SONDERDRUCK aus 2/2005 Kälberflechte: Konsequent impfen! A lle Jahre wieder leiden Kälber und Jungrinder reihenweise an Kälberflechte (Trichophytie). Vor allem in Beständen mit ausschließlicher Stallhaltung ist die Pilzerkrankung längst nicht mehr nur auf die Wintersaison beschränkt. Während der Trichophytie-Pilz selbst nur in der Haut von Tieren bzw. in deren Haarbälgen leben kann, sind die Pilzsporen in der Lage, mehrere Jahre in der Umgebung zu überdauern und infektiös zu bleiben. Besonders häufig ist der Erregerstamm Trichophyton verrucosum. Die Krankheit führt zu bleibenden Hautschäden beim Tier und ist auch auf den Menschen übertragbar. Typisches Krankheitsbild sind runde, haarlose, recht scharf begrenzte Stellen, die meist nur geringen Juckreiz verur- Foto: Dr. Heimberg Jetzt ist Hochsaison für Kälberflechte. Wie Sie die Pilzerkrankung in den Griff bekommen, erklärt Dr. Peter Heimberg, Rindergesundheitsdienst Münster. Geschätzt wird, das etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Rinderhalter selbst schon einmal an Kälberflechte erkrankt sind. Deshalb gilt: Immer Handschuhe tragen! sachen. Ihre Oberfläche ist oft krustigschuppig belegt („asbestartig“). Vorzugsweise findet man die Veränderungen an Kopf und Hals, aber auch der übrige Körper kann befallen sein. Mechanisch irritierte oder z. B. durch Vitamin- A-Mangel geschwächte Haut scheint besonders empfänglich für diesen Hautpilz zu sein. Die klinische Erkrankung dauert im Normalfall – nach einer Inkubationszeit von vier Wochen – zwischen einem und drei Monaten und hinterlässt dann eine lebenslange Immunität. Einzelne ältere Kühe, die als Kalb noch keine Immunität erworben haben, können aber auch später erkranken. Zur Vorbeuge ist die Impfung Marktübersicht: Impfstoffe gegen Kälberflechte1) Handelsname Art des Impfstoffes Bovilis Ringvac Lebendimpfstoff (Stamm LTF 130) Permavax Lebendimpfstoff Tricho (Stamm LTF 130) Riemser Tricho- Lebendimpfstoff phytie Vakzine (Stamm TV-M310) Trichovac Lebendimpfstoff (Stamm LTF 130) Verruvac 2) Lebendimpfstoff (Stamm TV-M310) Insol Totimpfstoff Trichophytie (Stämme: TV 410, TM 1032, TS 551) 1) Anwendung Wartezeit 2 x Grundimmunisierung Keine Wartezeit 2 x Grundimmunisierung Keine Wartezeit gegebenenfalls 3 x 2 x Grundimmunisierung Fleisch: 10 Tage, Milch: 0 Tage 2 x Grundimmunisierung Keine Wartezeit gegebenenfalls 3 x 2 x Grundimmunisierung, Fleisch: 10 Tage, Milch: 0 Tage 2 x Grundimmunisierung Fleisch: 3 Tage, + jährl. Wiederholung Milch: 0 Tage Angaben der Hersteller, 2) Verruvac ist identisch mit der Riemser Vakzine. Besonderheiten zur Therapie doppelte Impfdosis zur Therapie doppelte Impfdosis Dosis bei Therapie u. Prophylaxe gleich zur Therapie doppelte Impfdosis Dosis bei Therapie u. Prophylaxe gleich Dosis bei Therapie u. Prophylaxe gleich Hersteller Intervet Essex Tierarznei Riemser Arzneimittel AG Impfstoffwerk Dessau-Tornau Virbac Boehringer Ingelheim Welche Impfstoffe gibt es? Bis vor kurzem stand zur Impfung nur ein Totimpfstoff zur Verfügung, der gegen mehrere Trichophyton-Stämme wirksam ist. Mittlerweile gibt es aber auch Lebendimpfstoffe, die einen harmlosen Stamm des Erregers enthalten. Die Lebendimpfstoffe, die momentan am Markt verfügbar sind, unterscheiden sich vor allem im Impfstamm und in der Wartezeit. Da bei der Diagnose aber zwischen den Stämmen nicht differenziert wird, ist es unerheblich, mit welchem Stamm geimpft wird. Alle sind sowohl zur Prophylaxe als auch zur Therapie zugelassen und sorgen ab 3 bis 4 Wochen nach der Impfung für den Impfschutz. Es gibt bisher keine gesicherten Vergleichsuntersuchungen zur Wirksamkeit der verschiedenen Lebendimpfstoffe. Nach skandinavischen Untersuchungen und nach Erfahrungen aus Osteuropa sind die Lebendimpfstoffe für die Prophylaxe besser geeignet als die Totimpfstoffe (s. Übers.). Doch auch die Lebendvakzinen erfordern über einige Jahre hinweg ein stringentes Impfprogramm und hygienische Maßnahmen. So sanieren Sie Ihren Bestand So sieht ein sinnvolles Sanierungsprogramm im Betrieb aus: Impfung: Zur Prophylaxe müssen zunächst alle gesunden Kälber bis zum Alter von 14 Tagen sowie alle gesunden Rinder geimpft werden. Die Impfung muss nach 10 bis 14 Tagen wiederholt werden. Dann ist die Grundimmunisierung abgeschlossen. Um den Krankheitsverlauf zu verkürzen, können auch kranke Tiere geimpft werden. Dabei wird nach dem gleichen Impfschema wie bei den Kälbern vorgegangen: zwei Impfungen im Abstand von 14 Tagen. Für infizierte Tiere (also in der Inkubationszeit befindliche) oder sichtbar erkrankte Tiere, aber auch für ältere Tiere schreiben die Hersteller der in Deutschland erhältlichen Lebendvakzinen eine Verdoppelung der Impfdosis bei den beiden Impfungen für die Grundimmunisierung vor. Bisher scheint es keine Beeinträchtigungen des Impferfolges durch Antikörper aus der Biestmilch wie bei anderen Impfungen zu diesem frühen Zeitpunkt zu geben. Das liegt daran, dass sich die eigentlichen Schutzmechanismen auf zellulärer Ebene in der Haut etablieren und unabhängig von Blutantikörpern sind. 1 Wenn alle Tiere einer Herde geimpft sind, ist in der Regel nach der Grundimmunisierung keine Wiederholungsimpfung mehr nötig. Die Grundimmunisierung muss aber über mehrere Jahre konsequent bei allen Jungrindern eines Bestandes sowie bei jedem Neugeborenen und jedem zugekauften Tier durchgeführt werden, sonst ist ein Rückschlag vorprogrammiert! Lokale Therapie: Dazu müssen hochgradig erkrankte Tiere lokal behandelt werden, um den Infektionsdruck schnell zu senken. Dazu eignet sich zum Bsp. Mycophyt (Wirkstoff: Natamycin, Firma Intervet), mit dem die Tiere per Rückenspritze „eingenebelt“ werden. Beachten Sie, im Umgang mit infizierten Tieren immer Handschuhe zu tragen! Isolation: In der Zeit, in der die Impfung bei solch erkrankten Tieren wirksam werden soll, sind sie unbedingt von den gesunden Kälbern zu isolieren, um den Infektionsdruck im Bestand so gering wie möglich zu halten. Das gilt natürlich auch für zugekaufte Kälber mit unbekanntem Flechtestatus bis mindestens drei Wochen nach der 2. Impfung. Hygiene: Neben der Impfung muss die weitere Verbreitung der Sporen unbedingt verhindert werden. Risikofaktoren für die Verbreitung sind: ■ Feuchte und warme Ställe: Eine Luftfeuchte von 80 % im Stall begünstigt die Ausbreitung der Pilzsporen. ■ Überbelegung von Abteilen ■ Keine Isolation von Zukauftieren ■ Hautschäden durch scharfkantige Stalleinrichtung ■ Jegliche immunologische Schwächung durch mangelhafte Versorgung oder andere Erkrankungen, wie z. B. BVD oder starke Verwurmungen. ■ Mangelhafte Vitamin-A-Versorgung der Kälber. Da die Sporen sehr resistent sind, muss der Stall, in dem kranke Kälber aufgestallt waren, vor der Neubelegung unbedingt gereinigt und mit einem gegen Pilzsporen geprüften Desinfektionsmittel behandelt werden. Das gilt in der Regel auch für sämtliche Geräte im Stall. Zur Desinfektion eignen sich Chlorkalk (1%ig), Natriumhypochlorit (5 %ig) oder alkalische Formalinlösung (Formalin 2 %ig mit 1 % NaOH-Zusatz). Dabei sollte pro m2 ein Liter der Lösung eingesetzt werden. In Skandinavien, wo die Kälberflechte teilweise der staatlichen Aufsicht unterliegt, konnte so das Auftreten neuer Trichophytiefälle drastisch reduziert werden. Rückfälle treten hauptsächlich auf bei ■ unvollständiger Impfung der Kälber, ■ zu frühem Aussetzen des Impfregimes, ■ Vernachlässigung der begleitenden hygienischen Maßnahmen. 2 3 4 Dieser Sonderdruck wird mit besonderer Genehmigung des Landwirtschaftsverlages GmbH, Hülsebrockstraße 2, 48165 Münster, herausgegeben. TRICHOPHYTIE sinnvoll, allerdings nur, wenn alle Tiere geimpft werden. 1-fache Dosis für Prophylaxe und Therapie für weniger Impfstoffkosten VIRBAC Tierarzneimittel GmbH Rögen 20 23843 Bad Oldesloe www.virbac.de