die sonne:

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Astronomie und Praxis: Beobachtungen
Ausblick auf ihre Aktivität
im Jahr 2015
In diesem Jahr wird die Sonnenaktivität wieder ansteigen,
aber nicht mehr das Niveau des Zyklusmaximums erreichen, das
Anfang 2014 eintrat. Dennoch bleibt es spannend!
Olaf Dieme
Die Sonne:
Die aktive Region AR 2192 brachte eine der
spektakulärsten Fleckengruppen des aktuellen Zyklus hervor. Olaf Dieme fotografierte sie am 19. Oktober 2014 von seiner
Balkonsternwarte aus. Wird uns die Sonne
auch weiterhin mit solch faszinierenden
Phänomenen überraschen?
D
ie Sonne mit ihren vielfältigen Akti­
mit 82,8 das zweite lokale Maximum des
sächlich auf das Konto des Nordens ging,
vitätserscheinungen bietet in jedem
24. Zyklus (siehe Grafik S. 65 oben rechts).
dessen Aktivität im zweiten Halbjahr 2011
Tele­skop einen faszinierenden Anblick.
Es ist höher als das erste Maximum im
etwa doppelt so hoch wie die des Südens
Geeignete Maßnahmen zum Schutz der
Dezember 2011 (71,9) und wird deshalb
war (siehe Grafik S. 65 oben links). Danach
Augen vorausgesetzt, lassen sich auf der
vermutlich das absolute Maximum des
glichen sich beide Hemisphären auf nied­
Oberfläche des Tagesgestirns dunkle Fle­
aktuellen Zyklus sein. Übrigens war schon
rigem Niveau an. Diese Phase markiert das
cken, Fleckengruppen und helle Fackeln
beim vorangegangenen Zyklus das zweite
Minimum zwischen beiden Maxima.
erkennen. Bereits durch das bloße Zäh­
Maximum höher als das erste – zumin­
Ab Mitte 2013 gewann die Südhalbku­
len der Flecken und Gruppen lässt sich
dest anhand der Ergebnisse des SONNE-
gel die Oberhand. Ende 2013 legte aber
ein aussagekräftiges Maß für die aktuelle
Relativzahlnetzes der Vereinigung der
auch die Nordhalbkugel wieder zu, was
Sonnenaktivität gewinnen: die Sonnen­
Sternfreunde e. V. (VdS).
das zweite, höhere Maximum unterstüt­
fleckenrelativzahl R (siehe Kasten unten).
Die Sonne rotiert um ihre eigene Achse
zen dürfte. Den weiteren Verlauf können
Im Februar 2014 erreichte die Relativ­
und besitzt daher einen Äquator, der die
wir nur anhand der ungeglätteten Wer­
zahl mit 104,0 das bisher höchste Monats­
Photosphäre in eine Nord- und Südhalb­
te abschätzen, da die geglätteten Werte
mittel des aktuellen Zyklus. Danach nahm
kugel teilt. Für die beiden Hemisphären
lassen sich die Relativzahlen RN und RS
bei der zur Berechnung genutzten »P17-
die Aktivität deutlich ab. So entsteht im
März 2014 bei den geglätteten Monats­
bestimmen. Die entsprechenden Kurven
erst acht Monate später berechnet werden
mitteln der internationalen Relativzahlen
belegen, dass das erste Maximum haupt­
können: Der Norden hat weiter aufgeholt,
Methode« für einen bestimmten Monat
im Süden nahm die Aktivität ab.
Die Sonnenfleckenrelativzahl
D
Wie verhielt es sich in früheren Zyklen?
Das SONNE-Netz bestimmt RN und RS seit
1983, damit wurden bereits die Zyklen 22
ie Relativzahl R ist ein Maß für die Sonnenaktivität und lässt sich leicht ermit-
und 23 komplett abgedeckt. In diesen bei­
teln: Man zählt die Anzahl der Sonnenfleckengruppen g sowie die Anzahl der
den Zyklen dominierte zunächst die Süd-
einzelnen Sonnenflecken f und rechnet: R = (10 g + f ) · k . Somit wird jedem Aktivi-
und dann die Nordhalbkugel den Anstieg
tätsherd das zehnfache Gewicht eines Einzelflecks gegeben, was in etwa zu einer
sowie das erste Maximum, die Südhalbku­
Gleichgewichtung beider R-Anteile führt, weil im langjährigen Durchschnitt etwa
gel das zweite Maximum und den Abstieg.
zehn Flecken pro Gruppe auftreten. Die Größe k ist ein persönlicher Faktor, der von
Dies passt zur Entdeckung des Sonnenfor­
dem genutzten Instrument und der Erfahrung des Beobachters abhängt. Er ist nötig,
schers Max Waldmeier, dass bei schwa­
um die eigenen R-Messungen mit denjenigen anderer Beobachter zu kalibrieren.
chen Zyklen der Norden zunächst aktiver
Die Relativzahl ermöglicht einen direkten Vergleich mit der Sonnenaktivität
ist als der Süden. Beide Hemisphären zeig­
vergangener Jahrhunderte. Zudem ähnelt ihr zeitlicher Verlauf dem Verhalten physikalischer Messgrößen, beispielsweise der Flussdichte der solaren Radiostrahlung.
ten jeweils zwei ausgeprägte Maxima.
Es spielt eine Rolle, wie die beiden He­
Jede Tagesrelativzahl des Sonnenbeobachter-Netzes der Vereinigung der Stern-
misphären-Maxima miteinander »syn­
freunde e. V. (VdS) wird aus etwa 15 Einzelbeobachtungen ermittelt. Jedes daraus
chronisiert« sind: Im 22. Zyklus passte es
bestimmte Monatsmittel wird zudem über die umliegenden 17, mit einer Polynom-
sehr gut, entsprechend hoch waren die Ge­
funktion gewichteten Monate »geglättet« (P17-Methode).
samt-Relativzahlen R der beiden Maxima.
Beim 23. Zyklus funktionierte das schon
64
Februar 2015
Sterne und Weltraum
VdS-Fachgruppe SONNE / A. Zunker / SuW-Grafik
22. Zyklus
Zeitachse 24. Zyklus
24. Zyklus
R
100
2009
2010
2011
120
ungeglättete
Werte
100
80
RS
60
40
RN
20
0
2012
2013
2014
2015
2016
ungeglättete Werte
1990
2000
2010
monatliche Relativzahl R
monatliche Relativzahl R
140
23. Zyklus
80
16. Zyklus
(1923-1933)
WDC-SILSO / Andreas Zunker / SuW-Grafik
160
Prognose
60
40
12. Zyklus
(1878-1890)
24. Zyklus
20
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Zeit in Jahren nach dem Minimum
Jahr
Die geglätteten Monatsmittel der Relativzahlen des SONNE-Rela-
Der aktuelle 24. Zyklus ähnelt den Zyklen 12 und 16. Da das
tivzahlnetzes sind hier ab dem Jahr 1983 wiedergegeben, ebenso
SONNE-Netz erst seit 1977 besteht, musste auf Relativzahlen
die Beiträge RN und RS der Nord- beziehungsweise Südhalbkugel.
des World Data Center Sunspot Index and Long-term Solar Obser­
Für das Jahr 2014 liegen noch keine geglätteten Daten vor.
vations (WDC-SILSO) in Brüssel zurückgegriffen werden.
nicht mehr so gut, also war das Maximum
doch nicht bis zum Minimum fortsetzen.
Beobachten Sie mit!
niedriger. Im aktuellen Zyklus liegt das
Im Ausblick auf 2014 wurde gezeigt, dass
Schicken Sie der Fachgruppe Sonne der
erste, schwache Süd-Maximum zwischen
fast alle Zyklen mit einem Maximum von
Vereinigung der Sternfreunde e. V. (VdS)
den ersten beiden Nord-Maxima.
weniger als 80 mindestens drei lokale Ma­
­regelmäßig Ihre Beobachtungsergebnis­
Wie geht es nun weiter? Es fällt auf, dass
xima aufwiesen (siehe Kalender für Stern­
se – online oder per E-Mail. Ihre Relativ­
in den beiden vergangenen Zyklen das
freunde 2014, S. 50). Der 24. Zyklus dürfte
zahlen, Zeichnungen oder Fotos des Tages­
zweite Süd-Maximum ungewöhnlich breit
hier keine Ausnahme bilden.
gestirns gehen in die Auswertungen der
war. Wird das auch dieses Mal so sein? Die
Vergleichen wir nun den aktuellen
entsprechenden Netze und in den Aus­
ungeglätteten Werte sprechen nicht da­
­Zyklus mit zwei ähnlichen Verläufen und
blick auf die Sonnenaktivität 2016 ein. An­
für, allerdings könnte der erste Transit der
wagen eine Prognose (siehe Grafik oben
rechts). Anfang 2015 ist die Fleckenaktivität
leitungen zur Beobachtung finden Sie un­
Riesengruppe AR 2192 im Oktober 2014
der Anfang eines neuen Aktivitätsschubs
ähnlich niedrig wie zuletzt Mitte 2013. Auf
der wichtigste Hinweis: Blicken Sie nie­
der Südhalbkugel sein (siehe Bild S. 64).
Grund der ungleichmäßigen Verteilung
mals ohne eine geeignete Lichtdämpfung
Zusammen mit der wieder erstarkten
der wenigen Aktivitätsherde kann es auch
in die Sonne – eine Erblindung könnte die
Nordaktivität würde sich ein ausgeprägtes
schon fleckenfreie Tage geben. Dann sollte
Folge sein. Und nun wünsche ich Ihnen
Zyklusmaximum ergeben.
die Sonnenaktivität wieder ansteigen. Ge­
viel Spaß und Erfolg beim Beobachten im
gen Ende des Jahres wird sie wahrschein­
Jahr 2015!
Überraschungen sind möglich
ter www.vds-sonne.de. Hier folgt sogleich
lich wieder leicht abflauen. Trotzdem ist
Die langfristige Vorhersage schwacher Zy­
während des ganzen Jahres gelegentlich
ANDREAS ZUNKER wertete von 1995 bis 2005
klen wie dem aktuellen 24. ist schwierig,
mit Strahlungsausbrüchen (englisch: fla­
die Beobachtungen des SONNE-Relativzahl-
da sie zahlreiche lokale Maxima aufwei­
res) und damit teilweise verbundenen
netzes aus. Seit 2007 wagt er einen Blick auf
sen. Man kann sich diese Tatsache aber
koronalen Massenauswürfen zu rechnen.
die Sonnenaktivität der nahen Zukunft,
auch zu Nutze machen. Sonnenflecken
Diese können in der Umgebung der Erde
bisher im »Kalender für Sternfreunde«, jetzt
sind nur das auffälligste Phänomen der
starke geomagnetische Stürme verursa­
in »Sterne und Weltraum«.
Sonnenaktivität. Mit speziellen Telesko­
chen, die auch in unseren Breiten sichtba­
pen, zum Teil auch an Bord von Satelliten,
re Polarlichter auslösen (siehe SuW 2/2014,
lässt sich die Sonnenaktivität auf vielfäl­
S. 72, und SuW 3/2014, S. 70).
tige Weise messen. Von besonderem In­
Der Abstand der Fleckengruppen zum
teresse ist hierbei das solare Magnetfeld,
Äquator wird weiter abnehmen. Vermut­
denn die verschiedenen Formen der Akti­
lich bleibt die Aktivität auf der Südhalb­
vität entstehen hauptsächlich durch örtli­
kugel stärker als auf der Nordhemisphäre.
che Störungen dieses Felds. Die Umpolung
Zwar weisen alle Sonnenfleckenzyklen be­
des Dipol-Magnetfelds der Sonne um den
stimmte Merkmale auf, doch der individu­
Jahreswechsel 2013/2014 deutet darauf
elle Verlauf ist immer einzigartig. Das drit­
hin, dass zu diesem Zeitpunkt oder bald
te Maximum könnte sich auch bis in das
darauf das Maximum eintrat. Tatsächlich
Jahr 2016 hinein erstrecken und stärker
nahm die Sonnenaktivität im Jahr 2014
oder schwächer ausfallen als erwartet – es
tendenziell ab. Dieser Trend wird sich je­
bleibt also weiterhin spannend.
www.sterne-und-weltraum.de
Literaturhinweise
Beck, R., Bulling, A.: Der GleissbergZyklus. In: Reinsch, K. et al. (Hg.): Die
Sonne beobachten. Verlag Sterne und
Weltraum, Hüthig GmbH, Heidelberg
1999
Delfs, M.: Die Aktivität der Sonne –
Rückblick auf das Jahr 2013. In: Sterne
und Weltraum 7/2014, S. 68 – 73
Waldmeier, M.: Der lange Sonnenzyklus. In: Zeitschrift für Astrophysik 43,
S. 149 – 160, 1957
Februar 2015
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