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Mathematische Logik II
Vorlesung 08
10.05.2005
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1.6
Mächtigkeiten und Kardinalzahlen
Definition. Zwei Mengen x, y sind gleichmächtig (kurz: x ∼ y), wenn eine bijektive Funktion f : x → y existiert.
x y: es existiert injektive Funktion f : x → y
Lemma. Unter ZF gilt:
(a) ∼ ist Äquivalenzrelation auf V .
(b) x ∼ y ⇒ x y ∧ y x.
(c) ist reflexiv und transitiv.
(d) x ⊆ y ⇒ x y.
Umkehrung von (b):
Satz. (Bernstein-Cantor-Schröder)
Unter ZF gilt: x y ∧ y x ⇒ x ∼ y.
Definition. Die Mächtigkeit |x| von einer Menge x ist die kleinste Ordinalzahl α, die gleichmächtig ist zu x.
|x| = min{α ∈ On | α ∼ x}.
Die Klasse der Kardinalzahl ist Cn := {|x| | x ∈ V } = {α ∈ On | |α| = α}.
Lemma.
(a) x ∼ y ⇔ |x| = |y|.
(b) x y ⇔ |x| ≤ |y|.
Beweis.
(a) Klar.
(b) „⇐“: |x| ≤ |y| ⇒ |x| ⊆ |y| ⇒ x y.
∼
∼
∼
„⇒“: f : x ֒→ y injektiv, x → |x|, y → |y|, also fˆ: |x| ֒→ |y| injektiv, also fˆ: |x| → fˆ[|x|] ⊆ |y|.
fˆ[|x|] ist Teilmenge einer Ordinalzahl, damit selbst wohlgeordnet und also isomorph zu einer Ordinalzahl
∼
β. z.z.: β ≤ |y| = α. Die Abbildung g : (β, <) → (fˆ[x], <) ⊆ (|y|, <) = (α, <) ist wohlgeordnet. z.z.:
g : β → α ordnungserhaltend ⇒ β ≤ α. (dies sei für alle β ′ < β bereits bewiesen. g : β → α induziert für
jedes β ′ < β eine ordnungserhaltendende Abbildung g|β ′ : β ′ → g(β ′ ). Nach Induktionsvoraussetzung folgt
β ′ ≤ g(β ′ ) < α. Also β = {β ′ | β ′ < β} ⊆ {β ′ | β ′ < α} und daher β ≤ α.
Beispiel. Alle natürlichen Zahlen und ω sind Kardinalzahlen. ω + 1 ist keine Kardinalzahl, da |ω + 1| = ω.
Definition. x ist endlich genau dann, wenn x ∼ n für ein n ∈ ω. x ist abzählbar genau dann, wenn |x| ≤ ω.
1
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2
Satz. (Cantor) Für alle Mengen x gilt |x| < | Pot(x)| (also x ≁ Pot(x)).
Beweis. Keine Funktion f : x → Pot(x) ist surjektiv, da y = {a ∈ x | x ∈
/ f (a)} ∈
/ Bild(f ). Sonst wäre y = f (b)
für ein b ∈ x. Dann gilt b ∈ y ⇔ b ∈
/ f (b) = y. Widerspruch.
Daraus folgt, dass es zu jeder Kardinalzahl κ ∈ Cn ein κ′ ∈ Cn gibt mit κ < κ′ . Da Cn ⊆ On gibt es dann auch
eine kleinste Kardinalzahl größer κ, welche man mit κ+ bezeichnet.
Lemma. Sei κ ∈ Cn, κ unendlich. Dann ist κ Limesordinalzahl.
Beweis. Übung.
Cn∞ : Klasse aller unendlichen Kardinalzahlen. Da Cn∞ ⊆ On und Cn∞ nicht nach oben beschränkt ist, ist
Cn∞ eine echte Klasse.
Definition. Sei κ ∈ Cn∞ .
• κ ist Nachfolgerkardinalzahl, wenn κ = λ+ für ein λ ∈ Cn.
• andernfalls ist κ Limeskardinalzahl.
Man beachte, dass auch eine Nachfolgerkardinalzahl eine LimesordinalzahlSist. (Bsp.: ω ist Limeskardinalzahl)
Wir definieren ein Funktional ℵ : On → Cn∞ , ℵ0 := ω, ℵα+1 := ℵ+
α , ℵλ :=
α<λ ℵα (λ Limesordinal).
Satz. Cn∞ = {ℵα | α ∈ On}.
S
Beweis. „⊇“: Zu zeigen ist, dass für Limesordinale λ, ℵλ = α<λ ℵα tatsächlich eine Kardinalzahl ist. Zunächst:
ℵλ Vereinigung einer Menge von Ordinalzahlen und daher selbst eine Ordinalzahl. Zu zeigen: |ℵλ | = ℵλ . „≤“:
klar. „≥“: Sei β ≤ λ: Dann existiert α < λ mit β ∈ ℵα = |ℵα | ≤ |ℵλ |, also β < |ℵλ | und damit ℵλ ⊆ |αλ |.
„ ⊆ “: ω = ℵ0 . Sei κ ∈ Cn∞ , κ > ω.
(a) (∃α ∈ On)ℵα ≥ κ. (Andernfalls ist A = {ℵα | α ∈ On} ⊆ κ, also nach Aussonderungsaxiom eine Menge.
Durch f : α 7→ ℵα ist aber eine Bijektion von On nach A gegeben, so dass nach dem Ersetzungsaxiom On
eine Menge wäre.) Sei nun α = min{β | ℵβ ≥ κ}
(b) κ = ℵα : Sonst gilt für jedes β < α, dass ℵβ < κ < ℵα .
((i)) α = β + 1. Dann ist ℵα = ℵ+
β die kleinste Kardinalzahl > ℵβ . Also unmöglich, dass ℵβ < κ < ℵα .
S
((ii)) α Limeszahl. Dann ist ℵα = β<α ℵβ ≤ κ < ℵα . Widerspruch.
Also ist κ = ℵα und damit der Satz bewiesen.
Kardinalzahlarithmetik: Für κ, λ ∈ Cn:
˙
κ + λ := |κ × {0} ∪ λ × {1}| = |κ∪λ|,
κ · λ := |κ × λ|, κλ := |λκ | := |{f : λ → κ Funktion}|. Für κ, λ ∈ ω haben
diese Operationen die üblichen Eigenschaften.
Lemma.
(a) (Cn, +, 0) kommutative Halbgruppe.
(b) (Cn, ·, 1) kommutative Halbgruppe.
(c) κ ≤ λ ⇒ κ + µ ≤ λ + µ.
(d) κ(λ + µ) = κλ + κµ.
(e) κ ≤ λ ⇒ κ · µ ≤ λ · µ.
(f) 0 · κ = κ · 0 = 0.
(g) κλ+µ = κλ · κµ , κλ·µ = (κλ )µ .
(h) (κ · λ)µ = κµ · λµ .
(i) κ0 = 1, κ1 = κ, 0κ = 0 für κ 6= 0.
Satz. (Hessenberg) Für alle λ ∈ Cn∞ gilt: λ · λ = λ.
Beweis. Z.z.: Für alle Ordinalzahlen α ≥ ω gilt: α × α ∼ α. Für λ ∈ Cn∞ : λ · λ = |λ × λ| = |λ| = λ.
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