Tafel 2: Fossilien Fossilien sind Überreste vorzeitlicher pflanzlicher und tierischer Organismen sowie deren Lebensspuren, die unter günstigen Voraussetzungen der vollständigen Zerstörung entgangen sind und so über viele Millionen Jahre erhalten blieben. Die Überreste vergangenen Lebens sind in den verschiedenartigsten Sedimenten wie in Ton-, Sand- und Kalksteinen zu finden. Diese Gesteine stehen in Brandenburg jedoch nur in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel der Muschelkalk in Rüdersdorf, oberflächennah an. Sedimente des Paläozoikums und des Mesozoikums sind meist von jüngeren Ablagerungen bedeckt und können nur mittels Tiefbohrungen zutage gefördert werden. Mit den pleistozänen Inlandeismassen wurden jedoch gewaltige Mengen Gesteinsschutt aus Skandinavien in das norddeutsche Flachland transportiert. Darunter befinden sich nicht nur die kristallinen Gesteine des skandinavischen Grundgebirges, sondern auch zahlreiche fossilführende Sedimente vornehmlich aus dem Baltikum und vom Grunde der Ostsee, die in nahezu jeder Sandgrube und in den Lesesteinhaufen an Feldrändern gefunden werden können. Aber auch die eiszeitliche Tier- und Pflanzenwelt, die unsere Breiten bevölkerte, hat in nunmehr fossilen Resten bis in unsere Zeit überdauert. Die folgende Bildtafel soll einen kleinen Einblick in die faszinierende Vielfalt der in Brandenburg gemachten bzw. möglichen Fossilfunde geben. Dabei haben sowohl „wissenschaftliche Sensationen“ als auch „Allerweltsfossilien“ Berücksichtigung gefunden: 1 - Xenusion auerswaldae; Geschiebe Ein gutes Beispiel dafür, dass in dem von den skandinavischen Inlandeismassen in unser Gebiet transportierten Gesteinsschutt auch wissenschaftlich sensationelle Funde möglich sind, ist Xenusion. Xenusion gehört zu den ältesten größeren Körperfossilien Europas. Es entstammt einem violetten, weißlich gebänderten Sandstein unterkambrischen Alters aus Ostschweden. Bisher ist es nur in Geschieben gefunden worden und auch das nur in drei unvollständigen Exemplaren. Es ist damit seltener als der berühmte Urvogel. Xenusion gehört wahrscheinlich zu den Gliedertieren, läßt sich jedoch bis jetzt keiner bekannten Tiergruppe zuordnen, daher der wissenschaftliche Name, der soviel wie Fremdwesen bedeutet. Das hier abgebildete Exemplar wurde bei Sewekow (Prignitz) gefunden, ein weiteres stammt aus Fürstenwalde. 2 - Scolithos linearis; Geschiebe Ebenfalls im Unterkambrium wurde der sehr häufig anzutreffende weißlichgelbe, manchmal bräunlich gebänderte Scolithos-Sandstein aus Öland (Schweden) abgelagert, der mit zahlreichen röhrenförmigen Gebilden durchsetzt ist, die senkrecht zur Schichtung angeordnet sind (Scolithos = Pfahlstein). Dabei handelt es sich nicht um pflanzliche oder tierische Reste, sondern um sogenannte Spurenfossilien. In diesem Falle sind es sehr wahrscheinlich ehemalige Wohnbauten von Würmern, die im Flachmeer lebten. 3 - Trilobit; Geschiebe Trilobiten (Dreilappkrebse) waren urtümliche Gliederfüßer, die im Erdaltertum mit unzähligen Arten die Meere bevölkerten, zum Ende des Erdaltertums jedoch ausstarben. Ihre widerstandsfähigen Panzer sind in 138 vielen Sand- und Kalksteinen des Kambriums, Ordoviziums und Silurs zu finden. Der hier abgebildete Trilobit Ogmaasaphus praetextus stammt aus dem ordovizischen Ludibunduskalk, der in Schweden beheimatet ist. Deutlich ist die Dreiteilung des Körpers in Kopf- (links, mit Augen), dem segmentierten Rumpf- und Schwanzschild zu erkennen. 4 - Lituites lituus; Geschiebe In den roten und grauen Orthocerenkalken des Ordoviziums finden sich häufig die Überreste von Kopffüßern, zu denen auch die heute noch lebenden Tintenfische gehören. Im Gegensatz zu diesen besaßen die Nautiliden, deren einziger noch lebender Vertreter das Perlboot (Nautilus) ist, eine gekammerte Außenschale. Während der heutige Nautilus eine eingerollte Schale besitzt, bevölkerten im Erdaltertum zahlreiche Variationen von Nautiliden mit geradgestreckten, leichtgekrümmten kegelförmigen und teilweise bis vollständig eingerollten Gehäusetypen die Meere. Der hier abgebildete Lituites wuchs zuerst spiralig, daran schließt sich ein gestreckter Gehäuseabschnitt an. Die Ähnlichkeit dieser Schalen mit dem Stab der Auguren (lituus augurum) trug ihnen den Namen Lituites (Bischofsstab) ein. 5 - Monograptus; Geschiebe Ein typisches Geschiebe aus dem Silur ist das am Grunde der Ostsee beheimatete grünlichgraue Graptolithengestein, welches neben anderen Fossilien häufig eigentümliche schriftartig oder laubsägeartig geformte Reste enthält. Dabei handelt es sich um die fossilen Wohnkammern von ausgestorbenen koloniebildenden polypenähnlichen Tieren – den Graptolithen (graphein = schreiben, lithos = Stein). 6 - Undularia scalata In Rüdersdorf bei Berlin werden seit Jahrhunderten Kalksteine aus der Muschelkalkzeit abgebaut. Aus diesen Gesteinen sind im Laufe der Zeit zahllose Fossilien geborgen worden, darunter die abgebildete Kalksteinplatte mit mehreren Exemplaren der Schnecke Undularia mit bis zu 15 cm Höhe. Daneben befindet sich ein Exemplar des triassischen Nautiliden Germanonautilus bidorsatus. 7 - Nothosaurus raabi Im Rüdersdorfer Muschelkalk werden häufig isolierte Zähne und Knochen von Sauriern gefunden. Selten sind dagegen ganze Skelette. Ein schönes Beispiel dafür ist das wohl am besten erhaltene Skelett des bis zu 3 m langen Räubers Nothosaurus, der als Küstenbewohner an eine amphibische Lebensweise angepaßt war. 8 - Kreidefossilien; Geschiebe Aus dem heutigen Ostseeraum nahm das Inlandeis auch die Ablagerungen des ehemaligen Kreidemeeres auf und transportierte die widerstandsfähigen Anteile (meist Feuerstein) auch bis ins Brandenburgische. So können wir heute in Sandgruben ein großes Spektrum an fossilen Tieren aufsammeln, die einst das Kreidemeer bevölkerten. Auf der Abbildung sind neben den allseits bekannten Belemniten („Donnerkeile“) der Seeigel Galerites vulgaris (a), der „Klapperschwamm“ Plintosella squamosa (b), der Kalkschwamm Porosphaera (c) und die Einzelkoralle Parasmilia (d) zu sehen. 9 - Bernstein-Inkluse Bernstein als fossiles Baumharz (vgl. Tafel 1) ist ein vorzügliches Fossilisationsmittel. Er kommt in den Lausitzer Braunkohlentagebauen und auch als Geschiebe in einer Reihe von Kies- und Sandgruben vor, z. T. in solchen Mengen, dass er zur Schmucksteingewinnung abgebaut wurde. Bernstein enthält nicht selten Einschlüsse von Pflanzen- und Tierresten (Inklusen). Mit etwas Glück kann man in ihm wunderschön erhaltene Insekten wie den abgebildeten Silberfisch Zygentoma finden. 10 - Viviparus diluvianus In der Holstein-Warmzeit waren weite Teile des heutigen Brandenburgs durch eine Seenlandschaft geprägt. In diesen Gewässern lebte die Schnecke Viviparus diluvianus, deren widerstandsfähige Schalen als Umlagerungsprodukt in nahezu jeder Sandgrube gefunden werden können. Das abgebildete Stück, in dem die bis zu 3 cm großen Schnecken noch in ihrem ursprünglichen Einbettungsmedium lagern, stammt aus einer Bohrung bei Nauen aus einer Tiefe von 45 m. 11 und 12 – Mammuthus primigenius Während der Kälteperioden der Eiszeit bevölkerte eine an das rauhe Klima angepaßte Tierwelt unseren Raum. Typische Vertreter aus der Familie der Säugetiere waren die Lemminge, das Rentier, das Wollhaarige Nashorn und natürlich das Mammut (Mammuthus primigenius), das Symboltier der Eiszeit schlechthin. Häufigste Reste des Mammuts sind die charakteristischen Backenzähne (Abb. 11 zeigt ein Unterkieferbruchstück, Abb. 12 die Kaufläche eines Backenzahnes). Die abgebildeten Exemplare wurden in der Sandgrube Niederlehme geborgen. 13 – Pollenkörner von Lysimachia vulgaris Die mikroskopisch kleinen Blüten- und Sporenstäube tertiärer und pleistozä­ner Land- und Wasserpflanzen (Abb. 13 Lysimachia vulgaris = Gemeiner Gilbweiderich, Größe ca. 30 µm) erhalten sich insbesondere in den Ablagerungen von Seen und Mooren außerordentlich gut. Mit Hilfe der sogenannten Pollenanalyse ist es möglich, nicht nur das Alter derartiger Ablagerungen zu bestimmen, sondern auch Aussagen über die Vegetationszusam­mensetzung und das Klima u. a. der vergangenen warmzeitlichen Perioden des Eiszeitalters zu treffen. Danksagung Für die freundliche Unterstützung bei der Bereitstellung des Bildmaterials der Minerale wird den Herren Dr. G. Wappler und H.-R. Knöfler, Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, sowie Herrn Dr. J.-M. Lange, Staatliche Naturhistorische Sammlungen Dresden, Museum für Mineralogie, herzlich gedankt. Für die Auswahl der Objekte und für die Zurverfügungstellung des Bildmaterials der Fossilien danken wir Frau Radke und Herrn Dr. Heinrich vom Paläontologischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Scannen der übrigen Sammlungsstücke sowie das Anfertigen der farblich ausgewogenen Abbildungs-Tafeln lag in den Händen von Frau Dipl.-Geophysn. A. Andreae. Quellen (Fossilien): Abb. 1 – 4, 6, 7, 9, 11 und 12 Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin, Abb. 5, 8, 10 und 13 Sammlung LGRB 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 d a b c Tafel 2 in: Atlas zur Geologie von Brandenburg, LBGR (2010) 139