Cicero Marcus Tullius - Die Macht der politischen Entscheidung

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Marcus Tullius Cicero
Cicero. Porträtbüste von Bertel Thorvaldsen nach einem römischen Original, Thorvaldsen Museum, Kopenhagen
Marcus Tullius Cicero (klassische Aussprache:
[ˈkɪkɛroː]; * 3. Januar 106 v. Chr. in Arpinum; † 7.
Dezember 43 v. Chr. bei Formiae) war ein römischer Cicero. Stich nach einem römischen Original (London)
Politiker, Anwalt, Schriftsteller und Philosoph, der
berühmteste Redner Roms und Konsul im Jahr 63 v.
Chr.
Cicero war einer der vielseitigsten Köpfe der römischen Antike. Als Schriftsteller war er schon für die
Antike stilistisches Vorbild, seine Werke wurden als
Muster einer vollendeten, „goldenen“ Latinität nachgeahmt (Ciceronianismus). Seine Bedeutung auf philosophischem Gebiet liegt in erster Linie nicht in seinen eigenständigen Erkenntnissen, sondern in der Vermittlung
griechischen philosophischen Gedankenguts an die lateinischsprachige Welt; oft sind seine griechischen Quellen nur in seiner Bearbeitung greifbar, da sie sonst
nirgends überliefert sind. Für die Niederschlagung der
Verschwörung des Catilina und die daraus resultierende
vorläufige Rettung der Republik ehrte ihn der Senat mit
dem Titel pater patriae (Vater des Vaterlandes).
tig die europäische Briefkultur. Diese Briefe und sein übriges Werk liefern uns ein detailreiches Bild der Zustände
Roms am Ende der Republik. Während der Bürgerkriege
und der Diktatur Gaius Iulius Caesars trat Cicero immer wieder für eine Rückkehr zur traditionellen republikanischen Verfassungsform und Herrschaftsausübung
ein. In seiner politischen Praxis zeigte er eine Flexibilität, die ihm den Vorwurf des Opportunismus und
der Prinzipienlosigkeit eingetragen hat und deren Bewertung in der Forschung weiterhin umstritten ist. Nach
der Ermordung Caesars 44 v. Chr. wurde Cicero von
den Triumvirn Antonius, Octavianus und Lepidus auf die
Sein umfangreicher Schriftverkehr, insbesondere die Proskriptionsliste gesetzt und am 7. Dezember 43 v. Chr.
Briefe an Atticus, beeinflussten maßgeblich und nachhal- auf der Flucht ermordet.
1
2
1
1.1
1 LEBEN
Leben
Herkunft und Ausbildung
dere Verwandtschaftsbeziehungen zu Angehörigen der
Senatsaristokratie, die Cicero, seinem Bruder und seinem
Cousin Lucius Tullius Cicero in Rom zu einer guten Ausbildung verhalfen. So war die Schwester seiner Mutter
mit einem Marcus Aculeo verheiratet, einem Freund des
Lucius Licinius Crassus. In dessen Haus erhielt Cicero
seine erste Ausbildung. Dort lernte er wohl auch den berühmten Redner Marcus Antonius Orator kennen, dem er
später gemeinsam mit Crassus in seinem Werk De oratore
ein Denkmal setzte.
Wie jeder gebildete Römer seiner Zeit sprach Cicero von
Kindheit an Griechisch. Durch seinen Vater, den Invalidität an der Ausübung militärischer oder politischer Ämter hinderte, erhielt er Zugang zur klassischen Bildung.
Schon früh zeigte sich seine große Begabung, die der Vater mit Ehrgeiz förderte. Laut Plutarch war Cicero schon
als Schüler eine Berühmtheit.[3] Nach dem Tod des Crassus 91 v. Chr. studierte er gemeinsam mit Titus Pomponius Atticus, der zeitlebens sein Freund und „zweiter Bruder“ war, Recht unter Quintus Mucius Scaevola, sowie
Rhetorik, Literatur und Philosophie in Rom. Nachdem
er sich anfangs mit der Übersetzung griechischer Dichter
wie Homer beschäftigt hatte, wandte er sich mit ungefähr
Büste Ciceros in den Kapitolinischen Museen, Rom
zwanzig Jahren der Philosophie zu und übertrug das philosophische Vokabular ins Lateinische. Sein Lehrer war
Marcus Tullius Cicero war der älteste Sohn eines der Platoniker Philon von Larisa, der letzte Scholarch der
römischen Ritters (eques) gleichen Namens und dessen Platonischen Akademie, der 88 v. Chr. aus Athen gefloEhefrau Helvia. Er hatte einen jüngeren Bruder Quintus hen war und 84/83 in Rom starb.
Tullius Cicero, dem er zeitlebens eng verbunden blieb.
Seine Familie gehörte zur lokalen Oberschicht in
Arpinum, einer Stadt im Gebiet der Volsker im Süden
Latiums, deren Einwohner seit 188 v. Chr. das römische
Bürgerrecht hatten. Cicero hatte sowohl eine starke emotionale als auch wirtschaftliche Bindung an seinen Geburtsort und kehrte häufig an diesen zurück.[1] Aus dem
Gebiet von Arpinum stammte auch der Feldherr und
Staatsmann Gaius Marius, dessen Neffe Marcus Marius
Gratidianus der Cousin von Ciceros Vater war. Gratidia,
eine Schwester des Marius Gratidianus, war mit dem Politiker Lucius Sergius Catilina verheiratet.
Das Cognomen (Beiname) Cicero leitete sich vermutlich
vom lateinischen cicer („Kichererbse“) ab. Cicero lehnte
zu Beginn seiner Karriere den Vorschlag seiner Freunde ab, dieses lächerlich wirkende Cognomen zu ändern.
Vielmehr wolle er es berühmter machen als die Namen
Scaurus (wörtlich übersetzt: „mit hervorstehenden Knöcheln“) und Catulus („das Hündchen“).[2] Ihre Herkunft
führte die Familie auf den römischen König Servius Tullius und den frühen Konsul Manius Tullius Longus zurück. Plutarch hält eine Abstammung vom Volskerkönig
Tullus Attius für möglich.
Ciceros Familie siedelte 102 v. Chr. nach Rom über.
Sie gehörte dem Ritterstand und damit der zweithöchsten Gesellschaftsschicht an. Im Jahre 90 v. Chr. erhielt Cicero die toga virilis. Zwar war die entfernte Verwandtschaft zu Gaius Marius seinen Ambitionen unter
der Diktatur Sullas eher hinderlich, doch bestanden an-
1.2 Erste Erfolge
Nach seinem Militärdienst im Bundesgenossenkrieg unter Gnaeus Pompeius Strabo und Sulla erwarb Cicero erste Erfahrungen als Anwalt. Seine erste überlieferte Gerichtsrede stammt aus dem Jahr 81 v. Chr. (Pro Quinctio).
Im folgenden Jahr verteidigte er in seinem ersten Mordprozess den wegen Vatermordes angeklagten Sextus Roscius und erwirkte dessen Freispruch, indem er die Ankläger, zwei Verwandte des Roscius und den einflussreichen Freigelassenen Lucius Cornelius Chrysogonus,
überführte, den Mord selbst aus Habsucht geplant und
durchgeführt zu haben. Da Chrysogonus ein Günstling
Sullas war, der auf eigene Faust die Proskriptionsliste
ergänzt hatte, brachte Cicero sich durch diesen Prozess
selbst in Gefahr.
79 v. Chr. setzte Cicero seine Studien in Griechenland
und Kleinasien, die damals Teil des Römischen Reiches
waren, fort. Eventuell stand diese Reise im Zusammenhang mit dem Prozess im Vorjahr. Zunächst ging er nach
Athen, wo er sich ein halbes Jahr lang aufhielt. Er nahm
dort am Unterricht des Philosophen Antiochos von Askalon teil, der stoisches mit platonischem Gedankengut
verband und eine eigene Schule gegründet hatte. Auf
Rhodos besuchte Cicero den Stoiker Poseidonios, mit
dem er Freundschaft schloss, und den berühmten Redner
Apollonius Molon. Er lernte Molons schlichten Stil sowie
die Künste, die Zuhörer zu fesseln und dabei die eigene
1.3
Politische Laufbahn
3
Stimme zu schonen. 77 v. Chr. kehrte er nach Rom zu- lichkeit demonstrieren sollte. Cicero gewann die Wahl
rück. Anschließend begann er seine Karriere als Politiker mit den Stimmen aller Zenturien und bekleidete im Jahre
und Rechtsanwalt.
63 v. Chr. das Amt des Konsuls, was für ihn als Aufsteiger aus dem Ritterstand (ordo equester) eine besondere
Auszeichnung bedeutete.
1.3
1.3.1
Politische Laufbahn
cursus honorum
Durch seinen Erfolg im Fall des Sextus Roscius genoss
Cicero bei seiner Rückkehr aus Griechenland großes Ansehen. Das half ihm als homo novus, alle Ämter des cursus
honorum in dem dafür vorgeschriebenen Mindestalter
(suo anno) zu erreichen.
1.3.2 Konsulat
Cicero begann sein Konsulat mit einem Versuch, das Problem der Landverteilung und besonders der Entschädigung derer, die ihren Landbesitz der wachsenden Stadt
opfern mussten, zu lösen. Es sind drei Reden de lege agraria erhalten.
Während seines Konsulats kam es zu der Verschwörung
des Catilina, die jedoch verraten und unter Mitwirkung
Ciceros im Ansatz erstickt wurde. Bei der Senatsberatung (vgl. Ciceros Reden gegen Catilina) war es zwar
Cato, der für die Todesstrafe plädierte, aber später musste Cicero die Verantwortung für die Hinrichtung der
Den Grundstein für seine politische Karriere legte er im Catilinarier übernehmen, da der Senat zuvor in einem
Jahre 70 v. Chr., als er die Gemeinden Siziliens in dem Notstandsbeschluss die Konsuln mit Maßnahmen zur
Prozess vertrat, den sie gegen den korrupten Statthalter Rettung des Staats beauftragt hatte.
Gaius Verres (73–71 v. Chr.) wegen Erpressung anstreng- Seine Leistung bei der Niederschlagung des Putschverten. Obwohl Verres’ politische Freunde diesem gern zum suchs blieb auch bei ihm gegenüber kritisch eingestellFreispruch verholfen hätten, war das Beweismaterial, das ten Zeitgenossen wie Sallust unbestritten. Freilich neigCicero in kurzer Zeit zusammentrug, so erdrückend, dass te er selbst, nicht zuletzt wohl, da er als homo novus
Verres noch vor dem Urteil Italien verließ. Dieser Pro- nicht auf bedeutende Vorfahren verweisen konnte, dazu,
zess brachte Cicero auch die Stellung des ersten Redners seine eigenen Leistungen besonders herauszustreichen.
in Rom ein, da er den bis dahin angesehensten Redner Theodor Mommsens berühmt gewordene Kritik, die CiQuintus Hortensius Hortalus, den Verteidiger des Verres, cero das „Talent, offene Türen einzurennen“ zuspricht
übertrumpfen konnte.
und ihn als „Staatsmann ohne Einsicht, Ansicht und AbSo war er im Jahre 75 v. Chr. Quästor auf Sizilien, wo er
die Getreideversorgung Roms zu sichern hatte. Dort fand
er das Grab des Archimedes. Durch die Redlichkeit seiner Amtsführung erwarb er den bleibenden Respekt der
Sizilianer.
sicht“ zu diskreditieren versucht, wird von der heutigen
Forschung kaum mehr geteilt; sie versucht vielmehr, nicht
nur dem von Mommsen herausgehobenen Gaius Iulius
Caesar, sondern auch dessen republikanisch orientiertem
Gegner Cicero gerecht zu werden, der, stets um das Wohl
der res publica besorgt, republikanische Ideale zum Konzept eines vom Senat regierten römischen Idealstaats verwob, dessen Regierung sich aus gebildeten, intelligenten
und patriotischen Männern zusammensetzen sollte, die
Prätor wurde Cicero im Jahr 66 v. Chr. Das Los wies ihm
das Staatswohl über ihre eigenen Interessen stellten.
unter den Prätoren das Amt des Vorsitzenden des Gerichtshofs für Erpressungen (Repetundenverfahren) zu,
einer Materie, mit der er sich schon als Advokat nach- 1.3.3 Nach dem Konsulat
drücklich befasst hatte. In diesem Jahr hielt er die Rede
de imperio Cn. Pompei, in der er die Lex Manilia unter- 61 v. Chr. wollte Caesar Cicero für eine Teilnahme am
stützte, die den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates späteren Triumvirat mit Crassus und Pompeius gewinVI. von Pontos anstelle von Lucullus dem bei der Senats- nen, doch Cicero lehnte ab, weil er dadurch die Republik
mehrheit unbeliebten Pompeius zusprach. Cicero stell- gefährdet sah. In der Folge sank sein politischer Einfluss.
te sich dabei nicht auf die Seite des Pompeius, sondern Seine Gegner – insbesondere der Volkstribun Publius
sprach für das „ganze römische Volk“.[4]
Clodius Pulcher, dessen Hass Cicero sich im Bona-DeaFür das Jahr 69 v. Chr. wurde Cicero zum curulischen
Ädil gewählt. In dieser Funktion veranstaltete er die obligatorischen Spiele, zugleich eine wichtige Maßnahme,
um sein weiteres politisches Fortkommen zu sichern. Ansonsten tat er sich im Amt des Ädils nicht besonders hervor, sondern führte in jenen Jahren vor allem seine Geschäfte als Anwalt weiter, die ihn zum Verteidiger in zahlreichen wichtigen Strafprozessen machten.
Seine Gegner im Wahlkampf für das Konsulat waren
Hybrida und Catilina, die beide nicht vor Bestechungen und Gewaltanwendung zurückschreckten. Gegen ihre Machenschaften hielt Cicero die Rede in toga candida.[5] Gemeint ist damit die weiße Toga des Kandidaten
für das Konsulat, die gerade die Reinheit und Unbestech-
Skandal 62/61 v. Chr. zugezogen hatte – erwirkten 58
v. Chr. ein neues rückwirkendes Gesetz, das denjenigen,
der den Tod eines römischen Bürgers ohne Gerichtsverhandlung verschuldet, ächtete, d. h. seiner Bürgerrechte
beraubte, und wandten es auf den Tod der Catilinarier
an. Cicero verließ Rom, ging nach Thessaloniki und kam
4
1 LEBEN
damit einer Verbannung zuvor. Später betonte er, dass er in der Gefahr des Untergangs sah. Daneben verfasste er
niemals auf sein Bürgerrecht verzichtet und auch Terentia mehrere Werke zu ethischen Themen (s.u.).
auf der Gültigkeit der Ehe beharrt habe. Sein Besitz wurde enteignet, seine Landgüter geplündert und sein Haus
auf dem Palatin niedergebrannt. Einen Teil des Grund- 1.3.4 Ciceros Verhältnis zu Caesar
stücks ließ Clodius der Göttin Libertas widmen.
In vielen Schriften nimmt Cicero Bezug auf seinen Zeit57 v. Chr. wurde Cicero trotz Caesars Bedenken auf Be- genossen Gaius Iulius Caesar. Sein Verhältnis zu diesem
treiben des Pompeianers Titus Annius Milo und auf ein- Politiker war äußerst ambivalent. Als Cicero im Jahre 60
stimmigen Beschluss der Volksversammlung vom Senat v. Chr. zu den Optimaten gehörte, hatte er den Plan entaus Griechenland zurückgerufen und bei seiner Rück- wickelt, Caesar vom „verantwortungslosen Treiben der
kehr begeistert gefeiert. Zeugnis davon geben die bei- Popularen“[6] weg auf die Seite der Optimaten zu zieden Dankesreden an Volk und Senat. Es gelang ihm je- hen, die sich zur Aufgabe gemacht hatten, das Gemeindoch nicht, die frühere politische Macht wiederzuerlan- wesen zu „konservieren“.[7] Cicero hob die Rolle Caesars
gen. Von dieser Zeit an wurde er stärker schriftstellerisch als „Retter des Vaterlandes“ im Gallischen Krieg anertätig, namentlich mit seinen politischen und philosophi- kennend hervor. Da es ihm aber nicht gelang, Caesar auf
schen Schriften. Sein rhetorisches Hauptwerk De oratore seine Seite zu ziehen, stellte er sich im Bürgerkrieg auf
„Über den Redner“ entstand in dieser Zeit, ebenso mit De die Seite des Pompeius, ohne aber wirklich von diesem
re publica „Über den Staat“ und De legibus „Über die Ge- überzeugt zu sein. Trotzdem wurde er, wie viele andere,
setze“ zwei philosophische Schriften über den Idealstaat nach Ende des Bürgerkrieges von Caesar begnadigt.
in Anlehnung an Platons Politeia und Nomoi.
Als Caesar im Jahre 46 v. Chr mit Marcus Claudius MarCicero setzte zunächst Hoffnungen auf Caesars Intelli- cellus einen entschiedenen Gegner begnadigt hatte, begenz und politische Fähigkeiten und unterstützte ihn 56 grüßte dies Cicero als entscheidende politische Wende.[8]
v. Chr. sogar in seiner Rede De provinciis consularibus in Mit diesem Gnadenakt entspreche Caesars politisches
der Frage, ob der Senat Caesar die Provinz Gallien wei- Handeln, so Cicero, schon fast dem Ideal, das er in
terhin überlassen oder sie einem der letztjährigen Kon- den Reden gegen Catilina[9] entwickelt hatte und das
suln übergeben sollte. Im Laufe der Zeit wurde er jedoch an Platon[10] anknüpft. Er betonte, dass nicht Caesars
wieder Caesars politischer Gegner, weil er die Republik „Kriegsleistungen“ diesem dauerhaften Ruhm[11] bringen
durch dessen Machtstreben bedroht sah.
würden, sehr wohl aber eine weise Politik, die „begnaNachdem Clodius 52 v. Chr. von Milo auf der Via Appia dige“ und die libera res publica (das freie Gemeinweerschlagen worden war, verteidigte Cicero den Mörder sen) ordne.[12] Im ersten Buch von de officiis hebt Cicero
seines Feindes, wenn auch erfolglos, denn Milo musste mehrmals die clementia des Staatsmanns hervor. In einigen Briefen an Freunde lobte er Caesars humanitas.[13]
ins Exil gehen.
Cicero musste 51 v. Chr. als Statthalter nach Kilikien gehen. Sein Bruder begleitete ihn als Legat. Weil die Parther
sich untereinander bekämpften, war die Provinz recht
friedlich. Cicero war nur in wenige Kampfhandlungen
verwickelt und eroberte eine Bergfestung, wofür er von
seinen Soldaten zum Imperator ausgerufen wurde.
Als Cicero 49 v. Chr. nach Rom zurückkehrte, stand der
Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius kurz bevor.
Cicero versuchte noch einmal im Senat zu vermitteln,
doch der Senat erklärte Caesar, als dieser den Rubikon
überschritt, zum Staatsfeind. Cicero schloss sich Pompeius an und verließ mit Bruder und Sohn Italien. Nach Pompeius’ Tod 48 v. Chr. brach er jedoch mit dessen Anhängern und kehrte nach Italien zurück, wo er in Brundisium
wartete, bis ihn Caesar 47 v. Chr. begnadigte. Das hinderte Cicero jedoch nicht, eine Trauerrede auf den nach der
verlorenen Schlacht bei Thapsus durch eigene Hand gestorbenen Cato zu verfassen. Auch setzte er sich in mehreren Reden vor Caesar für Pompeius’ Anhänger ein.
In den folgenden Jahren widmete er sich wieder vermehrt
der Literatur, wobei ihn diesmal weniger die Fragen der
Politik beschäftigten: Seinem Freund Marcus Iunius Brutus widmete er mehrere Schriften, darunter Brutus, eine Geschichte der Rhetorik, die er – wie die Republik –
Da Caesar seine Macht jedoch auf Kosten dieser libera res publica ausbaute, wurde Cicero immer mehr
zum Gegner Caesars. Im Mai 45 wurde im Tempel des
Quirinus sowie auf dem Kapitol eine Statue zu Ehren
Caesars geweiht,[14] was Cicero empört zur Kenntnis
nahm.[15] Weil Caesar sich nach Ciceros Meinung dadurch selbst über die römische Gesellschaft stellte,[16]
verachtete er ihn zunehmend. In de officiis spitzt er diese Haltung zu. Er bezeichnet Caesar als Tyrannen und
„wildes Tier“. Er ließ sich sogar zur Ermordung Caesars
beglückwünschen,[17] obwohl er in die Verschwörungspläne nicht einmal eingeweiht war.
1.4 Proskription und Tod
An der Verschwörung gegen Caesar war Cicero zwar
nicht beteiligt, seine Äußerungen zeigten jedoch seine
triumphierende Freude über den Tod des „Tyrannen“,
wobei er allerdings die fehlende Planung und Weitsicht
der Verschwörer kritisierte, indem er bemerkte, das Attentat sei mit dem Mut von Männern, aber dem Verstand von Kindern durchgeführt worden. Zudem stellte
sich rasch heraus, dass Caesars Mitkonsul Marcus Antonius dessen Nachfolge in der Alleinherrschaft anstrebte.
5
Nun trat Cicero Antonius entgegen und wurde mit seinen 14 philippischen Reden, welche er nach dem Vorbild
der Reden des Demosthenes gegen Philipp II. von Makedonien benannt hatte, zum Wortführer der republikanischen Fraktion im Senat. Dadurch erhielt er einen Teil
seines einstigen politischen Einflusses zurück und gewann
großes Ansehen. Die erste Rede, gehalten am 2. September 44 v. Chr., beendete den Waffenstillstand zwischen Antonius und den Republikanern um Cicero. Ciceros zweite Rede enthielt heftige (wenn auch nicht völlig unbegründete) persönliche Schmähungen gegen Antonius. Er drückte darin sein Bedauern darüber aus, dass
Antonius an den Iden des März (Todestag Caesars) nicht
mit beseitigt worden war.
Danach bemühte sich Cicero, wenn auch nicht ohne Vorbehalte, Octavian, der in Rom erschienen war und auf
eigene Faust Veteranentruppen angeheuert hatte, zum
Krieg gegen Antonius mit der Rückendeckung des Senats zu bewegen. Er hoffte auf dessen intellektuelle Fähigkeiten, fürchtete jedoch gleichzeitig die persönlichen
Machtinteressen des damals kaum Zwanzigjährigen, die
erneut den Bürgerkrieg auslösten. Die Sache der Republik schien zeitweilig sogar zu siegen. Wie von Cicero
geargwöhnt, verlangte Octavian jedoch nach ersten Erfolgen im Sommer des Jahres 43 v. Chr. das Konsulat
für sich und schloss sich danach öffentlich mit Antonius
und Marcus Lepidus zum zweiten Triumvirat zusammen.
Die drei Triumvirn beschlossen Proskriptionen gegen ihre politischen Gegner. Cicero stand ganz oben auf der
Todesliste des Antonius.
Am 7. Dezember 43 v. Chr. wurde er auf dessen Geheiß auf der Flucht vom Centurio Herennius und dem
Militärtribunen Popilius getötet.[18] Der Leichnam wurde verstümmelt durch die Straßen Roms geschleift, Kopf
und Hände wurden auf den Rostra am Forum Romanum
ausgestellt. Fulvia, die nacheinander mit seinen Feinden
Clodius und Antonius verheiratet gewesen war, soll nach
Cassius Dio seine Zunge mit ihrer Haarnadel durchbohrt
haben. Ciceros Bruder und dessen Sohn fielen denselben
Proskriptionen zum Opfer.
1.5
Ehen und Kinder
Ciceros erste Frau hieß Terentia. Sie stammte aus einer
angesehenen Familie und besaß ein erhebliches Vermögen, das sie selbständig verwaltete. Ihre Halbschwester
war Vestalin, was den hohen Rang ihrer Familie unterstreicht. Plutarch betont mehrfach ihre herbe Art; sie sei
die dominierende Person in der Ehe gewesen.[19] Die Ehe
wurde zwischen 80 und 76 v. Chr. geschlossen, vermutlich jedoch erst nach Ciceros Rückkehr aus Griechenland. Gezielt setzte Terentia das Ansehen ihrer Familie
und ihre Mitgift von hunderttausend Denaren sowie ihr
sonstiges Vermögen zur Förderung von Ciceros Karriere
ein. Auch in den Bona-Dea-Skandal war sie laut Plutarch
verwickelt.[20] Es existieren einige Briefe Ciceros an seine Frau, die Terentias Ehrgeiz für ihren Mann und ihr
Vertrauen in seine Fähigkeiten zeigen. Die ersten der erhaltenen 24 Briefe stammen aus der Zeit, als Cicero 58 v.
Chr. ins Exil gehen musste, und sind sehr liebevoll. Später
wurden die zwischen ihnen gewechselten Briefe immer
kürzer und unpersönlicher. Nach mehr als 30 Jahren Ehe
leitete Cicero 47/46 v. Chr. aus letztlich nicht geklärten
Gründen die Scheidung ein, berichtet Plutarch.[21] Terentia überlebte ihren Mann um mehrere Jahrzehnte.
Aus der Ehe mit Terentia ging die von Cicero sehr geliebte Tochter Tullia (* 5. August zwischen 79 und 75 v. Chr.;
† Februar 45 v. Chr.) hervor. Tullia war dreimal verheiratet, zuerst mit Ciceros begabtem Schüler Gaius Calpurnius Piso Frugi, der 58 v. Chr. Quästor war und sich für die
Rückkehr seines Schwiegervaters aus dem Exil einsetzte.
Er starb jedoch bereits 57 v. Chr. Ihr zweiter Mann Furius Crassipes ließ sich um 51 v. Chr. von ihr scheiden,
worauf sie gegen den Willen ihres Vaters Publius Cornelius Dolabella heiratete, einen Anhänger Caesars und zu
der Zeit Prozessgegner ihres Vaters.[22] Obwohl sie bald
wegen seines Lebenswandels unglücklich war, riet ihr Cicero, wie er selbst schrieb, aus politischen Gründen, von
einer Scheidung ab.[23] Als sie 45 v. Chr. nach einer Entbindung starb, machte er sich deshalb große Vorwürfe.
Seine consolatio ad se ipsum „Trostschrift an mich selbst“,
die er aus diesem Anlass verfasste, ist nur aus Zitaten
bekannt.[24] Ein Trostbrief von Servius Sulpicius Rufus
ist erhalten, in dem sein Freund ihn an die Leiden anderer erinnert und ihn mahnt, seine Trauer ebenso tapfer zu
ertragen.[25]
Der einzige Sohn Marcus wurde ca. 65 v. Chr. geboren.
Cicero hatte hohe Erwartungen in ihn und nahm ihn 51
v. Chr. mit nach Kilikien. Für ihn verfasste er die rhetorische Lehrschrift Partitiones oratoriae und widmete ihm
44 v. Chr. De officiis, eine Abhandlung über die praktische Ethik. Marcus schloss sich 49 v. Chr. als Soldat
Pompeius und später dessen Sohn Sextus an und kämpfte
auf der Seite der Unterlegenen im Bürgerkrieg. Octavian
begnadigte ihn später und ernannte ihn 30 v. Chr. zum
Mitkonsul.
Kurz nach seiner Scheidung von Terentia heiratete Cicero im November 46 v. Chr. als 60-Jähriger sein etwa
15-jähriges reiches Mündel Publilia, um mit ihrer Mitgift Terentia ihre Mitgift zurückzahlen zu können. Die
Ehe wurde kritisiert und verspottet, vor allem wegen des
Altersunterschiedes.[26] Nach dem Tode seiner Tochter
wurde sie jedoch nach wenigen Monaten wieder geschieden.
2 Werke
Cicero gilt als der bedeutendste Vertreter des philosophischen Eklektizismus in der Antike. Sein Denken enthält
sowohl Elemente der Stoa wie auch solche anderer Denker, insbesondere von Platon.
Ciceros Prosa kennzeichnet ihn als Meister der
6
2
lateinischen Sprache. Seine Werke vermittelten
dem gebildeten römischen Publikum die griechische Philosophie, besonders die Lehren der Stoa und
der sogenannten Neuen Akademie. Seine politischen
Schriften liefern uns wichtige Quellen zu den politischen
Unruhen, die die spätrepublikanische Zeit kennzeichneten, und lassen uns seine Positionen nachvollziehen.
Berühmt wurde er auch durch seine Reden gegen Verres
(70 v. Chr.), gegen Catilina (63 v. Chr.) und gegen
Marcus Antonius (44 und 43 v. Chr.).
2.1
Reden
Seine Darstellung der Geschichte der lateinischen
Redekunst im Brutus lässt Cicero selbstbewusst mit seinem Namen enden. Spätestens seit Quintilian ist Ciceros Ruhm als ‚klassisches‘ Vorbild unangefochten, und
er wird noch heute als der herausragende Redner der
römischen Antike bezeichnet. Cicero hat die meisten seiner Reden selbst veröffentlicht; 58 Reden sind (teilweise
lückenhaft) im Originaltext erhalten, etwa 100 durch Titel oder Bruchstücke bekannt.
Ciceros rednerisches Werk kann in zwei Gruppen eingeteilt werden: politische Reden vor dem Senat oder dem
Volk sowie Verteidigungsreden vor Gericht. Auch die
Verteidigungsreden hatten oft einen politischen Hintergrund.
Als Ankläger in einem Strafprozess trat Cicero nur einmal auf, nämlich gegen Gaius Verres. Seinen Erfolg verdankte er neben seiner argumentativen und stilistischen
Kunst, die sich Gegenstand und Publikum perfekt anzupassen wusste (vgl. Ciceros programmatische Äußerungen im Orator), vor allem seiner klugen Taktik, die
sich ebenfalls ganz auf die jeweilige Hörerschaft einstellte und Meinungen verschiedener philosophischer oder
politischer Schulen eklektisch zusammenführte, teilweise
weil dies seiner eigenen Auffassung entsprach, aber auch
um dem Publikum entgegenzukommen und seine Ziele
zu erreichen.
2.2
Philosophische Schriften
In seinen philosophischen Schriften machte Cicero seine lateinischen Leser mit der griechischen Philosophie bekannt. Dafür schuf er eine neue lateinische
Terminologie. Er selbst lässt sich keiner philosophischen Schule eindeutig zuordnen; stark beeinflusst war
er vom Skeptizismus der „Jüngeren Akademie“. Den
epikureischen Hedonismus lehnte er ab.[27]
• De re publica („Über den Staat“) ist 54–51 v.
Chr. entstanden und nur fragmentarisch erhalten.
Der letzte Abschnitt, Somnium Scipionis („Scipios
Traum“), wurde separat mit dem Kommentar des
Macrobius überliefert und war auch im Mittelalter
WERKE
bekannt. In Anlehnung an Platons Politeia legt Cicero in Form eines Dialoges die Vor- und Nachteile der
unterschiedlichen Staatssysteme dar. Im Gegensatz
zu Platon ist sein idealer Staat jedoch keine Fiktion,
sondern die römische Republik.
• De legibus („Über die Gesetze“) enthält wie Platons Nomoi die praktische Anwendung der Staatslehre. Als ein Dialog zwischen Cicero selbst, seinem
Bruder Quintus und seinem Freund Atticus konzipiert, stellt das Buch dar, wie die Gesetze auf dem
Naturrecht beruhen. Das Werk entstand wohl Ende
der 50er Jahre v. Chr. und ist nur etwa zur Hälfte
erhalten.
• Paradoxa Stoicorum (Begründung paradoxer ethischer Lehrsätze aus der Schule der Stoiker). 46 v.
Chr.
• Die verlorene Consolatio („Trostschrift“ nach dem
Tod seiner Tochter) erwähnte Cicero im Frühjahr
45 v. Chr. in einem Brief an Atticus.[28]
• Hortensius sive de philosophia („Hortensius oder
über die Philosophie“) entstand im Frühjahr
45 v. Chr. nach dem Vorbild von Aristoteles’
Protreptikos. Der nur in Fragmenten erhaltene
Dialog zwischen Cicero, Catulus, Hortensius
und Lucullus soll Augustinus einen Anstoß zur
Bekehrung zum Christentum gegeben haben.
• Academica priora (frühere Fassung der Bücher über
die Erkenntnislehre der Akademiker). 45 v. Chr.
• Catulus (Dialog ‚Catulus‘), 1. Teil der Academica priora, größtenteils verloren
• Lucullus (Dialog ‚Lucullus‘), 2. Teil der Academica priora, erhalten
• Academici libri bzw. Academica posteriora (spätere
Fassung der Abhandlung über die Erkenntnislehre
der Akademiker in vier Büchern)
• De finibus bonorum et malorum („Über das höchste Gut und das größte Übel“) entstand im Juni 45
v. Chr. und ist Brutus gewidmet. In drei Dialogen
werden verschiedene Ansätze der griechischen Philosophie, die das Ziel und den Sinn des Lebens betreffen, dargestellt.
• Die Tusculanae disputationes („Gespräche in
Tusculum“), entstanden in der 2. Hälfte des Jahres
45 v. Chr. und ebenfalls Brutus gewidmet, behandeln ethische Fragen wie den Umgang mit Leid und
Tod. Das Wichtigste, um glücklich zu leben, ist die
Tugend.
• Cato Maior de Senectute („Cato der Ältere über das
Alter“) entstand 45/44 v. Chr. und ist ein fiktives
Gespräch zwischen (dem älteren) Cato, P. Scipio
minor und C. Laelius Sapiens, in dem Cato alle
2.3
•
•
•
•
Rhetorische Schriften
7
Vorwürfe, die man dem Alter macht, zu widerle- 2.3 Rhetorische Schriften
gen sucht. Der Grund, weshalb so viele Greise über
ihr Alter klagen, liegt allein in ihrem Charakter. Der Wie bei Cicero Leben und Werk ohnehin nur schwer zu
Dialog ist Atticus gewidmet.
trennen sind, so ist insbesondere die Unterscheidung zwischen philosophischen und rhetorischen Schriften zwar
Laelius de amicitia („Laelius über die Freund- praktisch und übersichtlich (sie wird daher auch hier beischaft“) schrieb Cicero 45/44 v. Chr. „als Freund für behalten), entspricht aber nicht Ciceros eigener Absicht
den Freund”[29] Atticus. Wieder treten Scipio und und Ansicht. Schon in seinem ersten erhaltenen Werk (De
Laelius als Idealtypen der Freunde auf. Der Dialog inventione I 1–5) erklärt er, Weisheit, Beredsamkeit und
endet mit dem Lob der virtus - Tugend als Grundla- Staatskunst hätten ursprünglich eine Einheit gebildet, die
ge wahrer Freundschaft.
erheblich zur Entwicklung der menschlichen Kultur beigetragen habe und wiederherzustellen sei (vgl. Büchner,
In De natura deorum („Vom Wesen der Götter“),
Cicero (1964) 50–62). Diese Einheit schwebt als Leitbild
entstanden 45/44 v. Chr. und Brutus gewidmet,
sowohl Ciceros theoretischen Schriften als auch seiner eigibt Cicero ein Gespräch wieder, das der Stoiker
genen vita activa (etwa: „politisch engagiertes Leben“) im
Q. Lucilius Balbus, der Epikureer C. Velleius und
Dienste des Staates vor – jedenfalls so, wie er diese selbst
[30]
der Akademiker C. Aurelius Cotta, Vertreter der
idealisierend sah und gesehen wissen wollte.
drei wichtigsten antiken Philosophenschulen, über
das Wesen der Götter und ihre Beziehung zu den Daher ist es nicht erstaunlich, wenn Cicero seine philosoMenschen etwa dreißig Jahre zuvor geführt haben. phischen Schriften mit rhetorischen Mitteln ausgestaltet
und seine Rhetoriktheorie auf philosophischen PrinzipiIn De divinatione („Über die Wahrsagung“), einem en aufbaut. Die Trennung von Weisheit und Beredsam44 v. Chr. entstandenen Dialog zwischen Cicero keit lastet er als „Zerwürfnis zwischen Zunge und Verund seinem Bruder, trennt Cicero zwischen furor, stand“ Sokrates an (De oratore III 61)- vermutlich ist
der direkten Inspiration, vor allem durch Träume, sie eher auf Platon zurückzuführen - und versucht sie
und den auslegungsbedürftigen Orakeln. Ersteres durch seine eigenen Schriften wieder aufzuheben. Denn
erklärt er als natürliche Vorgänge der menschlichen zur bestmöglichen Verwirklichung sind seiner Meinung
Seele, während die Vorzeichendeuter sich nur den nach Philosophie und Rhetorik aufeinander angewiesen
Aberglauben ihrer Mitmenschen zu Nutze machen. (s. z. B. De oratore III 54–143); Cicero bekennt, „dass
De divinatione ist eine wichtige Quelle für unsere ich zum Redner geworden bin […] nicht in den LehrstätKenntnis der römischen Religion.
ten der Rhetoren, sondern in den Hallen der Akademie“
(Orator 12). Damit spielt er auf den Unterricht an, den
De fato („Über das Schicksal“) schließt sich uner in Rom bei Philon von Larisa und später in Athen bei
mittelbar an De divinatione und De natura deorum
Antiochos von Askalon erhielt.
an. Cicero diskutiert darin mit Aulus Hirtius über
die Ansichten der Philosophenschulen zur Frage des Die erhaltenen rhetoriktheoretischen Werke in chrofreien Willens. Die Mitte 44 v. Chr. begonnene nologischer Reihenfolge:
Schrift blieb unvollendet.
• De gloria („Über den Ruhm“). Juli 44 v. Chr. Verloren.
• De officiis („Über die Pflichten“) ist im
Herbst/Winter 44 v. Chr. verfasst und in Briefform
an den in Athen studierenden Sohn Marcus gerichtet. Er zitiert darin das ansonsten verlorene Buch
des Panaitios von Rhodos über die Pflichten. Das
erste Buch handelt von den Pflichten und Tugenden.
Als wichtigste Tugenden nennt Cicero prudentia Klugheit, iustitia - Gerechtigkeit, fortitudo - Tapferkeit und temperantia - Mäßigung, wie auch Platon
sie in der Politeia und den Nomoi aufführt. Im
zweiten Buch zeigt er, wie man durch tugendhaftes
Verhalten die Sympathie seiner Mitmenschen
gewinnt und dadurch sich selbst nützt. Als Beispiele
dienen Politiker. Im dritten Buch thematisiert er
den möglichen Konflikt zwischen Tugend und
Nutzen, ebenfalls anhand zahlreicher Beispiele
aus der Geschichte, wobei die Tugend immer den
Vorrang haben müsse.
• De inventione („Über die Auffindung [des Redestoffes]“): Wohl zwischen 85 und 80 v. Chr. entstanden diese ersten beiden Bücher einer nicht vollendeten Gesamtdarstellung der Rhetorik. Cicero selbst
verwarf sie später zu Gunsten seiner tiefer greifenden Darstellung in De oratore, sie dienten jedoch trotz ihres fragmentarischen Charakters bis ins
Mittelalter als Lehrbuch. Der fertiggestellte Teil behandelt im ersten Buch rhetorische Grundbegriffe (I
5–9), die Statuslehre im Anschluss an Hermagoras
von Temnos (I 10–19) sowie die Teile der Rede (I
19–109); das zweite Buch behandelt die Argumentationstechnik, v. a. in der Gerichtsrede (II 11–154,
geordnet wiederum gemäß der Statuslehre) sowie
kurz in der Volksrede (II 157–176) und der Festrede (II 177–178). Ciceros Aussagen haben inhaltlich
oft große Ähnlichkeit mit der fälschlich unter seinem Namen überlieferten sog. Rhetorik an Herennius, so dass das genaue Verhältnis beider Schriften in
der Wissenschaft lange umstritten war. Beide Werke
sind jedenfalls ungefähr in derselben Zeit entstanden
8
2
und beruhen direkt oder indirekt auf gleichen oder
verwandten, letzten Endes griechischen Quellen. Da
es allerdings auch geradezu wortwörtlich übereinstimmende Stellen gibt, lag ihnen wohl eine gemeinsame lateinische Quelle vor, vielleicht eine Abhandlung des gleichen Lehrers, als Vermittlerin vorwiegend griechischer Inhalte.
• De oratore („Über den Redner“) – Ciceros 55 v.
Chr. entstandenes rhetoriktheoretisches Hauptwerk
ist nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen
späteren Orator.
• Partitiones oratoriae („Einteilungen der Redekunst“): Dieser wohl um 54 v. Chr., als Ciceros
Sohn Marcus Rhetorik studierte, entstandene ‚Katechismus‘ behandelt in der Form eines fiktiven Frageund Antwortspiels zwischen Sohn (C.) und Vater
(P.) die Theorie der Rhetorik, v. a. Begriffe und
schematische Einteilungen. Ciceros Originalität
zeigt sich hier weniger in der insgesamt trockenen
Form als in der kritischen Sichtung überkommener
Schulregeln und in philosophischen Einflüssen,
vor allem im dritten Teil bei der Behandlung von
Tugenden, Gütern und Ursachen.
• Brutus: Das nach Marcus Iunius Brutus benannte
Buch wurde Anfang 46 v. Chr. verfasst und behandelt in Form eines Dialoges zwischen Cicero,
Brutus und Atticus die Geschichte der römischen
Redekunst bis zu Cicero selbst. Nach einer Einleitung (1–9) beginnt Ciceros Vortrag mit der griechischen Rhetorik (25–31) und betont, dass die Redekunst als schwierigste aller Künste erst spät zur
Vollendung komme. Während er die älteren römischen Redner mühsam aus zweiter Hand darstellt
(52–60), spricht Cicero ab Cato aus eigener Textkenntnis; Lucius Licinius Crassus und Marcus Antonius Orator, die beiden Protagonisten von De oratore, werden ausführlich verglichen (139ff.). Nach
einem Exkurs über die Bedeutung des Publikumsurteils (183–200) und der Behandlung der Redner
um Hortensius (201–283) weist Cicero die Vorwürfe des Attizismus zurück (284–300). Das Werk gipfelt in einem nicht eben bescheidenen Vergleich zwischen den Redekünsten des Hortensius und Ciceros
selbst (301–328). Hauptabsicht Ciceros ist weniger
eine Literaturgeschichte, schon gar nicht im heutigen Sinne, als eine Verteidigung gegen die Vorwürfe der Attizisten, zu denen auch Brutus zählte. Über
ihn schreibt er, sein reicher Stil sei ein Zeichen des
Asianismus.
WERKE
und Asianisten, die eine kunstvoll gehobene Sprache vertraten, fordert Cicero, dass der beste Redner
wie Demosthenes alle Stilebenen beherrschen und
sie je nach dem Thema der Rede, ja sogar innerhalb
der Rede wechselnd anwenden muss. Dazu bedarf
er umfassender, v. a. philosophischer Bildung. Nur
so kann er die drei Aufgaben des Redners: probare, delectare, flectere („beweisen, erfreuen, beugen“)
erfüllen, denen Cicero die genau geschilderten drei
Stilarten zuordnet (76–99). – Im Hauptteil behandelt Cicero die klassischen Arbeitsstadien des Redners, geht aber seinem Thema entsprechend auf die
Auffindung (inventio, 44–49) und die Anordnung
(dispositio, 50) des Redestoffes nur kurz ein, befasst
sich jedoch ausführlich mit dem Stil (elocutio, 51–
236), insbesondere mit Rhetorischen Figuren und
Satzbau inklusive Prosarhythmus.
• Topica („Topik, Beweislehre“). Juli 44 v. Chr.
• De optimo genere oratorum („Über die beste Art von
Rednern“): Diese vielleicht um 46 v. Chr., nach anderen Einschätzungen schon in den 50er Jahren v.
Chr. entstandene kurze Schrift ist eine Einleitung
zur Übersetzung der Reden von Demosthenes und
Aischines für und gegen Ktesiphon. Die Einleitung
greift v. a. die römischen Attizisten an, ziemlich mit
denselben Argumenten wie im Orator. Die Übersetzung selbst ist nicht überliefert, zudem ist unklar, ob Cicero sie überhaupt je ausgeführt hat. Die
Echtheit der Schrift ist bereits in der Antike von
Asconius Pedianus und weiter in der Neuzeit bezweifelt worden.[31]
2.4 Weitere Schriften
Zu Ciceros weiteren Werken zählen eine Trostschrift,
Beiträge zur Geschichtsschreibung, Dichtungen (etwa
über sein eigenes Konsulat) sowie Übersetzungen. Diese Arbeiten sind großenteils verloren. Aus den Gedichten
sind uns einige Zitate in anderen Werken Ciceros überliefert. Diese Fragmente weisen Cicero jedoch bereits als
einen der bedeutendsten – ja vielleicht den bedeutendsten – lateinischen Dichter vor Catull und den anderen
Neoterikern aus. Von den Übersetzungen sind große Stücke einer Übertragung von Platons Timaios erhalten, die
Cicero vermutlich nie veröffentlicht, sondern nur als Arbeitsübersetzung angefertigt hat. Außerdem besitzen wir
die meist als Aratea des Cicero zitierten Bruchstücke einer Nachdichtung der Himmelserscheinungen des hellenistischen Dichters Aratos von Soloi, der einer der ein• Orator („Der Redner“) – nicht zu verwechseln mit flussreichsten Autoren seiner Zeit war.
dem fast gleichnamigen De oratore. Das im Sommer 46 v. Chr. entstandene Buch ist an Brutus gerichtet und entwirft ein Idealbild des vollkomme- 2.5 Briefe
nen Redners. Entgegen dem damaligen Streit zwischen Attizisten, die – wie Brutus – vom Redner eine Die Briefe Ciceros wurden 1345 bzw. 1389 von Petrarca
möglichst schlichte und exakte Sprache forderten, und dem Florentinischen Staatskanzler und Förderer des
3.1
Antike
Humanismus Coluccio Salutati wiederentdeckt. Insgesamt wurden über 900 Briefe gefunden, was anfänglich
Begeisterung auslöste, die in Enttäuschung umschlug, da
Cicero in ihnen nicht immer dem Ideal eines Verteidigers
der Republik entsprach, als den er sich in seinen Reden
und politischen Schriften darstellte.
9
eifriger Leser der Tusculanischen Gespräche und ging in
seiner Kunsttheorie nicht nur von den Griechen, sondern
auch von Cicero aus.
Die Geschichtsschreiber hingegen konnten Cicero wegen
seiner historischen Bedeutung nicht einfach übergehen.
Cornelius Nepos, dessen Cicero-Biographie nicht erhalDie Briefe wurden von Ciceros Sekretär Tiro 48–43 ten ist, hob seine Fähigkeit hervor, politische Entwicklunv.Chr. gesammelt und archiviert. Man zählt 4 Kategori- gen vorauszusehen. Livius äußerte sich anerkennend, aber
en:
distanziert und übte auch deutlich Kritik; er meinte, Cicero habe von allem Unglück, das ihm widerfuhr, nur den
• Briefe an Familienmitglieder und Freunde (epistulae Tod würdig ertragen. Der Politiker und Geschichtsschreiber Asinius Pollio, der ein Anhänger Caesars und des Anad familiares)
tonius gewesen war, verfasste eine Darstellung der zeitge• Briefe an den Bruder Quintus Tullius Cicero (epis- nössischen Bürgerkriege, von der nur wenige Fragmente
tulae ad Quintum fratrem)
erhalten sind; darin ließ er Cicero in ungünstigem Licht
erscheinen. Er warf ihm Mangel an Mäßigung in Erfolgs• Briefe an Marcus Iunius Brutus (epistulae ad M. zeiten und an Tapferkeit im Unglück vor und meinte, CiBrutum)
cero habe als Anwalt üble Menschen vor Bestrafung bewahrt und sie sich dadurch verpflichtet. Sein Sohn Gaius
• Briefe an Atticus (epistulae ad Atticum)
Asinius Gallus wagte es sogar, Ciceros schriftstellerische
Leistung, die auch politische Gegner anzuerkennen pflegten, herabzusetzen; er stellte seinen Vater über Cicero.
3
Rezeption
Andererseits förderte Octavian Ciceros Sohn Marcus,
mit dem er 30 v. Chr. das Konsulat bekleidete. Als der Senat die damnatio memoriae von Ciceros Hauptfeind Antonius beschloss, übernahm Marcus als Konsul die Ausführung; er ließ die Antonius-Statuen zerstören und konnte so für den Tod seines Vaters Rache nehmen. Indem Octavian dies billigte, distanzierte er sich indirekt von dem
Mord an Cicero, dem er damals zugestimmt hatte, und
vermittelte der Öffentlichkeit den Eindruck, dass diese
Tat nur Antonius anzulasten sei.
Die Nachwirkung Ciceros durch zwei Jahrtausende
schwankte stark in ihrer Intensität. Sie betraf unterschiedliche Bereiche seiner Tätigkeit. Am wichtigsten
war seine Rolle als Lehrmeister der Rhetorik und als
stilistisches Vorbild, das die Norm einer „klassischen“
lateinischen Sprache setzt und deren Wortschatz festlegt.
Folgenreich war auch seine Vermittlung griechischer Philosophie an die lateinischsprachige Welt, wofür er geeignete sprachliche Ausdrucksmittel schuf. Viel Beachtung
fand ferner seine Leistung als Staatsmann, die kontrovers Das andauernde Interesse an Cicero führte zur Veröffentlichung seiner Korrespondenz, die ihn teilweise in unvorbeurteilt wurde.
teilhaftem Licht zeigte; Seneca († 65) hat sie bereits geDie Breitenwirkung der philosophischen Schriften Cicekannt.
ros ergab sich durch ihre didaktische Ausrichtung. Geschätzt wurde und wird seine Fähigkeit, komplexe Fra- Nach dem Tod des Augustus wurde es wieder möglich,
gen übersichtlich zu erläutern und über verschiedene Lö- vorbehaltlos Bewunderung auch für die politische Leissungsversuche allgemeinverständlich zu informieren, oh- tung Ciceros zu äußern. Dies tat der Geschichtsschreiber Velleius Paterculus, der als begeisterter Anhänger
ne dem Leser eine bestimmte Lösung aufzudrängen.
des Kaisertums nicht im Verdacht republikanischer Gesinnung stand. Er folgte der schon von Livius vorgege3.1 Antike
benen Linie, für Ciceros Tod ausschließlich Antonius
verantwortlich zu machen, und vertuschte den GegenDa Cicero ein politischer Gegner vor allem des Antoni- satz zwischen Ciceros republikanischer Gesinnung und
us, aber zeitweise auch Octavians gewesen war, gehörte dem monarchischen Prinzip, das dem Kaisertum zugruner in den Jahren nach seinem Tod zu den Personen, die in de lag. Einen Verteidiger fand Cicero sogar in der Kaiden herrschenden Kreisen in schlechtem Ruf standen. Als serfamilie: Zu den nicht erhaltenen Werken des KaiOctavian den Prinzipat einführte und als Kaiser Augustus sers Claudius gehörte eine Entgegnung auf die Ciceroherrschte (27 v. Chr. – 14 n. Chr.), wurde Cicero als eine Kritik des Asinius Gallus. Asconius Pedianus schrieb eider führenden Persönlichkeiten der besiegten Republika- nen Kommentar zu Reden Ciceros, der teilweise erhalten
ner in der Öffentlichkeit gewöhnlich mit Stillschweigen ist.
übergangen; ihn zu loben hätte als Zeichen oppositionelIm späten ersten Jahrhundert war nach dem Verblassen
ler Gesinnung gedeutet werden können. Die großen Dichdes politischen Gegensatzes zwischen republikanischer
ter des augusteischen Zeitalters – Horaz, Vergil, Ovid,
und monarchischer Gesinnung das Verhältnis kulturell
Properz, Tibull – erwähnten seinen Namen nicht; Horaz
maßgeblicher Kreise zu Cicero bereits völlig unbefangen.
wagte höchstens undeutliche Anspielungen, war aber ein
10
Plinius der Ältere meinte, Ciceros De officiis solle täglich
gelesen, ja geradezu auswendig gelernt werden, und begeisterte sich auch für seine Leistungen als Staatsmann
und als „Vater der Beredsamkeit“.[32] Sein jüngerer Zeitgenosse Quintilian, ein führender Lehrer der Rhetorik,
war der Ansicht, Cicero sei jedem griechischen Redner
ebenbürtig, und erhob seinen Stil zur Norm. Er meinte, Cicero habe, indem er die Griechen nachahmte, „die
Kraft des Demosthenes, die Fülle Platons und die Anmut des Isokrates“ in seinen rhetorischen Leistungen vereint. Er sei mit Recht von seinen Zeitgenossen ein „König vor Gericht“ genannt worden, und für die Nachwelt
stehe der Name Cicero nicht mehr nur für eine Person,
sondern für die Beredsamkeit schlechthin. Quintilian erneuerte auch das Rednerideal Ciceros, wonach es primär
nicht auf technische Fertigkeiten ankommt, sondern auf
die Bildung als Voraussetzung für wahre Redekunst; der
vollkommene Redner (perfectus orator) ist zugleich Philosoph, er vereint Beredsamkeit mit Weisheit.
Durch Quintilians Urteil, das Eingang ins antike Schulwesen fand, wurde Cicero das maßgebliche stilistische
Vorbild für klassische lateinische Prosa. Eine betonte,
oft ausschließliche Vorliebe für ihn, für die sich in der
Neuzeit die Bezeichnung „Ciceronianismus“ einbürgerte, ist seit Quintilian ein Kernelement des lateinischen
Klassizismus. Da Cicero zwar griechische philosophische
Ideen in lateinischer Sprache verbreitet hat, aber sein Name nicht mit einer bestimmten von ihm selbst stammenden Idee oder Lehre verbunden ist, beziehen sich Begriffe wie „Ciceronianer“ und „Ciceronianismus“ nur auf die
literarische Übernahme seines Stils, seines Wortschatzes
und seiner Theorie der Rhetorik. Manchmal ist zusätzlich
eine Vorliebe für die von Cicero bevorzugten Literaturgattungen gemeint. Die oft ebenfalls vorhandene Übereinstimmung mit seinen politischen oder philosophischen
Ansichten gehört aber nicht unbedingt zu den Merkmalen
des Ciceronianismus.
Zu einem ebenfalls sehr positiven, aber differenzierteren
Urteil gelangte Tacitus in seinem Dialog über die Redner,
worin er den Verfall der Redekunst beklagte. Er sah in Cicero den eigentlichen Schöpfer der römischen Rhetorik,
unterschied dabei aber zwischen Jugendwerken, die noch
weitschweifig gewesen seien und zu langsam dem Ziel zugestrebt seien, und den vorbildlichen Meisterleistungen
der reifen Zeit. Ein Bewunderer und Nachahmer dieses
„besten Musters“ war auch Tacitus’ Freund Plinius der
Jüngere. Der griechische Geschichtsschreiber Plutarch
verfasste die älteste Cicero-Biographie, die erhalten geblieben ist, im Rahmen seiner parallelen Lebensbeschreibungen jeweils eines Griechen und eines Römers, wobei
er Cicero und Demosthenes, aus damaliger Sicht die beiden jeweils bedeutendsten Redner der beiden Völker, einander vergleichend gegenüberstellte.
Um die Mitte des 2. Jahrhunderts war Marcus Cornelius
Fronto der führende Lehrer der Beredsamkeit. Er gründete eine nachhaltig einflussreiche Rednerschule und galt als
der Cicero seiner Zeit,[33] was das höchstmögliche Lob
3 REZEPTION
bedeutete. Auch er sah in Cicero das große Vorbild der
Redekunst – und ebenso des Briefstils –, obwohl er eigentlich die altertümliche Ausdrucksweise Catos des Älteren und Sallusts der „Üppigkeit“ Ciceros vorzog.
Im 3. Jahrhundert stellte der Geschichtsschreiber Cassius
Dio in seiner Darstellung der spätrepublikanischen Zeit
Ciceros Schwächen heraus. Er gab sehr ausführlich eine fiktive polemische Rede eines Cicero-Gegners wieder, doch ohne sich damit zu identifizieren. Außerdem
ließ er durchblicken, dass Cicero sich unwürdig verhalten habe, indem er unphilosophische Angst und Schwäche zeigte.[34]
Auch in der Spätantike blieb Ciceros Sprache der normsetzende Vergleichsmaßstab. Quintus Aurelius Symmachus wurde als bedeutendster lateinischsprachiger Redner seiner Epoche gepriesen, indem man ihn mit Cicero verglich.[35] Einen bedeutenden, jahrhundertelang
nachwirkenden Beitrag zur Cicero-Rezeption leistete
Macrobius mit seinem Kommentar zum Somnium Scipionis, der im Mittelalter eifrig gelesen wurde. In diesem
Werk erscheint Cicero als Platoniker, sein Text wird im
Sinne einer neuplatonischen Kosmologie und Seelenlehre
gedeutet.
Ein intensives, aber teils zwiespältiges Verhältnis
zu Cicero hatten die gebildeten lateinischsprachigen
Kirchenväter der Spätantike. Bei ihnen galt das Interesse
nicht wie früher in erster Linie dem Politiker und
Redner Cicero, sondern hauptsächlich dem Philosophen.
Der Kirchenvater Laktanz war Rhetoriklehrer und von
Ciceros Stil stark beeinflusst. Er meinte, Cicero habe
philosophisch so viel erkannt, wie man mit der Vernunft
ohne göttliche Offenbarung erkennen könne; er habe
zwar Falsches widerlegt, aber zur positiven Wahrheit
mangels Kenntnis der christlichen Glaubenslehre keinen
Zugang gehabt. In der Spätantike wurde Laktanz mit Cicero verglichen, im Renaissance-Humanismus wurde er
wegen seiner Leistungen als Stilist „der christliche Cicero“ genannt. Auch Augustinus studierte in seiner Jugend
Rhetorik. Er war von Cicero tief beeindruckt, besonders
von dessen damals populärem Dialog Hortensius, einer
Aufforderung zur Philosophie. Die Lektüre des Hortensius brachte ihn zur religiösen Philosophie und damit
auf einen Weg, der ihn schließlich zur Bekehrung zum
Christentum führte. Als Christ behielt Augustinus seine
hohe Wertschätzung für Cicero, den er nun als Vorläufer
des Christentums auffasste. Ein weit problematischeres
Verhältnis zu Cicero hatte der gelehrte Kirchenvater
Hieronymus, der seine literarische Ausbildung in Rom
erhalten hatte. Er erlebte im Fieber eine beängstigende
Traumvision, worin er vor dem Richterstuhl Gottes stand
und beschuldigt wurde, kein Christ zu sein, sondern
ein Ciceronianer (Ciceronianus es, non Christianus).[36]
Darauf versprach Hieronymus, sich von den Büchern
Ciceros zu trennen, um Gottes Gnade zu erlangen, doch
kannte er Texte aus diesen Werken bereits auswendig
und musste bekennen, dass er das bereits erworbene
Wissen nicht aus seinem Gedächtnis tilgen konnte.
3.3
Frührenaissance
Dies brachte ihn in schwere Gewissensnot, da er die
Beschäftigung mit solchem Schrifttum als sündhaft
betrachtete. Dennoch waren alle seine Werke, auch die
späteren, vom Einfluss Ciceros geprägt.
11
die mit Ciceros Hauptanliegen, der Bildung, wenig zu tun
haben.[39] Seine rhetorischen Regeln wurden auch auf die
Predigttechnik angewendet. In der bildenden Kunst stellte man ihn als Verkörperung der Rhetorik dar.
Im 6. Jahrhundert schrieb Boëthius einen Kommentar zu Als im 13. Jahrhundert in Italien der Vorhumanismus
Ciceros Topica.
(Prähumanismus) einsetzte, nahm das Interesse an Cicero in literarisch orientierten Kreisen zu. Auch bei den
scholastischen Gelehrten, sogar den Theologen, stand
er in hohem Ansehen. Der Kirchenlehrer Thomas von
3.2 Mittelalter
Aquin berief sich oft auf ihn und widersprach seinen AnDie von Hieronymus eingeleitete negative Bewertung sichten fast nie. Auch Dante zitierte ihn häufig und erder Cicero-Studien erreichte einen Höhepunkt mit Papst zählte, dass der Dialog Über die Freundschaft ihn stark
und ihm den Weg zur Philosophie gezeigt
Gregor dem Großen, der von 590 bis 604 amtierte. Er be- beeindruckt
[40]
hatte.
Seine
Verwendung der italienischen Volksspraklagte, dass die Freude an Ciceros Stil junge Menschen
che
(volgare)
in
literarischen Werken rechtfertigte er unvon der Bibellektüre abhalte, und meinte daher, dass die
ter
Berufung
auf
Cicero.
Werke des heidnischen Redners vernichtet werden sollten. In der Folgezeit ging die Beschäftigung mit Cicero
stark zurück und verharrte lange auf niedrigem Niveau.
Die Unkenntnis war so groß, dass sogar die Meinung vertreten wurde, Cicero und Tullius seien zwei verschiedene
Personen.
Im Byzantinischen Reich war Cicero eine der bekanntesten Figuren des antiken Rom; man kannte ihn vor allem
aus der Cicero-Biographie Plutarchs, die den lateinischsprachigen Gelehrten des Westens nicht zur Verfügung
stand. Im Spätmittelalter übersetzte Maximos Planudes
samt dem Kommentar des MacroErst in der Zeit der Karolinger erwachte das Interesse das Somnium Scipionis
[41]
bius
ins
Griechische.
an ihm bei einzelnen Gelehrten wie Alkuin und Servatus
Lupus von Ferrières, später auch bei Papst Silvester II.
(Gerbert von Aurillac, † 1003), der sich besonders mit
3.3 Frührenaissance
den Reden befasste und ihren Stil nachahmte.[37] Ab dem
11. Jahrhundert nahm die Rezeption deutlich zu; beson- Mit dem Einsetzen der Renaissance erhielt Cicero wieder
ders De officiis fand Anklang, da dieses Werk Themen die Autorität des unumstrittenen stilistischen Vorbilds
behandelt, die auch für die christliche Morallehre wichauf dem Gebiet der lateinischen Prosa. Bei der Wiedertig waren. Verbreitet war die Redewendung von der „tul- anknüpfung an ihn im italienischen Humanismus spiellianischen Beredsamkeit“, auf die man etwa zurückgriff,
te Francesco Petrarca eine zentrale, bahnbrechende Rolum zu betonen, eine Meinung stehe so fest, dass sie nicht le. Er entdeckte im Jahr 1345 in der Dombibliothek von
einmal mit Ciceros Überzeugungskraft erschüttert werVerona eine Handschrift, die Hunderte von verschollenen
den könnte. Beliebt war auch der schon in der Spätanti- Briefen Ciceros enthielt. Dieser Fund erschloss den Huke verwendete Topos, etwas sei so unbeschreiblich, dass
manisten einen neuen, direkten Zugang zur Persönlichselbst Cicero (Tullius) verstummen würde. Man pflegte keit und politischen Rolle des römischen Staatsmanns.
ihn „Tullius“ zu nennen. Einige seiner Werke gehörten Nachdem man sich in den vorhergehenden Jahrhunderten
zur Schullektüre.[38] Er wurde aber mehr gelobt als tat- auf literarische und philosophische Aspekte seines Werks
sächlich verstanden und nachgeahmt. Oft schöpfte man konzentriert hatte, zeigten ihn die neu entdeckten Briefe
das Wissen über ihn nicht aus seinen eigenen Werken, als Menschen mit menschlichen Schwächen, als Freund
sondern aus denen der Kirchenväter, die sich mit ihm aus- und Familienvater. Nun wurde Cicero zunehmend auch
einandergesetzt hatten. Sehr wenig bekannt waren seine für die Kunst des Briefschreibens der Lehrmeister der
Briefe.
Humanisten, und der Brief als Kunstform breitete sich
Die Aufmerksamkeit der Gebildeten richtete sich besonders auf seine Dialoge Über das Alter (Cato de senectute) und Über die Freundschaft (Laelius de amicitia), auf
De officiis sowie auf das von Macrobius kommentierte Somnium Scipionis, dessen Jenseitsthematik die mittelalterlichen Christen interessierte. Im 12. Jahrhundert
verfasste der Zisterzienserabt Aelred von Rievaulx eine
Schrift Über die geistliche Freundschaft als christliches
Gegenstück zum Dialog Laelius de amicitia, mit dem er
sich auseinandersetzte. Im Rhetorikunterricht verwendete man hauptsächlich Ciceros Jugendwerk De inventione, von dem er sich später selbst distanziert hatte, und
das ihm irrtümlich zugeschriebene Lehrbuch Rhetorica
ad Herennium – beides Schriften technischen Charakters,
aus. Petrarca, der auch zwei Reden Ciceros wiederentdeckte, trat sogar in einen literarischen Dialog mit ihm; er
schrieb ihm 1345 zwei fiktive Briefe, worin er ihm überschwänglich dafür dankte, den Humanisten „das Wenige an Eleganz und Kunst der Darstellung“, das sie (im
Vergleich mit ihrem antiken Vorbild) besaßen, vermittelt zu haben. Zugleich äußerte er aber auch Enttäuschung
über manche aus den Briefen ersichtliche Verhaltensweisen Ciceros, die er missbilligte.[42] Für Humanisten wie
Giovanni Boccaccio und Coluccio Salutati bedeutete es
höchstes Lob, dass man ihren Stil mit dem Ciceros verglich. Salutati wurde von einem Zeitgenossen als „Affe
Ciceros“ bezeichnet, was dem Zusammenhang nach als
Kompliment gemeint war. 1392 entdeckte Salutati in Ve-
12
3 REZEPTION
rona weitere Briefe Ciceros, Poggio Bracciolini fand in
Klosterbibliotheken verschollene Reden. Leonardo Bruni
verfasste 1415 eine Cicero-Biographie, den Cicero novus,
worin er besonders hervorhob, Cicero sei die Vereinigung
des aktiven, politischen mit dem beschaulichen, zurückgezogenen Leben geglückt. Die Frage des Verhältnisses
zwischen diesen beiden Lebensweisen, der vita activa und
der vita contemplativa, bei Cicero war schon im Mittelalter thematisiert worden (bis zum 13. Jahrhundert galt er
als Kronzeuge für den Vorrang eines beschaulichen Lebens), und die Renaissance-Humanisten setzten die Erörterung fort.
Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren De inventione und das Cicero fälschlich zugeschriebene Lehrbuch Auctor ad Herennium auch in italienischen Fassungen verbreitet.[43]
Auf Ciceros Begriff humanitas ging die Bezeichnung
studia humanitatis für das humanistische Bildungsprogramm zurück. Das Ziel war, philosophische Bildung
mit sprachlicher Meisterschaft zu verbinden. Der Ausgangspunkt für dieses Konzept war Ciceros Feststellung
in De inventione, dass Weisheit (sapientia) ohne rhetorische Überzeugungskraft (eloquentia, Beredsamkeit) dem
Staat kaum nütze und Beredsamkeit ohne Weisheit ihm
sogar schweren Schaden zufügen könne und niemals Nutzen bringe. Nur die Verbindung beider sei hilfreich. Der
Unterricht im Sinne dieses Programms sollte nach huma- Früher Druck von Ciceros Epistulae ad familiares (Venedig
nistischer Auffassung früh beginnen; der berühmte Ge- 1547) mit humanistischen Kommentaren
lehrte und Pädagoge Guarino da Verona meinte überspitzt, man solle Ciceros Schriften den Kindern bereits
mit der Muttermilch verabreichen.[44]
Erasmus von Rotterdam († 1536) teilte die allgemeine
Radikale „Ciceronianer“ wie Gasparino Barzizza, Guari- Cicero-Begeisterung der Humanisten, kritisierte aber die
no da Verona, Paolo Cortesi und Ermolao Barbaro woll- verbreitete Vorstellung, man habe unter allen römischen
ten keinerlei Abweichungen vom klassischen Latein Ci- Schriftstellern nur diesen einen als stilistische Autorität
ceros dulden. Andere Humanisten wie Petrarca, Angelo zu akzeptieren und nachzuahmen. In seiner 1528 erschiePoliziano, Leonardo Bruni und Gianfrancesco Pico della nenen Schrift Ciceronianus oder Über die beste Art des
Mirandola traten für ein freieres Verhältnis zum Vorbild Redens distanzierte er sich von einer aus seiner Sicht sklaein. Sie meinten, man solle nicht so schreiben, wie Cicero vischen, pedantischen Imitation des Meisters. Er meinte,
es tat, sondern so, wie er es unter den Bedingungen der man solle sich zum Vorbild nicht wie ein Affe verhalten,
Gegenwart täte; es sei besser, seinen Geist nachzuahmen, sondern wie ein Sohn. Die ciceronianische Position hatte
als sich an stilistische Äußerlichkeiten zu klammern. Die Paolo Cortesi drastisch formuliert: er wolle lieber Ciceros
Meinungsverschiedenheiten wurden in heftigen Debatten Sohn sein als sein Affe, aber lieber Ciceros Affe als anausgetragen.[45]
derer Autoren Sohn.[46] Erasmus argumentierte, es gebe
Aufsehen erregte Lorenzo Valla mit seiner bewusst pro- gar keinen einheitlichen Stil Ciceros, sondern sein Werk
vozierenden Behauptung, Quintilian sei Cicero als Meis- sei gerade durch seine Variationsbreite und Anpassung
an das jeweils Angemessene vorbildlich. Andererseits beter der Redekunst überlegen.
wunderte Erasmus aber auch die bedeutenden Ciceronianer unter seinen Zeitgenossen, unter denen der Kardinal
Pietro Bembo (1470–1547) herausragte. Bembo betonte,
3.4 Frühe Neuzeit
man könne sich die lateinische Sprache nur durch Nachahmung aneignen, und wenn man nachahme, solle man
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der an Cice- den Besten nachahmen. Die Debatte über das angemesros Humanitas-Begriff anknüpfende Ausdruck humanista sene Verhältnis zum Vorbild Cicero dauerte bis ins 18.
(Humanist) gebräuchlich, zunächst als Berufsbezeich- Jahrhundert an. Ein wichtiges Werkzeug der Ciceronianung für Inhaber von Lehrstühlen humanistischer Fächer, ner war der von Mario Nizolio geschaffene Thesaurus Ciab dem 16. Jahrhundert auch allgemein als Selbstbezeich- ceronianus, ein Wörterbuch zu Ciceros Sprachgebrauch
nung humanistisch Gebildeter.
mit Belegen und Erläuterungen.
3.4
Frühe Neuzeit
13
Vincenzo Foppa: Der junge Cicero beim Lesen, Fresko etwa aus
dem Jahr 1464, heute Wallace Collection, London
Während der strenge Ciceronianismus im späten 16. und
frühen 17. Jahrhundert in der Gelehrtenwelt an Anziehungskraft verlor, setzte er sich im schulischen Bereich
völlig durch, vor allem im jesuitischen Schulwesen. Dabei lautete das schon von Bembo dargelegte Hauptargument der Ciceronianer, es gebe in der Entwicklung einer
Sprache einen Moment höchster Perfektion, der als Optimum festzuhalten sei und dem daher Vorbildcharakter
zukomme. Die so angestrebte Optimierung hatte aber ihren Preis: Das Lateinische, das im Mittelalter – besonders in der Epoche der Scholastik – noch sehr flexibel,
entwicklungsfähig und insofern „lebendig“ gewesen war,
wurde erst durch den strengen Ciceronianismus der konservativen Humanisten zu einer fixierten „toten“ Sprache.
Die verbindliche Begrenzung auf den klassischen Stil und
Wortschatz Ciceros bedeutete eine Erstarrung, die Weiterentwicklung ausschloss.
Büste Ciceros, aus Florenz (17. Jahrhundert), heute in Schloss
Vaux-le-Vicomte, Frankreich
cero weniger um seiner selbst willen als vielmehr um seine Redekunst für eigene Zwecke nutzbar zu machen. Dies
änderte sich auch im 18. Jahrhundert kaum, zumal damals die Wertschätzung in erster Linie der griechischen
In Frankreich war die Cicero-Rezeption zwar nicht so Antike galt.
stark wie in Italien, aber auch dort setzte sich das huma- Unter den Aufklärern trat vor allem Voltaire als Vernistische Bildungsideal durch, zu dem die Fähigkeit ge- ehrer Ciceros hervor. Er schätzte ihn als Gegner des
hörte, sich im Stil Ciceros elegant lateinisch auszudrü- Despotismus und hielt seine philosophischen Leistuncken. In diesem Sinne äußerte sich u. a. François Ra- gen für denen der griechischen Philosophen gleichwertig.
belais. Die Kritik des Erasmus am Ciceronianismus stieß Voltaire schrieb ein Theaterstück Catilina oder Das geretauf heftige Ablehnung, u. a. bei Julius Caesar Scaliger tete Rom. Er machte darin Cicero zum Helden und spielte
und Étienne Dolet. Eine Ausnahme von der meist vorbe- selbst im Jahr 1751 bei Aufführungen auf Privatbühnen
haltlosen Bewunderung Ciceros bildete das differenzierte dessen Rolle.[47]
Urteil Michel de Montaignes, der vor Kritik nicht zurück- In Nordamerika war in den britischen Kolonien, als sich
schreckte. Montaigne warf dem römischen Staatsmann im 18. Jahrhundert die Loslösung von Großbritannien
Eitelkeit und Ruhmsucht vor und meinte, er sei ein guter und die Gründung der USA anbahnte, die Berufung auf
Bürger gewesen, aber von weichem Charakter. Die phi- die republikanische Tradition der Antike in den fühlosophischen Werke, besonders diejenigen über morali- renden Kreisen der Unabhängigkeitsbewegung sehr posche Themen, kritisierte er als zu wortreich, weitschwei- pulär. In unzähligen Reden und Schriften nahm man
fig, substanzarm und daher langweilig. Es fehle an durch- auf die römischen „Patrioten“ Cicero und Brutus als
schlagender Beweisführung, und der Kern eines Problems Kämpfer gegen die Tyrannei Bezug. John Adams, der zu
werde eher umgangen als geklärt.
den Gründervätern des neuen Staates gehörte und zweiIm deutschsprachigen Raum war der Einfluss Ciceros in
den evangelischen Gebieten relativ schwach, obwohl er
auch hier Schulautor war und Luther seine philosophischen Schriften zur Lektüre empfohlen hatte. Man las Ci-
ter Präsident der USA wurde, war der Meinung, dass
im gesamten Verlauf der Weltgeschichte niemand Cicero hinsichtlich der Vereinigung der Fähigkeiten eines
Staatsmanns und eines Philosophen übertroffen habe.
14
3 REZEPTION
Er sah in ihm das klassische Vorbild bürgerlicher Tugend. Auch andere Gründerväter wie Thomas Jefferson
und John Dickinson und Publizisten wie Josiah Quincy II und James Otis verehrten Cicero und stützten sich
in ihrer Polemik gegen die Monarchie und beim Eintreten für das Naturrecht auf seine Gedanken. Jefferson las ihn im Original und zitierte ihn gern. Er betonte seine außerordentliche Wertschätzung für die philosophische Haltung, patriotische Gesinnung und Beredsamkeit des römischen Staatsmannes, tadelte ihn aber wegen
Weitschweifigkeit.[48]
3.5
Moderne
Die Französische Revolution, deren Wortführer sich
gern auf altrömische republikanische Tugenden beriefen, führte zu einer Steigerung der traditionellen CiceroBewunderung und gab ihr zugleich eine neue Ausrichtung. Nun galt der berühmte Redner zusammen mit dem
jüngeren Cato und Brutus, den bekanntesten Gegnern
Caesars, als Vorkämpfer der Freiheit und der republikanischen Verfassung gegen die Despotie. In diesem Sinne wurde auch sein Auftreten gegen Catilina gewürdigt.
Auch in formaler Hinsicht blieb er das große Vorbild; die
führenden Revolutionäre, die als Redner glänzen wollten, pflegten ihre Ansprachen nach seinem Muster zu
formen. Sie schätzten seine Fähigkeit, mit den Mitteln
der Rhetorik einen gestaltenden Einfluss auf die Politik
zu gewinnen. In ihren Reden wimmelte es von Vergleichen zwischen den aktuellen Verhältnissen und denjenigen der Epoche Ciceros sowie von einschlägigen Anspielungen, wobei die Kenntnis der Klassikertexte vorausgesetzt wurde. Der Girondist Pierre Vergniaud wurde „Cicero“ genannt.[49]
Cesare Maccari: Cicero klagt Catilina an. Historisierendes Fresko
in der Villa Madama in Rom, 1888
Der englische Philosoph und Ökonom John Stuart Mill
sah Ciceros Art, sich auf Prozesse vorzubereiten, als vorbildlich an. Er schrieb in „On Liberty“, jeder müsse genau
wie Cicero die Meinung des anderen studieren, sonst könne man sich keine eigene Meinung bilden. Außerdem bezeichnet er ihn als zweitbesten Redner des Altertums.[50]
Ganz anders entwickelte sich das Cicerobild im 19.
Jahrhundert in Deutschland. Dort herrschte weit-
hin in der Altertumswissenschaft ebenso wie in der
Geschichtsphilosophie die Auffassung, der Sieg Caesars
und des monarchischen Prinzips sei eine unausweichliche
historische Notwendigkeit gewesen und der Widerstand
der Republikaner dagegen sinnlos; Caesar habe das
Zeitgemäße und daher Richtige getan, Cicero habe dies
nicht erkennen können und daher scheitern müssen.
Ein besonders prominenter Vertreter dieser Ansicht
war Hegel. Der Historiker Wilhelm Drumann veröffentlichte 1834–1844 eine sechsbändige Geschichte des
Übergangs von der republikanischen zur monarchischen
Verfassung in Rom, ein Standardwerk, dessen sechster
Band ausschließlich Cicero gewidmet ist. In dieser sehr
gründlichen, aber einseitigen Untersuchung prangerte er
Ciceros Schwanken zwischen verschiedenen Parteirichtungen an und schilderte ihn als haltlosen Opportunisten.
Drumanns Sichtweise schloss sich später Theodor
Mommsen an, der noch schärfer formulierte und eine
vernichtende Kritik sowohl an der schriftstellerischen
und philosophischen Leistung Ciceros als auch an seiner
Politik übte. Er hielt ihn für „eine Journalistennatur im
schlechtesten Sinne des Wortes“, für einen Kompilator,
der mangels eigener Ideen nur fremde oberflächlich
wiedergab, der an Worten reich und an Gedanken
arm war. Im 1856 erschienenen dritten Band seiner
Römischen Geschichte schrieb er:
Marcus Cicero …, gewohnt bald mit den Demokraten, bald mit Pompeius, bald aus etwas
weiterer Ferne mit der Aristokratie zu liebäugeln und jedem einflussreichen Beklagten ohne Unterschied der Person oder Partei – auch
Catilina zählte er unter seinen Clienten – Advokatendienste zu leisten, eigentlich von keiner
Partei oder, was ziemlich dasselbe ist, von der
Partei der materiellen Interessen, … Als Staatsmann ohne Einsicht, Ansicht und Absicht, hat er
nach einander als Demokrat, als Aristokrat und
als Werkzeug der Monarchen figurirt und ist nie
mehr gewesen als ein kurzsichtiger Egoist.[51]
Mommsens Verdammungsurteil erregte großes Aufsehen
und erzielte eine starke Nachwirkung. Im frühen 20. Jahrhundert verbreitete sich seine Sichtweise auch durch die
einflussreiche populärwissenschaftliche Darstellung von
Theodor Birt. Auch außerhalb Deutschlands fand sie Anklang, doch distanzierten sich Zeitgenossen Mommsens
wie Gaston Boissier und die meisten späteren Historiker
davon; sie stuften Mommsens Wertung als einseitig und
allenfalls teilweise berechtigt ein. Der expressionistische
Schriftsteller Klabund attestierte ihm eine „schrankenlose Eitelkeit, der er alles, selbst die Wahrheit, opferte“
und fand seine Reden „zum Einschlafen langweilig“.[52]
Manche Gelehrte, darunter Tadeusz Stefan Zieliński und
Emanuele Ciaceri, strebten eine generelle „Rehabilitierung“ Ciceros an. Die Verteidiger Ciceros unterstellten
seinen modernen Verurteilern, sie hätten politische Gegensätze ihrer eigenen Epoche auf das antike Rom über-
4.3
Philosophische Schriften
tragen und seien so zu einer parteiischen Perspektive gelangt.
15
• Die Reden gegen Verres, lat.-dt. Hrsg., übers. und
erl. von Manfred Fuhrmann. Artemis und Winkler,
München 1995.
In den USA wirkte die Bewunderung der GründerväterGeneration für Cicero im 19. und 20. Jahrhundert nach.
•
Nach ihm wurden die 1857 gegründete Stadt Cicero in
Illinois sowie verschiedene Ortschaften benannt. Präsident Harry S. Truman (1945–1953) hielt ihn und
Demosthenes für die beiden überzeugendsten Redner der
Weltgeschichte; er las die Reden Ciceros im lateinischen 4.3
Original und übersetzte sie ins Englische.
•
In Europa führte der Zweite Weltkrieg wieder zu einem größeren Interesse an Cicero und dessen humanistischem Menschenbild.[53] So beschrieb ihn Friedrich
August von Hayek in seinem 1944 erschienenem Buch
„The Road to Serfdom“ als bedeutenden Vertreter der
individualistischen Philosophie[54] und Stefan Zweig verherrlichte ihn 1940 in einem Essay als ersten Anwalt der
Humanität und letzten Anwalt der römischen Freiheit.[55]
Werke Ciceros gehören noch heute zum Kern des gymnasialen Lateinunterrichts.
In historischen Romanen kommt Cicero häufig vor,
manchmal als Hauptfigur.[56] Taylor Caldwell schildert
sein Leben in dem Roman Eine Säule aus Erz (A Pillar of
Iron, 1965). In historischen Kriminalromanen von Steven
Saylor spielt er eine wichtige Rolle. Robert Harris stellt in
einer Roman-Trilogie Ciceros Leben aus der Perspektive
von dessen Vertrautem Tiro dar.[57]
4
Ausgaben und Übersetzungen
4.1
Gesamtausgaben
• M. Tulli Ciceronis opera quae supersunt omnia. Lat.
kritische Gesamtausgabe in Einzelbänden versch.
Hrsg. in versch. Auflagen. B. G. Teubner, Leipzig
bzw. Stuttgart (Bibliotheca Teubneriana).
• Works. Lat.-engl. Gesamtausgabe in Einzelbänden,
versch. Hrsg. in versch. Auflagen. Loeb, London/Cambridge, Mass. (Loeb Classical Library).
Die Prozessreden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von
Manfred Fuhrmann. 2 Bde. Artemis und Winkler,
München 1997.
Philosophische Schriften
Der Staat (De re publica), lat.-dt. Hrsg. und übers.
von Karl Büchner. 4. Aufl. Artemis und Winkler,
München/Zürich 1987.
• Hortensius, Lucullus, Academici libri, lat.-dt. Hrsg.
und übers. von Laila Straume-Zimmermann, F. Broemser und Olof Gigon. München/Zürich: Artemis
und Winkler 1990.
• Über die Ziele menschlichen Handelns (De finibus),
lat.-dt. Hrsg. und übers. von Olof Gigon. Artemis
und Winkler, München/Zürich 1988.
• Gespräche in Tusculum. Tusculanae disputationes.
Hrsg. von Olof Gigon. 7. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1998.
• Tusculanae disputationes. Hrsg.: Max Pohlenz, Bibliotheca Teubneriana, 1918.
• Vom Wesen der Götter (De natura deorum), lat.-dt.
Hrsg. und übers. von W. Gerlach und Karl Bayer. 3.
Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1990.
• Über das Fatum (De fato), lat.-dt. Hrsg. und übers.
von Karl Bayer. 3. Aufl., Artemis und Winkler,
München/Zürich 1980.
• Cato Maior. Laelius, lat.-dt. Hrsg. und übers. von
M. Faltner. Artemis und Winkler, München/Zürich
1988.
• Vom rechten Handeln (De officiis), lat.-dt. Hrsg.
und übers. von Karl Büchner. 3. Aufl., Artemis und
Winkler, München/Zürich 1987.
• De Officiis, lat. Hrsg. von M. Winterbottom, Oxford
Classical Texts, Oxford 1994
4.2
Reden
• De Finibus Bonorum et Malorum. lat. Hrsg, von L.
D. Reynolds, Oxford Classical Texts, Oxford 1998
• M. Tulli Ciceronis Orationes, lat. Kritisch hrsg. von
A. C. Clark und W. Peterson. 6 Bde., Oxford 1905–
1918 u.ö. (Bibliotheca Oxoniensis).
4.4
Rhetorische Schriften
• Sämtliche Reden. Eingeleitet, übers. und erl. von
Manfred Fuhrmann. Artemis, Zürich 1971 ff.
• De oratore – Über den Redner, lat.-dt. Hrsg. und
übers. von H. Merklin. Reclam, Stuttgart 1978 u.ö.
• Die politischen Reden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl.
von Manfred Fuhrmann. 3 Bde. Artemis und Winkler, München 1993.
• Brutus, lat.-dt. Hrsg. und übers. von Bernhard Kytzler. 4. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich
1990.
16
5 LITERATUR
• Orator, lat.-dt. Hrsg. und übers. von Bernhard Kytzler. 3. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich
1988.
• Rhetorica lat. Hrsg. von A.S. Wilkins, 2. Bde,
Oxford Classical Texts, Oxford 1963
4.5
Briefe
• Manfred Fuhrmann: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie. Artemis und Winkler, München/Zürich 1989; 4. Aufl. 1997, ISBN 3-76081919-2.
• Günter Gawlick und Woldemar Görler: Cicero. In:
Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike. Bd. 4/2: Die hellenistische Philosophie. Hrsg. von Hellmut Flashar. 2. Auflage, Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 991–1168.
• Epistulae ad familiares, lat. Hrsg. und kommentiert
von D. R. Shackleton Bailey. 2 Bde., Cambridge
University Press, Cambridge 1977.
• Matthias Gelzer: Cicero. Ein biographischer Versuch. Wiesbaden 1969.
• Epistulae ad familiares. Libri I-XVI, lat. Hrsg. von
D. R. Shackleton Bailey. Teubner, Stuttgart 1988.
• Marion Giebel: Marcus Tullius Cicero. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 2013, ISBN 978-3-499-507274.
• An seine Freunde (Ad familiares), lat.-dt. Hrsg. und
übers. von Helmut Kasten. 4. Aufl., Artemis und
Winkler, München/Zürich 1989.
• Woldemar Görler: Untersuchungen zu Ciceros Philosophie. Winter, Heidelberg 1974.
• Letters to Atticus (Ad Atticum), lat.-engl. Hrsg.,
übers. und kommentiert von D. R. Shackleton Bailey. 7 Bde., Cambridge 1965–1970.
• Atticus-Briefe (Ad Atticum), lat.-dt. Hrsg. und übers.
von Helmut Kasten. 4. Aufl., Artemis und Winkler,
München/Zürich 1990.
• Epistulae ad Quintum fratrem et M. Brutum, lat.
Hrsg. und kommentiert von D. R. Shackleton Bailey. Cambridge University Press, Cambridge 1980.
• An Bruder Quintus, An Brutus (Ad Quintum fratrem, Ad Brutum), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Helmut Kasten. Artemis und Winkler, München/Zürich
1965.
4.6
Anthologien
• Pierre Grimal: Cicero: Philosoph, Politiker, Rhetor.
List, München 1988.
• Christian Habicht: Cicero der Politiker. C.H. Beck,
München 1990.
• Emanuele Narducci: Cicero. Eine Einführung. Aus
dem Italienischen übersetzt von Achim Wurm, Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 3-15-018818-0.
• Francisco Pina Polo: Rom, das bin ich. Marcus Tullius Cicero. Ein Leben. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart
2010, ISBN 978-3-608-94645-1.
• Wolfgang Schuller: Cicero oder Der letzte Kampf um
die Republik. Eine Biographie, C. H. Beck, München
2013, ISBN 978-3-406-65178-6.
• Otto Seel: Cicero. Wort – Staat – Welt. 2. Auflage,
Ernst Klett, Stuttgart 1961.
• Marion Giebel (Hrsg.): Cicero zum Vergnügen. Reclam, Stuttgart 1997.
• Wilfried Stroh: Cicero. Redner, Staatsmann, Philosoph. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-40656240-2.
• Karl-Wilhelm Weeber (Hrsg.): Cicero für Juristen.
Insel, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-458-342427
• S. L. Uttschenko: Cicero. Übersetzung aus dem Russischen von Rosemarie Pattloch. VEB Deutscher
Verlag der Wissenschaften, Berlin 1978.
5
Literatur
5.1
Allgemeines
• Klaus Bringmann: Cicero. WBG/Primus, Darmstadt
2010, ISBN 978-3-89678-677-7.
• Anthony Everitt: Cicero – Ein turbulentes Leben.
Übers. v. Kurt Neff. DuMont, Köln 2003, ISBN 38321-7804-X
5.2 Reden
• Michael Alexander: The Case for the Prosecution in
the Ciceronian Era. Ann Arbor 2002.
• Stefan Bittner: Ciceros Rhetorik – Eine Bildungstheorie. Von der Redetechnik zur humanitären Eloquenz.
Frechen 1999.
• Alfons Bürge: Die Juristenkomik in Ciceros Rede Pro
Murena: Übersetzung und Kommentar. Zürich 1974.
17
• Shane Butler: The Hand of Cicero. London/New
York 2002.
6 Weblinks
Commons: Cicero – Sammlung von Bildern, Videos
• Christopher P. Craig: The role of rational argumenund
Audiodateien
tation in selected judicial speeches of Cicero. Michigan 1982.
• Richard Clare MacClintock: Cicero’s narrative technique in the judicial speeches. Ann Arbor 1975.
• Johannes Platschek: Studien zu Ciceros Rede für P.
Quinctius. München 2005.
• Literatur von und über Marcus Tullius Cicero im
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Druckschriften von und über Marcus Tullius Cicero
im VD 17
• Jonathan Powell, Jeremy Paterson (Hrsg.): Cicero
Quelle
the advocate. Oxford 2004.
• Wilfried Stroh: Taxis und Taktik. Die advokatische
Dispositionskunst in Ciceros Gerichtsreden. Stuttgart
1975.
5.3
Wirkung
• Plutarch: Κικέρων aus den Βίοι Παράλληλοι (Cicero aus den Parallelleben) Englische Übersetzung
von Plutarchs Biografie Ciceros bei LacusCurtius
Werke
Wikisource: Marcus Tullius Cicero – Quellen und
• Carl Becker: Cicero. B: Nachleben. In: Reallexikon
Volltexte
(Latein)
für Antike und Christentum. Band 3. Stuttgart 1957,
Sp. 90–127.
Wikisource: Cicero – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Cicero – Zitate
• Carl Joachim Classen: Cicerostudien in der Romania im 15. und 16. Jahrhundert. In: Gerhard Radke
(Hrsg): Cicero ein Mensch seiner Zeit. Berlin 1968,
• Verzeichnis von online verfügbaren Werken Ciceros
S. 198–245.
• Reinhold F. Glei u. a.: Cicero (Marcus Tullius Cicero). In: Christine Walde (Hrsg.): Die Rezeption
der antiken Literatur. Kulturhistorisches Werklexikon
(= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 7). Metzler,
Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02034-5,
Sp. 211–252.
• Helene Homeyer: Ciceros Tod im Urteil der Nachwelt. In: Das Altertum 17, 1971, S. 165–174.
• The Latin Library – Ciceros Werke
• Einige Werke (lat.) (Peter King)
• Einige Werke (lat., französisch)
• Werke von Marcus Tullius Cicero. Bei: Zeno.org.
• Werke von Marcus Tullius Cicero. In: Projekt
Gutenberg-DE.
• Peter Kesting: Cicero, Marcus Tullius. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Literatur
Auflage. Bd. 1, de Gruyter, Berlin 1978, ISBN 311-007264-5, Sp. 1274–1282 (Cicero im Mittelal• Edward Clayton: Cicero in der Internet Encyclopedia
ter).
of Philosophy
• Will Richter: Das Cicerobild der römischen Kaiser• Harald Thorsrud: Cicero’s Academic Skepticism in
zeit. In: Gerhard Radke (Hrsg): Cicero ein Mensch
der Internet Encyclopedia of Philosophy
seiner Zeit. Berlin 1968, S. 161–197.
• Walter Rüegg u. a.: Cicero in Mittelalter und Humanismus. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA).
Band 2, Artemis & Winkler, München/Zürich 1983,
ISBN 3-7608-8902-6, Sp. 2063–2077.
• Egon Gottwein: Biografie und Verzeichnis sämtlicher Werke
• Claudius Strube: Artikel „Cicero” im UTB-OnlineWörterbuch Philosophie
• Francesco Tateo u. a.: Ciceronianismus. In:
Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 2, Internationale Gesellschaft der Freunde Ciceros
Darmstadt 1994, Sp. 225–247.
• Bruno Weil: 2000 Jahre Cicero. Zürich 1962 (materialreiche, aber stark subjektiv geprägte Darstellung).
• tulliana.eu: Tulliana. Cicerone e il pensiero romano (Sito ufficiale della Società Internazionale degli
Amici di Cicerone)
18
7
7
Anmerkungen
[1] Francisco Pina Polo: Rom, das bin ich. Marcus Tullius
Cicero. Ein Leben, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2010, S.
30.
[2] Plutarch, Cicero 1
[3] Plutarch: Cicero 2,2
[4] Cicero: De lege Manilia 44.
[5] Die Rede in toga candida ist nur im Kommentar von
Asconius Pedianus erhalten.
[6] Gemeint ist die popularis levitas, vgl. Philippische Reden
5.49
[7] Conservare (er-, behalten) ist ein Wort, das Cicero sehr
oft verwendet, bes. in der Rede Pro Marcello sowie in den
Schriften Brutus und De inventione
[8] Rede Pro Marcello 1, epistulae ad familiares 4, 4, 4; Collins, Caesar and the Corruption of the Power, in; Historia
1955, H. 4, S. 445–465, auch in: Wege der Forschung 43,
Darmstadt 1967, 379–412, bes. 387
[9] Orationes in Catilinam 3, 15, 29 sowie 4, 3 f. 18
[10] Platon, epistulae 358a.
[11] Pro Marcello 26
[12] Pro Marcello 23
[13] ad familiares 4, 13, 2 sowie 6, 6, 8
[14] Zu diesen und anderen Ehrungen für Caesar vgl. Seel, Cicero – Wort, Staat, Welt, S. 409
[15] Epistulae ad Atticum 12, 45, 2 sowie 12, 28, 3
[16] Cicero behauptet dies in ad familiares 9, 15, 4
[17] Philippische Reden, 2, 28.30
[18] Plutarch: Cicero 48–49.
[19] Plutarch: Cicero 29.
[20] Plutarch: Cicero 20ff.
[21] Plutarch: Cicero 41
[22] Dolabella hatte 50 v. Chr. Appius Claudius Pulcher angeklagt, den Cicero verteidigte.
ANMERKUNGEN
[28] Cicero: Ad Atticum 14, 12, 3.
[29] Cicero: Laelius de amicitia 5.
[30] vermutlich identisch mit Gaius Aurelius Cotta (Konsul 75
v. Chr.)
[31] Vgl. Albrecht Dihle: Ein Spurium unter den rhetorischen
Werken Ciceros. In: Hermes. Band 83, Nr. 3 (1955), S.
303–314, oder Klaus Bringmann: Untersuchungen zum
späten Cicero. Göttingen 1971 (Hypomnemata 29), S.
256.
[32] Zu Plinius’ Cicero-Verherrlichung siehe Will Richter: Das
Cicerobild der römischen Kaiserzeit. In: Gerhard Radke
(Hrsg.): Cicero, ein Mensch seiner Zeit, Berlin 1968, S.
166f.
[33] Carl Becker: Cicero. B: Nachleben. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Band 3, Stuttgart 1957, Sp. 101.
[34] Will Richter: Das Cicerobild der römischen Kaiserzeit. In:
Gerhard Radke (Hrsg.): Cicero, ein Mensch seiner Zeit,
Berlin 1968, S. 192–197.
[35] Carl Becker: Cicero. B: Nachleben. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Band 3, Stuttgart 1957, Sp. 103.
[36] Hieronymus: Briefe 22,30 (Ad Eustochium).
[37] Zur frühmittelalterlichen Cicero-Rezeption siehe John
Moorhead: Aspects of the Carolingian Response to Cicero.
In: Philologus 129, 1985, S. 109–120.
[38] Peter Leberecht Schmidt: Bemerkungen zur Position Ciceros im mittelalterlichen Geschichtsbild. In: Ciceroniana 11,
2000, S. 28.
[39] Zur Rezeption dieser Werke siehe John O. Ward: The Medieval and Early Renaissance Study of Cicero’s De inventione and the Rhetorica ad Herennium: Commentaries and
Contexts. In: Virginia Cox, John O. Ward (Hrsg.): The
Rhetoric of Cicero in Its Medieval and Early Renaissance
Commentary Tradition, Leiden 2006, S. 3–75.
[40] Dante, Convivio 2,12,3 ff.
[41] Nóra Fodor: Die Übersetzungen lateinischer Autoren durch
M. Planudes, Dissertation Heidelberg 2004, S. 182–197.
[42] Zu dieser berühmten „Korrespondenz“ Petrarcas mit Cicero siehe Peter L. Schmidt: Traditio Latinitatis, Stuttgart
2000, S. 142ff., 274–282.
[25] Ad familiares 4, 5.
[43] Siehe dazu Virginia Cox: Ciceronian Rhetoric in the Vernacular in Italy, 1260–1500. In: Virginia Cox, John O.
Ward (Hrsg.): The Rhetoric of Cicero in Its Medieval and
Early Renaissance Commentary Tradition, Leiden 2006,
S. 136–143.
[26] Bernhard Kytzler: Frauen der Antike. Von Aspasia bis
Zenobia. Artemis, München & Zürich 1994, ISBN 37608-1224-4, S. 142.
[44] Zu Cicero als Schulautor in der Renaissance siehe Robert Black: Cicero in the Curriculum of Italian Renaissance
Grammar Schools. In: Ciceroniana 9, 1996, S. 105–120.
[27] Zu Ciceros philosophischem Denken siehe Günter
Gawlick, Woldemar Görler: Cicero. In: Hellmut Flashar
(Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 4/2: Die hellenistische Philosophie,
2. Auflage, Basel 1994, S. 1084–1125.
[45] Eine Ausgabe und englische Übersetzung einschlägiger
Humanistentexte besorgten Joann Dellaneva, Brian Duvick: Ciceronian Controversies, Cambridge (Mass.) 2007.
Vgl. Carl Joachim Classen: Antike Rhetorik im Zeitalter des
Humanismus, München 2003, S. 7–19.
[23] Cicero: Ad Atticum 11, 22, 3.
[24] Cicero: Ad Atticum 12, 14, 3.
19
[46] Brief Cortesis an Poliziano, in: Joann Dellaneva, Brian Duvick (Hrsg): Ciceronian Controversies, Cambridge
(Mass.) 2007, S. 8–10.
[47] René Martin: Présence de Cicéron sur les tréteaux français,
ou les métamorphoses d’un grand homme. In: Raymond
Chevallier (Hrsg.): Présence de Cicéron, Paris 1984, S.
236–242.
[48] Zu dieser nordamerikanischen Cicero-Rezeption siehe
Bruno Weil: 2000 Jahre Cicero, Zürich 1962, S. 258–281;
Meyer Reinhold: The Influence of Cicero on John Adams.
In: Ciceroniana 8, 1994, S. 45–51.
[49] Zur französischen Cicero-Rezeption in der Revolutionszeit siehe Bruno Weil: 2000 Jahre Cicero, Zürich 1962, S.
228–257.
[50] John Stuart Mill: Über die Freiheit, Stuttgart 1974, S. 51.
[51] Theodor Mommsen: Römische Geschichte, 3. Band, 6.
Auflage, Berlin 1875, S. 180 und 619.
[52] Klabund: Geschichte der Weltliteratur in einer Stunde,
Leipzig 1922
[53] Harald Merklin (Hrsg.): Marcus Tullius Cicero, De finibus
bonorum et malorum, Stuttgart 1989, S. 51.
[54] Friedrich August von Hayek: Der Weg zur Knechtschaft,
München 2007, S. 32.
[55] Stefan Zweig: Cicero. In: Stefan Zweig: Zeiten und Schicksale. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902–1942,
Frankfurt am Main 1990, S. 340–365, hier: 354, 364.
[56] Siehe die Zusammenstellung historischer Romane über
Cicero und Uwe Walter: Cicero, Robert Harris und die Abgründe der Politik.
[57] Bisher erschienen: Imperium (2006), Titan (2009).
Normdaten (Person): GND: 118520814 | LCCN:
n79032166 | NDL: 00436023 | VIAF: 78769600 |
20
8 TEXT- UND BILDQUELLEN, AUTOREN UND LIZENZEN
8
Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
8.1
Text
• Marcus Tullius Cicero Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Marcus%20Tullius%20Cicero?oldid=142227486 Autoren: Elian, RobertLechner, Sebastian~dewiki, MatthiasKabel, Kku, Media lib, Jed, Gnu1742, Aka, Stefan Kühn, Luca Masters, ErikDunsing, Irmgard,
Dishayloo, Markobr, GNosis, WolfgangRieger, StefanC, Herrick, Matt1971, Odin, ChristophLanger, Andim, Asthma, EBB, Srbauer, Zwobot, D, HaeB, Sigune, ArtMechanic, Wualex, Montegoblue, Shekko, Karl-Henner, Eckhart Wörner, Mhaag, Pm, Thomas Ihle, APPER,
Stefan64, Rdb, Benowar, Stechlin, Terabyte, MD!, Mijobe, Kalumet, Peter200, Peng, Darkone, Br, Aristeas, Geos, Catrin, Das~dewiki,
Thorwald C. Franke, Schnargel, Mnh, Qno, Takeru-kun, Perseus1984, Roughneck, Gerhardvalentin, Webkart, Gauss, Kubrick, Mario todte, Unscheinbar, Karlthegreat, Idler, Caton~dewiki, Evpi, Q'Alex, Fronti, Conny, Mogelzahn, Ckeen, Uwe Gille, Timt, Frank Schulenburg,
Kuli, Salmi, Forevermore, Captaingrog, Jonathan Groß, Polarlys, Leipnizkeks, Hewa, Phi, Botteler, DieBuche, Mikythos, Scaevola, Aths,
Framhein, Chrkl, Hirrrsch, Martin Bahmann, Zaungast, AndreasPraefcke, T.a.k., Heinte, Rosenzweig, Aristeides, Wisi, Diba, Guatemala,
PDD, Carbidfischer, He3nry, BenniK29, Facility, Jergen, Ciceronl, FlaBot, Gerbil, Saperaud, Hubertl, Achim Raschka, Tonk, Guantamo, Anima, Flominator, Deltongo, RedBot, Schaengel89, Curtis Newton, Failure, Louis le Grand, Eldred, M.ayer, Shoffmann~dewiki,
O.Koslowski, Kolja21, Gpvos, Itti, Ca$e, Das Robert, Stefan2~dewiki, Kh80, MMS~dewiki, Shoshone, Rhingdrache, Agnete, Wahldresdner, Marcus Cyron, JuTa, Alkibiades, Proofreader, Sechmet, Dr. Meierhofer, Felix Stember, HsT, Ephraim33, Luha, Balbor T'han, Freud,
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1 (Abb. 428) (Publisher K. A. Baumeister)
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