University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2008 Alopezie beim Hund - Ueberblick und Differenzialdiagnose Favrot, C Favrot, C. Alopezie beim Hund - Ueberblick und Differenzialdiagnose. In: 29. Internationaler Fortbildungskurs Kleintierkrankheiten Dermatologie, Flims, 05 March 2008 - 08 March 2008. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: 29. Internationaler Fortbildungskurs Kleintierkrankheiten Dermatologie, Flims, 05 March 2008 - 08 March 2008. ALOPEZIE BEIM HUND – ÜBERBLICK UND DIFFERENTIALDIAGNOSEN Claude Favrot, DVM, MsSc, Dip, ECVD Klinik für Kleintiermedizin, Dermatologie Einheit Vetsuisse-Fakultät der Universitàt Zürich Verstärkter Haarausfall und Alopezie sind ein häufiger Konsultationsgrund in einer Tierarztpraxis und oftmals Auslöser von Frustrationen bei Tierbesitzern aufgrund des Aussehens ihres Hundes. Die Ursachen des Haarausfalls sind jedoch sehr vielfältig und ein systematisches und rigoroses Vorgehen ist unabbdingbar, um eine korrekte Diagnose zu stellen und so die richtige Wahl der Behandlung zu treffen. Beim Hund handelt es sich um ein Tier mit einer kurzen Anagenphase (Wachstumsphase). Anschliessend folgt zuerst eine Ruhephase, während der das Haar fest im Haarfollikel verankert bleibt (Telogenphase) und zuletzt eine Phase des Haarausfalls, welche spontan oder nach einem Trauma einsetzen kann (Haarlosetelogenphase). Der Pudel ist die einzige Rasse, die eine längere Anagenphase besitzt. Alle anderen Hunde verlieren ihre Haare gemäss einem Rasse-spezifischen Rythmus, in der Regel zwei Mal pro Jahr. Das Klima, die Jahreszeit, die Intensität der Beleuchtung und die Hormone beeinflussen auch diesen Zyklus. Der Fellwechsel verfolgt dazu ein Mosaikmuster, so dass der Körper immer bedeckt bleibt. Er kann aber manchmal besonders intensiv sein und vom Tierbesitzer als pathologisch interpretiert werden. Um einen krankheitsbedingten Haarausfall von einem physiologischen Fellwechsel zu unterscheiden, müssen für uns folgende Kriterien erfüllen werden: 1. Körperstellen, die gar nicht von Haaren bedeckt sind, oder 2. Stellen, in denen nur ein Teil des Haarkleides vorhanden ist (z.B. nur die Sekundärhaare = Babycoat). Bei erwiesener Alopezie sollte eine ausführliche Anamnese erhoben werden, die eventuell alleine zur Diagnose oder zumindest zu einem starken Verdacht führen kann; zum Beispiel bei vorgeschichtlichen Krankheiten oder Traumata, die ein anagenes oder telogenes Effluvium vermuten lassen, oder wenn eine begleitende Polyurie / Polydypsie auf einen Hyperadrenokortizismus hinweist, oder bei einer Alopezie der Ohren bei jungen Dackeln, die auf eine Schablonenkahlheit hinweist. Während der klinischen Untersuchung sollte das Schwergewicht auf zwei Untersuchungsmerkmale gelegt werden: die Symmetrie der Läsionen und deren entzündlichen Charakter. Symmetrische Alopezien sind in der Regel nicht entzündlich und stehen für Störungen des Haarfollikelzyklus (z. B. Endokrinopathien) oder für follikuläre Dysplasien (siehe rechte Seite der Tabelle). Alopezien mit nichtsymmetrischem Muster entsprechen hingegen eher einer Infektion der Haarfollikel (Pyodermie, Dermatophytose, Demodikose), einer traumatischen Pseudo-Alopezie (Kratzläsionen: die Haare sind abgebrochen, die Haarbasis bleibt aber im Follikel vorhanden) oder perifollikulären Entzündungsprozessen (Sebadenitis, Alopezia areata, Vaskulitis) (siehe linke Seite der Tabelle). Diese Merkmale können aber besser gedeutet werden, wenn der Tierhalter über das ursprüngliche Verteilungsmuster (symmetrisch oder nichtsymmetrisch) und das Verhalten (mit oder ohne Juckreiz) der Läsionen Auskunft geben kann. Tatsächlich kann bei jeder nicht-entzündlichen Alopezie eine sekundäre Entzündung auftreten und so das initiale Bild der Erkrankung ändern! Ektodermale Dysplasien Haarlose Rassen Kongenital Nicht symmetrisch, Entzündung, Juckreiz Selbstinduziert Überempfindlichkeitsreakt. Parasiten Symmetrisch, nicht-entzündlich, kein Juckreiz Alopezie Erworben Infektionen des Haarfollikels Staphylokokken Demodex Dermatophyten Andere entzündliche Reakt. Sebadenitis Dermatomyositis Alopecia areata Vasculopathien Endokrinopathien: Hypothyreose Hyperadrenokortizismus Geschlechthormon-Störungen Kong. Hyposomatotropismus Andere Störungen des Haarzyklus Alopezie X Idiop. Zykl. Alopezie der Flanken Schablonenkahlheit Anagenes/telogenes Effluvium Follikul!are Dysplasien FD des schwarzen Fells Alopezie der Farbmutanten Infektionen der Haarfollikel (Pyodermie, Demodikose, Dermatophytose) sind klinisch oft unmöglich voneinander zu unterscheiden und äussern sich alle drei durch eine nichtsymmetrische, fokale oder multifokale Alopezie mit eher mässigem Juckreiz trotz Erythem und eventuell sogar verkrusteter Veränderungen. Bei einem solchen Erscheinungsbild sind Zytologie, tiefe Geschabsel und eine mykologische Kultur (oder mindestens eine Untersuchung mittels Woodsche’ Lampe und Trichogramme) der Läsion notwendig. Die Sebadenitis ist zwar keine Seltenheit, wird dennoch häufig verkannt und mit anderen Ursachen einer entzündlichen Alopezie verwechselt (Leishmaniose, Pyodermie, Dermatophytose). Es handelt sich dabei, um eine gegen die Talgdrüsen gerichtete, wahrscheinlich autoimmune Reaktion. Pathologisch werden diese Drüsen von Lymphozyten und / oder Histiozyten angegriffen und zerstört. Klinisch zeichnen sich die befallenen Hunde durch eine trockene und schuppende Haut mit multifokaler bis diffuser Alopezie aus. Das Vorhandensein von „Follicular casts“ ist das typische, jedoch nicht pathognomonische Zeichen dieser Perifollikulitis. Es handelt sich dabei, um eine Keratinhülle, die die Haarbasis umgibt. Diese Zeichen einer Haarfollikel-Hyperkeratose können zwar bei anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel bei einer Demodikose oder einer Vitamin A-responsiven Dermatose angetroffen werden, sind jedoch vor allem für die Sebadenitis sehr charachteristisch. Gewisse Rassen wie Akitas, Vizslas oder Königspudel sind strak prädisponiert, die Krankheit kann aber bei allen Rassen auftreten. Symmetrische, nicht-entzündliche Alopezien sollten nicht per se als Endokrinopathien betrachtet werden. Auch wenn diese bestens bekannt und dokumentiert sind (Hyperadrenokortizismus (siehe Tabelle), Schilddrüseninsuffizienz (siehe Tabelle), Störungen der Geschlechtshormone oder der Wachstumshormone), können andere Erkrankungen diesen ähneln. KLINISCHE SYMPTOME DER SCHILDDRÜSENINSUFFIZIENZ HÄUFIG NICHT-HÄUFIG SELTEN Struppiges Fell Alopezie Hypothermie Hypotrichose Pyodermie Bradykardie Seborrhoe Ceruminöse Otitis externa Augenstörungen Alopezie nach Scheren Myxödem Anoestrus, Störung des Obesitas Leistungsschwäche Zyklus Lethargie/Apathie Kälteintoleranz Fazialisnerv-Paralyse KLINISCHE SYMPTOME DER HYPERADRENOCKORTIZISMUS HÄUFIG SELTEN Polyurie-Polydypsie Rezidivierende Blasenentzündung Polyphagie Bauchspeicheldrüse Entzündung Birnenformiges Abdomen Hodenatrophie Hecheln Diabetes Mellitus Muskelatrophie Kalzinosis cutis Anoestrus Alopezie Hyperpigmentation Sekundäre bakterielle Entzündungen Komedone Hautdatrophie Insbesondere wichtig sind die follikulären Dysplasien bei jungen adulten Hunden mit spezifischer Fellfarbe (Follikuläre Dysplasie des schwarzen Fells, Farbmutantalopezie etc..). Hunde, die von diesen Erkrankungen betroffen sind, haben Haare, die leicht brechen und fälschlicherweise den Eindruck einer Alopezie vermitteln. Die Alopezie X ist eine komplexe Krankheit, die insbesondere Pudel und nordische Hunderassen befällt. Sie steht möglicherweise in Zusammenhang mit der abnormalen Produktion von gewissen Geschlechtshormonen durch die Nebennieren, oder – alternativ - mit der Störung von Geschlechtshormonrezeptoren in den Haarfollikeln. Die betroffenen Tiere entwickeln zuerst ein plüschiges Fell (Puppycoat) und dann eine Alopezie. Die zyklische Flanken-Alopezie der Hunde betrifft beide Geschlechter und zeichnet sich, wenigstens am Anfang, durch einen symmetrischen Haarausfall an beiden Flanken im Herbst und neuem Haarwuchs im Frühling aus. Diese Alopezien sind immer sehr gut begrenzt (Landkartenmuster) und die Haut ist hyperpigmentiert und kühl. Diese Erkrankung könnte mit einer Störung des Melatoninstoffwechsels im Winter im Zusammenhang stehen. • • • • • • • • • • Reichler, I.M., et al., Sebaceous adenitis in the Akita: clinical observations, histopathology and heredity. Vet Dermatol, 2001. 12(5): p. 243-253. Cerundolo, R., et al., Treatment of canine Alopecia X with trilostane. Vet Dermatol, 2004. 15(5): p. 285-93. Frank, L.A., K.A. Hnilica, and J.W. Oliver, Adrenal steroid hormone concentrations in dogs with hair cycle arrest (Alopecia X) before and during treatment with melatonin and mitotane. Vet Dermatol, 2004. 15(5): p. 278-84. Castellano, M.C. and J.R. Idiart, Colour dilution alopecia in a German Shepherd dog. Canine Pract, 1999. 24(5): p. 6-7. Cerundolo, R., Symmetrical alopecia in the dog. In Practice, 1999. 21(7): p. 350+. Fontaine, J. and T. Olivry, Alopecia evoking follicular lipidosis in a Rottweiler. Prat Med Chir Anim Cie, 1999. 34(6): p. 681-684. 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