Therapie des Pankreaskopfkarzinoms

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Therapie des Pankreaskopfkarzinoms
U. T. Hopt
Treatment of Carcinoma of the Pancreatic Head
Abstract
Auch beim Pankreaskopfkarzinom stellt die chirurgische Therapie die einzige Chance auf Heilung dar. Die perioperative Mortalität konnte in den letzten Jahren dramatisch verringert werden.
Die postoperative Morbidität ist aber immer noch hoch. Von
allen an einem Pankreaskopfkarzinom erkrankten Patienten
kommt nur ein kleiner Prozentsatz für eine Operation infrage.
Die häufigste Kontraindikation für eine Operation stellt ein systemisch bereits metastasierter oder lokal zu weit fortgeschrittener Tumor dar. Das Ausmaß der chirurgischen Radikalität beim
operablen Pankreaskopfkarzinom wird unterschiedlich beurteilt. Trotz kurativer Intention sind die Langzeitergebnisse nach
Resektion eine Pankreaskopfkarzinoms immer noch schlecht.
Die mittlere Überlebenszeit liegt bei etwa 16 Monaten. Eine Verbesserung dieser Situation kann nur von neuen multimodalen
Therapiestrategien erwartet werden. Während die adjuvante
Chemotherapie nach Resektion eines Pankreaskopfkarzinoms
dringend empfohlen werden muss, stellt die neoadjuvante Therapie weiterhin ein experimentelles Verfahren dar und wird im
Moment in Studien evaluiert.
For patients with carcinoma in the head of the pancreas surgical
resection remains the only chance of cure. Perioperative mortality could be reduced in the last years dramatically, postoperative
morbidity, however, remains high. Only a small percentage of all
patients suffering from pancreas carcinoma are good candidates
for an operative therapy. The most frequent contraindications
are metastases in the liver or the peritoneum or a locally too
advanced tumor. The extent of surgical resection necessary in
patients with pancreas carcinoma is still in discussion. Even after
an operation under curative aspects long term results remain
disappointing. Median survival still ranges only about 16 months.
A substantial improvement of long term- survival can only be expected from new multimodal therapeutic strategies. Adjuvant
chemotherapy should strongly be recommended after resection
of a pancreas carcinoma. Neoadjuvant therapy on the other hand
is still an experimental procedure and under evaluation in ongoing prospective randomized studies.
Schlüsselwörter
Pankreaskopfkarzinom · Operation · adjuvante Therapie ·
neoadjuvante Therapie
Key words
Pancreas head carcinoma · surgery · adjuvant therapy ·
neoadjuvant therapy
Institutsangaben
Klinik für Allgemein-und Viszeralchirurgie, Chirurgische Universitätsklinik Freiburg
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich T. Hopt · Direktor der Abt. Allgemein- und Viszeralchirurgie ·
Chirurgische Universitätsklinik Freiburg · Hugstetter Str. 55 · 79106 Freiburg · Tel.: 0761/2 70 28 06 ·
E-mail: [email protected]
Bibliografie
Zentralbl Chir 2006; 131: 115–120 © J. A. Barth Verlag in Georg Thieme Verlag KG
DOI 10.1055/s-2006-921535
ISSN 0044-409X
Originalarbeiten und Übersichten
Zusammenfassung
115
Die chirurgische Therapie des Pankreaskopfkarzinoms war lange
Zeit vor allem bei unseren internistischen Kollegen umstritten.
Ursache dafür war unter anderem die enorme perioperative
Mortalität, die bis zu 20 % betrug. Zwischenzeitlich hat sich die
Situation vollständig geändert. Die perioperative Mortalität liegt
in Zentren heutzutage generell unter 5 % [1, 40]. Es sind ferner
erstmals Langzeitdaten veröffentlicht worden, die ein Fünf-Jahres-Überleben zwischen 20 % und 30 % zeigen [31, 37]. Die chirurgische Therapie des Pankreaskopfkarzinoms stellt damit die einzige Chance auf Langzeitüberleben oder gar Heilung dar.
Originalarbeiten und Übersichten
116
Trotz dieser unbestreitbaren Erfolge der chirurgischen Therapie
ist klar, dass nur für einen kleinen Prozentsatz aller Patienten,
die an einem Pankreaskopfkarzinom erkranken, letztendlich
eine chirurgische Therapie infrage kommt. Von zentraler Bedeutung ist demnach die Frage nach den derzeitigen Kontraindikationen für eine Pankreaskopfresektion. Wenn die Indikation für
eine Tumorresektion bei einem Patienten grundsätzlich bejaht
wird, erhebt sich die Frage nach der lokalen chirurgischen Radikalität des Eingriffs. Da die Langzeitergebnisse einer alleinigen
chirurgischen Therapie weiterhin enttäuschend sind, muss immer auch geprüft werden, ob ein multimodaler Therapieansatz
sinnvoll ist.
den. Die so palliativ operierten Patienten haben den Vorteil, dass
der Galleabfluss und die Magenentleerung auch bei Tumorprogress erhalten bleiben und dass sie damit nicht umsonst laparotomiert wurden.
Auch ein lokal weit fortgeschrittener Tumor, der nicht R0 seziert
werden kann, stellt eine Kontraindikation für eine Pankreaskopfresektion dar [17]. Dies gilt z. B. für eine diffuse Tumorinfiltration
der Mesenterialwurzel, wie sie bei Pankreaskopfkarzinomen, die
vom Processus uncinatus ausgehen, immer wieder zu beobachten ist. Zu nennen sind hier aber auch Patienten, die ein Encasement der großen Oberbaucharterien, d. h. der Arteria mesenterica superior und des Truncus coeliacus oder der Arteria hepatica
communis aufweisen. Im Hinblick auf die Vena mesenterica superior bzw. Vena portae gilt für uns nur eine tumorbedingte
Thrombosierung bzw. der Nachweis von intraluminal liegenden
Tumorzapfen als absolute Kontraindikation.
Das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen stellt für uns generell keine Kontraindikation zur Resektion dar. Es gibt allerdings
auch Schulen, die bei Tumorbefall der interaortokavalen Lymphknoten eine Resektion ablehnen.
Ausmaß der Operation
Kontraindikationen für eine Pankreaskopfresektion
Wie bei allen größeren operativen Eingriffen ist die allgemeine
Operabilität eine Grundvoraussetzung. Entscheidend sind dabei
vor allem die kardialen und pulmonalen Begleiterkrankungen
des Patienten. Eine Leberzirrhose stellt für uns eine absolute
Kontraindikation dar. Das numerische Alter spielt keine Rolle,
da auch durchaus Patienten mit über 80 Jahren noch eine Pankreaskopfresektion tolerieren, wenn sie in gutem AZ sind.
Von zentraler Bedeutung ist ferner die Frage nach der lokalen Tumorausdehnung und nach einer möglichen Fernmetastasierung.
Der Nachweis von Metastasen gilt wegen der sehr kurzen Lebenserwartung dieser Patienten generell als Kontraindikation
für eine Pankreasresektion. Besonders wichtig ist demnach eine
exakte Abklärung der Leber. Trotz der Fortschritte in der Schnittbild-Diagnostik mittels MRT oder CT werden gerade beim Pankreaskarzinom kleine Lebermetastasen unter 0,5 cm Durchmesser immer wieder übersehen. Das Gleiche gilt für eine beginnende Peritonealkarzinose. Aus diesem Grund wird immer wieder
vorgeschlagen, vor der eigentlichen Pankreaskopfresektion eine
Laparoskopie durchzuführen, um kleine periphere Lebermetastasen und eine beginnende Peritonealkarzinose auszuschließen
[7, 8]. Die ursprünglichen Angaben, dass sich bei über 30 % der
Patienten das chirurgische Vorgehen durch eine präoperative Laparoskopie ändert, konnten in verschiedenen Nachfolgestudien
nicht bestätigt werden [3, 30]. Der Prozentsatz liegt wesentlich
niedriger. Auch wir führen aus diesem Grund eine präoperative
Laparoskopie nicht durch. Falls intraoperativ eine Lebermetastasierung bzw. eine beginnende Peritonealkarzinose histologisch
gesichert werden kann, legen wir in gleicher Sitzung eine biliodigestive Anastomose zum Ductus hepaticus communis und
eine Gastroenterostomie an. Das Risiko einer solchen palliativen
Operation ist bei diesen Patienten minimal, da sie ursprünglich
ja für einen viele größeren Eingriff als geeignet klassifiziert wur-
Wie ausgedehnt der operative Eingriff bei einer Pankreaskopfresektion sein sollte, wird von den Pankreaschirurgen nicht einheitlich beurteilt. Zur Diskussion steht die Frage nach dem Pyloruserhalt, dem Ausmaß der Lymphadenektomie und nach der Indikation bzw. dem Ausmaß einer Gefäßresektion.
Pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion versus
traditionelle Whipple’sche Operation
Die klassische Whipple-Operation, d. h. eine Pankreaskopfresektion unter Einschluss einer distalen Magenresektion galt lange
Zeit als der onkologische Standard beim Pankreaskopfkarzinom.
Zwischenzeitlich ist allerdings klar, dass die zusätzliche Magenresektion bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten keinen
onkologischen Vorteil bietet. Metastasen in den parapylorischen
Lymphknoten finden sich nur bei 10 % bis 14 % der Patienten. Wir
führen daher die klassische Whipple-Operation nur noch durch,
wenn der Tumor das postpylorische Duodenum bzw. direkt den
Magen infiltriert hat oder wenn sich die Lymphknoten im Bereich der Arteria gastroepiploica dextra im Schnellschnitt als
metastatisch befallen erweisen. Dies ist nur bei ca. 20 % unserer
Patienten der Fall. Die pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion
ist demnach auch in unserer Klinik der Standardeingriff für Patienten mit operablem Pankreaskopfkarzinom [1]. Es gibt zwischenzeitlich mehrere, z. T. prospektiv randomisierte Studien,
die nach pyloruserhaltender Pankreaskopfresektion ein völlig
identisches Langzeitüberleben zeigen wie nach klassischer
Whipple’scher Operation [22, 38].
Ausmaß der Lymphadenektomie
Es ist bekannt, dass das Pankreaskarzinom sehr frühzeitig in die
regionalen Lymphknoten metastasiert. Bis zu 70 % aller Pankreaskopf-resezierten Patienten weisen im histologischen Präparat
Lymphknotenmetastasen auf [5]. Das Auftreten von Lymphknotenmetastasen selbst ist einer der wichtigsten prognostischen
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Faktoren für das Langzeitüberleben. Trotzdem ist mehrfach berichtet worden, dass im Einzelfall ein Langzeitüberleben auch
bei metastatisch befallenen Lymphknoten möglich ist [5, 10,
31]. Dies weist darauf hin, dass die Lymphadenektomie im Einzelfall tatsächlich einen Sinn macht.
Die en-bloc-Resektion der venösen Gefäße zusammen mit dem
Tumor führt in erfahrenen Händen nicht zu einer signifikanten
Erhöhung der postoperativen Morbidität. Die Häufigkeit solcher
Gefäßeingriffe ist offensichtlich in so genannten „High Volume
Centers“ signifikant höher. In einer retrospektiven Studie der
GAST-Study Group schwankte die Häufigkeit von Pfortaderresektionen in den einzelnen Kliniken zwischen 0 und 28 % [20].
In unserem eigenen Krankengut wurde bei jedem vierten Patienten zusammen mit dem Tumor auch ein Teil der portalvenösen
Gefäße mitreseziert.
117
Multimodale Therapie
Gefäßresektion
Der Pankreaskopf hat enge anatomische Beziehungen zu fast allen großen Oberbauchgefäßen. Zu nennen sind hier speziell der
Truncus coeliacus, die Arteria hepatica communis, die Arteria
lienalis und die Arteria mesenterica superior sowie die Vena mesenterica superior und die Vena portae. Aufgrund der anatomischen Nähe werden bei Größerwerden des Pankreaskopftumors diese Gefäße entweder tangiert, umwachsen oder infiltriert. Lange Zeit galt eine solche Gefäßinfiltration als Kontraindikation für eine Pankreaskopfresektion. Dies wird heutzutage
wesentlich differenzierter gesehen. Auch heute noch gilt, dass
eine Infiltration bzw. ein Encasement der großen Oberbaucharterien eine kurative Resektion ausschließt, auch wenn technisch
gesehen, ähnlich wie bei den Venen (siehe unten) eine Gefäßresektion en bloc möglich wäre [24]. Alle derzeit vorliegenden
Daten deuten darauf hin, dass solche Patienten onkologisch gesehen ein weit fortgeschrittenes und nicht mehr kurativ behandelbares Tumorleiden haben.
Arterielle Gefäßresektionen mit Interposition eines Gefäßallotransplantats, wie sie vor kurzem vorgeschlagen wurden,
sind vom Prinzip her problematisch, da sie anschließend eine
immunsuppressive Therapie erfordern [34]. Von organtransplantierten Patienten wissen wir seit langem, dass eine solche
immunsuppressive Therapie zu einem raschen Progress eines etwaig zurückgelassenen mikroskopischen Tumorrestes führt.
Originalarbeiten und Übersichten
Wie bei anderen gastrointestinalen Tumoren auch wird das Ausmaß der Lymphadenektomie kontrovers diskutiert. Während
sich manche Chirurgen auf die Mitnahme der am Pankreas selbst
befindlichen Lymphknoten beschränken, führen andere eine
komplette Lymphadenektomie rechts der Arteria mesenterica
superior, d. h. im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale, der
Arteria hepatica communis, des Truncus coeliacus und der rechten Zirkumferenz der Arteria mesenterica superior durch. Diese
Art der Lymphadenektomie stellt auch in unserem Zentrum das
Verfahren der Wahl dar, da sie einerseits ein exaktes Staging der
lokalen Tumorausbreitung erlaubt, andererseits zu keiner wesentlich erhöhten Morbidität führt. Von japanischen Chirurgen
wurde längere Zeit ein wesentlich radikaleres Vorgehen, nämlich die so genannte „Extended Lymphadenectomy“ empfohlen
[14]. Dabei wird das Lymphfettgewebe im gesamten Oberbauch,
insbesondere zirkulär um die Arteria mesenterica superior entfernt. Da dabei gleichzeitig der gesamte periarteriell verlaufende
Nervenplexus entfernt wird, kommt es bei einem großen Prozentsatz der Patienten zu massiven gastrointestinalen Motilitätsstörungen, insbesondere zu wässrigen Diarrhöen, die äußerst schwer konservativ zu beherrschen sind [23]. Es gibt zwischenzeitlich neuere Studien, die zeigen, dass eine ultraradikale
Lymphadenektomie keinen Überlebensvorteil mit sich bringt [9,
12, 28]. Da eine derartige Operation andererseits zu einer massiven Einschränkung der Lebensqualität führen kann, halten wir
ein solches chirurgisches Vorgehen bei Patienten mit resektablem Pankreaskopfkarzinom für nicht indiziert.
Eine Infiltration der Vena portae bzw. der Vena mesenterica superior stellt dagegen für viele Pankreaschirurgen keine Kontraindikation zur Tumorresektion mehr dar. Hauptargument für eine
solche Gefäßresektion ist das Erreichen einer R0-Resektion. Es ist
bekannt, dass bei Vorliegen einer R1-Resektion die Langzeitprognose der Patienten extrem schlecht ist. Ein Langzeitüberleben ist qua definitione ausgeschlossen. Eine en-bloc-Venenresektion ist also immer dann indiziert, wenn durch eine solche
Gefäßresektion eine R0-Resektion erreicht werden kann. Dies
ist dann der Fall, wenn der Tumor an der Vena portae bzw. mesenterica superior adhärent ist oder die Gefäßwand bis zur Intima infiltriert hat. Bei einer solchen Patientenselektion sind die
onkologischen Langzeitergebnisse nach Gefäßresektion mit denen von Patienten ohne Gefäßresektion vergleichbar [11, 35].
Wenn allerdings der Tumor breit in das Gefäßlumen eingebrochen ist bzw. eine vollständige tumorbedingte Thrombose vorliegt, macht eine Gefäßresektion aus onkologischen Gründen
keinen Sinn mehr. Der Tumor hat dann bereits breiten Zugang
zum systemischen Kreislauf gefunden und zu diesem Zeitpunkt
praktisch immer Metastasen gesetzt.
Auch bei Tumorresektion unter kurativer Intention ist das Langzeitüberleben von Patienten mit einem Pankreaskopfkarzinom
extrem schlecht. Die mediane Überlebenszeit nach einer solchen
Operation liegt bei nur 16 Monaten, das 5-Jahres-Überleben bei
etwa 20 % [27]. Ursache für diese extrem schlechte Prognose ist
das Auftreten eines Lokalrezidivs, einer Peritonealkarzinose und
von Fernmetastasen – insbesondere in der Leber. Es besteht
weitgehender Konsens, dass die Langzeitprognose der Patienten
durch eine Ausdehnung der chirurgischen Radikalität nicht verbessert werden kann. Fortschritte in der Behandlung des Pankreaskopfkarzinoms sind daher nur von neuen multimodalen Therapieverfahren zu erwarten. Im Gegensatz zu anderen Karzinomen ist das Pankreaskarzinom leider ausgesprochen Strahlenund Chemotherapie-resistent. Es gibt eine große Anzahl von
Phase-I- und Phase-II-Studien, bei denen sich die jeweils eingesetzte Strahlen-, Chemo- oder Radiochemotherapie hinsichtlich
der Langzeitprognose der Patienten als wirkungslos erwiesen
hat [25]. Zu bedenken ist immer, dass im Hinblick auf die meist
sehr kurze verbleibende Lebensdauer dieser Patienten die Lebensqualität in diesem letzten Lebensabschnitt einen wichtigen
Therapieparameter darstellt. Hoch aggressive Therapieschemata
mit marginaler Effektivität machen bei solchen Patienten unserer Ansicht nach keinen Sinn. Trotzdem gibt es zwischenzeitlich
auch beim Pankreaskarzinom im Bereich der multimodalen
Therapie deutliche Fortschritte.
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Adjuvante Therapie
Eine alleinige adjuvante Radiotherapie kann möglicherweise zu
einer Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle führen. Sie hat
allerdings keinerlei Auswirkungen auf das Langzeitüberleben
und ist daher nicht indiziert.
Originalarbeiten und Übersichten
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Nicht so klar ist die Situation bei der kombinierten Radiochemotherapie. In den Vereinigten Staaten ist diese Art der adjuvanten
Therapie weit verbreitet. Sie beruht auf einer nach heutigem
Standard nicht aussagekräftigen randomisierten Studie der
GITSG [16]. Spätere Studien erbrachten widersprüchliche Ergebnisse [33, 39]. Die Ergebnisse der ESPAC-I-Studie zeigten überraschenderweise sogar eher einen negativen Effekt der Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie [26].
Allerdings werden diese Ergebnisse der ESPAC-I-Studie aufgrund
des Studiendesigns auch heftig infrage gestellt [18]. Es gibt bisher keine überzeugenden Daten dafür, dass eine kombinierte Radiochemotherapie besser ist als eine adjuvante alleinige Chemotherapie. Die kombinierte Radiochemotherapie wird deswegen
im adjuvanten Setting in Europa nur vereinzelt angewandt.
Der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie nach kurativer
Operation eines Pankreaskopfkarzinoms war lange Zeit umstritten. Die meisten Studien waren nicht randomisiert, führten kein
einheitliches Chemotherapieprotokoll durch und hatten zu geringe Patientenzahlen. Die ESPAC-I-Studie hat nun erstmals anhand eines großen Patientengutes und eines randomisierten
Vorgehens gezeigt, dass eine adjuvante Chemotherapie mit
5-FU/Leukoverin das Langzeitüberleben der operierten Patienten verlängert [26]. Aufgrund eines ungewöhnlichen und auch
umstrittenen statistischen Designs der Studie wurden die Ergebnisse der ESPAC-I-Studie vielfach angegriffen [27]. Insbesondere
die Tatsache, dass bei den nach dem ursprünglichen 2 × 2-Konzept randomisierten Patienten in der ersten Analyse für die alleinige adjuvante Chemotherapie kein positiver Effekt nachweisbar
war, wurde immer wieder betont. Zwischenzeitlich zeigte sich
allerdings bei einer mittleren Nachbeobachtungsdauer von
47 Monaten sowohl im Gesamtkollektiv als auch in diesem Unterkollektiv ein eindeutig positiver Effekt der adjuvanten Chemotherapie. Ungeachtet der Kritik und auch der Probleme der
ESPAC-I-Studie muss daher nach den derzeitigen Daten eine adjuvante Therapie nach kurativer Pankreaskopfresektion dringend empfohlen werden.
5-FU ist sicher nicht das ideale Chemotherapeutikum für ein
Pankreaskarzinom. Aus palliativen Chemotherapiestudien beim
fortgeschrittenen Pankreaskarzinom ist erwiesen, dass Gemcitabine 5-FU sowohl im Hinblick auf das Überleben als auch im Hinblick auf die Lebensqualität überlegen ist [6]. Die Frage, ob eine
adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabine demnach den künftigen Standard der adjuvanten Therapie beim operierten Pankreaskarzinom darstellt, ist noch offen. Eine Antwort auf diese Frage
wird die vor kurzem geschlossene randomisierte Studie der Berliner Arbeitsgruppe und die noch laufende ESPAC-3-Studie geben.
Um die Nebenwirkungsrate einer systemischen Chemotherapie
zu reduzieren und ihre Effektivität am Ort des primären Tumorwachstums zu verbessern, wurde verschiedentlich die Effektivität einer adjuvanten regionalen Chemotherapie untersucht. Bis-
her gibt es dazu nur nicht randomisierte Studien, in denen die
behandelten Patientenkollektive ein längeres Überleben hatten
als historische Kontrollgruppen [4, 15]. Die Daten sind demnach
nicht konklusiv. Die Frage, ob eine derart aufwendige Therapie
mit entsprechenden lokalen Komplikationsmöglichkeiten tatsächlich eine wesentliche Verbesserung des Langzeitüberlebens
mit sich bringt, kann nur in prospektiven randomisierten PhaseIII-Studien geklärt werden. Bisher muss dieses Verfahren als rein
experimentell angesehen werden.
Ein aufregender Ansatz in der adjuvanten Therapie nach Operation eines Pankreaskopfkarzinoms besteht darin, verbleibende
Tumorzellen nicht nur durch zytotoxische Substanzen abzutöten, sondern gleichzeitig auch durch eine Immunstimulation
des Patienten das Auftreten eines Tumorrezidivs zu verzögern
oder gänzlich zu verhindern. In einer Pilotstudie konnte durch
eine Kombination einer lokoregionären Chemotherapie mit einer Immuntherapie, bestehend aus Interleukin 2 und Interferon
gamma, das mediane Überleben von 16,8 auf 30 Monate signifikant erhöht werden [19]. Noch bessere Ergebnisse wurden von
der Arbeitsgruppe um Traverso berichtet. Dabei konnte durch
eine adjuvante Therapie mit Bestrahlung, 5-FU, Cisplatin und Interferon alpha ein aktuarielles 5-Jahres-Überleben von 55 % erreicht werden. Die mittlere Überlebenszeit war nach einer Nachbeobachtungsdauer von 32 Monaten noch nicht erreicht [29].
Diese Ergebnisse sind so überraschend, dass sie jetzt sowohl in
den USA als auch in Deutschland in Nachfolgestudien überprüft
werden. Zu bedenken ist dabei, dass die verwandte RadiochemoImmuntherapie doch relativ toxisch ist und offensichtlich viel
Erfahrung in der Führung der Patienten hinsichtlich der Prävention und der Therapie solcher Therapie-bedingten Komplikationen erfordert. Falls sich die primären Ergebnisse auch nur annähernd bestätigen sollten, wäre dies ein entscheidender Durchbruch in der multimodalen Therapie des Pankreaskarzinoms.
Neoadjuvante Therapie
Alle Formen der adjuvanten Therapie haben das Problem, dass
der Patient in einem ausreichenden Allgemeinzustand nach der
Operation sein muss. Patienten, die im postoperativen Verlauf
Komplikationen entwickeln, können entweder erst verspätet
oder überhaupt nicht einer adjuvanten Chemotherapie zugeführt werden. Die Mortalität nach Pankreaskopfresektion ist in
Zentren in den letzten 10 Jahren zwar deutlich unter 5 % gesunken. Die postoperative Morbidität liegt jedoch weiterhin bei
30 % bis 50 % [2]. Ähnlich wie bei anderen soliden Tumoren wird
zunehmend diskutiert, ob nicht bereits vor einer Operation eine
neoadjuvante Chemo- oder Radio-Chemotherapie sinnvoll und
möglicherweise effektiver ist. Beim Rektumkarzinom konnte
vor kurzem überzeugend gezeigt werden, dass ein neoadjuvanter Therapieansatz einer adjuvanten Therapie überlegen ist [32].
Beim Pankreaskarzinom gibt es diesbezüglich noch kaum vernünftige Daten. In zwei nicht randomisierten Studien zur neoadjuvanten Radio-Chemotherapie konnte eine mediane Überlebenszeit von 30 bzw. 32 Monaten erreicht werden, was deutlich höher ist als das mittlere Überleben von unbehandelten Patienten, das in der Regel bei etwa 16 bzw. 18 Monaten liegt [21,
36]. Es ist allerdings noch unklar, ob eine Patientenselektion
hier eine wesentliche Rolle spielt. Ein Teil der Patienten entwickelt während der neoadjuvanten Therapie, die sich ja über einen längeren Zeitraum erstreckt, Lebermetastasen und wird
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Eine neoadjuvante Therapie kann unter zwei unterschiedlichen
Zielvorstellungen durchgeführt werden – zum einen beim primär resektablen Karzinom in der Vorstellung, die Ergebnisse
der Operation zu verbessern. Dieser Therapieansatz wird im Moment in einer randomisierten Studie unter Federführung der Erlanger Chirurgen und Strahlentherapeuten untersucht. Die Studienpatienten erhalten eine konventionelle fraktionierte Bestrahlung der primären Tumorregion bis 55,8 Gy und werden zusätzlich mit Gemcitabine und Cisplatin therapiert [13]. Nach den
bisher vorliegenden präliminären Ergebnissen einer Pilotstudie
wird die postoperative Morbidität und Mortalität nach einer derartigen Vorbehandlung nicht signifikant erhöht.
Einen zweiten Therapieansatz für eine neoadjuvante Therapie
stellt das primär lokal nicht operable Pankreaskarzinom dar.
Dies betrifft den Bereich der Mesenterialwurzel, der großen Gefäße und des Retroperitoneums. Bei diesen Patienten wird versucht, durch eine neoadjuvante Therapie ein Downstaging und
damit eine lokale Resektabilität zu erreichen. Aufgrund von Pilotversuchen kann bei Verwendung der oben angegebenen Radiochemotherapie bei etwa 20 % der Patienten mit einer „Major
Response“ gerechnet werden. Dies entspricht auch unseren eigenen Erfahrungen. Von drei primär als inoperabel eingestuften
Patienten konnte einer nach einer solchen Therapie R0 reseziert
werden und hat bisher, d. h. zwei Jahre später, noch kein Lokalrezidiv entwickelt.
Insgesamt gesehen muss die neoadjuvante Radio-Chemotherapie beim Pankreaskarzinom weiterhin als experimentelles Therapieverfahren angesehen werden und sollte, soweit es sich um
primär operable Patienten handelt, nur innerhalb von Studien
durchgeführt werden. Bei primär lokal nicht operablen Patienten
kann sie im Individualfall als Therapieversuch erwogen werden.
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Originalarbeiten und Übersichten
dann nicht mehr operiert. Es ist anzunehmen, dass diese Patienten bereits zu Beginn der neoadjuvanten Therapie eine systemische Aussaat des Tumors aufwiesen, obwohl diese zu diesem
Zeitpunkt bildmorphologisch noch nicht nachweisbar war.
Wenn diese Patienten, die primär eine schlechtere Prognose haben, von der Operation ausgeschlossen werden, wird sich das
Gesamtüberleben der operierten Patienten selbstverständlich
verbessern. Trotz dieser Einschränkungen gibt es zahlreiche Hinweise, dass eine neoadjuvante Therapie tatsächlich effektiv ist.
In Pilotstudien wurde berichtet, dass eine kombinierte Radiochemotherapie unter Verwendung von Gemcitabine und Cisplatin bei etwa der Hälfte der Patienten zu einer „Partial Response“
und bei 15 % sogar zu einer „Complete Response“ des Tumors
führte. Es scheint plausibel, dass bei diesen Patienten durch die
neoadjuvante Therapie die Rate an Lokalrezidiven verringert
und die R0-Resektionsrate vergrößert wird. Gerade die R0-Resektion stellt aber einen zentralen Parameter für das Langzeitüberleben der Patienten dar. Ein weiterer wichtiger Aspekt einer
neoadjuvanten Therapie besteht darin, dass im Gegensatz zum
adjuvanten Therapiesetting alle dafür infrage kommenden Patienten einer solchen Therapie zugeführt werden können, da
postoperative Komplikationen diesbezüglich keine Rolle spielen.
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