5. Magnetic Rag Scott Joplin verstand den Ragtime als ernsthafte Kunstform. Es gibt aus dieser Zeit Aufnahmen, in denen Ragtimes in irrsingen Tempi gespielt werden. Joplin dagegen sagte: "Es ist niemals richtig, Ragtime schnell zu spielen.". Der "Magnetic Rag" ist vermutlich ein Spätwerk, möglicherweise sogar sein letztes Stück. Beim Ragtime handelt es sich um Klaviermusik im besten Sinne, die trotz ihrer Eigenart oft in verschiedensten Besetzungen adäquat gespielt wird. Dies zeigt den genial-kreativen Ansatz dieser Musik. (rp) 6. Chanson Triste Serge Koussevitzky stammte aus einer Musikerfamilie. Zum Kontrabass kam er, weil er für sein Studium ein Stipendium benötigte und es dieses nur noch für die Kontrabassklasse gab. Koussevitzky hat nicht viele Stücke für Kontrabass komponiert, dafür sind sie aber nach wie vor sehr populär. Eines davon - Chanson Triste - ist Leonid Maximoff gewidmet (wer das ist, weiß ich leider nicht). Koussevitzky war neben seiner Tätigkeit als Dirigent und Kontrabassist ein großer Förderer der russischen Musik. So veröffentlichte er Werke von Strawinski, Rachmaninow, Prokofjew, Medtner und Skrjabin. Mehrmals führte er mit einem Dampfschiff Konzerttourneen entlang der Wolga durch und ermöglichte so Menschen einen Konzertbesuch, die hierzu sonst kaum eine Möglichkeit gehabt hätten. Die Orchesterfassung Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ von Maurice Ravel entstand in seinem Auftrag. Bei seinen eigenen Auftritten spielte er meist auf einem Bass der Firma Glässel & Herbig aus dem sächsischen „Musikwinkel“ Markneukirchen. (mk, rp) 7. Eternité („Ewigkeit“) Hinter diesem Stück, das den Klangfarbenreichtum der Orgel wie des Lebens geradezu verkörpert, steht eine besondere Geschichte: Ich hörte es vor vielen Jahren selbst in einem Konzert in meiner Heimatstadt Görlitz. Es gefiel mir so gut, dass ich den Organisten daraufhin ansprach - und kurzerhand schenkte dieser mir die Noten. Höchstwahrscheinlich handelte es sich dabei um den Schweizer Organisten Erwin Messmer selbst, dem dieses Stück vom Komponisten gewidmet ist. Zusätzlich zu der Widmung ist den Noten folgendes Zitat aus "Die Weltalter" des deutschen Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854) beigefügt: "Die wahre Ewigkeit ist nicht die, welche die Zeit ausschließt, sondern welche die Zeit (die ewige Zeit) selbst sich unterworfen enthält. Wirkliche Ewigkeit ist Überwindung der Zeit". Wer dies vollumfänglich versteht oder sich darüber austauschen möchte, ist herzlich eingeladen, sich nach dem Konzert am Tisch mit dem orangefarbenen Wecker einfinden. (rp) 8. Butterfly („Schmetterling“) Dies ist ein wunderschönes Lied, das ich mir von Cyrill für diesen Abend wünschte. Diesen Wunsch erfüllt er mir heute - herzlichen Dank! Danyel Gérard spielte dieses Lied in sieben Sprachen ein. Er komponierte unter anderem für Udo Jürgens. (rp) 9. Möge die Straße uns zusammenführen (Irische Segenswünsche) Sich nicht nur „Auf Wiedersehen“ sagen, sondern mit reinem Herzen dem anderen Wünschen geht bei der häufigen Benutzung der Floskel im Alltag manchmal unter. Dieses Lied erinnert daran, was es heißt, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Wünsche und Hoffnungen füreinander zu haben fördert den Gedanken an Gemeinschaft unter Menschen, und nur so findet man wieder zueinander in Zeiten von Konkurrenz und Erfolgsdruck. (cm) Orgel in Bunt und Gäste Musik aus alter und neuer Zeit Mitwirkende: Martin Kuss Kontrabass, Schellenring, Helfer an der Orgel Cyrill Milkau Gitarre, Gesang René Plath Orgel Phillip Riedel Diashow, Licht Besonderer Dank an: Erwin Messmer, Morten Gaathaug, Dirk Langrock, Ines Pöhlandt, Christoph Mayer und die Gemeinde Frieden und Hoffnung 10. Löbtango Eine Tradition in unseren Konzerten ist eine Uraufführung. Diese hören Sie heute zum Abschluss mit Löb-Tango, der für diesen Abend entstand. (rp) www.orgel-in-bunt.de Telefon 0351/3395948 1. „Ouvertüre“ aus der Musik zum Film "Das fliegende Klassenzimmer" (2003) Musik: Niki Reiser (*1958) Arrangement: René Plath unter Verwendung einer Vorlage von René Holzhauer Gitarre, Kontrabass, Orgel 2. Von wunderbaren Mächten Musik: Otto Abel (1905-1977) Worte: Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) Gitarre, Gesang 3. Fünf Sätze aus der Tabulaturensammlung von Jan de Lublin (~1490-1550) Einrichtung für diese Besetzung: René Plath nach Johannes Piersig Gitarre, Orgel, Schellenring 4. Voluntary G-Dur John Stanley (1712-1786) Adagio – Allegro Orgel 5. Scott Joplin (1867[?]-1917) Magnetic Rag Orgel 6. Serge (Sergej) Alexandrowitsch Koussevitzky (1874-1951) Chanson Triste Kontrabass 7. Morten Gaathaug (*1955) Eternité (1984/85) Orgel 8. Butterfly Musik und Worte (?): Danyel Gerard (*1939) Gesang, Gitarre, Kontrabass, Orgel 9. Möge die Straße uns zusammenführen Aus Irland Gesang, Gitarre 10. Löbtango René Plath (2014) Uraufführung Gitarre, Kontrabass, Orgel Bemerkungen zu den einzelnen Stücken (cm = Cyrill Milkau, mk = Martin Kuss, pr = Phillip Riedel, rp = René Plath) 1. Das fliegende Klassenzimmer „Das fliegende Klassenzimmer“ ist ein Kinderbuch von Erich Kästner. Es handelt von Freundschaft und Zusammenhalt, die Musik bring dies sehr schön zum Ausdruck. Da ich aus Leipzig bin, freue ich mich natürlich, dass dieser Film in dieser wunderschönen Stadt gedreht wurde. Immer, wenn ich diese Musik höre, bekomme ich Gänsehaut. Ich freue mich, dass René das Stück auf meinen Wunsch hin für unsere drei Musikanten arrangiert hat und wünsche Ihnen wie mir die erste Gänsehaut dieses Abends. (pr) 2. Von guten Mächten Dieses Gedicht wurde von dem Theologen Dietrich Bonhoeffer geschrieben und mit der Musik von Otto Abel unterlegt. Bonhoeffers Biografie ist aber nicht der einzige Interpretationsansatz, sondern das Lied kann eben auch ein ermutigendes und klares Zeichen für Zuversicht und Freiheit von Angst sein. Egal, ob es Liebe zu einem Menschen, Erinnerungen an frühere Zeiten, besondere Momente, die im Gedächtnis bleiben, oder der tiefe und spirituelle Glaube sind, all dies sind Teil eben jener guten Mächte, die uns ein Leben lang begleiten, und an denen wir uns immer wieder erkenntlich machen können: Ich liebe und ich bin geliebt. (cm) 3. Tabulatursätze Die hier vorgestellten Stücke beginnen alle im Vierer-Takt, um im letzten Teil zum Dreier-Takt zu wechseln, womit an die Zahlenmystik angeknüpft wird.. Dies wurde über lange Zeit auch in liturgischer Musik angewendet, um den Weg von der Materie (= die Zahl Vier), dem Symbol für das Unvollkommene, Erdverhaftete, hin zur Vollkommenheit (= die Zahl Drei), also Vollkommenheit, Geist, Dreieinigkeit usw. zu symbolisieren. Da es sich hier im Grunde um Tanzsätze handelt, ergibt sich eine Mischung aus Unterhaltung und philosophischem Hintergrund, die auch in mancher Popmusik unserer Tage enthalten ist. Man könnte daraus schließen, dass sich „unvollkommene Materie“ und „vollkommener Geist“ im Gegensatz zu manchen Lehren durchaus vertragen, wenn nicht gar ergänzen. Dies versuchen wir mit unserer Interpretation darzustellen. Harmonik und Melodieführung der Stücke könnte man als ein Bindeglied von der frühen Mehrstimmigkeit (Stichwort Organum) zu Renaissance und Frühbarock verstehen. (rp) 4. Voluntary G-Dur Obgleich Stanleys Voluntarys (englisch "spontan, frei") oft als Orgelwerke bezeichnet werden, sind sie wohl eher der großen Gruppe der "Tastenmusik" aus der Zeit der Renaissance bis zur Frühklassik zuzuordnen, die auf verschiedenen Instrumenten spielbar ist (je nachdem was gerade vorhanden ist, theoretisch selbst auf unserem modernen Klavier, was aber Geschmackssache ist). Gleichwohl bietet die Orgel die meisten Möglichkeiten, den Klangreiz dieser Stücke auszuloten. Im vorliegenden Voluntary ist der erste Satz dreistimmig ausgeschrieben und wohl auch so gemeint, während der zweite Satz bis auf wenige Takte zweistimmig notiert ist und geradezu ruft: "Schmücke mich aus!" (was in jener Zeit ebenfalls verbreitet war). Dies bedeutet für den Interpreten ein großes Vergnügen und viele Freiheiten bei der Umsetzung dieer Musik. Der als Kind erblindete Stanley lebte und wirkte in London, liebte aber möglicherweise auch das schottische Wesen - Sie werden es hören. (rp)