so, dass die Anzahl der abgegebenen Elektronen (Oxidation) gleich der Anzahl der aufgenommenen Elektronen (Reduktion) ist. Beispiele für Redoxreaktionen: 1.) ±0 ±0 ±0 Oxidation: +3 +3 Fe Fe3+ 3e - Reduktionsmittel: Fe O 2e - O 2- Oxidationsmittel: O2 -2 CO CO 2e - Reduktionsmittel: CO Fe3+ 3e- Fe Oxidationsmittel: Fe +2 -2 2- ±0 +4 -2 Fe2 O33 C O 2 Fe 3 C O2 +2 Oxidation: ±0 +4 +3 Reduktion: 3.) -2 ±0 Reduktion: 2.) +3 4 Fe 3 O 2 2 Fe2 O 3 +1 ±0 +5 -2 +2 +5 -2 ±0 Cu2 Ag +(aq)2 N O -3 (aq) Cu2+ (aq)2 N O 3 (aq)2 Ag Oxidation: Reduktion: ±0 +2 Cu Cu 2+2e - Reduktionsmittel: Cu Ag e - Ag Oxidationsmittel: Ag +1 ±0 NO3 (aq)- liegt gelöst vor und nimmt an der Reaktion nicht teil. 10 Aufstellen und Ausgleichen von Reaktionsgleichungen An dieser Stelle beschränken wir uns auf das Verfahren mit den Massenerhaltungssatz. Dieses ist einfacher zu verstehen, jedoch wird es schnell unübersichtlich bei komplizierteren Reaktionen. Es werden Atombilanzen aufgestellt: die Anzahl aller Atome der jeweiligen Art in den Edukten muss gleich dieser Anzahl in den Produkten sein. Bsp.: Wasserstoff und Sauerstoff reagieren zu Wasser. 1. Zuerst werden die Edukte und Produkte bestimmt. Wasserstoff Sauerstoff Wasser 2. Für Edukt- und Produktnamen werden chemische Formeln eingesetzt. H 2 O2 H 2 O 3. Die Gleichung ist bezüglich O noch nicht "ausgeglichen", d.h. sie entspricht noch nicht dem Massenerhaltungssatz. Es müssen 2 mol H2O gebildet werden. H 2O2 2 H2 O Nun ist schnell zu erkennen, dass für 2 mol H2O auch 2 mol H2 benötigt werden. 2 H2O2 2 H2 O Die Reaktionsgleichung ist richtig ausgeglichen. Dieses hier in zwei Schritten vorgenommene „Ausgleichen“ kann formalisiert werden, indem für alle Atomsorten die Faktoren für das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) gesucht werden. Dies ist aber im Allgemeinen nicht notwendig. Bei komplizierten Reaktionen zerlegt man die Reaktion in Teilschritte, die dann addiert werden. Nach diesem Schema können für viele der einfachen anorganischen Reaktionen Reaktionsgleichungen aufgestellt werden. Dazu ein weiteres Beispiel: Bsp.: Eisen reagiert mit Sauerstoff zu Eisen(III)-oxid. 1. Als erstes werden Edukte und Produkte in die Gleichung eingesetzt. EisenSauerstoff Eisen(III)-oxid 2. Im zweiten Schritt werden die Formeln der Stoffe in die Gleichung eingesetzt. FeO 2 Fe2 O3 3. Da Sauerstoff nur als O2-Molekül vorkommt: Fe3 O 2 2 Fe 2 O 3 Nachdem auch das Eisen ausgeglichen wurde, erhält man folgende Gleichung: 4 Fe3 O 2 2 Fe 2 O3 11 Teil 4 : Chemische Größen und Einheiten Der Molbegriff: Das Mol ist eine Stoffmenge (n), die soviel Teilchen enthält, wie Atome in 12 g des häufigsten Kohlenstoffisotops - 12C - enthalten sind. Diese Teilchenzahl wird als AVOGADRO-Konstante (früher LOSCHMIDT-Zahl) bezeichnet. Der Wert liegt bei 6,022045 · 1023 /mol. Bei der Angabe der Stoffmenge muß stets die Art der elementaren Teilchen genannt werden, auf die sich die Angabe bezieht. Bsp.: 1 mol C = 6,023 · 1023 C/mol 1 mol O2 = 6,023 · 1023 O2/mol = 1,205 · 1024 O/mol 1 mol NaCl = 6,023 · 1023 Na+/mol + 6,023 · 1023 Cl-/mol Die molare Masse: Die molare Masse (M) eines chemischen Elements oder einer chemischen Verbindung ist die Masse, die die Stoffmenge eines Mols dieses Stoffes besitzt. M= m Masse = n Stoffmenge [M] = g/mol Der Zahlenwert der molaren Masse eines Elements bzw. einer Verbindung ist gleich der (relativen) Atommasse bzw. der (relativen) Molekülmasse. Die molare Masse einer Verbindung setzt sich additiv aus den molaren Massen der Elemente in deren Verhältnis zusammen. Bsp.: O2: CO2: FeSO4 CaSO4 · 0,5 H2O: MO = 15,999 g/mol MO = 31,998 g/mol MC = 12,001 g/mol MO = 15,999 g/mol MCO = 43,999 g/mol MFe = 55,85 g/mol MS = 32,06 g/mol MO = 15,999 g/mol MFeSO = 151,906 g/mol MCa = 40,078 g/mol MS = 32,06 g/mol MO = 15,999 g/mol MH = 1,008 g/mol MCaSO 12 2 2 4 4 · 0,5 H2O = 145,142 g/mol Die Molarität: Die Molarität (c) - auch molare Konzentration genannt - ist die Stoffmenge des gelösten Stoffes in einem Liter Lösung. Die Einheit ist mol/L. Molarität der Lösung= n Stoff Stoffmenge des gelösten Stoffes = Volumen der Lösung V Lösung Durch Einsetzen des Quotienten aus Masse und molarer Masse für die Stoffmenge des gelösten Stoffes ergibt sich: Molarität der Lösung= mStoff Masse d. gel. Stoffes = molare Masse d. gel. Stoffes⋅Volumen der Lösung M Stoff⋅V Lösung Bsp.: Eine Salzsäure, die 365 mg Chlorwasserstoff (HCl) in 100 ml enthält, ist 0,1 molar. 0,365 g =0,1 mol / L 36,5 g /mol⋅0,1 L Massenprozent: Die Größe Massenprozent (m-%) gibt das Verhältnis von Masse des gelösten Stoffes zu 100g Masse der Lösung an. Bsp.: Eine 25 %ige Kochsalzlösung enthält in 100 g Lösung 25 g NaCl und 75 g Wasser. Volumenprozent: Die Größe Volumenprozent (Vol-%) gibt das Verhältnis von Volumen des gelösten Stoffes zu Volumen der Lösung an. Sie bezieht sich auf 100 cm³ Lösung. Molenbruch: Der Molenbruch xA ist der Stoffmengenanteil eines Reaktanden A in einem mol Reaktionsgemisch. Molenbruch des Stoffes A= nA Stoffmenge des Stoffes A = =xA Stoffmenge des Reaktionsgemischs ∑ n Molprozent: Die Größe Molprozent (mol-%) gibt den Stoffmengenanteil eines Reaktanden in einem Reaktionsgemisch in Prozent an. nA ∑n ⋅100%=x A⋅100% 13 Teil 5 : Stöchiometrisches Rechnen 1. Welche Masse Kohlenstoffdioxid entsteht bei der Verbrennung von 20 g Kohlenstoff? 1. Aufstellen der Reaktionsgleichung: CO 2 CO 2 2. gegebene Werte und gesuchte Größe kenntlich machen: 20 g X C O 2 CO 2 3. Molare Masse berechnen: MCO = MC + 2 · MO = 12 g/mol + 2 · 16g/mol = 44 g/mol 2 2 4. Stoffmenge berechnen: n= m M n C= mC 20 g 5 = = mol =n CO 2 M C 12 g /mol 3 5. Ergebnis berechnen: 5 mCO 2 =nCO 2⋅M CO 2 = mol⋅44 g /mol =73,33 g 3 2. Welchen Gewichtsverlust erreicht man beim Glühen von 0,1 mol Gips? 1. Aufstellen der Reaktionsgleichung: CaSO 4⋅2 H 2 O CaSO 4 2 H 2 O 2. gegebene Werte und gesuchte Größe kenntlich machen: m 0,1 mol CaSO 4⋅2 H 2 O 0,1 mol CaSO 40,2 mol H 2 O 3. Molare Masse berechnen: M CaSO 4⋅2 H 2 O =172 g/ mol M CaSO 4 =136 g / mol 4. Massen berechnen: mCaSO 4⋅2 H 2 O =M CaSO 4⋅2 H 2 O⋅n CaSO 4⋅2 H 2 O =172 g / mol⋅0,1 mol =17,2 g mCaSO 4 =M CaSO 4⋅n CaSO 4 =136 g /mol⋅0,1 mol=13,6 g 5. Massendifferenz ausrechnen: ∆m = 17,2 g - 13,6 g = 3,6 g m= 14 3,6 g =20,93 % 17,2 g 3. Durch Auflösen von Kupfer(II)-oxid in verdünnter Schwefelsäure sollen 25 g Kupfer(II)sulfat-Pentahydrat hergestellt werden. Welche Masse Kupfer(II)-oxid wird benötigt? 1. Reaktionsgleichung aufstellen: CuO s 2 H 3 O+SO 2-4 2 H 2 O CuSO 4⋅5 H 2 O 2. gegebene Werte und gesuchte Größe kenntlich machen: X 25 g CuO s 2 H 3 O + SO 24 2 H 2 O CuSO 4⋅5 H 2 O 3. Molmassen berechnen: M CuO =79,5 g/ mol M CuSO 4⋅5 H 2 O=249,5 g / mol 4. Stoffmenge berechnen: n CuSO 4⋅5 H 2 O = mCuSO 4⋅5 H 2O 25 g = =0,1006 mol M CuSO 4⋅5 H 2O 249,5 g/ mol 5. Masse berechnen: mCuO =n CuSO 4⋅5 H 2 O⋅M CuO =0,1006 mol⋅79,5 g / mol=7,966 g CuO 15