Keratokonjunktivitis sicca (KCS) - Kleintierpraxis Dr. Nina Müller

Autorin: Dr. med. vet. Sunayana Mitra
Keratokonjunktivitis sicca (KCS)- das
"trockene Auge"
Die Keratokonjunktivitis sicca (KCS) - das trockene Auge - ist eine Erkrankung der Binde- und
Hornhaut, die durch das langsame oder plötzliche Versiegen der Tränenproduktion entsteht.
Ihr vielgestaltiges, klinisches Bild kann zur Fehldiagnose einer eitrigen Bindehautentzündung
führen.
Der Therapeut wird durch die anfängliche Besserung der Symptome fehlgeleitet und die Erkrankung
rezidiviert, wenn der Schmiereffekt der Augenpräparate abgesetzt wird.
Bei vielen chronisch erkrankten Hunden entwickelt sich eine schwerst zu beherrschende
Hornhautentzündung, die später durch Pigmenteinsprossung mit einer schwarzen Schicht
durchzogen wird, so dass der Hund am Ende klinisch blind ist.
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Allein die hochgradigen Schmerzen, welche die Hunde mit trockenen Augen aushalten müssen,
verpflichten uns zur gründlichen Diagnostik und schnellem therapeutischen Handeln.
Klinische Erscheinungen der akuten KCS
 Blepharospasmus (halb zugekniffene Augenlider)
 Entzündlich gerötete Bindehäute, kleben auf der Hornhaut
 Mucopurulente Sekretion (schleimig-eitriger Augenausfluss)
 Vorfall der geröteten Nickhaut (drittes Augenlid)
 Glanzlose Kornea mit unregelmäßiger Oberfläche
 Ulzera (Hornhautgeschwüre) zentral oder multifokal mit Perforationsgefahr
(Durchbruchgefahr)
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Klinische Erscheinungen der chronischen KCS
Chronische, intermittierende (immer wiederkehrende) Konjunktivitis, wird während der Behandlung
besser, rezidiviert (wird schlimmer) aber nach Absetzen der Medikamente.
 Hyperämische Konjunktiven (hochrote Bindehäute)
 Chemosis (Anschwellung der Bindehäute), mukopurulenter (schleimig-eitriger) Augenausfluss
 Hornhautoberfläche rau und unregelmäßig
 Hornhauttrübungen, aber selten Ulzerationen (Geschwüre)
Im weiteren Verlauf werden die Bindehäute verdickt, das Sekret trocknet pappig aus und klebt an
den Lidrändern. Oberflächliche Gefäßeinsprossung (Vaskularisation) in die Hornhaut mit
Pigmenteinlagerung; komplette, dichte Pigmentierung (Schwarzfärbung) der Hornhaut.
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 Die Folge ist Blindheit
Diagnose der KCS
 Genaue Betrachtung des Auges (Adspektion) - achte auf den Tränensee am unteren Lidrand
 Schirmer-Tränentest (Menge der Tränenflüssigkeit messen)
Schirmer-Tränen-Test
 Fluoreszeintest (Sichtbarmachen eventueller Hornhautdefekte)
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Ursachen der KCS
 Chronische Lid- und Bindehautentzündung (Blepharokonjunktivitis) mit Dysfunktion der
Meibom'schen und Zeiss'schen Lidranddrüsen.
 Kongenital (angeboren):
Mops und Yorkshire Terrier
 Medikamentös:
Allgemeinanästhesie
lokal sowie parenterale (eingegebene, gespritzte)
Atropingabe
 Arzneimitteltoxizität:
Aminosalizylsäure
Phenazopyridine
Sulfadiazin
Sulfasalazin
Trimetoprim
 Immunologische Fehlreaktion bei: Amerik. Cockerspaniel
Beagle
Boston Terrier
Chihuahua
Dachshund
Engl. Bulldogge
Lhasa Apso
Mops
Pekinese
Shi Tsu
West Highland White Terrier
Yorkshire Terrier
Zwergschnauzer
und vielen anderen Hunderassen
 Strahlentherapie
 Neurogen (nervenbedingt) durch Fehlfunktion des parasympatischen Anteils der Kopfnerven,
z.B. nach einer Beißerei
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 Chirurgisch, nach Entfernung der Nickhaut
 Trauma (Verletzung) des Augapfels und der Orbita (Augenhöhle), z.B. Unfall
Die KCS ist oft eine immunvermittelte Begleiterkrankung bei
 Atropie
 Hypothyreoidismus
 Hyperadrenokortizismus
 System. Lupus erythematosus
 Rheumatoider Arthritis
 Diabetes mellitus
 Chronisch aktiver Hepatitis
 Pemphigus
Krankheitsverschlimmernde Faktoren der KCS sind
 Ektropium (Ausrollung des Lides)
 Entropium (Einrollung des Lides)
 Trichiasis (fehlgestellte Lidhaare)
 Exophthalmos (hervortretender Augapfel)
 Trockene Luft, geheizte Wohnung, Wind, Sonne, Staub
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Richtlinien für die Behandlung der KCS
Die akute KCS wird als ophthalmologischer Notfall eingestuft, da Hornhautgeschwüre (Ulzera)
schnell entstehen und die Hornhaut perforieren können.
Aufklärung der Besitzer
Der Besitzer muss über die Notwendigkeit der häufigen Anwendung der verordneten Medikamente
aufgeklärt werden.
 Augentropfen wirken 15 Minuten
 Augensalben und -gel ca. 25 Minuten
Im schlimmsten Fall muss die Bereitschaft der Besitzer erreicht werden, die Medikation
stündlich - jeden Tag - ein ganzes Hundeleben lang
zu verabreichen.
Regelmäßige Nachuntersuchungen und Angleichung der Medikamente an den jeweiligen Zustand
des entzündeten Auges.
Medikamentenauswahl zur Behandlung der KCS
Tränenflüssigkeitsersatz
 wässrig
 hält sich ca. 15 Minuten in therapeutischer Wirksamkeit
 muss, je nach Schirmer Tränentest-Wert, 1/2 – 1-stündlich verabreicht werden
 wird als "Verteiler" vor jeder Augensalbe getropft, da unser Tränenfilm auch auf der Hornhaut
schwimmt
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Tränengel
 wird nach einem Tropfen Tränenersatz appliziert
 verlängert die befeuchtende Wirkung auf ca. 30 Minuten
Hyaluronsäure
 wirkt ernährend auf Hornhaut und Bindehaut
 ölige Trägersubstanz schützt Hornhaut bei Lidschlag
 wird 4 x täglich oder öfter in Behandlungsschema eingebaut
Vitamin A -POS Augensalbe
 ölige Präparation von Retinopalmitat
 zur Regeneration und Ernährung der Hornhaut und Bindehaut
 wirkt gleitend für Auge
 schützt durch Ölfilm vor Umwelteinflüssen
 verlängerter Verbleib im Bindehautsack
 vor allem für die Nacht und vor längeren Behandlungspausen
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Cyclosporin A (OPTIMMUNE®) ist das Mittel der Wahl zur Therapie der KCS
Wirkung
 aktive Anregung der Tränenproduktion
 wird 2 mal täglich auf die Hornhaut getropft
 verringert die Pigmentansammlung
 wirkt stark entzündungshemmend
 kontrolliert immologisch bedingte Komponenten
 auch erfolgreich bei Keratitis superfizialis chronica nach Überreiter und Keratitis pannosa
(Schäferhundkeratitis)
Behandlung der Begleiterscheinungen bei KCS
Antibiotische Augensalben
wenn nötig bei Sekundärinfektion, evtl. nach Antibiogramm
Augenreiniger, Augenspüllösungen
zum schonenden Lösen des zäh-pappigen Sekrets
evtl. mit Acetylcystein (Kollagenasehemmung, Mukolyse / schleimlösend) versetzt
2 - 3 mal täglich angewandt
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Vermeide:
Kortisonhaltige Augentropfen oder -salben bei KCS-Augen
Hornhautgeschwüre entstehen schnell und können innerhalb 24 Stunden durchbrechen
Jedes Hornhautgeschwür (Ulcus) bei der KCS ist ein Notfall!
Maßnahmen bei KCS-Geschwüren:
gestielter Bindehautlappen oder Konjunktivaschürze
Die Nickhautschürze eignet sich weniger zur Therapie eines KCS-Hornhautgeschwürs, da hier die
gründliche Befeuchtung des Auges nicht gewährleistet ist.
Chirurgische Behandlung der KCS
Transposition des Ductus parotidicus
Präparation des Speichelgangs und Implantation seines Ausgangs in die Bindehaut des oberen
Augenbereiches.
Vorteile:
Man muss weniger Augenmedikamente applizieren, da der Speichelfluss die Hornhaut befeuchtet.
Nachteile:
Allgemeinanästhesie - Operationsrisiko
Kalzium - Niederschlag auf der Kornea aus dem Speichel führt zu Hornhautreizung und -infiltration
und braucht deshalb regelmäßige lokale Spülung mit Ca - bindenden Medikamenten.
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Komplikationen post op:
Drehung des Ductus parotidicus
Verlegung, Verstopfung
Funktionsuntüchtigkeit der Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse)
Zusammenfassend gesagt, ist die konservative Therapie der KCS mit Cyclosporin A
(OPTIMMUNE®) Augensalbe das Mittel der Wahl.
Zusätzliche Befeuchtungsmittel sollten bis zur stündlichen Anwendung unterstützend in das Auge
gegeben werden.
Ziel der Therapie ist die Schmerzfreiheit der Augen und die Erhaltung der Sehfähigkeit.
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