Astronomisches Praktikum - IAAT

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Astronomisches Praktikum
Norbert Kappelmann (29-76129)
Eckhard Kendziorra (29-76127)
Institut für Astronomie und Astrophysik
Abteilung Astronomie
Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen
Literatur
H.H. Voigt, Abriß der Astronomie, 4. Auflage, BI
R.H. Giese, Einführung in die Astronomie, BI
Scheffler/Elsässer, Physik der Sterne und der Sonne, BI
Scheffler/Elsässer, Bau und Physik der Galaxie, BI
A. Unsöld, B. Bascheck, Der neue Kosmos, Springer
Weigert/Wendker, Astronomie und Astrophysik - Ein Grundkurs, Physik Verlag
Karttunnen et al., Astronomie - Eine Einf ührung, Springer
W. Winnenburg, Einführung in die Astronomie, BI
Handwerkszeug
Taschenrechner
Geo-Dreieck oder Lineal und Winkelmesser
Bleistift und Radiergummi
Inhaltsverzeichnis
1 Einführungsvorträge
1
2 Himmelsspaziergang
3
3 Bestimmung des geographischen Ortes nach dem Standlinienverfahren
3.1 Prinzip des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Praktisches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5
5
4 Physikalische Eigenschaften von Sternen
4.1 Spektralklassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Leuchtkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
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5 Die Cepheiden und die kosmische Entfernungsskala
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Die Cepheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Kalibration (Eichung) . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Zukünftige Entwicklungen . . . . . . . . . . . .
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13
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6 Das Hubble-Gesetz
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Die Hubble-Konstante . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Werte für die Hubble-Konstante . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Die Bedeutung der Hubble-Konstanten in der Astronomie
6.5 Das Olberssche Paradoxon . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7 Die Masse des Jupiter
7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Überlegungen zu den Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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19
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8 Pulsare
8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . .
8.2 Die Rolle der Pulsare . . . . . . .
8.3 Pulsarmodelle . . . . . . . . . .
8.4 Pulsardispersion . . . . . . . . .
8.5 Herleitung der Dispersionsformel
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21
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23
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ii
Inhaltsverzeichnis
9 Galaktische Rotation und Spiralstruktur der Galaxis
9.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Der Ablauf der Rotation . . . . . . . . . . . . .
9.3 Auftretende Probleme . . . . . . . . . . . . . .
9.4 Bestimmung der Radialgeschwindigkeit . . . . .
9.5 Anmerkung zu den galaktischen Koordinaten . .
cm-Linie . . . . . . . . .
9.6 Die Entstehung der
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11 Das Farben-Helligkeitsdiagramm der Hyaden
11.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Farben-Helligkeits- und Hertzsprung-Russell-Diagramme . . . . . . . . . . . . .
35
35
35
12 Bahnbewegung eines Doppelsternsystems
12.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.2 Wahre und scheinbare Bahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.3 Das System Krüger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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39
39
40
10 Rotation des Merkur
10.1 Einleitung . . . . . . . .
10.2 Frühe Versuche . . . . . .
10.3 Die Radar-Beobachtungen
10.4 Das Verfahren . . . . . .
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Kapitel 1
Einführungsvorträge
Am ersten Praktikumstermin werden von Teilnehmern des Praktikums Vorträge zu den folgenden
Themen gehalten.
Koordinatensystem in der Astronomie: Horizontsystem, Äquatorsystem, Galaktische Koordinaten, . . .
Korrekturen: Präzession, Nutation, Refraktion, Aberration, . . .
Zeit: Sternzeit, Sonnenzeit, Zeitgleichung, Kalender, . . .
Diese Vorträge dauern ca. - Minuten und erklären die wichtigsten Grundbegriff zu diesen
Themengebieten. Dies gibt den Teilnehmern im Kreis des Praktikums die Möglichkeit über leicht
verständlich Themen kurze Einführungen vor Publikum zu geben und diese Situationen zu üben.
Teilnehmer, die ein Staatsexamen anstreben, müssen einen dieser Vorträge oder eine Einführung zu
einem der anderen Versuche halten, um den geforderten, benoteten Schein zu erhalten.
1
2
1: Einführungsvorträge
Ihre Notizen:
Kapitel 2
Himmelsspaziergang
An einem klaren Praktikumsabend wird am Refraktor des Astronomischen Institutes ein Himmelsspaziergang durchgeführt. Die beobachteten Objekte variieren je nach Jahreszeit und aktuellem Anlaß. Es wird auch eine Einführung in einfache Himmelskarten gegeben. Da das Praktikum an einem festen Termin durchgeführt wird, ist die Durchführung dieses Vorhabens schwierig, da wetterabhängig, und wird daher kurzfristig angesetzt. Den Teilnehmern wird empfohlen, bei klaren
Abenden sich mit entsprechender Kleidung, speziell im Wintersemester, auf die Durchführung in
der ungeheizten Kuppel der Sternwarte vorzubereiten. Kurz vor dem Praktikumstermin kann die
Durchführung telefonisch erfragt werden. Bei bedecktem Himmel findet selbstverst ändlich kein
Himmelsspaziergang statt.
Die Beobachtungen werden am cm-Refraktor der Sternwarte durchgeführt. Das Bild zeigt das
Teleskop in der Sternwarte Tübingen. Diese wurden zwischen von Carl Zeiss Jena hergestellt. Es wurde ursprünglich in Heideleberg betrieben und nach dem Weltkrieg nach Tübingen
gebracht. Der Refraktor wird heute hauptsächlich zu Himmelsspaziergängen des Institutes (IAAT)
und der Astronomischen Vereinigung Tübingen (AVT) verwendet.
Die folgenden Internet-Seiten geben weitere Informationen:
Astronomisches Institut:
http://astro.uni-tuebingen.de
http://astro.uni-tuebingen.de/about/observatory.shtml
Historisches zum Teleskop:
http://www.museum.villa-bosch.de/deutsch/intro.html
Astronomische Vereinigung Tübingen:
http://astro.uni-tuebingen.de/˜avt/
3
4
2: Himmelsspaziergang
Abbildung 2.1: cm-Refraktor an der Sternwarte der Universität Tübingen. Dieses
Telekop wurde zwischen - von Carl Zeiss Jena hergestellt und in Heidelberg an der Privatsternwarte von Geheimrat Bosch betrieben.
Kapitel 3
Bestimmung des geographischen Ortes
nach dem Standlinienverfahren
3.1 Prinzip des Verfahrens
Ein bestimmter Stern mit den äqutorialen Koordinaten "!$#% steht zu einer bestimmten Zeit &(' (=
Ortssternzeit Greewich) im Zenit eines Ortes auf der Erde mit den geographischen Koordinaten:
)*,+
0 *1+
&'.-/
#
geographische Länge
(3.1)
geographische Breite
(3.2)
Da der Stern im Zenit steht, also zu diesem Zeitpunkt seine obere Kulmination erreicht hat, ist sein
)9*1+
+43
+
*
*,+8)*
&'7-: .
Stundenwinkel 2
, also & (Ortssternzeit für 5 ), da &6'7-&
und damit
Alle Orte, für die dieser Stern zu dieser Zeit die Zenitdistanz 5 hat, liegen auf einem Kreis um
den Zenitort mit dem Radius 5 , der sogenannten Standlinie (Abb. 3.1 verdeutlicht die Geometrie).
Wir wissen also jetzt, daß wir uns irgendwo auf dieser Standlinie befinden. Messen wir nun die
Zenitdistanz eines zweiten Sterns, dann haben wir damit eine zweite Standlinie gefunden, die i.a. mit
der ersten zwei Schnittpunkte hat. Liegen diese Schnittpunkte einigermaßen weit auseinander und ist
uns der eigene Standort wenigstens näherungsweise bekannt, dann kann allein damit normalerweise
einer der beiden Schnittpunkte eindeutig als richtiger Standort identifiziert werden (siehe Abb. 3.2).
3.2 Praktisches Verfahren
)
In der Praxis geht man von einem angenommenen Ort 0"; ! ; % , dem gegißten Ort, aus und berechnet
für diesen die Zenitdistanz 5=<=>2?% und den Azimutwinkel @ des Sterns für die Beobachtungszeit. Sei
die beobachtete Zenitdistanz 5=ABDCEA9>2?% dann ergibt sich i.a. eine Differenz
F
F
5
+
5<G>2?%H-:5ABDCEA9>2?%
3
(3.3)
Ist 5(I
dann ist, wie man sich anhand von Abb. 3.1 leicht überzeugen kann, der wahre Ort weiter
F
3
vom Zenitort entfernt als der gegißte Ort, für 5KJ
gilt entsprechen das Gegenteil. Wir müssen
daher nun diese Differenzwerte zur Korrektur der Koordinaten unseres gegißten Ortes verwenden.
Mit diesem Verfahrensansatz ist die Korrektur iterativ durchzuführen, was sowohl rechnerisch, als
auch graphisch möglich ist.
Wir wollen hier das klassische graphische Verfahren, das in der Seefahrt über Jahrhunderte hinweg angewandte wurde, benützen. Dazu vereinfachen wir die Geometrie etwas: Wir gehen davon
aus, daß unser Landkartenausschnitt zwischen dem gegißten und dem wahren Ort klein ist gegen den
Standliniendurchmesser und gegen den Erdradius, d.h. wir zeichnen eine ebene Karte und nähern die
5
6
3: Bestimmung des geographischen Ortes nach dem Standlinienverfahren
P
*
z
z
ϕz = δ
γ
θg
α
G
λz
Sz
Abbildung 3.1: Alle Orte, für die dieser Stern zu dieser Zeit die Zenitdistanz L hat,
liegen auf einem Kreis um den Zenitort mit dem Radius L , der sogenannten
Standlinie.
Standlinien durch Geraden an. Dann wählen wir einen geeigneten Maßstab, z.B. MONQPRMTSS mm und
zeichnen das Azimutkoordinatensystem unseres gegißten Ortes ein (Abb. 3.3).
Nun können wir von hier aus die Azimutstrahlen mit den Winkeln U zu den jeweiligen Bildorten
(Zenitorten) der beiden Sterne einzeichnen. Auf diesen tragen wir dann V(W ab (in Richtung zum
Bildort, wenn V(W/XRS ist). In Abb. 3.2 sieht man, daß die nun zu konstruierenden Standlinien (in
unserer Näherung Geraden) senkrecht auf den Azimutstrahlen stehen. Die Standlinien schneiden sich
dann im Standort erster Näherung (Abb. 3.3).
Wir wollen unserer Verfahren nun hier abbrechen, könnten aber von dieser Näherung ausgehend
mit denselben Schritten wie bisher zu einer weiteren (besseren) Lösung kommen.
Original von Dr. Gerhard Krämer, IAAT.
LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
Y[Z\Z\Z .
3.2: Praktisches Verfahren
*2
P
*1
Abbildung 3.2: Liegen diese Schnittpunkte einigermaßen weit auseinander und ist uns
der eigene Standort wenigstens näherungsweise bekannt, dann kann allein
damit normalerweise einer der beiden Schnittpunkte eindeutig als richtiger
Standort identifiziert werden.
Abbildung 3.3: Wir gehen davon aus, daß unser Landkartenausschnitt zwischen dem
gegißten und dem wahren Ort klein ist gegen den Standliniendurchmesser und
gegen den Erdradius, d.h. wir zeichnen eine ebene Karte und n ähern die Standlinien durch Geraden an.
7
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3: Bestimmung des geographischen Ortes nach dem Standlinienverfahren
Ihre Notizen:
Kapitel 4
Physikalische Eigenschaften von Sternen
4.1 Spektralklassifikation
Die Analyse von Sternspektren im Bereich des optischen Fensters der Erdatmosphäre bildet trotz
der heute auf das ganze Band der elektromagnetischen Strahlung ausgedehnten spektroskopischen
Untersuchungen immer noch eine wesentliche Grundlage für die Erforschung der Physik der Sterne.
Schon vor der Jahrhundertwende hatten Arbeiten von E. P ICKERING und A. C ANNON ergeben,
daß die meisten Sternspektren zwanglos in eine eindimensionale Folge von Spektraltypen“, die
”
Harvard-Sequenz, eingeordnet werden können. Diese Sequenz, ursprünglich nach der Stärke der
Balmer-Serie des Wasserstoffs geordnet, wurde umgestellt, nachdem klar geworden war, daß sich
die Spektraltypen im wesentlichen aufgrund der verschiedenen Temperaturen der Sternatmosphären
unterscheiden. Die Harvard-Sequenz lautet daher heute:
O B A F G K M (R N)
In sie lassen sich über 99% aller Sterne einordnen. Zur Verfeinerung unterteilt man jede Klasse
noch dezimal:
B ] ,B ^ ,. . . ,B _ ,A ] ,. . . ,A _ ,F ] ,. . .
bei O-Sternen beginnt die Klassifikation mit O ` . Besondere Eigenschaften der Sterne werden durch
Prä- oder Suffixe mit kleinen Buchstaben gekennzeichnet, sie sollen uns aber im Rahmen des Praktikums nicht interessieren.
Der Spektraltyp charakterisiert die Oberflächentemperatur eines Sternes, sagt aber noch nichts
über seine Leuchtkraft aus. Diese hängt nämlich außer von der Temperatur auch noch von der Größe
der strahlenden Oberfläche ab. Ein M-Riese ist z.B. ^T]a -mal heller als ein M-Zwerg. Diese gewaltigen Unterschiede machen sich auch in der Harvard-Sequenz etwas bemerkbar. So ist der Elektronendruck in der Photosphäre eines Riesensterns erheblich niedriger als in der eines Zwergs. Das hat
zur Folge, daß bei gleicher Temperatur die Rekombinationsrate durch Stöße in Riesenatmosphären
geringer ist als in Zwergatmosphären. Der Ionisationsgrad ist also etwas höher. Riesen gehören bei
gleicher Temperatur einem etwas früheren Spektraltyp an als Zwerge. Diese Abhängigkeit berücksichtigt das zweidimensionale MK-System nach M ORGAN und K EENAN:
1. Parameter entspricht der Harvard-Klassifikation.
2. Parameter ist die Leuchtkraftklasse.
9
10
4: Physikalische Eigenschaften von Sternen
Ia- b
I
II
III
IV
V
VI
Über-Überriesen
Überriesen
Helle Riesen
Riesen
Unterriesen
Zwerge
Unterzwerge
Super-Supergiants
Supergiants
Bright Giants
Giants
Subgiants
Dwarfs
Subdwarfs
= Hauptreihensterne
Die Bestimmung der Leuchtkraftklassen ist schwieriger, da man hier zur Klassifizierung die Breite
druckempfindlicher Linien heranziehen muß.
Die Bedeutung des Temperaturbegriffs bleibt noch zu erklären: Temperatur bedeutet hier stets
effektive Temperatur, d.h. die Temperatur, die ein schwarzer Körper annehmen muß. damit seine
über alle Wellenlängen integrierte Strahlung gleich der Gesamtstrahlung des beobachteten Sterns ist.
Um dieses Temperatursystem zu eichen, müssen also wenigstens von den Eichsternen vollständige
oder theoretisch vervollständigte Spektren (Kontinuum und Linien) bestimmt sein, um deren Integral
berechnen zu können. Dies ist eine sehr schwierige Aufgabe, da die Messung vollständiger Spektren
nur mit extraterrestrischen Beobachtungen möglich ist.
Untersucht man die Sequenz der Spektraltypen danach, welche besonders dominanten Linien bei
den verschiedenen Temperaturen beobachtet werden, dann ergibt sich folgender Verlauf:
Typ
O
Bb
Ab
Fb
Gb
Kb
Mc
Kennzeichen
Wasserstoff relativ schwach, gelegentlich Emissionslinien,
hochionisierte Elemente wie He-II, Si-IV, N-III
He-II fehlt, He-I stark, Balmerserie zunehmend, Si-III, O-II
He-I fehlt, Balmerserie maximal stark, Mg-II, Si-II stark, Fe-II,
Ti-II, Ca-II schwach
H schwächer, Ca-II stark, ionisierte Metalle wie Fe-II, Ti-II
hatten ihr Maximum bei etwa A c , neutrale Metalle werden
jetzt etwa gleich stark: Fe-I, Ca-I
Ca-II sehr stark, H nimmt ab, Fe-I stark
H relativ schwach, neutrale Metalle stark, Molekülbanden,
TiO
Ca-I stark, TiO-Banden stärker
4.2 Leuchtkraft
Neben der Bestimmung des Spektraltyps und damit der effektiven Temperatur können wir mit der
gemessenen Helligkeit eines Sterns seine Leuchtkraft bestimmen, wenn wir seine Entfernung kennen. Helligkeiten werden in der Astronomie, entsprechend der zum Logarithmus des Reizes proportionalen Empfindlichkeit des Auges, in einer Größenklassenskala angegeben: dfehgjik,l . Der
Proportionalitätsfaktor ist so gewählt, daß er die historische Skala möglichst gut angleicht. l ist der
Strahlungsstrom von einem Stern am Ort des Beobachters. Eigenschaften der Erdatmosphäre und
des Detektors wurden hier nicht berücksichtigt.
Damit gilt als Definition für die Differenz zweier Sternhelligkeiten:
dnmpo/drq.stouv cwgjik
lm
lGq
(4.1)
Befindet sich der Stern in einer Normentfernung von xfszyTb pc, dann bezeichnet man d:{|yTb
pc }~s€ als absolute Helligkeit des Sterns. Der zugehörige Strahlungsstrom sei  . Somit können
4.2: Leuchtkraft
‚„ƒ:…‡†tƒˆ‰ Šw‹jŒnŽ

wir schreiben:
11
(4.2)
’”“ Strahlungsstrom umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung ist, gilt damit auch
Da†€
 der
‘
• “ , also:
‚„ƒ:…
†
†
‚„ƒ:…
†
ƒˆ‰ Šw‹jŒ—–6˜
™ ˜ Šw‹jŒœT
š6Šw‹jŒ ƒ›
™
š6Šw‹jŒ ƒ›Š
™
(4.3)
(4.4)
(4.5)
Für bekanntes ™ kann damit aus der scheinbaren Helligkeit die absolute Helligkeit berechnet werden.
Statt der Entfernung in pc kann auch die Parallaxe ž in Bogensekunden verwendet werden:
ž [”]
†
œ
™ [pc]
(4.6)
Bevor wir zur Berechnung der Leuchtkraft übergehen, hier noch ein kurze Zwischenbemerkung:
œGŸ
˜
Das ™ -Gesetz für die Lichtabschwächung gilt natürlich nur unter Vernachlässigung der interstellaren Absorption,
œT die wir bei den geringen in unserer Aufgabe vorpc) getrost außer Acht lassen können. Im allgekommenden Entfernungen (™¡ meinen Fall kann Gl. 4.5 durch einen Zusatzterm ergänzt werden, der die Streuung und
Absorption berücksichtigt:
‚„ƒ:…‡†8š6Šw‹jŒ
™
ƒ›Š¢š/£
™
(4.7)
£
ist stark von der Richtung und Entfernung abhängig (Wolkenstruktur des interstellaren
Materials).
Außerdem haben wir bisher nur von Helligkeiten und Strahlungsströmen in einem schmalen
Wellenlängenbereich (z.B. dem visuellen) gesprochen. Wenn wir von diesen Helligkeiten auf die
Leuchtkraft schließen wollen, d.h. auf die Emission im gesamten Spektralbereich, dann müssen wir
dafür auf bolometrische Helligkeiten übergehen. Zu diesem Zweck muß man im allgemeinen eine
Korrektur anbringen, die sogenannte bolometrische Korrektur:
¤
‰ ¥‰†4…:¦§E¨ƒ:…/©«ª ¬
(4.8)
Zur rechnerischen Verwendung der bolometrischen Korrektur gibt es Tabellen
nach Spektraltyp und
ˆ
Leuchtkraftklasse der Sterne. Da für Sterne vom Typ unserer Sonne (G -V) der überwiegende Anteil
ƒ¢‰ ®­ auch von der Atmosphäre durchgelassen wird, ist hier die bolometrische Korrektur
des Spektrums
klein (
), sowohl für heißere als auch für kühlere Sterne nimmt sie zu.
Nach
…›¦Anwendung
§E¨
der bolometrischen Korrektur wollen wir nun mit den so korrigierten Helligzur Leuchtkraft übergehen. Wir beziehen dabei unsere Werte sogleich auf den Wert der
keiten
Sonne, was wegen der großen Zahlen in erg/s anschaulicher ist. Es gilt:
…¯,ƒ:…°/†±ƒˆ‰ Šw‹jŒn²
°
²
¯
Dabei
°K†¶Š®stehen
½= die Zeichen
°K†8½O³ ‰ Š6und
º®œT¾ ´ für Sonne bzw. Stern. Es ist
¼
–
K und
km.
(4.9)
…µ°¶†·š¸‰ ¹=¸
,
²
°¶†R¸—º9œT»E»
erg
s ,
12
4: Physikalische Eigenschaften von Sternen
Nachdem wir nun die Leuchtkräfte der Sterne in Sonneneinheiten kennen, können wir nun noch
ihre Radien berechnen. Wir gehen davon aus, daß die abgestrahlte Energie proportional zur Oberfläche und aufgrund des Stefan-Boltzmann-Gesetztes proportional zu ¿ÁÀ ist, d.h.:
Â,Ã.ĵŮÆÈÇ6Éà Ã
¿ À
(4.10)
Beziehen wir dies wieder auf die Sonnen, so ergibt sich:
und daraus:
Original-Manuskript.
Ursprüngliche Version verfaßt von Jürgen Wester.
Bearbeitet von Dr. Gehard Krämer, IAAT.
LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
Í[Î\Î\Î
 Ã
,
Â,ʶË
®Å ÆÈÇ ÃÉ Ã
¿ À
¢
Å®ÆÈÇ ÉÊ Ê
¿ À
Ç Ã
6
Ç6Ê Ë
Ì ,
 à Ê
¿ À
Â,Ê Ã
¿ À
(4.11)
(4.12)
Kapitel 5
Die Cepheiden und die kosmische
Entfernungsskala
5.1 Einleitung
Das genaueste Verfahren zur Bestimmung von Entfernungen zu benachbarten Sternen ist die Methode der trigonometrischen Parallaxen. Dabei wird die Winkelverschiebung des Stern bezüglich weit
entfernter Objekte bestimmmt, und zwar zu verschiedenen Zeiten, zu denen sich die Erde an unterschiedlichen Positionen auf ihrer Bahn um die Sonne befindet. Die Entfernung des Sterns in parsec
(Abk. pc; Ï pc = ÐÑ ÒÓ Lichtjahre) entspricht dem reziproken Wert der Parallaxe in Bogensekunden.
Jede Parallaxenbestimmung ist aus technischen Gründen mit einem wahrscheinlichen Fehler von
ca. ÔÑ ÔÔ®Õ Bogensekunden behaftet. Dies bedeutet aber, daß die Methode der trigonometrischen Parallaxen mit wachsendem Abstand der Objekte immer ungenauer wird. So ist der Fehler bei einer
Entferung von ÒÔÔ pc bereits größer als ÏTÔÔ pc! Man kann also sagen, daß man mit dieser Methode
gerade den Hinterhof “ unserer Sonne ausleuchten kann.
”
Für weiter entfernte Objekte benötigt man also andere Verfahren. In dieser Übung wollen wir uns
mit der Entfernungsbestimmung mittels Cepheiden befassen. Cepheiden sind Sterne die regelmäßig
ihre Helligkeit ändern, mit Perioden Ö zwischen einem und ÏTÔÔ Tagen. Bei ihnen handelt es sich
um Überriesen (Leuchtkraftklasse II) mit Leuchtkräften ×ØÙÏTÔÚ,×,Û ( Ü ist das astronomische Symbol für die Sonne); man kann sie also noch über große Entfernungen nachweisen, sogar bis in die
nächsten Galaxien.
Die Cepheiden spielten eine Schlüsselrolle in der Erkenntnis, daß es außerhalb der Milchstraße
noch andere Galaxien gibt. Diese Tatsache, die uns heute als so selbstverständlich anmutet, wird erst
seit den ÒÔ er Jahren unseres Jahrhundert allgemein akzeptiert.
5.2 Die Cepheiden
Der erste bekannte Cepheide, und gleichzeitig der Prototyp, ist Ý Cephei, der ÏGÞß=à von dem englischen Amateurastronomen J OHN G OODRICKE entdeckt wurde. Daher kommt auch der Name Ce”
pheiden“. Etwa um Ïß®Þá stellte A. R ITTER die Hypothese auf, daß der Lichtwechsel dieser Sterne auf Pulsationen beruhe, also darauf, daß sich die Cepheiden abwechselnd aufblähten und dann
wieder schrumpften. Später konnte diese Theorie durch spektroskopische Beobachtungen verifiziert
werden. Wir wollen uns hier mit dem Mechanismus der Pulsationen nicht näher befassen, sondern
darauf eingehen, wie man diese Sterne als Abstandsindikatoren verwenden kann.
Zu Beginn unseres Jahrhunderts war die Entfernung der Kleinen Magellanschen Wolke (SMC),
die wir heute als eine Begleitgalaxie der Milchstraße ansehen, noch unbekannt. H ENRIETTA S. L EA 13
14
5: Die Cepheiden und die kosmische Entfernungsskala
VITT entdeckte auf Photoplatten des Harvard Observatoriums mehrere schwache Cepheiden in der
SMC. âãâä konnte sie anhand genauer Beobachtungen an zwei Dutzend dieser Cepheiden zeigen,
daß ein direkter Zusammenhang zwischen den scheinbaren Helligkeiten å und den Perioden æ dieser Sterne besteht, und zwar derart, daß die längerperiodischen auch heller sind. Nachdem die Sterne
der SMC nun aber praktisch alle gleich weit von uns weg sind, bedeutet dies, daß die scheinbar
helleren Cepheiden in der Tat eine höhere Leuchtkraft haben. Daraus wiederum folgt æèçêé . Im
folgenden werden wir diese Tatsache verwenden, um den Abstand der SMC zu bestimmen.
Anmerkung: æëçìé kann natürlich erst gefolgert werden, wenn man weiß, daß
die Sterne alle den gleichen Abstand vom Beobachter haben, da man die Differenz der
scheinbaren Helligkeiten í—å nur dann direkt einem Unterschied in der Leuchtkraft
gleichsetzen kann.
5.3 Kalibration (Eichung)
Shapleys Kalibration: Wenn zwei Sterne die gleiche wahre Leuchtkraft haben, so sind ihre scheinbaren Leuchtkräfte umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands vom Beobachter, wobei wir
der Einfachheit halber von Absorptionseffekten absehen:
éç
â
îï
(5.1)
Wir definieren die absolute oder wahre Helligkeit ð als diejenige Helligkeit, die ein Stern hätte,
stünde er in einer Entfernung von âTñ pc. Wie wir wissen (sollten), ist die Helligkeitsdifferenz von
zwei Sternen definiert als:
ò
ånòpó/årï.ôtóäõ öw÷jøù(ú
(5.2)
ú
ï
wobei òTû ï die Strahlungsströme der jeweiligen Sterne sind.
ú
ú
Aus den Gleichungen 5.1 und 5.2 folgt:
î ï ï
î ï
ånòüó/årï.ôtóäõ öw÷jøùþý î
ôtóöw÷jøù î
ò ÿ
ò
Sein nun åKò,ô4ð
(5.3)
, d.h. î ò,ôÙâTñ pc, so folgt:
ð
ó/å
ð
óöw÷jøù î ï
ö
å
öó›öw÷jøù î
ô
ô
(5.4)
(5.5)
Dies stellt also einen Zusammenhang zwischen scheinbarer Helligkeit, Entfernung und absoluter
Helligkeit her, d.h. haben wir å und ð , so können wir daraus î bestimmen!
Analog kann man aus der Periode eines Cepheiden direkt seine Entfernung bestimmen, wenn
man die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung auf absolute Helligkeiten kalibrieren kann, da dann die
einzige Unbekannte die scheinbare Helligkeit å ist, die ja leicht gemessen werden kann.
Wir bräuchten also den Abstand mindestens eines Cepheiden, um die Beziehung zu eichen. Leider sind aber alle bekannten Cepheiden so weit weg, daß eine trigonometrische Parallaxenbestimmung nicht möglich ist. So mußte H ARLOW S HAPLEY im Jahre âãâ , als er seine, später verfeinerte, Kalibration erstellte, auf statistische Daten über Entfernungen von Cepheiden zurückgreifen. Er
benutzte dazu Cepheiden in Kugelhaufen, deren Entfernungen aus ihren scheinbaren Bewegungen
erschlossen wurden.
Baades Kalibration: Im Jahre âãä fand E DWIN H UBBLE am Mt. Wilson Observatorium âä
Cepheiden in M â (Andromedanebel) und ää in M (Dreiecksnebel). Unter Benutzung der hier
5.4: Zukünftige Entwicklungen
15
vorgeführten Methode berechnete er die Entfernung von M zu Kiloparsec (kpc). Diese riesige
Entfernung machte es klar, daß der Andromedanebel (wie M und einige andere Spiralnebel) eine
eigene Galaxie sein mußte, ähnlich unserer Milchstraße.
Einige Jahre später entdeckten Astronomen, daß der interstellare Staub in der Milchstraße das
Licht anderer Galaxien schwächt und sie somit weiter entfernt erscheinen läßt. Aus diesem Grund
wurde die Entfernungsangabe für M auf kpc nach unten korrigiert, sowie die anderer Galaxien, deren Entfernungen alle mit Shapleys Kalibration der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung bestimmt
worden waren. Die gesamte damalige intergalaktische Entfernungsskala beruhte also auf Shapleys
Arbeiten. Aber wie wir im folgenden sehen werden, waren alle Werte auf dieser Skala bei weitem zu
klein.
WALTER BAADE hatte endeckt, daß sämtliche Sterne im Prinzip in zwei Populationen unterteilt
werden können:
Pop I
Pop II
:
:
junge, heiße Sterne, meist in den Spiralarmen zu finden
alte Objekte, meist in Kugelhaufen und Halos der Galaxien anzutreffen
Auf Aufnahmen des Andromedanebels, die alle mit dem neuen Zoll-Teleskop auf dem Mt.
Palomar gemacht wurden, fand Baade, daß nur die allerhellsten Pop II-Sterne zu sehen waren. Bei der
von Hubble bestimmten Entfernung hätten aber auch schwächerer Sterne noch sichtbar sein müssen.
Folglich mußte der Andromedanebel weiter entfernt sein als ursprünglich angenommen.
In den Kugelhaufen von M konnten keine Cepheiden nachgewiesen werden; alle beobachteten
Cepheiden waren in den Spiralarmen zu finden. Daraus schloß Baade, daß die Spiralarm-Cepheiden
alle zur Pop I gehörten. Gleichzeitig entdeckte man, daß Pop I- und Pop II-Cepheiden nicht diesselbe Beziehung erfüllen. Stattdessen waren die Pop II-Cepheiden, die Shapley für seine Kalibration
verwendete, ca. 1.5 mag schwächer als die Pop I-Cepheiden aus der SMC, die Henrietta Levitt verwendet hatte.
Das alles führte dazu, daß die extragalaktische Entfernungsskala erneut revidiert werden mußte,
und zwar um einen Faktor
(der im folgenden noch zu berechnen sein wird).
Die Zeitungen meldeten das Ereignis mit:
Das Universum ist . . . . . . so groß geworden!
Krafts Kalibration: Auch nach Baades Beitrag bleibt das fundamentale Problem die Bestimmung des Nullpunktes der - -Beziehung. Die statistischen Methoden, die Shapley verwendet hat,
um die Entferung der Cepheiden aus ihrer Bewegung zu bestimmen, sind mit nicht genau bestimmbaren Fehlergrenzen behaftet. Deshalb haben die Astronomen nach neuen Beobachtungstechniken
gesucht, um den Nullpunkt der Beziehung festzulegen.
hat ROBERT K RAFT am Lick Observatorium die absoluten Helligkeiten von sechs Pop I-
Cepheiden in offenen Sternhaufen, deren Entfernungen auf andere Weise bestimmt werden können,
ermittelt. Diese sechs Sterne sind allein natürlich nicht ausreichend, um den Nullpunkt und die Steigung der Geraden zu bestimmen. Kraft ging daher einen anderen Weg. Er bestimmte die Farben der
sechs Cepheiden und konnte so über einen Farbanschluß“ weitere 26 Cepheiden, die nicht mit dem
”
offenen Haufen zu tun hatten, in seine Liste mit aufnehmen.
5.4 Zukünftige Entwicklungen
Obwohl die Cepheiden auch in Zukunft einen guten Maßstab für intergalaktische Entfernungen darstellen werden, glauben die Astronomen heute, daß Cepheiden in einer Galaxie nicht unbedingt physikalisch mit denjenigen in einer anderen Galaxie übereinstimmen müssen, die dieselbe Periode aufweisen. D.h. die - -Beziehung kann, unabhängig von den Elementhäufigkeiten, von System zu
16
5: Die Cepheiden und die kosmische Entfernungsskala
System verschieden sein. Darüber hinaus müssen die Steigungen der Geraden für Cepheiden verschiedener Populationen innerhalb einer Galaxie nicht unbedingt übereinstimmen!
Fazit: Obwohl die kosmische Entfernungsskala heute weitaus besser bekannt ist als
zu Shapleys Zeiten, müssen wir doch weitere Beobachtungen und theoretische Modelle
für Cepheiden abwarten, bevor wir einschätzen können, wie genau und zuverlässig sie
nun wirklich ist.
Aus Sky and Telescope, März
:
Laboratory Exercises in Astronomy: Cepheid Variables and the Cosmic Distance Scale
Verfaßt von Jay M. Pasachoff und Ronald W. Goebel, Williams College
Übersetzt von Dominic R. Scales, November
Überarbeitet von Volkmar Kuhnle, Juli
LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
Kapitel 6
Das Hubble-Gesetz
6.1 Einleitung
Die Kosmologie ist derjenige Zweig der Astronomie, der sich mit der Struktur und der Evolution
des Universums als Ganzem befaßt. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß der Schlüssel zum
Verständnis des Universums durch eine sehr einfache, allgemein bekannte Beobachtung entdeckt
wurde: Es wird dunkel, wenn die Sonne untergeht!
In einem unendlich ausgedehnten, gleichmäßig mit Sternen ausgefüllten, stationären Universum
würden wir, wohin wir auch blicken würden, immer die Oberfläche eines Sterns sehen. Folglich
müßte der Nachthimmel so hell wie die Sonne erscheinen. Weiterhin sollte dann auf der Erde eine
Temperatur von etwa C herrschen, so daß wir gar nicht existieren dürften. Aber warum wird
es dann nachts dunkel? Dieser Widerspruch ist als das Olberssche Paradoxon bekannt.
Heutzutage wird die Dunkelheit des Nachthimmels als Folge der Expansion des Weltalls gesehen:
Weit entfernte Quellen bewegen sich mit sehr hoher Geschwindigkeit von uns weg. Damit erscheint
uns ihr Licht stark rotverschoben, was die Intensität sehr herabsetzt (siehe hierzu auch Abschnitt
6.5).
Man kann also aus der allereinfachsten Beobachtung die Expansion des Weltalls erschließen —
eine Erscheinung, die sich dahingehend bemerkbar macht, daß sich alle Galaxien vom Beobachter
entfernen, egal an welcher Stelle des Weltalls er sich befindet.
6.2 Die Hubble-Konstante
Obwohl die Fluchtbewegung der Galaxien schon seit !" aus den Beobachtungen von V.M. S LI PHER und anderen bekannt war, ist die Erscheinung untrennbar mit dem Namen E DWIN H UBBLE
verbunden. !"! konnte er zeigen, daß sich die Galaxien umso schneller von uns fortbewegen, je
weiter sie entfernt sind, gemäß dem folgenden Hubble-Gesetz:
#$&%(')
(6.1)
)
Dabei ist # die Fluchtgeschwindigkeit in km
s , die Entfernung der Galaxie in Megaparsec (Mpc)
%
und % die Hubble-Konstante“ in s km
Mpc . ist somit ein Maß für die Änderung der Fluchtgeschwin”
digkeit mit der Entferung von uns.
6.3 Werte für die Hubble-Konstante
In seinen Untersuchungen fand Hubble, daß %
eine Galaxie in
etwa +*, s km
Mpc betragen müsse. Das bedeutet, daß
Mpc Entfernung sich mit +*, km
s von uns wegbewegt, eine in " Mpc Entfernung
17
18
6: Das Hubble-Gesetz
mit -/.,0. km
s und so weiter.
Obwohl das Hubble-Gesetz nun allgemein anerkannt wurde, war der Wert von 1 viel zu groß, da
die Entfernungen zu den Galaxien damals bei weitem unterschätzt wurden. Ein moderner, allgemein
anerkannter (?) Wert, den A LLAN S ANDAGE und G.A. TAMMANN -2,34 fanden, beläuft sich auf ca.
5
km
.
s Mpc , also auf weniger als -768-/. der ursprünglichen Wertes.
6.4 Die Bedeutung der Hubble-Konstanten in der Astronomie
Das Hubble-Gesetz ist in vielen Fällen die einzige Möglichkeit, die Entfernung lichtschwacher und
weit entfernter Objekte, die nicht mehr in Einzelsterne aufgelöst werden können, zu bestimmen.
km
Wenn man die Hubble-Konstante von s km
Mpc in a km , also letzten Endes in a 9;: , umrechnet und den
Kehrwert bildet, erhält man das Weltalter, das ist die Zeit, die seit dem Beginn der Expansion des
Weltalls vergangen ist.
6.5 Das Olberssche Paradoxon
Warum ist also der Nachthimmel schwarz? Bisher sagte uns das Olberssche Paradoxon, daß die
”
Welt nicht seit unendlicher Zeit bis in unendliche Weiten des Raumes mit unbewegt stehenden Galaxien ausgefüllt sein kann. Aber inzwischen haben wir gelernt, daß das Weltall einen Anfang gehabt
hat. Weder Galaxien noch Sterne gibt es seit unendlicher Zeit. Also was sehen wir, wenn wir zum
Nachthimmel schauen?
Nehmen wir zur Vereinfachung erst einmal an, es gäbe keinen Verrötungs- und keinen Verdünnungseffekt. Dann würden wir auf Galaxien blicken und weiter draußen im Raum auf Quasare. So
groß die Zahl der Galaxien und Quasare auch ist, es sind endlich viele, und sie reichen nicht aus, uns
den Blick nach draußen zu versperren. Wir sehen nicht auf sich einander verdeckende Sternscheibchen. Unser Blick geht an ihnen vorbei in den Raum hinaus. Noch weiter draußen würden wir weder
Galaxien noch Quasare entdecken, denn wir sähen dort das Weltall in einem so frühen Zustand, daß
sich diese Gebilde noch gar nicht aus der dem Urknall entstammenden Materie zusammengeklumpt
haben. Noch weiter nach draußen blickend, also noch weiter zurück in die Jugend unseres Weltalls
sähen wir schließlich eine undurchsichtige Wand, die mit einer Temperatur von <... K glüht. Dort
blickten wir auf jenen Zeitpunkt zurück, als die Welt durchsichtig wurde. So sähe also der Himmel aus, wenn es weder Verrötungs- noch Verdünnungseffekte gäbe: Hell leuchtende Galaxien und
Quasare wären zu sehen, aber nicht unendlich viele. Sie stehen vor einer <... K heißen, glühenden
Wand. Von einzelnen Galaxien und Quasaren abgesehen, wäre der Nachthimmel so strahlend hell,
als wäre er <... K heiß. Aber es gibt die beiden Effekte und sie schwächen das Licht eines jeden
Himmelskörpers, je weiter er von uns entfernt ist, umso stärker. Die Materie der glühenden Wand
fliegt mit nahezu Lichtgeschwindigkeit von uns weg, und ihre Strahlung erscheint uns als Radiostrahlung im Millimeter- und Zentimeterbereich. Unser Auge sieht die Wand pechschwarz. Von der Hitze
des Urknalls ist heute, =. Milliarden Jahre danach, fast nichts übriggeblieben. Wir sehen nachts die
Expansion der Welt mit freiem Auge.“
nach RUDOLF K IPPENHAHN: Licht vom Rande der Welt – das Universum und sein Anfang, DVA
-20+> .
?@A@
Aus Sky and Telescope, April
:
Laboratory Exercises in Astronomy: Hubbles Law
Verfaßt Aneurin Evans, University of Keele (UK)
Übersetzt von Dominic R. Scales, November
Überarbeitet von Volkmar Kuhnle, Juli
LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
?@B@
?@BC
?@@@
Kapitel 7
Die Masse des Jupiter
7.1 Einleitung
Über die Hälfte aller Planeten in unserem Sonnensystem hat einen oder mehrere natürliche Trabanten. Wie auch bei den künstlichen Satelliten, kann man über das Studium der Bewegung dieser
natürlichen Monde eine Vielzahl interessanter und nützlicher Informationen über die gravitativen Eigenschaften des Planeten gewinnen. In der folgenden Aufgabe wird aus einer Serie von Fotographien
der Galileischen Monde des Jupiters die Masse des Jupiters selbst bestimmt.
7.2 Überlegungen zu den Beobachtungen
Wir betrachten zwei verschiedene Positionen (DFE7GHDJI ) des Jupitermondes und den projizierten, von
uns beobachteten, Abstand (KLEGMK7I ) zum Jupiter (siehe Abb. 7.1). Aus dieser Abbildung ist auch
ersichtlich, daß sich die Winkel NE/GHN+I dieser beiden Positionen zur größten Elongation (größter Abstand K7O Jupiter zu seinem Mond, der von uns beobachtet werden kann) wie folgt ergeben:
KE
PRQ,S N,EUT
PRQ,S N+IVT
K7O
K7I
(7.1)
K7O
Der vom Mond zwischen den Punkten DUE und DJI überstrichene Winkel WXN ergibt sich dann einfach
aus:
WXNYT&N,E[Z\N+I+]
(7.2)
Zu dieser Bewegung benötigt der Mond eine gewisse Zeit W_^ . Die siderische Umlaufszeit D bei einer
angenommenen exakten Kreisbahn ist folglich:
e
D`T&abc,d
wobei die Einheit von D
W_^
]
WXNgf
(7.3)
der Einheit von W_^ entspricht.
Um den tatsächlichen Abstand des Mondes zum Jupiter zu bestimmen, betrachten wir Abb. 7.1
und Abb. 7.2 und nehmen ein Kräftegleichgewicht an. In diesem entspricht der Fliehkraft des Mondes, die aufgrund seiner Bewegung um den Planeten mit der Geschwindigkeit h auftritt, die gravitative Anziehung der beiden Massen:
i
ion
j
i
mit der Mondmasse
man die Periode DsT
I
h
Tlk&m
und der gesuchten Jupitermasse
ergibt sich: x,y
Iutv
w
I j I
D I
j I
n
, unter der Annahme
(7.4)
. Verwendet
n
Tlkzm j
19
iqprn
]
(7.5)
20
7: Die Masse des Jupiter
Abbildung 7.1: Skizze zur Ansicht des Systems.
Abbildung 7.2: Skizze zur Berechnung des Abstandes Jupitermond – Jupiter.
Mit { in AU und |
in Jahren ist G=},~€ , alsoƒ‚
{…„
| ;†
(7.6)
Für den Sichtwinkel ‡ im Bogenmaß gilt, wie aus‚ Abb. 7.2 ersichtlich ist:
‚
wobei wir für
ˆ
‡
ˆ
{
(7.7)
} L
} ‰ AU (Astronomische Einheit = Abstand Erde – Sonne) annehmen.
†
Mit diesen Überlegungen sind wir nun in der Lage aus den Aufnahmen der Monde die Masse des
Jupiters zu berechnen.
Übersetzt und überarbeitet von Alexander Würz, Oktober
LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
Š‹‹‹
Š‹‹‹
Kapitel 8
Pulsare
8.1 Einleitung
Zu Beginn des Œ . Jahrhunderts glaubten die meisten Astronomen, die Milchstraße bestünde einzig
und allein aus Sternen und Nebeln. Im Jahre Ž konnte ROBERT J. T RUMPLER zeigen, daß ein
gleichmäßig verteiltes interstellares Medium existiert, das das Licht entfernter Sterne abschwächtet
und rötet“. Trumpler bestimmte die Entfernung vieler offener Sternhaufen, indem er die scheinbaren
”
und absoluten Helligkeiten ihrer Mitglieder miteinander verglich. Er konnte zeigen, daß die Entfernungen, die man errechnet hatte, wegen der interstellaren Absorption vermindert sein mußten. Sonst
hätte man die Messungen so deuten müssen, daß die Durchmesser der Sternhaufen systematisch mit
der Entfernung wachsen.
Soweit wir heute wissen, enthält die interstellare Materie:
‘
Staubkörner (Durchmesser um ’ “Ž mm)
‘
Gas (Moleküle, Atome, Ionen und freie Elektronen)
‘
Kosmische Strahlung (Elektronen und Atome mit ”•&– )
‘
Magnetfelder und Photonen (Radiowellen, Licht, Röntgenstrahlung und ähnliches).
Nahezu alle Informationen, die wir über das interstellare Medium und die Sterne haben, wurden
durch das Sammeln und Analysieren von Photonen in Teleskopen gewonnen.
Der größte Teil der Masse der interstellaren Materie ist in Form von Gas und Staub vorhanden
und entspricht in etwa der Masse, die in den Sternen einer Galaxie steckt. Wir können aus der Art
und Weise, in der es die Photonen beinflußt, etwas über das interstellare Medium erfahren. Aber dazu
müssen wir erst etwas über die Sterne und die Radioquellen wissen, die diese Photonen erzeugen,
bevor wir bestimmen können, wie sich letztere auf ihrer Reise durch den Raum verändert haben.
8.2 Die Rolle der Pulsare
Die in diesem Sinn nützlichsten Quellen sind die Pulsare, da sie mit Perioden im Sekundenbereich
gepulste Radiostrahlung emittieren. Sie wurden im Jahre Ž—,˜ von J OCELYN B ELL am Mullard
Observatory der University of Cambridge entdeckt. Nur neun Jahre später waren bereits Ž™ Pulsare
bekannt.
Die Pulsperioden der Pulsare, also die Zeit, die zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pulsen vergeht, ist zwar nicht völlig konstant, ihre Änderung ist jedoch geringer als die der genauesten Quarzuhren.
21
22
8: Pulsare
Abbildung 8.1: Modellvorstellung eines Radiopulsars.
8.3 Pulsarmodelle
Bei Explosionen von Supernovae vom Typ II kollabiert in der Regel der Kern eines sehr massereichen
Sterns zu einem superdicht gepackten Objekt, einem Neutronenstern, wenn dieser Kern mindestens
die Chandrasekhar-Grenze von š› œ Sonnenmassen erreicht. Bei geringerer Masse reicht der Druck
im Stern nicht aus, um Protonen und Elektronen in Umkehr des  -Zerfalls zu Neutronen zu vereinigen. Ein Kern mit mehr als zwei Sonnenmassen ist auch als Neutronenstern nicht mehr stabil und
kollabiert zum Schwarzen Loch“. Der Radius eines Neutronensterns beträgt etwa š/ž km.
”
Aufgrund der Erhaltung des Drehimpulses des ursprünglichen, sehr viel größeren Sterns erhöht
sich die Rotationsgeschwindigkeit des kollabierten Objekts um viele Größenordnungen. Die Perioden der jüngsten Neutronensterne liegen im Millisekunden-Bereich, die schon verlangsamte Periode der älteren Radiopulsare in der Gegend von einer Sekunde.
Das ursprünglich vorhandene Dipolmagnetfeld und der magnetische Fluß des Muttersterns bleiben erhalten und dementsprechend erreicht die Magnetfeldstärke nach dem Kollaps Werte um š/ž;Ÿ¡ Gauss. In solchen Feldern können sich geladene Teilchen nur entlang der Feldlinien bewegen. Die
Elektronen entfernen sich dabei auf Spiralbahnen vom Stern und werden bis nahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Ein Teil ihrer Bewegungsenergie geben sie als Synchrotronstrahlung in einem
engen Kegel um die Bewegungsrichtung ab. Sind die Rotations- und die Magnetfeldachse gegeneinander geneigt, dann bewegt sich mit der Rotation der Lichtkegel auf einem Konus am Himmel (siehe
Abb. 8.1). Ein Beobachter sieht Licht- (Radio-)Pulse, vergleichbar mit einem Leuchtturm, mit der
Periode der Rotation des Sterns.
8.4 Pulsardispersion
Wie wir in Abb. 8.2 sehen, sind die Pulse über einen weiten Radiofrequenzbereich deutlich erkennbar.
Es ist zu beobachten, daß die Pulse mit zunehmender Frequenz früher eintreffen. Dieser Effekt beruht
8.5: Herleitung der Dispersionsformel
23
Abbildung 8.2: Die Signale des Radiopulsars PSR ¢£¢¤¦¥s§L¨ .
darauf, daß das interstellare Medium (ISM) zwischen dem Pulsar und uns einen von 1 geringfügig
verschiedenen, frequenzabhängigen Brechungsindex hat. Dadurch wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Signale frequenzabhängig.
Die Dispersion beruht auf der Wechselwirkung der elektromagnetischen Wellen mit geladenen
Teilchen, in diesem Fall den freien Elektronen des ISM. Die Wechselwirkung ist von der Elektronendichte und der Frequenz abhängig und nimmt mit abnehmender Frequenz zu. Für zwei Frequenzen
ist die Verzögerungszeit © zwischen der Ankunft des hochfrequenten Pulses und seines niederfrequenten Pendants proportional zur mittleren Elektronendichte ª¬« und dem Abstand ­ des Pulsars.
Die Größe ª_®U¯­ wird als Disperionsmaß bezeichnet. In Abschnitt 8.5 wird die Dispersionsformel
hergeleitet. Das Dispersionsmaß ist offensichtlich für jeden Pulsar leicht zu bestimmen.
Setzen wir einen mittleren Wert für die Dichte der freien Elektronen in der ISM ein, dann gibt
uns der resultierende Wert in vielen Fällen den einzigen Anhaltspunkt für den Abstand eines Pulsars, wobei wir bedenken müssen, daß die Elektronendichte der ISM lokal um weit mehr als eine
Größenordnung verschieden sein kann. Umgekehrt kann man in einigen Fällen den Abstand auf andere Weise gewinnen, z.B. beim Crab-Pulsar aus der Expansion der Supernovahülle. Damit sind wir
dann in der Lage wenigstens einen Mittelwert für die Elektronendichte der ISM zwischen uns und
dem Crab zu bestimmen.
8.5 Herleitung der Dispersionsformel
Zur Herleitung der Dispersionsformel betrachten wir folgende Größen der ankommenden Wellen
und des interstellaren Mediums:
Laufzeit:
Gruppengeschwindigkeit:
© °q³ ²
±
´o°zµ¶¯7·
Brechungsindex:
µ¸°º¹
Plasmafrequenz:
Elektronendichte:
»+¼U½¿¾ÁÀMÂ
Î ÃÅÏ ÄRÆ
ÀV
u® Ð
ÇÈY°ÊÉ °ÍÌ
ª «ÓÒÕÔ8Ö ×…¯,¼/Ø8ÙÛÚ+Ü ªY« [MHz]
Ñ Y
Ë
ª_« [cm
ÄuË ÙÛÚ ] ÄuË
Die Wellen unterschiedlicher Frequenz kommen bei uns mit einer Zeitverschiebung Ý_© an, für die
gilt:
à
Ý_©±°z©
Ì
½Þ©
Ä
°&­¬ß
¼
´
Ì
½
¼
(8.1)
´
Ä
24
8: Pulsare
á
Mit der Näherung á
á
á
áFêìë€í+î
í¬ïñðRò…ó;ôöõ ðV÷
âäã
åçæã
ù è
æè[é
á
áñø
ë í+î
ê
í ïñð
ù
ãýü æÿþ
ú_û
Vereinfacht ist dies:
í î
ã
ùü æ
á
ô ë
á
áUê
ê
ð
(8.4)
ð
á
á
Wenn wir nun noch die Plasmafrequenz ersetzen, ergibtë sich:
ê
ú_û
ã
í
Mit in cm ó , in pc,
ü
benötigen werden:
ð
ù _
æ è
±è è
ü
ú_û
(8.3)
ð
ï
í
ð
ô
(8.2)
ë í+î
í ïñð ù
á
í
ð
ë€í+î
í¬ïñðRò
æè[é
ú_û
ergibt sich dann:
á
áÓø
í
ï
í
ô
ð
ð
(8.5)
ð
á
áErgebnis, daß für unsere Berechnung
in MHz und áin
s erhaltenë wir das
ê
ú_û
í
ã
Aus Sky and Telescope, March
:
Pulsars, verfaßt Kurtiss J. Gordon, Hampshire College, Amherst (Mass.)
Übersetzt von Dominic R. Scales
Überarbeitet von Volkmar Kuhnle
Überarbeitet und LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
è
±è
ü
è
ï
ô
í
ð
ð
ð
(8.6)
Kapitel 9
Galaktische Rotation und Spiralstruktur
der Galaxis
9.1 Einleitung
Aus optischen Fotographien anderer Galaxien ist bekannt, welche Formen von Galaxien es gibt:
Nach der Hubble Klassifikation gibt es elliptische, Spiral-, Balkenspiral- und irreguläre Galaxien.
Die Frage, welche Form unsere Galaxie hat, konnte erst beantwortet werden, als es möglich wurde ,
in der galaktischen Ebene den vollen Durchmesser der Milchstraße zu durchschauen“.
”
Die großen Gas- und Staubwolken der Milchstraße konzentrieren sich entlang einer Ebene, in
der die Sonne selbst sitzt. Unter großen Winkeln zu dieser Ebene erreicht uns Strahlung auch noch
von weit entfernten Galaxien, aber in der Ebene sind wir, insbesondere im Bereich optischer und
vergleichbarer Wellenlängen, sehr kurzsichtig“: Es lassen sich nur etwa kpc überschauen. Für
”
weiter entfernte Objekte wird die Strahlung von der Staubkomponente der interstellaren Materie
völlig absorbiert. Das Zentrum der Milchstraße ist im optischen nicht sichtbar.
Anders dagegen sieht es im Radiobereich aus. Dort gibt es Wellenlängebereiche, für die sowohl
der Staub der galaktischen Ebene als auch neutrale (H I) und ionisierte (H II) Wasserstoffwolken
über den gesamten Durchmesser der Galaxis transparent sind (Dezi- und Zentimeter-Bereich; andere
Radiowellenlängen bleiben hier zunächst einmal ausgeklammert).
Hinzu kommt, daß der atomare Wasserstoff im Grundzustand der Hyperfeinstrukturniveaus bei
"!$#
')(*!
cm mit einer Energiedifferenz %& entsprechend &
MHz selbst emittiert. Diese
Strahlung wird in eventuell vorgelagerten Wolken entlang des Sehstrahls infolge der geringen Dichte
derselben nicht wieder absorbiert. Damit können für jede Beobachtungsrichtung in der galaktischen
cm-Linie aufgenommen werden.
Ebene Emissionsprofile der
9.2 Der Ablauf der Rotation
Würde die Galaxis starr rotieren, wäre die relative Bewegung von Gaswolken gegenüber dem Beobachter aufgrund der Rotation gleich Null, lediglich Driftbewegungen wären sichtbar. Eine Galaxie
hat aber keinen Kopplungsmechanismus, der ihre Konstituenten zu einer starren Rotation zwingen
könnte.
Alle Objekte in der Galaxis führen ihre Rotation auf nahezu kreisförmigen Keplerbahnen aus.
Damit ist eine nach außen abnehmende Winkelgeschwindigkeit der Rotation gegeben. Auf dieser
Grundlage kann ein Emissionsprofil der cm-Linie entlang irgendeines Sehstrahls verstanden werden als Summe der Ausstrahlung aller in dieser Richtung durchschnittenen Gaswolken, deren Anteile
25
26
9: Galaktische Rotation und Spiralstruktur der Galaxis
Abbildung 9.1: Kontourlinien der Radialgeschwindigkeiten in der galaktischen Ebene
unter der Annahme kreisförmiger Bahnen. Aus Stars and Stellar Systems Bd.
V, Galactic Structure, A. Blaauw und M. Schmidt, +-,.0/ .
entsprechend der Projektion ihrer Rotationsgeschwindigkeit auf den Sehstrahl und der Rotationsgeschwindigkeit des Beobachters Doppler-verschoben registriert werden.
9.3 Auftretende Probleme
Insbesondere für alle Objekte, für die der Abstand vom galaktischen Zentrum mit dem der Sonne
übereinstimmt, verschwindet diese Radialgeschwindigkeit. Aber auch für Winkel um die Verbindungslinie Sonne – Galaktisches Zentrum und darüber hinaus, und in Richtung galaxisauswärts entlang dieser Linie, kann keine sinnvolle Aussage über die Radialgeschwindigkeiten gemacht werden,
da hier die Rotation fast parallel oder fast antiparallel, also beinahe senkrecht zum Sehstrahl, verläuft.
Anhand der Abb. 9.1 wird ein weiteres Problem deutlich: Für Bahnen, die innerhalb der Sonnenbahn verlaufen, gibt es bei derselben Radialgeschwindigkeit 124365 , als derselben Winkelgeschwindigkeit 7 2 , zwei mögliche Lösungen für den Ort des Objekts, da die Isolinie der betreffenden Radialgeschwindigkeit den Sehstrahl des Objekts zweimal schneidet. Dieses Problem kann aufgrund von 89
cm-Messungen allein nicht entschieden werden.
9.4 Bestimmung der Radialgeschwindigkeit
Den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen einer beobachteten Radialgeschwindigkeit 1:24365 und
der zugehörigen Winkelgeschwindigkeit 7 2 zeigt Abb. 9.2. Daraus erhalten wir den Zusammenhang:
124365
;1
<>=)?$@:ACBD1-EF@HG IKJ II
(9.1)
dabei bezeichnet 1 die Bahngeschwindigkeit bei L und 1M24365 die Radialgeschwindigkeit relativ zur
Sonne. Verwenden wir 1*EN;O7PEQ<>LRE mit LREF@HG ISJ II ;TL)= ?$@A , so ergibt sich:
124365U;V7 2 LREF@HG IKJ II B7PE)LREF@HG IKJ II
;
LRE$W7 2 B7PEXM@HG Y
I J II
(9.2)
(9.3)
J II ist die galaktische Länge, unter der die Beobachtungen gemacht wurden. Das Fortschreiten der
Koordinaten geht entgegen der galaktischen Rotation.
9.5: Anmerkung zu den galaktischen Koordinaten
27
Abbildung 9.2: Grundsätzlicher Zusammenhang zwischen einer beobachteten Radialgeschwindigkeit Z*[4\6] und der zugehörigen Winkelgeschwindigkeit ^Q[ .
Um mit beliebigen Meßgrößen _$[4\6] und `Ha bKc II auf die Winkelgeschwindigkeit der Rotation an
einer beliebigen Stelle der Galaxis schließen zu können, muß ein Modell der Rotation der Galaxis
zugrunde gelegt werden. Hieraus entnehmen wir zunächst die Werte
dReYfhg"i
eYflk-m
kpc und j
km s nFo kpc nFo
für den Radius der Bahn der Sonne um das galaktische Zentrum und die Winkelgeschwindigkeit
ihres Bahnumlaufs.
Für die Zuordnung eines Radius zu einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit j [ brauchen wir
dann das gesamte Rotationsmodell der Galaxis, wie es in Abb. 9.3 dargestellt ist.
9.5 Anmerkung zu den galaktischen Koordinaten
Als ein galaktisches Koordinatensystem eingeführt wurde, wählte man als Nullpunkt die Sonne und
fpiq
als Bezugsebene die galaktische Ebene. c
war der Schnittpunkt von galaktischem und Himmelsäquator. Aufgrund neuerer Messungen wurde ein verbessertes System eingeführt, bei dem der
Nullpunkt im galaktischen Zentrum liegt.
9.6 Die Entstehung der rSs cm-Linie
Die hier betrachtete Linie des neutralen Wasserstoffs mit
t flkgu g"i$m
fhg)w*kiu w
cm v
MHz
xzy
fl{R|$g"i
n} eV
28
9: Galaktische Rotation und Spiralstruktur der Galaxis
ist die wichtigste Linie des neutralen Wasserstoffs im Radiobereich. Sie entsteht durch den Hyperfeinstrukturübergang im Grundzustand des Wasserstoffs, also von ~€‚„ƒ†…‡‰ˆ (Kern- und
Elektronenspin parallel) zu ~hTŠ (antiparallel).
Quantenmechanisch ist dieser Übergang mehrfach verboten“, da er gleich mehrere Auswahlre”
geln für Übergänge verletzt. Die Anregung dieses energetisch höheren Niveaus erfolgt durch Stoß
und die Lebensdauer beträgt ˆ-ˆ Millionen Jahre! Nur infolge der gewaltigen Mengen von Wasserstoff
entlang der Sichtlinie und wegen seiner geringen Dichte (kaum Stoßabregung) wird dieses Strahlung
tatsächlich mit der vorgefundenen Intensität abgegeben.
Abbildung 9.3: Winkelgeschwindigkeiten aus einem Massenmodell. Benutzen Sie dieses um
einer Winkelgeschwindigkeit einen entsprechenden Radius zuzuordnen. Erstellt mit
Daten aus Stars and Stellar Systems Bd. V, Galactic Structure, Seite ‹ŒM , A. Blaauw
und M. Schmidt, Ž-0‹ .
Verfasser unbekannt.
Überarbeitet und LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
‘’’’
.
Kapitel 10
Rotation des Merkur
10.1 Einleitung
Die Bestimmung von Größen, Bewegungen und der Rotation von Planeten ist eine bedeutende Aufgabe für die beobachtende Astronomie. Derartige Information ist ein erster Schritt zu einem tieferen
Verständnis des Sonnensystems. Manchmal reichen direkte Beobachtungen aus, in einem anderen
Fall liefern sie falsche Ergebnisse oder gar keine. Die Rotation des Merkur ist ein solcher Fall, in
dem visuelle Beobachtung ein völlig falsches Ergebnis bringt.
In diesem Laborexperiment wollen wir die Rotationsperiode des Merkur berechnen anhand des
Dopplereffekts, den der rotierende Planet an Radarsignalen hervorruft, die er reflektiert. Ein einfaches Beispiel für den Dopplereffekt zeigt das optische Spektrum eines Sterns, der sich auf den Beobachter zu oder von ihm weg bewegt: Bei jeder Linie im Spektrum des Sterns wird die Wellenlänge
um einen Betrag proportional der Annäherung bzw. Entfernung verändert.
Nun stelle man sich eine einzelne Linie im optischen Spektrum eines rotierenden Planeten vor.
Da verschiedene Orte an der Oberfläche des Planeten verschiedene Geschwindigkeiten relativ zum
Beobachter haben, bewirken sie verschiedene Dopplerverschiebungen, die Linie wird als verbreitert.
Der analoge Fall tritt auf bei Radarbeobachtungen, wo ein Puls elektromagnetischer Energie mit
genau einer Frequenz auf einen rotierenden Planeten eingestrahlt wird. Das Radarsignal, das vom
Planeten zurückkehrt, ist zu einem ganzen Frequenzband verbreitert.
10.2 Frühe Versuche
Bis etwa “”•-• war die einzige Möglichkeit, die Länge des Tages auf einem Planeten zu bestimmen,
die, seine Oberfläche visuell nach Oberflächenerscheinungen abzusuchen. Inbesondere Merkur ist
schwer zu beobachten wegen seiner geringen Entfernung von der Sonne, des kleinen Durchmessers
seiner sichtbaren Scheibe, und wegen des geringen Kontrasts der vorkommenden Erscheinungen
auf der Oberfläche. Unter Verwendung der Merkurzeichnungen von J.H. S CHR ÖTER leitete F.W.
B ESSEL eine Rotationsperiode von etwa –˜— Stunden ab. Es ist interessant zu vermerken, mit welcher
vermeintlichen Genauigkeit diese Rotationsperiode bekannt war. Ein populäres Astronomiebuch aus
der Mitte des “”M™ Jahrhunderts ( Geography of the Heavens“ von E LIJAH B URRITT) gab –˜—š-•$›˜œ–-ž-Ÿ
”
an. Bis etwa “ž-ž• wurde ein Wert von 24 Stunden allgemein akzeptiert.
Dann teilte im Jahr “ž-ž-” G.V. S CHIAPARELLI mit, er habe gewisse permanente Markierungen auf der Oberfläche des Merkur entdeckt, und der Planet rotiere um seine Achse genau einmal
während seines Bahnumlaufs von ž-ž Tagen. Dies bedeutete, daß der Merkur eine Seite ständig der
Sonne zuwandte, so wie der Mond der Erde immer nur eine Seite zeigt. Andere visuelle Beobachtungen, besonders von P ERCIVAL L OWELL in Flagstaff, Arizona, schienen dieses Ergebnis zu
bestätigen, und so wurde die ž-ž Tage-Rotationsperiode allgemein angenommen.
29
30
10: Rotation des Merkur
Abbildung 10.1: Das Spektrum eines Radarimpulses, das vom Merkur zur ückkommt,
aufgezeichnet bei einer Zeitverzögerung von „¡Y¢¤£¥-¦¨§ s.
Um ©ª«-« wurde eine spektrographische Methode zur Messung der Rotation eines Planeten einsetzbar. Erstmals wurde diese von J.E. K EELER auf die Ringe des Saturns angewandt. Aus theoretischen Überlegungen war bekannt, daß die Ringe des Saturns wie ein Schwarm kleiner Körper
umlaufen, und nicht wie eine feste Einheit. Dafür gab es aber keinen Beweis aus Beobachtungen bis
©¬-ª-­ . Keeler lieferte diesen Beweis, indem er zeigte, daß Absorptionslinien (des Sonnenspektrums)
am äußeren Rand weniger Doppler-verschoben wurden als am inneren Rand. Das bedeutete, daß der
äußere Rand mit geringerer Geschwindigkeit umlief als der innere, genau wie es der Fall sein sollte,
wenn die Ringe aus unabhängig umlaufenden Teilchen bestehen.
Die spektrographische Methode kann auf einen Planeten angewandt werden, indem man den
Spektrographenspalt parallel zum Äquator über die Scheibe des Planeten legt und beobachtet, daß
Linien von der einen Kante zum Roten verschoben werden, von der anderen zum Blauen. Zum Anfang dieses Jahrhunderts versuchten V.M. S LIPHER am Lowell Observatory und C.E. S T. J OHN
und S.B. N ICHOLSON auf Mount Wilson, dieses Verfahren an Merkur und Venus einzusetzen. Sie
fanden, daß die Rotationsperioden beider Planeten wenigstens mehrere Tage lang sein müssen. Genauere Angaben konnten sie nicht machen.
Eine wesentlich stärkere Methode wurde zugänglich als Ergebnis der Untersuchung von Radarreflexionen an Planeten. Radarsignale wurden erstmals zum Mond geschickt im Jahre ©ª˜®*¯ , zur
Venus ©ª-¯© und zum Merkur ©ª-¯-° . Im August ©ª-¯-­ beantwortete die Analyse Doppler-verbreiteter
Radarechos endlich die Frage: Was ist die Rotationsperiode des Merkur?“ Zur Verwunderung der
”
Astronomen war sie deutlich verschieden von der ¬-¬ Tage-Periode in jedem Lehrbuch.
In dieser Übung werden wir die Daten der ursprünglichen Untersuchung verwenden. Es wird nur
ein Lineal mit mm-Einteilung und ein Taschenrechner benötigt.
10.3 Die Radar-Beobachtungen
Im August ©ª-¯-­ verwendeten R.B. DYCE , G.H. P ETTENGILL und I.I. S HAPIRO das °«-« mRadioteleskop in Arecibo, Puerto-Rico, um eine Folge von Radarimpulsen zum Merkur zu schicken.
Ihre Dauer betrug «± «-«-«$­ und «± «-«-«0© Sekunden bei einer Frequenz von ®*°« MHz. Da die Laufzeit des Signals wesentlich länger war die Pulsdauer, war es möglich, die Frequenzverbreiterung
aufgrund der Reflexion an einem rotierenden Planeten zu studieren. Natürlich können Frequenzverschiebungen auch von der Bewegung der Planeten untereinander herrühren, und von der Bewegung
der Antenne um die Erdachse. Die meisten dieser Effekte wurden korrigiert durch genaue Zeitmessung und Aufzeichnung der Pulse, und durch Berücksichtigung bei der Verarbeitung im Computer.
10.4: Das Verfahren
31
10.4 Das Verfahren
Wenn ein Radarimpuls von einem rotierenden kugelförmigen Planeten reflektiert wird, wird das Signal sowohl zeitlich als auch in der Frequenz auseinandergezogen. Der Anfang des Echos kommt
vom nächstgelegenen Punkt (Sub-Radar-Point oder Scheibenmitten) des Planeten. Kurze Zeit später
empfängt man das Echo eines ringförmigen Gebiets, dessen Mittelpunkt im Sub-Radar-Point liegt.
Die Antenne in Arecibo kann Signale mit unterschiedlichen Zeitverzögerungen aufzeichnen.
Abb. 10.1 zeigt ein Radarecho, das vom Merkur zurückkam, bei einer Zeitverschiebung von
²z³K´¶µ·"¸º¹
s. Der Teil des Planeten, der auf die Erde zu rotiert, bewirkt eine Erhöhung der Signalfrequenz (+), der wegrotierende Teil ein Abnahme (-), wie in Abb. 10.2 dargestellt. Diese Zu- und
Abnahme befolgt das wohlbekannte Doppler-Gesetz. Im Prinzip sollte es einfach sein, die Rotations-
Abbildung 10.2: Die Rotation eines Planeten verändert die Frequenz des reflektierten Signals, wie hier zu sehen ist. Wenn die Frequenz, die vom Sub-Radar-Point zur ückkehrt, » ist, dann wird an dem auf den Beobachter zu rotierenden Rand die Frequenz auf »½¼¿¾À» erhöht, während sie am weg rotierenden Rand auf »TÁ'¾À»
gesenkt wird.
geschwindigkeit vom Rand des Merkur zu bestimmen und (mit dem bekannten Umfang des Planeten)
die Rotationsperiode zu erhalten. Das Echo wird jedoch zum Rand der Scheibe hin schwächer, und
die Reflexion am Rand selbst ist unbrauchbar. Daher werden wir das Echo von einem zwischen dem
Sub-Radar-Point und dem Rand liegenden Ring verwenden, um die Geschwindigkeitskomponente
des Merkur entlang des Sehstrahls zu erhalten, und daraus die wahre Rotationsgeschwindigkeit zu
berechnen.
Um zu sehen, wie dies geschieht, betrachten wir Abb. 10.3. Wir erinnern uns, daß in Abb. 10.1
am Signal die Zeitverzögerung in Mikrosekunden vermerkt ist. Es ist einfach, den Abstand  zu
berechnen, den das verzögerte Signal über den Sub-Radar-Point hinaus gelaufen ist, indem man die
halbe Zeitverzögerung mit der Geschwindigkeit der Radarwellen multipliziert.
Schritt 1
Nehmen Sie die Zeitverzögerung aus Abb. 10.1 und berechnen Sie:
·
´
²z³
µÄÃ>ÅQÃ
Â
(10.1)
²z³
´hÆ ·"¸Ç m
Ã
Hier ist
die Zeitverzögerung in Sekunden. Verwenden Sie Å
s . Das Ergebnis ist dann
in Metern.
32
10: Rotation des Merkur
Schritt 2
In Abb. 10.3 ergeben sich die Größen È und É folgendermaßen:
ÈËÊ
ÌTÍÏÎ
(10.2)
ÉÐÊ
Ñ ÌÒQÍDÈÓÒ
(10.3)
mit dem Radius des Merkur ÌÔÊlÕMÖ ×*ÕغÙ*Ú"Ø*Û m. Berechnen Sie dann È und É .
Sub-radar
point
d
x
y
R
v0
v
Abbildung 10.3: Die Rotationsgeschwindigkeit des Merkur wird aus diesen geometrischen
Beziehungen berechnet. Ü ist der Radius des Planeten, Ý die Verz ögerungsstrecke,
Þ*ß die beobachtete Radialkomponente der Rotationsgeschwindigkeit an einem ausgewählten Punkt, Þ die gesuchte tatsächliche Geschwindigkeit.
Schritt 3
Mit dem Signal aus Abb. 10.1 wollen wir à ß finden, die Komponente der Rotationsgeschwindigkeit entlang dem Sehstrahl, an dem Punkt, den Abb. 10.3 bezeichnet.
Die Dopplergleichung wird meist als Veränderung der Wellenlänge gegenüber der Ruh“”
Wellenlänge angegeben, aber sie kann auch genausogut für die Frequenzen geschrieben werden:
ß
à
(10.4)
á Êpâäã
ã
wobei
die Veränderung der Frequenz ist, die Frequenz des übertragenen Signals (×*åØ MHz Ê
âäã
ã
ß
×0Ö åRÙ*Ú"Ø-æ Hz), à die beobachtete Geschwindigkeit und á die Geschwindigkeit der Radarwelle.
Betrachten Sie das Radarsignal in Abb. 10.1 und markieren Sie rechts und links die Stellen, an
den die relative Intensität beginnt, zur Grundlinie abzusinken. Lesen Sie die Frequenzveränderung
an den beiden Punkten so genau wie möglich ab. Mitteln Sie das Ergebnis, ohne das Vorzeichen zu
beachten! Die wahre Doppler-Verschiebung ist die Hälfte dieses Wertes, da das Signal eine Reflexion
ist und nicht ursprünglich vom Merkur ausgesandt wurde. Berechnen Sie nun mit Gl. 10.4 à ß in m
s.
Schritt 4
Aus der Komponente entlang des Sehstrahls à ß wollen wir nun die Rotationsgeschwindigkeit à
erhalten. Eine Betrachtung von Abb. 10.3 zeigt, daß das Dreieck, das È , É und Ì enthält, geometrisch
ähnlich ist dem, das à ß und à enthält. Damit wird:
à
à
ß Ê
Ì
É
(10.5)
10.4: Das Verfahren
33
Berechnen Sie nun ç aus dieser Gleichung. Das Ergebnis ist die Rotationsgeschwindigkeit in m
s.
Berechen Sie dann die Rotationsperiode des Merkur in Sekunden durch Division des Planetenumfangs durch die Rotationsgeschwindigkeit ç . Wandeln Sie diese Rotationsperiode in Tage ( è
d= é-ê˜ë$ì-ì s) um.
íîï4î
Aus Sky and Telescope, September
:
The Rotation of Mercury
Von Darrell B. Hoff, University of Northern Iowa, und Gary Schmidt, Lick Observatory
Übersetzer nicht bekannt
Bearbeitet von Volkmar Kuhnle
Überarbeitet und LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
íîîî
34
10: Rotation des Merkur
Ihre Notizen:
Kapitel 11
Das Farben-Helligkeitsdiagramm der
Hyaden
11.1 Einleitung
Sternhaufen eröffnen dem Astrophysiker unvergleichliche Möglichkeiten bei seinen Untersuchungen. Einerseits stehen die Sterne eines Sternhaufens räumlich relativ eng beieinander (gemessen an
ihrer Entfernung von uns), und daher sind ihre scheinbaren Helligkeitsunterschiede ein gutes Maß
für die wahren Leuchtkraftunterschiede. Andererseits sind die Sterne eines Sternhaufens sehr wahrscheinlich etwa gleichzeitig aus einer gemeinsamen Gasmasse entstanden. Sie repräsentieren daher
heute für den Beobachter eine Gruppe gleichaltriger Sterne mit gleicher ursprünglicher chemischer
Zusammensetzung. Diese Eigenschaften machen Sternhaufen zu idealen Vergleichsobjekten, an denen Astronomen ihre Vorstellungen von der zeitlichen Entwicklung der Sterne prüfen können.
Eine der wichtigsten beobachtbaren Größen, die man für einen Sternhaufen erhalten kann, ist das
Farben-Helligkeitsdiagramm. Man trägt für die Haufenmitglieder den Farbindex ð†ñOò der Sterne
(X-Achse) gegen die scheinbare Helligkeit óÀô (Y-Achse) auf. Aus diesem Diagramm kann man die
Entfernung und das Alter des Sternhaufens bestimmen.
In dieser Übung werden wir das Farben-Helligkeitsdiagramm der Hyaden, einem Sternhaufen im
Sternbild Taurus (Stier), genauer untersuchen.
Das Farben-Helligkeitsdiagramm wir häufig auch als HR-Diagramm (H ERTZSPRUNG RUSSELL-Diagramm) bezeichnet. Diese Darstellungen sind gleichwertig: Das HR-Diagramm hat
andere Einheiten, und zwar Oberflächentemperatur oder Spektraltyp auf der X-Achse und Leuchtkraft auf der Y-Achse. Die Temperaturskala verläuft dabei von rechts nach links!
11.2 Farben-Helligkeits- und Hertzsprung-Russell-Diagramme
Um eine schnelle Einteilung von Sterne vornehmen zu können werden die Sterne mit unterschiedlichen Wellenlängenfiltern beobachtet und die scheinbare Helligkeit der Sterne im jeweiligen Filternbereich notiert. Ein häufig verwendet System ist das Standard UBV System“, daß von J OHNSON
”
und M ORGAN õö-÷õ erarbeitet wurde. Diese System spezifiziert 3 Farben, von denen normalerweise
ò , und die beiden sogenannten Farbindizes ðøñùò und úñÏð angegeben werden:
Kürzel
U
B
V
Bezeichnung
Ultraviolett
Blau
Visuell
Effektive Wellenlänge û [ Å]
ü-÷ý-ý
þ*ü-÷ý
÷-÷-÷ý
35
36
11: Das Farben-Helligkeitsdiagramm der Hyaden
Abbildung 11.1: Hier werden die relativen Energieverteilungen eines Vega-Typ Sterns
und eines sonnenähnlichen Sterns dargestellt. Vergleicht man die Wert bei
den Wellenlängen von U,B und V so sieht man deutliche Unterschiede. Diese genügen um eine schnelle Klassifizierung durchzuführen.
In Abb. 11.1 sind die relativen Energieverteilungen von ÿ Sterntypen dargestellt. Vergleicht man
deren Energien bei den Wellenlängen, die ,
und
entsprechen, so sieht man deutliche
Unterschiede. Diese genügen für die Klassifizierung.
Trägt man absolute Helligkeiten über diesen Farben auf, so erkennt, daß sich Sterne nur in bestimmten Regionen dieses Diagramms befinden. Dies wurde
von Hertzsprung und Russell entdeckt. Man erhält dasselbe Diagramm wenn man statt der Farben die Obeflächentemperaturen der
Sterne verwendet. Dies erklärt sich durch die Verschiebung des Spektrums zu höhren Energien, also
kleineren Wellenlängen, mit zunehmender Temperatur. Aus diesem Grund ist die Temperaturskala
auf der X-Achse in Abb. 11.3 fallend.
Abb. 11.2 zeigt ein Farben-Helligkeitsdiagramm für verschiedene Sternhaufen. Alle Sterne auf
der Hauptreihe des Diagramm sind noch in einem Stadium ihrer Entwicklung, in dem sie Wasserstoff
zu Helium in ihrem Kern verbrennen. Ist dies beendet, verläßt der Stern die Hauptreihen. Massereichere Sterne sind in der Lage ihren Wasserstoff schneller zu verbrennen und verlassen zuerst die
Hauptreihe. Betrachtet man nun einen Sternhaufen, dessen Mitglieder ja alle etwa gleich alt und aus
11.2: Farben-Helligkeits- und Hertzsprung-Russell-Diagramme
37
Abbildung 11.2: Schematische Farben-Helligkeitsdiagramme von Sternhaufen. Das Alter der Sterne ist entlang der Hauptreihe angegeben. Das Alter der Haufen, die
hier angegeben sind, wird durch den Punkt auf der Hauptreihe bestimmt, an
dem die Sterne beginnen abzuwandern. Aus Sandage, A (
): Publ. Astron.
Soe. Pac. ,
.
der gleichen Gasmasse entstanden sind, so sind die massereicheren Sterne des Haufens bereits von
der Hauptreihe abgebogen, während sich die masseärmeren Sterne noch auf der Hauptreihe befinden.
Diese Eigenschaft werden wir uns in dieser Übung zunutze machen.
Verfasser unbekannt.
Überarbeitet, teilweise neu verfaßt und LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
.
38
11: Das Farben-Helligkeitsdiagramm der Hyaden
Abbildung 11.3: Hier wurden absolute Helligekeiten
im visuellen Filter (V)
über dem Farbindex
aufgetragen. Diese Darstellung ist ein FarbenHelligkeitsdiagramm. Den verschiedenen Differenzen lassen sich aber auch
Oberflächentemperaturen der Sterne zuordnen. Diese Darstellung (untere XAchse) wird als Hertzsprung-Russell-Diagramm bezeichnet. Sterne in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden sich in unterschiedlichen angegeben
Regionen des HR-Diagramms.
"!
Kapitel 12
Bahnbewegung eines Doppelsternsystems
12.1 Einleitung
Viele Sterne – die meisten vielleicht – sind Mitglieder eines Doppelsternsystems. Ein Doppelsternsystem setzt sich zusammen aus zwei Sternen, die um ihren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen und
durch ihre Gravitationswechselwirkung auf ihrer Bahn gehalten werden. Von visuellen Doppelsternen spricht man, wenn beide Komponenten des Systems im Teleskop getrennt werden können.
Historisch gesehen war die Erkenntnis, daß es sich bei visuellen Doppelsternen um miteinander wechselwirkende Sterne handelt, ein Nebenergebnis des Versuchs, Sternparallaxen zu messen.
schrieb W ILLIAM H ERSCHEL in den Philosophical Transactions der Royal Society
Im Jahre
in London, daß man die oszillierende Bewegung der Sterne am Himmel am einfachsten durch die
Annahme erklären könne, daß sie sich in einem gebundenen System um ihren gemeinsamen Schwerpunkt bewegten.
#
$&%('
Diese mehr zufällige Entdeckung Herschels eröffnete den Zugang zu einer der Grundgrößen der
Astronomie. Sie ermöglicht es uns – unter der Voraussetzung, daß die Entferung des Systems ebenfalls bekannt ist – eine direkte Bestimmung der Masse von Sternen! Die Masse eines Sterns jedoch
ist die wichtigste Größe, die es zu bestimmen gilt, gibt sie doch Auskunft über die Entwicklung des
Sterns.
)&%
*
Im den Aufgaben werden wir einige Bahndaten für das System Krüger
bestimmen, ein Doppelsternsystem in pc Entfernung. Wir werden dabei sehen, daß die drei Keplerschen Gesetze nicht
nur für Planeten sondern auch für Sternsysteme gelten.
12.2 Wahre und scheinbare Bahn
Wenn wir die Bewegung eines Doppelsternsystems direkt von oben“ beobachten könnten, also senk”
recht zur Bahnebene, würden wir sehen, daß sich beide Sterne auf einer elliptischen Bahn bewegen.
Beide Ellipsen haben dieselbe Exzentrizität, ihre absoluten Durchmesser sind jedoch umgekehrt proportional zu den Massen der Sterne. Wie man in Abb. 12.1 erkennen kann, geht die Verbindungslinie
von einem Stern zum anderen durch das Baryzentrum (Schwerpunkt) des Systems. Das Baryzentrum
liegt auch in der Bahnebene und steht im gemeinsamen Brennpunkt der beiden Ellipsen. Letztere
weisen die gleiche Exzentrizität auf.
)&%
Im System Krüger betragen die beteiligten Sternmassen der Komponenten
Die großen Halbachsen verhalten sich daher wie 16:27.
%+ ,(-
und
%+.#
)&/10
.
Es ist meist einfacher, die relative Bahn der schwächeren Komponente B bezüglich A zu betrachten. Dabei wird A als stationär angesehen. Die Verhältnisse sind in Abb. 12.1.b dargestellt. Die
relative Bahn hat dieselbe Form, wenn auch nicht dieselbe Größe wie die ursprünglichen Bahnen.
39
40
12: Bahnbewegung eines Doppelsternsystems
Abbildung 12.1: Bahnellipsen der Sterne. a:
Sicht senkrecht zur Bahnebene. b: Sicht der
Bahn von Stern B, wenn sich der Beobachter
auf Stern A befindet. c: Sicht auf Situation b
unter einem Winkel.
4
54
5
4
526
4
54
5 4
577
4
578 4
526
2&3
Abbildung 12.2: Aufnahme von Krüger
zwischen
und
vom Leander Mcbis
) und
Cormack Observatory (
Sproul Observatory (
bis
).
Jetzt liegt A in einem Brennpunkt der Ellipse. Der Punkt p in Abb. 12.1 bezeichnet das Periastron,
d.h. die größte Annäherung der beiden Sterne aneinander.
Allerdings ist es sehr selten, daß wir genau pole on“ auf ein Doppelsternsystem sehen. Meist
”
ist die Bahnebene gegenüber der Sichtlinie verkippt. Daher sehen wir nicht die wahre Bahn wie in
Abb. 12.1.b, sondern eine scheinbare Bahn, die in Abb. 12.1.c dargestellt ist. Beachte, daß A nun
nicht mehr im Brennpunkt der beobachteten Ellipse liegt. Für die Übung wurde daher das System
ausgewählt. Hier ist die Bahnneigung nämlich so gering ( ), daß man sie praktisch
Krüger
vernachlässigen kann, und dennoch zu ziemlich guten Werten für die einzelnen Parameter gelangt.
2&3
4
69
12.3 Das System Krüger
5 > = 8
:<;
44&> = 6
7
Dieser berühmte Dreifachstern liegt im Sternbild Cepheus. Die Komponenten A und B (visuelle
Helligkeiten
und
) bilden ein kuzperiodisches Doppelsternsystem und sind nie weiter als ”
von einander getrennt. Das Paar AB hat eine große Eigenbewegung (Bewegung quer zur Sichtlinie),
und da die Sterne AB zu den nächsten Nachbarn der Sonne gehören, sind sie von großem Interesse.
Der dritte Stern C ist ein Hintergrundstern . Größe und nimmt nicht an der Eigenbewegung teil.
2&3
44
4
54
5
In den Jahren, in denen Krüger
den größten Abstand der beiden Komponenten zeigt, können
beide getrennt im Teleskop erkannt werden. In Abb. 12.2 sind Aufnahmen aus den Jahren
bis
zu sehen. Diese wurden am McCormick Observatory (
) und am Sproul Observatory
4
526
4
54
5 4
577
12.3: Das System Krüger
A
BCD A
B?E
A
B?E
A
B?D
?&@
41
A
B(F&?
(
) gemacht. Nach
wurde der Winkelabstand der beiden Komponenten zu klein, um
noch photographisch aufgelöst werden zu können. Optische Beobachtungen zwischen
und
von C.E. W ORLEY am U.S. Naval Observatory mit einem
Zoll-Refraktor lieferten aber noch
brauchbare Ergebnisse.
HIJK
HIJHI IJML
G?
Aus Sky and Telescope, September
:
Laboratory Exercises in Astronomy: The Orbit of a Visual Binary
Verfaßt von Aneurin Evans, University of Keele
Übersetzt von Dominic R. Scales, Januar
Bearbeitet von Volkmar Kuhnle, Mai
Überarbeitet und LATEX von Alexander Würz, IAAT, Okt.-Dez.
HIII
.
42
12: Bahnbewegung eines Doppelsternsystems
Ihre Notizen:
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