Kinematik und Mechanik 'Physik für Ingenieure (Maschinenbau)' Vorlesung vom 30.10.13 Themen: Kinematik und Mechanik Jonas Herick Alexander Berlin Werner Meyer Lehrstuhl für Hadronen und Kerne, Ruhr-Universität Bochum 30.Oktober 2013 ΡΗΙςΨΡΚΗΙΩ,≠ςΩΕΕΠΩΕΦΗΙΘ Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 1 Kinematik und Mechanik Kurze Wiederholung der letzten Vorlesung I Physik ist eine Erfahrungswissenschaft, die auftretende Phänomene mit objektiven Messmethoden analysiert und quantitativ beschreibt. Physikalische Gröÿen bestehen aus einem Zahlenwert und einer zugehörigen Einheit. Alle phy. Einheiten lassen sich aus den SI-Basiseinheiten zusammensetzen: Länge [ m ], Zeit [ s ], Masse [ kg ], Temperatur [ K ], Stomenge [ mol ], Stromstärke [ A ], Lichtstärke [ cd ] Modellvorstellung des Massepunktes: Gesamte Masse eines Körpers wird sich in seinem Schwerpunkt konzentriert vorgestellt Bewegung nur in x-,y-, z-Richtung (Translation) einschl. Ruhe keine Beschreibung von Phänomenen die mit der Ausdehnung des Körpers zusammenhängen z.B.: Rotation Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 2 Kinematik und Mechanik Kurze Wiederholung der letzten Vorlesung II Kinematik (Bewegungslehre) Beschreibung der Bewegung eines Massepunktes durch Ort-Zeit-Funktion Geschwindig ~v ~x gegeben durch Ableitung von ~v (t ) = Beschleunigung ~a lim ∆ t →0 ~x (t ) nach der Zeit d ∆~x = ~x = ~x˙ ∆t dt durch Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit gegeben ~a = d d2 ~v (t ) = ~v˙ = 2 ~x (t ) = ~x¨ dt dt Spezialfall: Erdbeschleunigung und freier Fall ⇒ Im Vakuum fallen alle Körper gleich schnell durchfallene Höhe ~h = 1 ~g t 2 =⇒ 2 mit Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) Fallzeit ~g = 0 0 t= −g q 2~h ~ g 30.Oktober 2013 Seite 3 Kinematik und Mechanik Weiteres zur Kinematik weg vom Spezialfall: Bewegungsgleichung mit Anfangsgeschwindigkeit ~v0 und Anfangsort ~x0 1 ~x (t ) = ~at 2 + ~v0 t + ~x0 2 für die Geschwindigkeit gilt: ~v (t ) = ~at + ~v0 Bsp.: Senkrechter Ballwurf (eindimensionale Betrachtung) m h0 ≈ 1, 5 , Fallzeit bis zum Boden t = Wie groÿ waren Anfangsgeschwindigkeit v0 und Maximalhöhe Abwurfhöhe Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 hmax ? Seite 4 Kinematik und Mechanik Mehrdimensionale Betrachtung Erdbeschleunigung g wirkt nur auf die z-Komponente der Bewegung. Bsp.: Horizontaler Wurf, Schanze /ΣςςΙΟΞΨς7ΣςΜΓΛΞΜΚ Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 5 Kinematik und Mechanik Prinzipien der Mechanik Was ist die Ursache für das Auftreten einer Beschleunigung? Trägheitsprinzip nach Galilei Ohne äuÿere Einüsse verbleibt jeder beliebige Körper in Ruhe oder gleichförmiger Bewegung. nicht selbstverständlich da: frei fällt alles nach unten (Gravitation) rollende Fahrzeuge werden mit der Zeit immer langsamer (Reibung) geostationäre Satelliten verbleiben über einem Ort (Gravitationsbeschleunigung wird durch Zentrifugalbeschleunigung kompensiert) Nachweis des Trägheitsprinzips im Labor nicht so einfach, da abbremsende/beschleunigende Eekte kompensiert werden müssen! (Bsp.: Luftkissenbahn) Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 6 Kinematik und Mechanik Träge Masse Galilei prägte auÿerdem den Begri der trägen Masse, worunter er das Beharrungsvermögen eines Körpers verstand, sich Beschleunigungen zu widersetzen. Bsp.: Beschleunigung und Bremsen im Auto Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 7 Kinematik und Mechanik Newtonsche Gesetze I Im Wesentlichen übernahm Sir Isaac Newton das Trägheitsprinzip von Galilei und formulierte es mathematisch um. 1. Newtonsche Gesetz Wenn kein äuÿerer Einuss (Kraft) auf einen Körper der Masse m wirkt, ist ~a = d ~v =0 dt Aber: Bei der Planetenbewegung ist ~a 6= 0, da sie sich auf Kreisbahnen bewegen. Also muss eine ständige Kraft vorliegen, die diese Beschleunigung bewirkt. ⇒ das ist die Gravitation! Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 8 Kinematik und Mechanik Newtonsche Gesetze II Newton hat in dieser Beschleunigung einer Masse m die Wirkung einer Kraft F erkannt! 2. Newtonsche Gesetz Grundgleichung der Mechanik: Kraft = Masse × Beschleunigung F~ = m · ~a m = träge Masse ~ ist das Newton N. Die Einheit der Kraft F Denition: 1 N erteilt heiner i Masse von 1 kg eine Beschleunigung von 1 ~ Dimension der Kraft: F = kgs2m = N m s2 Die Kraft ist indirekt über ihre Wirkung, die Beschleunigung des Körpers, deniert! Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 9 Kinematik und Mechanik Beispiel: Federkraftmesser Bestimmung der Gröÿe einer Kraft beispielsweise mit Hilfe von Federkraftmessern. Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 10 Kinematik und Mechanik Bsp.:Aufspringen mit gesteckten Beinen Schienbeinbruch bei etwa F = 2 · 50000 N = 105 N (= ˆ 10 t Gewicht auf gestreckte Beine) Frage: Fallhöhe für Schienenbeinbruch FSprung = m · aBrems Endgeschwindigkeit v bei freien Fall aus Höhe H g t2 ⇒ v 2 = 2 · H · g aus v = gt und H = 2 Aufsprungkraft = Diese Geschwindigkeit muss auf Null abgebremst werden innerhalb der h ≈ 1 cm (1)+(2) = 2 · h · aBrems =⇒ aBrems = Hh · g F = m · aBrems = 105 N = hmg Hh i 5 −2 5 kg m m s2 ≈ 1, 3 m ⇒ H = 10m·Ng·h = 1075·10 ·10 s2 kg m Stauchungshöhe 2 gemäÿ v Daher: Besser in die Knie gehen beim Aufsprung und somit h vergröÿern! Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 11 Kinematik und Mechanik Newtonsche Gesetze III Kräfte treten nie alleine auf: 3. Newtonsche Gesetz Übt ein Körper auf einen zweiten Körper einen Kraft aus, so übt der zweite Körper eine gleich groÿe entgegengesetzte Kraft auf den erste Körper aus. F1→2 = −F2→1 oder auch: actio = reactio Beispiel: Schlag auf den Tisch, Tisch schlägt zurück! Experiment: Verbundene Skateboards Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 12 Kinematik und Mechanik Gravitation I Alle massebehafteten Körper ziehen sich an Planeten Strukturen im Weltall aber auch: Körper auf der Erde Eekt bekannt als Gravitation oder auch erste Wechselwirkung Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 13 Kinematik und Mechanik Gravitation II Zwischen zwei Körpern der Massen m und M , sowie dem Abstand r wirkt die Gravitationskraft: Newton's Gravitaionsgesetz ~ ~ ~ F12 = F21 = F = G · mr·2M mit i h 2 G = (6, 673 ± 0, 007)· 10−11 Nkg·m2 Wichtige Errungenschaft von Isaac Newton! Ursprung der Naturkonstanten =⇒ G ist noch unbekannt. einziger Zugang: Experimente Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 14 Kinematik und Mechanik Bestimmung von G Beispielsweise: Bestimmung mit Hilfe des Schwerefeldes der Erde: F = m · g = G · m·rM2 E E für Fallhöhe ⇒ h ≪ rE und ⇒ g = G · Mr 2E E m ≪ ME Änderung des Abstandes zum Mittelpunkt und Auslenkung der Erde vernachlässigbar klein Messung der Beschleunigung ∆x = 12 g ∆t 2 ⇒ g = G = x rE t · ME 2∆ 2∆ x g über: ∆t 2 2 ∆ 2 Vorsicht Zirkelschluss! Erdmassebestimmung nur mit Hilfe von G! Besser Bestimmung mit anderen Methoden (Bsp.: Cavendishe Gravitationswaage) Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 15 Kinematik und Mechanik Masse und Gewicht Gewicht Kraft mit der ein Körper der Masse m z.B. von der Erde angezogen wird (Schwerkraft) F~ schwer = m · ~g Die Masse ist hingegen eine Körpereigenschaft die unabhängig von g ist Bespiel: Gewicht einer Person der Masse m=75 kg Beschleunigung Gewichtskraft Erde Mond Schwerelosigkeit Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 16 Kinematik und Mechanik Kräfteaddition I Greifen an einem Körper mehrere Kräfte an, so ergibt sich die resultierende Kraft durch die Vektoraddition dieser Kräfte: F~ res . = F~ 1 + F~ 2 + F~ 3 + ... + F~ n = n X F~ i i =1 Kräfte-Parallelogramm: Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 17 Kinematik und Mechanik Kräfteaddition II Umgekehrt folgt auch, dass sich jede Kraft in Teilkräfte (Komponenten) zerlegen lässt. Bsp.: Schiefe Ebene ,ΕΡΚΕΦΞςΜΙΦΩΟςΕϑΞ Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 18 Kinematik und Mechanik Arbeit I Arbeit Um einen Körper, an dem eine konstante Kraft F~ angreift, um eine Srecke ~s zu verschieben, muss eine Arbeit aufgewendet werden. W= ~ · ~s F|{z} ~ | · |~s | · cos α = |F Skalarprodukt Die Einheit der Arbeit ist das Joule J. Dimension der Arbeit: [W ] = kg m2 s2 = Nm = J Bei der Betrachtung der Arbeit ist es also wichtig wie Kraft und Strecke zueinander orientiert sind. Bsp.: Ziehen eines Klotzes unter verschiedenen Winkeln Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 19 Kinematik und Mechanik Hubarbeit Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 20 Kinematik und Mechanik Verallgemeinerung zur Arbeit | Bsp.: Arbeit gegen veränderliche Kraft | Zusammendrücken einer Feder ~ abhängig vom Ort Kraft F W = Rs2 s1 F~ (s )d~s Linienintegral Wenn die Kraft unabhängig vom Weg ist (siehe Hubarbeit im Gravitationskraftfeld) spricht man von einem konservativen oder Zentral-Kraftfeld ! | dx | | Federkonstante | D | | 0 x0 | Ruhelage | Enspannte Feder entspanne sich bis x=0 | | Zusammendrücken =⇒ gerader Weg, | Federkraft antiparallel und veränderlich | F = D · x ⇒ dW = D · x · dx | 2 x 0 Zx0 Zx0 | x 1 | W = D ·x ·dx = D xdx = D = Dx02 2 2 0 | 0 0 Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 21 Kinematik und Mechanik Beschleunigungsarbeit Beim Beschleunigen einer Masse m von v = 0 auf v = vend F~ = m · ~a muss Arbeit verrichtet werden gegen die Trägheitskraft Für die Beschleungungsstecke folgt aus den Bewegungsgleichungen: vend = a · t ⇒ t = vend a =⇒ und s= a 2 · t2 2 v2 = 21 · end s = 2a · vend a a Eingesetz in die Gleichung für die Arbeit folgt: v2 1 2 W = F · s = m · a · 21 · end a = 2 mvend Bsp.: PKW (1500 kg) von 0 auf 180 km/ h= ˆ 50 m/ s WPKW = 1 2 · 1500 kg 50 m 2 =1 s Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 875 000 kg m2 = 1, 875M J s2 30.Oktober 2013 Seite 22 Kinematik und Mechanik Leistung Leistung Unter dem Begri der Leistung versteht man die pro Zeiteinheit geleistete Arbeit eines Systems. P= dW dt = Ẇ Die Einheit der Leistung ist das Watt W. Nm J kg m2 = = = W s3 s s ˆ veraltete Einheit: Pferdestärke 1 PS ≈735 W [P ] = Bsp.: Dauerleistung eines Bergsteigers (m=75 kg) m/ s2 ·2000 m 2000 Höhenmeter in 4 Stunden: P = ∆∆Wt = 75 kg·104·3600 ≈ 104 W s kurzzeitiges Treppensteigen m 2 2 Meter in 2 Sekunden: P = ∆∆Wt = 75 kg·102 s/ s ·2 m = 750 W Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 23 Kinematik und Mechanik Energie Eng mit dem Begri der Arbeit ist die Energie verbunden. Die Energie E bezeichnet dabei den Vorrat an Arbeitsvermögen . Die Dimension der Energie ist ebenfalls das Joule. [Energie E ] = [Arbeit W ] = J Bsp.: Lageenergie oder potentielle Energie kinetische Energie E = 21 mv 2 kin ⇒ hat ein Minimum bei v=0 m/ s, nämlich 0 J potentielle Energie im Schwerefeld der Erde ⇒ E pot = mgh Nullpunkt wird willkürlich/dem Problem entsprechend gewählt. Auch negative Werte möglich! Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 24 Kinematik und Mechanik Umwandlung von Energie Energieerhaltung Die Energie E, eines abgeschlossenen Systems, ist eine Erhaltungsgröÿe, dass heiÿt sie kann in andere Energieformen umgewandelt werden, jedoch nicht vernichtet oder aus dem Nichts erschaen werden. Bsp.: Freier Fall einer Masse m=1 kg aus 2 m Höhe Potentielle (Lage-)Energie ⇒ kinetische (Bewegungs-)Energie Energieerhaltung: E + E = mgh + 21 mv 2 = E = konst . pot Höhe 10 m kin potentielle Energie tot kinetische Energie Geschwindigkeit v 5m 0m Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 25 Kinematik und Mechanik Exkurs: Fluchtgeschwindigkeit Im Folgenden möchten wir kurz betrachten, welche Geschwindigkeit ein Objekt haben müsste um dem Gravitationsfeld der Erde zu entkommen. Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 26 Kinematik und Mechanik Beispiel:Columbiade In dem Roman 'Die Reise von der Erde zum Mond' will Jules Verne seine Protagonisten mit einer Kanone zum Mond schieÿen. Der Lauf dieser Kanone beträgt 270 m. Können Jules Vernes Astronauten diesen Start überleben? Dritte Vorlesung Physik für Ingenieure (Maschinenbau) 30.Oktober 2013 Seite 27