Aspekte der Angewandten Geologie Geothermie Christof Beyer Sebastian Bauer Geohydromodellierung Institut für Geowissenschaften Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-1 Geothermie Der steigende Energiebedarf (Prognose bis 2030: + 40%) einer wachsenden Bevölkerung erfordert die Erschließung neuer Energiequellen. Der globale Bedarf an Energie muss auf nachhaltige und effiziente Art und Weise bedient werden. Geothermische Energie kann einen wesentlichen Beitrag zur zukünftigen Energieversorgung beitragen, da • weltweit verfügbar • regenerativ (u.U) • grundlastfähig • niedriger Umwelteinfluss Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-2 Geothermischer Gradient Die Temperatur des Bodens bzw. des Untergrundes in den oberen Metern der Erdkruste wird deutlich vom tages- und jahreszeitlichen Gang der Lufttemperatur sowie der Wärmeeinstrahlung der Sonne beeinflusst und schwankt somit stark im Jahresverlauf (Durchscnitt: 10-13°C). Diese Einflüsse nehmen jedoch mit der Tiefe ab, sodass die Temperatur ab einer gewissen Tiefe (10-20m) zeitlich ± konstant bleibt. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 Geothermie 6-3 Geothermischer Gradient Im tieferen Untergrund (>20-100m) nimmt die Temperatur mit der Tiefe zu. Geothermie Der geothermische Gradient ist definiert als die Zunahme der Temperatur bezogen auf das Tiefenintervall, also ∆T/∆z. Der geothermische Gradient ist durch die gesteinsspezifische Wärmeleitfähigkeit λ gesteins- und somit ortsabhängig. Im globalen Mittel beträgt er ca. 25 K/km. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-4 Geothermie Terrestrischer Wärmefluss Quelle für den Wärmefluss an die Erdoberfläche ist in erster Linie der radioaktive Zerfall radioaktiver Elemente im Gestein, insbesondere Kalium 40, Uran 235 und 238 sowie Thorium 232. Die dabei abgegebene Strahlungsenergie wird durch Absorption in Wärme umgesetzt. Durch den Temperaturgradienten vom heißen Erdinneren an die kalte Oberfläche wird beständig Wärme nach außen transportiert. Im Mittel beträgt der Wärmefluss in Deutschland ca. 70 mW/m². Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-5 Geothermie Temperaturanomalien Untergrundtemperaturen können je nach Ort in weiten Bereichen streuen. In Norddeutschland beträgt der mittlere geothermische Gradient ca. 30 °C/km. Bei einer mittleren Jahrestemperatur von ca. 10 °C beträgt T in 1000 m Tiefe somit ca. 40°C, in 3000 m Tiefe ca. 100 °C. In vulkanisch aktiven Gebieten sind oberflächennahe Temperaturen dagegen um ein vielfaches höher. Ätna, Italien Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Erdöfen, Lanzarote Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-6 Geothermie aus: Kühn (2004) Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-7 Geothermie „Ring of Fire“ Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-8 Geothermie Konvektionsbewegungen Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-9 Plattengrenzen - divergierend - konvergierend - Transformstörung Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 Geothermie 6-10 Transformstörung Geothermie Konvergenz Divergenz Foto: Nasa Anden Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 Mittelatlantischer Rücken 6-11 Geothermie divergierende Plattengrenze Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-12 Klassifikation Geothermale Systeme - Tiefe / Temperatur - Wasser- / Dampfsättigung Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-13 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-14 Geothermale Wässer Die Lösungszusammensetzug geothermaler Wässer hängt von einer Reihe von Faktoren wie z.B. ihrer Herkunft ab • durch das Gestein infiltrierte meteorische Wässer • Formationswässer • metamorphe und juvenile Wässer Die Lösungszusammensetzung ist von großer Bedeutung für die Nutzbarkeit der Wässer (insbesondere Wärme- /Energieerzeugung) aus: Kühn (2004) Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-15 Geothermale Wässer Klassifikation idR. nach den dominanten Anionen erlaubt Einblicke in die (wahrscheinliche) Entstehung / Herkunft eines geothermalen Wassers: • chloridische (alkali-, neutral-chloridische) Wässer gut equilibrierte Wässer aus größeren Upwelling-Bereichen geothermaler Reservoire; pH ± neutral; mehrere 1000 mg/kg Cl• sulfatische (schwefelsaure) Wässer Entstehung durch Kondensation geothermaler Gase in Grundwässern, insbesondere in Randbereichen geothermaler Reservoire; hohe Sulfatgehalte durch Oxidation kondensierter Hydrogensulfide; • hydrogencarbonatische Wässer Entstehung durch Kondensation von Dampf und Gasen in Grundwässern, insbesondere in Randbereichen geothermaler Reservoire; hohe CO2-Reaktivität, jedoch häufig neutraler pH durch Pufferung Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-16 Ternär-/Dreiecks-Plot: Verhältnisse der Anionen [mg/kg] Geothermale Wässer Die verschiedenen Wässer gruppieren sich um die drei „End-member“ Cl-, SO42- und HCO3-. • saure Quellwässer: kein HCO3wg. zu niedrigen pH-Wertes • Mischung idR. nur zwischen zwei Wasser-Typen • kaum Mischung zwischen HCO3- - und SO42—Wässern in geothermalen Resevoiren Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-17 Wärmetransport Die Wärmemenge (Energie) H [J=Joule] in einem Bilanzvolumen V einer Phase: H=cρVT c ist die (spezifische) Wärmekapazität [JM-1K-1], entspricht der Wärmemenge dH, die zugeführt werden muss, um für ein Einheitsvolumen eines Mediums eine bestimmte Temperaturänderung dT hervorzurufen, d.h. c = dH/dT. Beispiel: Um 1 g Wasser von 0°C auf 1°C zu erwärmen sind 4.22 J notwendig. Die Wärmekapazität von Wasser ist demnach 4.22 [Jg-1K-1] (bei 0°C). Der Wert ist jedoch temperatur- und druckabhängig. Nicht mehr gebräuchlich: Kalorie (cal) (von lat. calor = Wärme). Nach der „internationalen (Wasserdampf-)Tabelle“ ist die I.T.-Kalorie definiert als 1 calIT = 4.1868 J Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-18 Wärmetransport Die Wärmekapazität c ist eine Materialeigenschaft und abhängig von Druck und Temperatur: c = f(P, T) Material c [Jg-1K-1] Kalkstein 0.84 Ton 0.86 Sandstein 0.71 Steinkohle 1.26 Petroleum 2.1 Eis 2.1 Wasser 4.2 Temperatur = 20°C McDermott et al., 2006 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-19 Wärmetransport Die Wärmekapazität c ist eine Materialeigenschaft und abhängig von Druck und Temperatur: c = f(P, T) Die Wärmekapazität eines porösen Mediums (2 Phasen: Wasser, Matrix) wird durch zwei Terme bestimmt: - die Wärmekapazität des Wassers cw 1-n - die Wärmekapazität der Festphase cs cρ= n cwρw+ (1-n) csρs n n = Porosität [-] ρw = Wasser-Dichte [ML-3] ρs = Festphasen-Dichte [ML-3] Wärme pro Einheitsvolumen: H / V = c ρ T [JL-3] Dabei ist H die extensive, T die intensive Größe. McDermott et al., 2006 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-20 Wärmetransport Die Wärmeleitfähigkeit λ [JL-1K-1] ist ebenfalls eine Materialeigenschaft und ebenso abhängig von Druck und Temperatur: λ = f(P, T) Material λ [Jm-1K-1] Kalkstein 2.2 - 2.8 Tonschiefer 2.4 Sandstein 3.2 Steinkohle 0.26 Steinsalz 5.5 Gneis 2.7 Granit 2.6 Gabbro 2.1 Peridotit 3.8 (unter Normalbedingungen) McDermott et al., 2006 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-21 Wärmetransport Die Wärmeleitfähigkeit λ [JL-1K-1] ist ebenfalls eine Materialeigenschaft und ebenso abhängig von Druck und Temperatur: λ = f(P, T) λ ist für viele Minerale und Gesteine auch eine richtungsabhängige Eigenschaft (Anisotropie), d.h. λx ≠ λy ≠ λz Die effektive Wärmeleitfähigkeit λe eines porösen Mediums (2 Phasen: Wasser, Matrix) wird (wie die Wärmekapazität) durch zwei Terme bestimmt: - die Wärmeleitfähigkeit des Wassers λw - die Wärmeleitfähigkeit der Festphase λs λe = n λw+ (1-n) λs [JL-1K-1] n = Porosität [-] Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung McDermott et al., 2006 Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-22 Wärmetransport Analog zum Transport von Stoffen im Wasser sind beim Wärmetransport verschiedene Flusskomponenten zu berücksichtigen: Diffusiver Wärmefluss jDiff: Wärmediffusion (wird auch Wärmeleitung oder Wärmekonduktion genannt) folgt dem Gesetz von Fourier: der Wärmefluss ist proportional zum Wärmegradienten und dem Proportionalitätsfaktor λe: jDiff= λe∇T [JL-2T-1] λe = effektive Wärmeleitfähigkeit [JL-1K-1] Wärmediffusion im porösen Medium findet sowohl im Wasser als auch in der Festphase statt. λe = n λw+ (1-n) λs Gesetz von Fourier: analog zum Fick‘schenGesetz und Darcy-Gesetz jDiff = D∇C Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 q = - kf∇h 6-23 Wärmetransport Analog zum Transport von Stoffen im Wasser sind beim Wärmetransport verschiedene Flusskomponenten zu berücksichtigen: Advektiver Wärmefluss jAdv: Transport von Wärme mit dem fließenden Grundwasser jAdv= cwρwTv [JL-2T-1] v = Transportgeschwindigkeit [L T-1]: v = q / ne = -kf ∇h / ne ρw = Dichte des Wassers [M L-3] cw = Wärmekapazität des Wassers [J K-1 M-1] • cwT • cwρwT • cwρwTv Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung = Wärmeinhalt pro Einheitsmasse Wasser = Wärmeinhalt pro Einheitsvolumen Wasser = Wärmefluss, transportiert mit Geschwindigkeit v pro Einheitsfläche Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-24 Wärmetransport Analog zum Transport von Stoffen im Wasser sind beim Wärmetransport verschiedene Flusskomponenten zu berücksichtigen: Dispersiver Wärmefluss jDisp: analog zum Fall des Massentransports, findet nur im Wasser statt jDisp= cwρwE∇T [JL-2T-1] E =Wärmedispersionskoeffizient [L2 T-1] Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-25 Wärmetransport Analog zum Transport von Stoffen im Wasser sind beim Wärmetransport verschiedene Flusskomponenten zu berücksichtigen: Dispersiver Wärmefluss jDisp: analog zum Fall des Massentransports, findet nur im Wasser statt jDisp= cwρwE∇T [JL-2T-1] E =Wärmedispersionskoeffizient [L2 T-1] Der gesamte Wärmefluss jges im porösen Medium entspricht somit der Summe der Einzelflüsse: jges = jAdv + jDiff + jDisp jges = cwρwTv + (nλw+(1-n)λs)∇T + cwρwE∇T Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 [JL-2T-1] 6-26 Wärmetransport Zusätzlich gibt es noch die sog. „freie Konvektion“, einem advektiven Wärmefluss aufgrund von Auftriebskräften. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-27 www.geothermal.marin.org Nutzungsmöglichkeiten Geothermal Education Office • Elektrizitätsproduktion • Gebäude-Heizung / -Kühlung • Thermalbäder • Lebensmittelproduktion / -verarbeitung • Trocknungsprozesse • Wasserstoffproduktion Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-28 Energieerzeugung Definition nach VDI-Richtlinie 4640: „Geothermische Energie ist die in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde (Synonym: Erdwärme, häufig auch Geothermie).“ Archäologische Untersuchungen zeigen, dass geothermische Energie bereits seit mehr als 10.000 Jahren auf der ganzen Welt vom Menschen (u.a. zum Kochen, Baden oder Wärmen) genutzt wird. Eine größere wirtschaftliche Nutzung zur Energieerzeugung erfolgt ca. seit Mitte des letzten Jahrhunderts. Insbesondere für die Energiegewinnung hat die Geothermie für in den letzten Jahrzehnten enorm an Bedeutung gewonnen. Vorteile Geothermischer Energiegewinnung: • hohen Versorgungssicherheit • praktisch überall verfügbar • keine Zwischenspeicherung Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-29 Energieerzeugung Geothermal Japan [March / April 2004 Bulletin] History and Status of Geothermal Power Development and Production By Seiki Kawazoe – Thermal and Nuclear Power Engineering Society (TEMPES), and Jim Combs – Geo Hills Associates (Reno, NV) Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-30 Energieerzeugung Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-31 Energieerzeugung Prognostizierter Anstieg der installierten geothermalen Energiegewinnungskapazität weltweit bis 2010 (GRC Bulletin, Mai-Juni 2006) 12000 Kapazität [MWe] 10000 8000 6000 4000 2000 0 1975 1980 1985 R1 1990 1995 2000 Jahr Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-32 2005 2010 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aus: Pester, S., Schellschmidt, R. & Schulz, R. (2007): Verzeichnis geothermischer Standorte Geothermische in Deutschland auf einen Blick - Geothermische Energie 56/57: 4-8. Aspekte derAnlagen Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-33 flache vs. tiefe Geothermie © 2009 Landesamt für Bergbau, Geologie & Rohstoffe (LBGR) www.lbgr.brandenburg.de Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-34 flache Geothermie Die Erdwärme im Bereich der oberen 100 m bei T bis zu 20 °C kann mit erdgekoppelten Wärmepumpen (z.B. über Erdwärmesonden, Flächenkollektoren, etc.) für dezentrale Heizanlagen genutzt werden. Æ Untergrund kann dabei als Wärmequelle zur Heizung oder als Wärmesenke bzw. -speicher zur Kühlung genutzt werden. Schwerpunkte liegen in erster Linie auf der Wärmeversorgung von Privathaushalten, zunehmend aber auch Kühlung von Industrie- oder Verwaltungsgebäuden und saisonale Speicherung von Wärmeenergie im Untergrund. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-35 flache Geothermie Technische Aspekte Eine flache Geothermie-Anlage besteht aus drei miteinander gekoppelten Kreislaufsystemen: • im Untergrund verlegte horizontale Kollektoren oder vertikalen Erdwärmesonden • Wärmepumpeneinheit • Heizverteilersystem Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-36 flache Geothermie Technische Aspekte Erdwärmesonde, hochdichtes Polyethylen Flächenkollektor & Bohrpfahlwand, IHK Kiel Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-37 flache Geothermie Technische Aspekte Entzugsleistung ist abhängig vom Untergrundaufbau und der • Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes • Anzahl der Betriebsstunden • Beeinflussung durch Nachbaranlagen Gut geeignete Untergründe: • Festgestein mit hoher Wärmeleitfähigkeit • gesättigte Lockersediment Weniger gut geeignet: • ungesättigte Sedimente, trockene Kiese & Sande Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-38 flache Geothermie Abschätzung der Entzugsleistung entsprechend des durch Bohrung belegten Schichtenaufbaus Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-39 flache Geothermie Funktionsweise Wärmepumpe: Kühlschrankprinzip • Kompression eines Arbeitsmediums (Gas / Flüssigkeit mit niedrigem Siedepunkt) Æ Verflüssigung, Erwärmung • Abgabe der Wärme an das Heizsystem • Ableitung der kalten Flüssigkeit nach außen • Druckentlastung im Verdampfer Æ Verdampfung, starke Abkühlung, Aufnahme der Umgebungswärme • funktioniert auch umgekehrt zur Gebäudekühlung Wärmeträgerflüssigkeit • häufig Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel (Glykole, Salze) • nur nicht-wassergefährdende Stoffe bzw. Stoffe der WGK 1 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-40 flache Geothermie Rechtliche Aspekte: Bergrecht, Wasserrecht Erdwärme ist nach BBergG „bergfreier Bodenschatz“, d.h. Eigentum an einem Grundstück erstreckt sich nicht auf die Erdwärme. Für ihre Gewinnung wäre deshalb eine Bewilligung nach § 8 BBergG nötig. Wenn der Wärmegradient jedoch zu gering für eine direkte Gewinnung ist und deshalb Mittler (z.B. Wärmepumpen) eingesetzt werden müssen, ist die Gewinnung „in einem Grundstück aus Anlass oder im Zusammenhang mit dessen baulicher oder sonstiger städtebaulicher Nutzung“ keine Gewinnung im bergrechtlichen Sinne und eine Bewilligung idR. nicht nötig. Falls Bohrtiefen > 100 m vorgesehen sind, ist jedoch von der zuständigen Bergbehörde zu prüfen, ob für die Bohrung, aus Rücksicht auf den Schutz Beschäftigter oder Dritter oder wegen der Bedeutung der Bohrung die Erstellung eines Betriebsplanes notwendig ist. U.U. müssen dabei auch die unteren Wasserbehörden beteiligt werden (z.B. bei Bohrungen im Grundwasser, vorübergehenden Grundwasserentnahmen, Pumpversuchen, etc). Für SWH: Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-41 flache Geothermie Rechtliche Aspekte: Bergrecht, Wasserrecht Betrieb von Erdwärmesonden im Grundwasser ist keine Gewässerbenutzung im rechtlichen Sinne, da kein Wasser entnommen / eingeleitet wird. Wasserrechtlich relevant ist die Erschließung des Grundwassers durch Bohrung jedoch, da diese mit Risiken für die Grundwasserbeschaffenheit verbunden sein kann. Bohrungen > 10 m müssen bei der unteren Wasserbehörde angezeigt werden. Mögliche schädliche Wirkungen auf das Grundwasser: • Schaffung von hydraulische Verbindungen zwischen den Grundwasserstockwerken • Schaffung von direkten Schadstoffeintragspfaden ins tiefe Grundwasser • Gefahr des Austretens des Wärmeträgermittels während der Bauphase • möglicher Einfluss der Temperaturänderung auf die Grundwasserhydraulik und den Schadstofftransport • mögliche Mobilisierung von Schadstoffen aus bestehenden Boden- und Grundwasserverunreinigungen durch Temperaturänderungen Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-42 flache Geothermie wasserrechtliches Prüfschema Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-43 GeoCITTI Kiel Oberflächennahe Geothermie: Gemeinsames Projekt der Uni Kiel, FH Kiel, diversen Industriepartnern zur Entwicklung und Demonstration innovativer Kühltechnik für Gewerbebauten Durchschnittlicher Endenergieverbrauch eines Einkaufszentrums: 250 kWh/(m²a) bis 500 kWh/(m²a) Wesentliche Anteile sind: Kälteerzeugung, Luftaufbereitung und Lufttransport neben Beleuchtung • Aufbau einer Demonstrationsanlage auf dem Citti-Gelände in Kiel, • Thermische und chemische Sensorik, • Messung und Modellierung der Wärmeausbreitung und der hydrogeochemischen Prozesszone • Ableitung von Richtlinien zur Qualitätssicherung und Genehmigungsfähigkeit Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-44 GeoCITTI Kiel Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-45 GeoCITTI Kiel Winter cooling/heating panel Heizung Citti-Markt 72 Erdwärmesonden Förderbrunnen Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung doublet system Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 Injektionsbrunnen 6-46 GeoCITTI Kiel Sommer cooling/heating panel Kühlung Citti-Markt 72 Erdwärmesonden Förderbrunnen Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Doublet system Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 Injektionsbrunnen 6-47 tiefe Geothermie • Tiefe > 400 m, Temperatur > 20 °C (Æ Abgrenzung von flacher Geothermie) • Erschließung über Tiefbohrungen • direkte Nutzbarkeit der Energie (d.h. ohne Niveauanhebung z.B. durch Wärmepumpen) • steht Prinzipiell überall zur Verfügung • „Lebensdauer“ tiefengeothermischer Reservoire: ca. 20 - 30 Jahre • Selbständige Regeneration innerhalb mehrerer Jahrhunderte, Tiefengeothermie wird deshalb zu den regenerativen Energieformen gezählt • relevant sind insbesondere Gebiete mit sog. Wärmeanomalien • Hydrothermale Systeme • Petrothermale Systeme Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-48 Hydrothermale Systeme Hydrothermale Systeme Æ mit niedriger Enthalpie (Wärmeinhalt): Aquifere mit heißem (>100°C) bis thermalem (>20°C) Wasser • meist direkte Nutzung des im Untergrund vorhandenen Wassers (ggf. über Wärmetauscher • Speisung von Nah- und Fernwärmenetzen, landwirtschaftliche, industrielle, balneologische Nutzung • Verstromung ab ca. 100 °C möglich Æ mit hoher Enthalpie: Nutzung von Dampf- oder Zweiphasensystemen zur Stromerzeugung Porengrundwasserleiter: Geeignet sind idR. Sandsteine, besonders im südlichen & östlichen Norddeutschen Becken verbreitete Ober-Rotliegend Sandsteine Kluftgrundwasserleiter: Oberer Muschelkalk, Buntsandstein des Oberrheingraben kommen als mögliche Aquifere zur geothermischen Stromerzeugung in Betracht. Karst-Aquifere: Malmkarst des süddeutsch-oberösterreichischen Molassebeckens ist bedeutendes Reservoir geothermischer Energie in Mitteleuropa. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-49 Hydrothermale Systeme EJ = Exa-Joule = 1018 Joule Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-50 Hydrothermale Systeme Brunnedublette • Förderung thermaler Wässer aus tiefen wasserführenden Gesteinsschichten • Entzug der Wärme über Wärmetauscher • Reinjektion des angekühlten Wassers in denselben Aquifer Æ geschlossener Kreislauf (keine Wasserentsorgung notwendig, wäre problematisch aufgrund der hohen Mineralgehalte) Æ Erhaltung des Reservoirdrucks (auch übertage) zur Vermeidung von Mineralausfällungen Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-51 Hydrothermale Systeme Brunnedublette • Förderung thermaler Wässer aus tiefen wasserführenden Gesteinsschichten • Entzug der Wärme über Wärmetauscher • Reinjektion des angekühlten Wassers in denselben Aquifer Æ geschlossener Kreislauf (keine Wasserentsorgung notwendig, wäre problematisch aufgrund der hohen Mineralgehalte) Æ Erhaltung des Reservoirdrucks, auch übertage zur Vermeidung von Mineralausfällungen Abstand zwischen Injektions- und Förderbohrung sollte so dimensioniert sein, dass innerhalb des angestrebten Bewirtschaftungszeitraums (20 – 30 Jahre) keine deutliche Temperaturerniedrigung in der Förderbohrung durch Einleitung des abgekühlten Injektionswassers auftritt. Bei zu großem Abstand besteht die Gefahr einer zu geringen hydraulischen Verbindung der Bohrungen wodurch die Ergiebigkeit der Förderbohrung gemindert wird. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-52 Hydrothermale Systeme Pipe Base-Base Screen Liner Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-53 Petrothermale Systeme Nutzung der im Gestein gespeicherten Energie Æ Tiefe Erdwärmesonden • idR. nur zur Wärmeversorgung Æ Hot Dry Rock (HDR)-Verfahren, Enhanced Geothermal Systems (EGS) • Energiegewinnung aus dem Gestein, weitgehend unabhängig von wasserführenden Strukturen • idR. hydraulische Stimulation notwendig • meist zur Stromerzeugung Æ Nutzung der geothermischen Energie aus Bergwerken, Kavernen, Tunneln Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-54 Petrothermale Systeme Tiefe Erdwärmesonden • vergleichbare Technologie wie bei flachen Erdwärmesonden • bis zu Tiefen von 3000 m • Zirkulation eines Wärmeträgermediums in einem geschlossenen Doppelrohrsystem (Koaxialrohr) • Abstieg des kalten Fluids im Außenrohr • Wärmeübertragung auf das in der Sonde zirkulierende Fluid durch Wärmeleitung aus dem Gestein • konvektive Erwärmung • Aufstieg des aufgeheizten Fluids im isolierten Innenrohr • Auskühlung in Nutzungsanlage auf ca. 15 °C Abkühlung des tiefen Umgebungsgesteins Æ horizontaler Temperaturgradient Æ Nachfließen von Wärme aus dem Umgebungsgestein Æ hohe Wärmeleitfähigkeit wichtig Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-55 Petrothermale Systeme Hot-Dry-Rock (HDR) (auch Deep Heat Mining (DHM), Stimulated Geothermal System (SGS)) • primär zur Stromerzeugung • ähnlich wie bei hydrothermalen zirkuliert beim HDR Wasser zwischen einer Injektions- und einer bzw. mehreren Förderbohrungen • heißes Reservoirgestein (meist kristallines Grundgebirge) wird als Wärmetauscher genutzt, hat jedoch zunächst keine wirksamen Wasserwegsamkeiten („dry rock“) • diese werden erst durch „Stimulation“ des Reservoirs unter Ausnutzung und Erweiterung des natürlichen Kluftsystems erzeugt Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-56 HDR Notwendige Voraussetzungen: • Ausreichend dimensionierter heißer Gesteinskörper in moderater Tiefe • Schaffung eines Fließpfades oder einer permeablen Zone ist möglich • niedriger Fließwiderstand Æ hohe Fluidfließraten können erreicht werden, um ausreichende Wärmemengen an die Oberfläche transportieren zu können • große Wärmeaustauschoberfläche zwischen Fels und zirkulierendem Fluid Hauptproblematik: Generierung oder Verstärkung eines existierenden Kluftsystems Besonders tektonische Gräben erscheinen als geeignete Gebiete, da hier • hohe Temperaturen in vergleichsweise geringer Tiefe auftreten • regionale Stressgradienten idR. niedrig sind Æ hohe Wahrscheinlichkeit partiell offener Kluftsysteme Æ Stimulation des Reservoir und Zirkulation des Fluids bei moderaten Drücken COMPARISON OF MAIN HDR - RESERVOIRS IN THE WORLD Projects Los Alamos (USA) Rosemanowes (UK) Hijiori (Japan) Soultz (F) Soultz (F) anticipated Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Breakthrough Max. rock Reservoir depth Well separation Thermal output Period volume temp. [°C] [m] [m] [MWth] [m³] 1973-1979 232 3500 150-300 ~5 80-100 1980-1993 80 2000 180-270 ~4 200-300 1985270 2200 ~130 ~7 50-150 1989-1997 168 3500 ~450 ~11 ~7000 Aspekte der Angewandten Geologie 1997202 5000 600-700 ~50 ~20'000 6-57 CAU, Sommersemester 2009 HDR Reservoirstimulation Die hydraulische Durchlässigkeit des Gesteins ist abhängig von der Anzahl, der Größe und der Vernetztheit der Klüfte. Die Durchlässigkeit kann durch das ursprünglich aus der Erdöl-/Erdgas-technik stammende sog. hydraulic fracturing erhöht werden. Ziel des Verfahrens ist es, durch die Schaffung neuer oder die Erweiterung bestehender Kluftflächen ein System hoher Permeabilität zu schaffen, welches Produktions- und die Injektionsbohrung hydraulisch miteinander verbindet. Methodik: Verpressung großer Mengen Wasser (bis zu 0.1 m³ s-1) unter hohem Druck Wasser Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-58 HDR Reservoirstimulation Die hydraulische Durchlässigkeit des Gesteins ist abhängig von der Anzahl, der Größe und der Vernetztheit der Klüfte. Die Durchlässigkeit kann durch das ursprünglich aus der Erdöl-/Erdgas-technik stammende sog. hydraulic fracturing erhöht werden. Ziel des Verfahrens ist es, durch die Schaffung neuer oder die Erweiterung bestehender Kluftflächen ein System hoher Permeabilität zu schaffen, welches Produktions- und die Injektionsbohrung hydraulisch miteinander verbindet. Methodik: Verpressung großer Mengen Wasser (bis zu 0.1 m³ s-1) unter hohem Druck Druck und die natürlichen im Gebirge herrschenden Spannungen lassen bis zu 1 cm breite Klüfte aufscheren, welche durch die Beimischung von Stützmitteln (z.B. Sand) zum injiziertem Wasser offen gehalten werden. Zusätzlich können Säuren (HCl, HF) injiziert werden, um bohrlochnahe Fließwiderstände zu beseitigen. Bei einem Bohrlochabstand von 1 km kann die Gesamtkluftfläche ca. 5-10 km2 erreichen. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-59 HDR Produktion Injektion Druckverteilung Temperaturverteilung Deformation Sebastian Bauer Kolditz et al., UFZ, 2009 Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-60 HDR Watanabe, UFZ, 2009 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-61 HDR Beispiel: Soulz-sous-Forêts (Elsass) Europäisches HDR-Forschungsprojekt seit 1987 • Untersuchung & Erprobung der Gewinnung von Erdwärme aus tiefen, dichten Gesteinsforma-tionen (Granit) • künstliche Risserzeugung durch massive Wasserinjektion (Wasserfrac). Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-62 HDR Beispiel: Soulz-sous-Forêts (Elsass) 1997 erstmalige Demonstration der Energiegewinnung durch Zirkulation zwischen 2 Bohrungen in einem 3000 m tiefen Reservoir; TWasser: 140°C, Förderrate: 25 kg s-1 Erschließung eines Reservoirs in 5000m Tiefe bei T = 200°C. Abtäufung von 3 Bohrungen zwischen 1999-2004, hydraulische Stimulation. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-63 HDR Druck- und Fließratenverläufe während der Stimulation Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-64 HDR Reservoirstimulation Die Injektion großer Wassermengen führt zu mikroseismischen Ereignissen, die sich durch Knackgeräusche äußern. Diese werden über Geophone in sog. Lauschbohrungen aufgezeichnet und erlauben die genaue Lokalisierung der Mikroerdbeben. Hieraus lassen sich Informationen zur Lage und Orientierung des erweiterten Kluftsystems gewinnen, welche eine gezielte Abtäufung weiterer Produktionsbohrungen ermöglichen. Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-65 Deep Heat Mining Basel Das Basler Geothermieprojekt • Bau einer Pilotanlage für ein Geothermiekraftwerk nach dem Hot-Fractured-RockVerfahren in granitischem Grundgebirge, 5000 m Tiefe, T > 200°C • Ziel: 6 MW Strom; 17 MW Wärme Æ Elektrizität für ca. 10.000 Haushalte Æ Wärmebedarf von ca. 2700 Haushalte • 2001 erste erfolgreiche Erkundungsbohrung bis auf Tiefe von 2755 m • 2006 erreichte die Bohrung Basel 1 die angepeilten 5000 m Tiefe Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-66 Deep Heat Mining Basel Das Basler Geothermieprojekt • hydraulische Stimulationsinjektionen lösten nach 6 Tagen unerwartet starke und spürbare Erdbeben aus (M 3.4), welche die gesetzten Alarmwerte überschritten und die Bevölkerung verunsicherten • weitere Nachbeben, M > 3 • seitdem ruhen die Operationen bis auf weiteres • unabhängiges Risk-Assessment gefordert Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-67 Reservoirmanagement Ausbeutung der geothermischen Energie beeinflusst die Reservoireigenschaften: • Druckveränderungen durch Stimulation bzw. Injektion und Produktion im Betrieb • Deformation des Gesteins durch Druckveränderungen • Permeabilitätssteigerung durch Klufterweiterung • Temperaturveränderungen, beeinflussen geochemische Gleichgewichte • geochemische Prozesse: Mineralfällungen Æ Permeabilitätsreduktion Minerallösung Æ Permeabilitätssteigerung Diese Veränderungen haben direkte Rückwirkungen auf die langfristige Energieausbeute. Um eine wirtschaftliche Laufzeit von ca. 20-30 Jahren zu erreichen, sind Prognosen der miteinander gekoppelten Prozesse und ihrer Auswirkungen auf das Resevoir notwendig. Æ numerische THMC-Modellierung als Prognose- und Managementinstrument Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-68 Reservoirmanagement Beispiel: Hydrothermales Reservoir in Stralsund Buntsandstein Schichten in 1520 m Tiefe, T = 58°C Hoch-salinares Formationswasser, Na-(Ca-Mg)-Cl Type, Stoffinhalt 280 g/L (aus Kühn, 2004) Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-69 Reservoirmanagement (aus Kühn, 2004) der Angewandten Geologie nach 10 Jahren Aspekte Zirkulation nach 50 Jahren Zirkulation 6-70 Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung CAU, Sommersemester 2009 (aus Kühn, 2004) Reservoirmanagement nach 50 Jahren Zirkulation Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-71 Reservoirmanagement (aus Kühn, 2004) Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-72 Reservoirmanagement Beispiel: Hydrothermales Reservoir in Stralsund Durch die Modellprognosen konnte für den Standort gezeigt werden, dass • Die Entwicklung der Brunnen-Injektivität als wesentlicher technischer Parameter des Produktions-Betriebs wird in erster Linie durch Temperatureffekte gesteuert: Reinjektion kalten Wassers reduziert die hydraulische Leitfähigkeit • Fällung und Lösung von Mineralphasen wie Anhydrit und Calcit haben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Ausbeutbarkeit des Reservoirs • die Porenraumstruktur der neu ausgefällten Mineralphasen bestimmt im wesentlichen die Rate der Permeabilitätsänderung • Der Standort Stralsund ist aus hodrogeologischer und hydrothermaler Sicht für den Langzeitbetrieb eines hydrothermalen Heizkraftwerks gut geeignet Sebastian Bauer Hydrogeomodellierung Aspekte der Angewandten Geologie CAU, Sommersemester 2009 6-73