Avogadros Hypothese und das fundamentale Problem der Physik

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Mario Wingert
Avogadros Hypothese und
das fundamentale Problem der Physik
Das Atomos-Paradigma
Avogadros Hypothese, zum 200. Jahrestag
neu interpretiert und kommentiert von Mario Wingert 2011
Originalquelle: Journal de Physique par Delamétherie 73, p. 58-76, Juli 1811
Deutsche Übersetzung und Nachdruck aus:
Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften 3/8; Leipzig 1902
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„Young academic scientists have the best chance of succeeding if they impress older scientists with
technically sweet solutions... To do the opposite - to think deeply and independently and try to formulate
Daltons Atomkonzept (1803/1810) und Avogadros Hypothese (1811) gelten noch heute, zweihundert
Jahre später, als fundamentale Stützen der Atomhypothese. Die Atomhypothese beruht auf der naturphilosophischen Annahme, dass sich die physikalischen Eigenschaften der Natur letztendlich auf kleinste, unteilbare Bausteine der Materie und zwischen ihnen wirkende Kräfte reduzieren lassen. Diese
Annahme (atomos - das Unteilbare) geht schon auf Demokrit zurück, wurde 1810 von Dalton für die
physikalische Chemie neu belebt, konnte sich in der Physik aber erst vor einhundert Jahren durchsetzen.
Weitere 100 Jahre später, 2010, erscheint die Atomhypothese so sicher und experimentell eindeutig
begründet, dass sie die Rolle eines Paradigmas spielt, das scheinbar kaum noch sinnvoll in Frage gestellt
werden kann. Im Allgemeinen führt das dazu, dass physikalische Vorstellungen, Modelle und Theorien
so angelegt und interpretiert werden, dass sie mit diesem Paradigma kompatibel sind. So ordnen sich
auch die kinetische Theorie der Wärme, die Molekulartheorie und die Quantentheorie in diesen Rahmen
ein, obwohl sie mit der Atomos-Hypothese nicht wirklich kompatibel sind, wie Avogadros Originalhypothese und Doppelspaltexperimente mit einzelnen Atomen und Teilchen zeigen.
Obwohl schon Ende des 19.Jahrhunderts klar wurde, dass Atome in Wirklichkeit teilbar sind, wurde die
Atomhypothese nicht aufgegeben. Statt dessen wurde sie immer wieder auf neue, kleinere und nun
hoffentlich endgültige „Atome“, jetzt Elementarteilchen genannt, übertragen. So gelten zum Beispiel
Elektronen und Photonen als unteilbar, in manchen Fällen auch noch das Atom, speziell im Doppelspaltexperiment. Tatsächlich beweist dieses Experiment jedoch, dass das Paradigma der Unteilbarkeit auf die
Elementarstrukturen der Natur und Realität nicht zutreffen kann, denn es zeigt eine Interferenzbedingung, die besagt, dass die postulierten unteilbaren Teilchen oder räumlich konzentrierten Energieportionen (beides wird Teilchen genannt) theoretisch und praktisch beide Öffnungen gleichzeitig passieren;
sich dabei also teilen - und im Zuge der Absorption wieder miteinander verschmelzen - müssen. Dieser
Teilungsprozess kann aufgrund der ganzheitlichen Absorption nicht mehr im Sinne der Mechanik und
der Atomhypothese verstanden werden. Nimmt man diese Interferenzbedingung physikalisch ernst,
scheitert die Atomhypothese nachweisbar im Experiment. Obwohl das Experiment damit eindeutig eine
physikalische Erklärung verlangt, in der sich „Atome“ und „Elementarteilchen“ ganzheitlich teilen müssen
(was eine völlig neue Physik erfordert), wird eine solche Erklärung und Modellierung des Doppelspaltexperiments von der Quantenmechanik ganz bewusst nicht nur nicht gegeben, sondern als Lösungsmöglichkeit prinzipiell ausgeschlossen - eben weil eine physikalisch widerspruchsfreie Erklärung des Experiments mit der zugrundeliegenden Atomos-Hypothese nicht möglich ist. Diese Sicht- und Behandlungsweise des grössten Problems der theoretischen Physik lässt sich weder experimentell noch theoretisch
begründen; sie ist also nur eine problemvermeidende Interpretation, die letztlich versucht, das
herrschende Paradigma zu retten. Sie wurde 1927 von Bohr, Heisenberg und Born gegeben und als
quantenmechanische Deutung der Quantentheorie bekannt. Um die Atom- und Elementarteilchenhypothese, die Mechanik und all die anderen Theorien und Modelle der klassischen Physik gegen experimentelle Evidenz halten zu können, arrangiert sie sich mit dem Welle/Quanten-Paradoxon und verzichtet
damit grundsätzlich auf widerspruchsfreie physikalische Modelle der Realität.
Mario Wingert „Quantum Top Secret - Die Lösung des Quantenrätsels. Metamorphose eines Weltbildes“ (ISBN 978-3000-242526 / 2008)
„The one thing everyone who cares about fundamental physics seems to agree on is that new ideas are needed...
We are missing something big... Clearly, someone has to... recognize a wrong assumption we have all been making...“
(Lee Smolin: The Trouble with Physics, 2006)
Die Stagnation und Krise der gegenwärtigen theoretischen Physik wird also zum einen durch
das unbegründete Festhalten an der Atom-und Elementarteilchenhypothese verursacht, zum
anderen durch den proklamierten Erkenntnisverzicht der quantenmechanischen Interpretation
- einer für die Naturwissenschaften äusserst befremdlichen Konvention, die seit 80 Jahren von der
überwältigenden Mehrheit der Physiker ohne jeden Widerstand (!) hingenommen wird. Aufgrund der
tiefen konzeptionellen Probleme der modernen Physik, der sich viele Physiker überhaupt nicht bewusst
sind, ist es für Physiker und Chemiker, aber auch für Biologen von vitalem Interesse, sich die Entstehung
ihrer wichtigsten Konzepte anhand von Originalbeiträgen noch einmal vor Augen zu führen - und im
Lichte moderner Erkenntnisse kritisch und kreativ zu hinterfragen. Als Beispiel wird hier (anhängend)
Avogadros Hypothese im Original vorgestellt. Das trifft aber ebenso auf Maxwells Arbeiten zur kinetischen Wärmetheorie, zur Dynamik des elektromagnetischen Feldes und auf Einsteins Lichtquantenhypothese zu. Gerade im Zusammenhang der beiden letzten Theorien wird deutlich, dass Einstein mit der
Quantenhypothese des Lichts eine noch unbekannte Struktur des elektromagnetischen Feldes postuliert hatte, die ähnlich wie in der Molekulartheorie der Materie aus qualitativ ganzheitlichen Elementen
bestehen sollte. Diese Elementarstrukturen des elektromagnetischen Feldes, Lichtquanten genannt,
müssten allerdings sowohl ein Ganzes, aber auch teilbar sein - ein Problem, dass selbst Einstein nicht lösen
konnte. Eine solche Beschaffenheit lässt sich eben weder mit dem Körperbegriff der Mechanik, noch mit
der Atom- und Elementarteilchenhypothese illustrieren, geschweige denn verstehen.
Avogadro zeigt, dass erst ein solcher Teilungs- und Verdopplungsprozess (im Grunde die Postulierung,
ja Entdeckung einer neuen Natur-Qualität) ein quantitatives Verständnis der ansonsten einem Naturwunder gleichenden einfachen ganzzahligen Volumenproportionen von Gasreaktionen ermöglicht.
Avogadro illustriert diesen Prozess mit der Vorstellung, dass sich konstituierende Moleküle bereits aus
„Elementarmolekülen“ zusammensetzen. Canizarro setzt diese 1860 konzeptionell mit Daltons Atomen
gleich, so dass Moleküle nun als mechanistische Doppelatome und Avogadros Molekültheorie und
Daltons Atomhypothese kompatibel erscheinen. Dass die Teilungsfähigkeit der Moleküle (sprich
Elementarstrukturen der Materie) jedoch auf irgendeine Präkomposition zurückzuführen sei, war schon
bei Avogadro nur eine ad-hoc-Annahme, die den Teilungsprozess nur plausibler machen sollte. Die
Atomhypothese lässt sich aus den Volumenproportionen weder ableiten, noch ist sie zur Erklärung des
Teilungsprozesses notwendig. Vorstellbar ist ebenso, dass Moleküle durch ganzheitliche Teilungsprozesse zugrundeliegender Materiestrukturen entstehen, die dann eben nicht mehr als Atome, sondern
nur noch als Zellen (wie in der Biologie) verstanden werden können. Avogadro weist darauf hin, dass
seine Massenbestimmungen mit Daltons multiplen Proportionen vereinbar sind, wenn man das
Teilungsprinzip zugrundelegt. Die Bedeutung seines Teilungsprinzips liegt jedoch noch viel tiefer:
Aufgrund des Scheiterns des Körperbegriffs der Mechanik und der Unteilbarkeitshypothese im Doppelspaltexperiment sind ganzheitliche Teilungs- und Verschmelzungsprozesse zwingend notwendig, um die
Beschaffenheit von Materie und Feldern physikalisch verstehen und modellieren zu können. Der ganzheitliche Teilungsprozess stellt dann ein experimentell bereits mehrfach bestätigtes physikalisches
Prinzip dar - in der Physik, Chemie und Biologie (dort Zellteilung genannt); und lässt sich nun als Grundprinzip der Strukturbildung in der Natur verstehen. Das führt direkt zu einer universellen Feldtheorie.
Mario Wingert „Quantum Top Secret - Die Lösung des Quantenrätsels. Metamorphose eines Weltbildes“ (ISBN 978-3000-242526 / 2008)
Wenn die Atom- und Elementarteilchenhypothese am Doppelspalt experimentell scheitert und durch
physikalisch ganzheitliche Teilungs- und Verschmelzungsprozesse ersetzt werden muss, müssen solche
Prozesse nicht nur die Beschaffenheit von Feldern, sondern auch von Materie charakterisieren. Und so ist
es auch, wie Avogadros Originalhypothese zeigt. Avogadro hatte einen wesentlichen Mangel in Daltons
Atomkonzept bemerkt - es war mit dem Experiment nicht verträglich. Avogadro hatte erkannt, dass sich
Daltons Atome während chemischer Reaktionen teilen müssen, um der experimentell ermittelten
Volumengleichung Gay-Lussacs genügen zu können. Da das dem Atombegriff widerspricht, definierte
Avogadro die für die chemischen Reaktionen relevanten Elementareinheiten der gasförmigen Materie
als Moleküle; als Elementarstrukturen, die nun über die notwendige Eigenschaft verfügen, sich während
chemischer Reaktionen teilen zu können - und zu müssen. Diese Teilungshypothese (von Materiestrukturen gleich welcher Art) war die eigentliche geniale und experimentell zwingend begründete Erkenntnis Avogadros. Sie schlägt sich in der Hypothese nieder, dass Gase beliebiger Art bei gleichem Volumen,
gleicher Temperatur und gleichem Druck aus der gleichen Anzahl konstituierender Moleküle - sprich
Elementarstrukturen - bestehen. Diese Erkenntnis bildet bis heute die wichtigste Grundlage der physikalischen Chemie, der Molekulartheorie und der Thermodynamik. Sie wird allerdings noch immer mechanistisch und im Sinne der Atomhypothese interpretiert; deshalb wird auch kaum problematisiert, dass
Avogadros Hypothese ebenso impliziert, dass die Zahl der substanzbildenden (konstituierenden)
Elementarstrukturen volumen-, druck- und temperaturabhängig sein muss und nicht von stofflichen
Substanzhypothesen abhängen kann. Das Wesentliche an dieser Hypothese ist also der Teilungsprozess
qualitativ ganzheitlicher Elementarstrukturen, der experimentell sehr scharfsinnig begründet und damit
unabhängig von der Atomhypothese ist, ja diese deutlich in Frage stellt. Dieser Teilungsprozess widerspricht dem Atomkonzept; deshalb kommt der Atombegriff bei Avogadro auch nicht vor (das Wort
Atom taucht nur einmal in der deutschen Übersetzung auf und erweist sich als Flüchtigkeitsfehler).
www.anatomy-of-emptiness.de Kategorie future concepts
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