Leitthema Chirurg 2005 · 76:1018–1024 DOI 10.1007/s00104-005-1106-y Online publiziert: 20. Oktober 2005 © Springer Medizin Verlag 2005 M. Jung · St. Hildegardis-Krankenhaus, Katholisches Klinikum Mainz Frühkarzinome des Ösophagus Ist die Mukosektomie ausreichend? Maligne Tumoren der Speiseröhre gehören mit weniger als 5000 Fällen pro Jahr in Deutschland zu den seltenen Tumoren des Verdauungstraktes [4, 11]. Im Ösophagus überwiegen Karzinome des Plattenepithels und Tumoren auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus. Während in Amerika das Barrett-Karzinom bereits häufiger als das Plattenepithelkarzinom diagnostiziert wird, ist die Anzahl beider malignen Veränderungen in Mitteleuropa in etwa gleich. Es kann davon ausgegangen werden, dass Plattenepithelkarzinome über 2000 Fälle pro Jahr, mit einem Anteil von diagnostizierten Frühkarzinomen von maximal 10% ausmachen. Die Prognose von Patienten mit Ösophaguskarzinom wird durch die Tiefeninvasion der Neoplasie und das Risiko der Lymphknoten- und Organmetastasierung bestimmt. Frühkarzinome des plattenepitheltragenden Ösophagus wie des Barrett-Karzinoms werden als T1-Karzinome mit Invasion der Mukosa (T1a) und der Submukosa (T1b) zusammengefasst. Die Einteilung berücksichtigt nicht, dass die Tumorinfiltration in die Submukosa mit deutlich höherer Lymphknotenmetastasierung einhergeht als in der Mukosa [26]. 1018 | Der Chirurg 11 · 2005 E Für alle Stadien des Ösophaguskarzinoms liegt die 5-JahresÜberlebenszeit bei ca. 10% [6, 11]. Trotz der anhaltend ungünstigen Prognose hat sich das diagnostische Spektrum und damit auch der therapeutische Anspruch geändert. Hochauflösende Endoskopie, zusätzliche Färbetechniken, Endosonographie mit konventionellen Geräten und Minisonden sowie Autofluoreszenzdiagnostik haben die Erkennung von Frühveränderungen der Speiseröhre erheblich verbessert (. Tabelle 1). Daher werden zunehmend Karzinome in abgegrenzten Frühstadien entdeckt, die dank neuer Verfahren auch endoskopisch luminal reseziert werden können. Die Sichtweise des Endoskopikers hat sich damit entscheidend gewandelt. Waren es vor 20 Jahren ausnahmslos Pertubationsund Rekanalisationsverfahren, die bei fortgeschrittenen Tumoren dominierten, so haben Endoskopiker heute Verfahren entwickelt, die konkurrierend zur chirurgischen Resektion einen limitierten komplikationsarmen Eingriff bedeuten. Eine lokale endoskopische Mukosektomie – besser endoskopische Resektion (da die Submukosa mit erfasst wird) – muss sich aber an den gleichen Kriterien wie der chirurgische Eingriff messen: an der Radikalität und damit der Prognose/Überlebenszeit und den Komplikationen des Eingriffs. Besondere Eigenschaften des T1-Karzinoms Alle Frühneoplasien des Verdauungstraktes zeigen makroskopisch ein ähnliches Bild [13, 19]. Unterschieden wird ein polypöser Typ I von einem flachen Typ II und einem ulzerierten Typ III (. Abb. 1). Der flache, schwer erkennbare Typ II (>80) wird noch einmal unterteilt in IIa–IIc, je nachdem, ob leicht erhabene, komplett flache oder leicht eingesunkene Formationen vorliegen. Flache Karzinome zeigen nur geringe Unterschiede zur umgebenden regelrechten Mukosa. Am häufigsten wird in der Speiseröhre aber ein flaches Frühkarzinom vorgefunden, wobei Typ IIc dominiert [19]. Polypöse Frühkarzinome und vor allem ulzerierte Karzinome gehören zu den seltenen Erscheinungsformen. Tabelle 1 Diagnostisches Spektrum endoskopischer Frühdiagnostik maligner Veränderungen Chromoendoskopie/Magnifikation Endosonographie/Minisonden Fluoreszenzdiagnostik Narrow Band Imaging Endomikroskopie Leitthema Abb. 1 9 Klassifikation von frühen Krebsstadien im Verdauungstrakt (Lambert et al. [13]) Abb. 2 8 Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre (T1; Paris endoscopic classification of superficial neoplastic lesions [19]) Abb. 3 9 Plattenepithel des Ösophagus. Aufbau der Mukosa und Submukosa (Lambert et al. [13]) > Der besonders schwierig zu entdeckende flache Tumor besitzt die beste Prognose Die Wachstumsform eines Frühkarzinoms hat wesentlichen Einfluss auf die submuköse Infiltration und gibt vorab dem Untersucher eine Einschätzung über die Infiltrationstiefe in der Ösophaguswand. Während Typ I und Typ III bereits frühzeitig als T1b-Karzinome angetroffen werden, zeigen flache Frühkarzinome im Plattenepithel erst relativ spät submukosale Infiltration [13]. Dies bedeutet, dass der besonders schwierig zu entdeckende Tumor die beste Prognose besitzt. Das Dilemma 1020 | Der Chirurg 11 · 2005 einer verpassten Frühdiagnostik ist damit offensichtlich. Besonderheiten des Ösophagusfrühkarzinoms (T1) Die Kennt nis der Ma kro skopie von Frühkarzinomen gehört zum Rüstzeug des endoskopierenden Arztes. Frühneoplasien zeichnen sich neben einer leichten Elevation oder Depression durch irreguläres Gefäßmuster aus oder durch Diskoloration nach rot oder grau im Schleimhautrelief. Hochauflösende (High-resolution-)Endoskopie im Verbund mit Färbetechniken kann Oberflächendetails besser erkennen als konventionelle Fiberglastechnik und zusätzlich die exakten Ränder einer Läsion bestimmen. Im plattenepitheltragenden Ösophagus spielt Lugol-Lösung, eine Mischung aus Jod und Kaliumjodid, die tragende Rolle (. Abb. 2). Lugol-Lösung verbindet sich mit dem Glukogen der Epithelien und erzeugt eine bräunliche Oberflächenfarbe [9]. Im Bereich von Tumorveränderungen bleibt die Mukosa ungefärbt und nimmt einen gelblichen Ton an. Das Plattenepithel der Speiseröhre besitzt darüber hinaus Besonderheiten, die für die Metastasierung des Tumors ausschlaggebend sind. Feine arteriovenöse Arkaden und Lymphbahnen durchbrechen die Muscularis mucosae und dringen bis zur Lamina propria vor (. Abb. 3). Prinzipiell sind damit auch vaskuläre und lymphogene Metastasierungen bei Befall der obersten Zellschicht möglich [13]. In Hinblick auf die Lymphknotenmetastasierung wurden daher Mukosa und Submukosa pathologischanatomisch in 3 Schichten unterteilt. Die Mukosa besitzt eine Epithelschicht, die Lamina propria und die Muscularis mucosae (m1–m3; . Abb. 4). Entsprechend ihrer Wanddicke wurde die Submukosa in Abschnitte mit jeweils 200 µm unterteilt (sm1–sm3). Die Relevanz für diese Unterteilung liegt in der Häufigkeit der Lymphknotenmetastasierung entsprechend der jeweiligen Infiltrationstiefe [12, 19]. Bleibt das Tumor wachstum auf die oberste Schleimhautschicht (m1 und m2) beschränkt, ist eine Metastasierung außerordentlich selten (bis 3) [12]. Erreicht der Tumorausläufer die Muscularis mucosae bzw. die oberste Submukosaschicht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Lymphknotenmetastasierung wesentlich höher (8–19; . Abb. 5). Infiltrationen in tiefere Schichten (sm2–sm3) gehen mit einer Metastasierung bis zu 40 einher. Bei Erreichen der Muscularis propria steigt die Frequenz befallener Lymphknoten bis auf über 50 an. Fünf-Jahres-Überlebenszeiten von Patienten mit operierten Mukosakarzinomen (m1–m3) unterscheiden sich nicht von denen der Normalbevölkerung [12, 24]. Die Prognose sinkt erst mit Tumorinfiltration in die Submukosa (. Tabelle 2). Die Entscheidung für eine lokale endoskopische Resektion oder zu einer operativen Therapie orientiert sich streng an dem Risiko der Lymphknotenmetastasierung. Zusammenfassung · Abstract E Eine lokale endoskopische Abtragung ist dann möglich, wenn der Tumor ein Frühkarzinom vom Typ 1a (Mukosatyp) repräsentiert. Chirurg 2005 · 76:1018–1024 DOI 10.1007/s00104-005-1106-y © Springer Medizin Verlag 2005 Dies trifft bei einer Infiltration der Schichten m1 und m2 sicher zu [27]. Bei Erreichen der Muscularis mucosae oder der obersten Submukosaschicht ist die Indikation zur endoskopischen Therapie nur relativ. Hier spielen zusätzliche Faktoren wie der klinische Status, die Invasivität des Eingriffs, vor allem aber auch die Komplikationsrate der jeweiligen Therapie die entscheidende Rolle. Ein Tumor wachstum in tiefe Submukosaschichten (sm2–sm3) beim Typ T1b bzw. die Infiltration der Muscularis propria schließt eine endoskopische lokale Resektion aus. Frühkarzinome des Ösophagus. Ist die Mukosektomie ausreichend? Präoperative Einschätzung der Tumorinfiltration Reine endoskopische Diagnostik kann die Infiltrationstiefe eines Frühkarzinoms nur näherungsweise festlegen. Entscheidende Bedeutung wurde daher der Endosonographie bzw. Miniendosonographie zugemessen. Die Untersuchungen erfolgen mit Radiärscannern und Minisonden, regelbar von 5–30 MHz [15, 21, 23]. Bislang erreicht die endosonographische Diagnostik beim Frühkarzinom nicht die gewünschte Genauigkeit. Zu unterschiedlich sind die bisher mitgeteilten Daten, die die präoperative Diagnostik mit dem tatsächlichen Resektat verglichen haben. Die Genauigkeit für das T1-/T2-Stadium schwankt beim konventionellen endoskopischen Ultraschall (EUS) um 60–70, die Genauigkeit für das N-Stadium liegt etwas darüber. Mit Hochfrequenzsonden (30 MHz) soll die Genauigkeit des EUS auf über 90 für T1–T2 gesteigert werden. Eine Unterscheidung des Frühkarzinoms in T1m und T1sm wird mit <80 angegeben. M. Jung Zusammenfassung Das Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre ist endoskopisch behandelbar, wenn bestimmte Kriterien vorliegen. Ein Mukosakarzinom (T1a) mit einer geringen Eindringtiefe (m1–m2) und einer Ausdehnung bis zu 2 cm kann in einem Resektat lokal entfernt werden. Wegen der erhöhten Lymphknotenmetastasierungsrate gehören tief infiltrierende Submukosakarzinome (T1b, sm2–sm3) in die Hand des Chirurgen. Die endoskopische Resektion (Mukosektomie) erfolgt mittels Elektroschlinge und Kappentechnik sowie zusätzlich mit Argongasko- agulation oder durch photodynamische Therapie. Multifokales Tumorwachstum und unvollständige Abtragung gehen mit einer erhöhten Rezidivrate einher. Bei Einhaltung der Kriterien werden durch die endoskopische Resektion von Frühkarzinomen 5-Jahres-Überlebenszeiten erreicht, die sich nicht von denen der Normalbevölkerung unterscheiden. Schlüsselwörter Plattenepithelkarzinom · Speiseröhre · Mukosektomie · Frühkarzinome Mucosectomy as sufficient therapy for early squamous cell Abstract Squamous cell carcinoma of the esophagus can be treated endoscopically under certain conditions. A carcinoma (T1a) limited to the mucosa with a low infiltration depth (m1–m2) and limited extent (≤2 cm) can be removed by electrical snare with no risk of lymph node metastasis. Due to the increased risk of lymphatic spread, deeply infiltrating submucosal tumours (sm2–sm3) must be treated by surgical resection. Endoscopic resection (mucosectomy) is performed by electric snare and the cap method, additionally with APC coagulation or photodynamic therapy. Multifocal tumour growth and incomplete resection are both risk factors for local recurrence. If the strict conditions for endoscopic resection are fulfilled, the 5-year survival time of these patients with early cancer is no different from that of the population as a whole. Keywords Squamous cell carcinoma · Esophagus · Mucosectomy · Early carcinoma > Der routinierte endoskopische Blick besitzt eine sehr hohe Aussagekraft Eine bemerkenswerte Beobachtung wird von der Wiesbadener Gruppe mitgeteilt [16]. Bei der präoperativen Diagnostik eines Frühkarzinoms der Speiseröhre zeigt die endoskopische Einschätzung vergliDer Chirurg 11 · 2005 | 1021 Leitthema Abb. 4 9 Tiefeninfiltration eines Plattenepithelkarzinoms im Ösophagus (Paris endoscopic classification of superficial neoplastic lesions [19]) Tumorbefalls. Für die konventionelle Endosonographie ist die Aussagekraft sehr begrenzt [22]. Kürzlich wurde die Rolle der EUS-gezielten Feinnadelpunktion diskutiert [24]. Im Vergleich mit dem Computertomogramm und der reinen Endosonographie erweist sich die Feinnadelpunktion eines Lymphknotens als deutlich sensitiver. Eine spanische Gruppe hat die hohe Aussagekraft der EUS-gesteuerten Feinnadeldiagnostik hervorgehoben, mit der vor allem gegenüber dem CT in über 40 eine Höhereinstufung des Tumorstadiums erfolgte. Endoskopische Therapiemöglichkeiten Zur Lokalbehandlung einer Frühneoplasie im Ösophagus werden aktuell zwei Verfahren eingesetzt: F die endoskopische Resektion (früher Mukosaresektion), F die photodynamische Therapie im Sinne einer ablativen Behandlung. Abb. 5 8 Überlebenszeit von operierten Patienten mit Ösophagusfrühkarzinom entsprechend der Eindringtiefe (Kodama u. Kakegawa [12]) Abb. 6 9 Ösophaguskarzinom. Langzeitergebnisse nach Mukosaresektion (Shimizu et al. [24]) chen mit dem endoskopischen Ultraschall keine wesentlichen Unterschiede. Für ein Mukosakarzinom lag die Genauigkeit bei 94 (Endoskopie) und 91 (EUS); für beide Verfahren lag die Sensitivität über 90. Die korrekte Diagnose eines Submukosatumors gelingt weniger gut. Während die endoskopische Einschätzung mit 56 die korrekte Infiltration wiedergab, lag die Sensitivität des EUS nur bei 48. Für tiefere Schichten sm2–sm3 sowie T2 war die Einschätzung deutlich besser. Diese Daten zeigen, dass der routinierte endoskopische Blick eine sehr hohe Aussagekraft besitzt. 1022 | Der Chirurg 11 · 2005 Eine weitere Problematik betrifft multizentrischen Neoplasien. Multilokuläre, vor allem flache Neoplasien, sind nicht ungewöhnlich und werden im distalen Ösophagus bis zu 30 gefunden. Sie können durch Chromoendoskopie eindeutiger dargestellt werden. Bei multiplen Neoplasien ist die korrekte Abgrenzung zur regelrechten Mukosa nicht immer einfach. Dies drückt sich in den hohen Rezidivraten nach endoskopischer Therapie aus [10]. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist die präoperative Einschätzung des nodalen Mukosaresektion. Die Mukosaresektion erfolgt nach Aufschwemmen des tumortragenden Areals mittels der Elektroschlinge bzw. über die so genannte Kappentechnik. Eine Hülse wird auf die Endoskopspitze aufgesetzt und zunächst ähnlich wie bei einer Varizenligatur der aufgeschwemmte Mukosaanteil in das distale Kappenende eingesaugt. Danach erfolgt die endoskopische Abtragung. Das tumortragende Areal wird vorab durch Elektrokoagulation markiert. Durch reine Schlingenentfernung wie mit der Kappentechnik gelingt eine Abtragung bis zu etwa 2 cm Größe. Darüber hinausgehende Tumorformationen werden nicht in einem Resektat erfasst. Da aber viele Frühkarzinome diese Größe überschreiten, erfolgen Mehrfachresektionen bzw. zusätzliche Koagulationen und Ablation der Ränder durch Argongas oder photodynamische Therapie. Auf diese Weise können auch zirkuläre Tumorformationen im tubulären Ösophagus entfernt werden. E Das prinzipielle Ziel, endoskopische Therapie mit einem Resektat zu realisieren, wird in praxi nicht immer erreicht. Tabelle 2 Endoskopische (lokale) Resektion des Plattenepithelösophaguskarzinoms [12] Infiltrationstiefe TU-Lymphknoten [%] T1a Mukosa m1–m2 0–2 T1a Mukosa m3 T1b Submukosa sm1 8–19 T1b Submukosa sm2–sm3 T2 Muscularis propria 43–44 kung auf den Tumor wie die endoskopische lokale und vor allem die chirurgische Resektion. Da lediglich eine Zerstörung von Zellen vorliegt, fehlt der histologische Befund zum Nachweis der Radikalität. In den bisherigen Übersichten wird die photodynamische Therapie bei Frühkarzinomen, vorzugsweise beim Barrett-Karzinom und schweren Dysplasien, positiv beurteilt. Allerdings bleibt die Radikalität im Langzeitverlauf deutlich hinter der einer Mukosaresektion zurück. >50 Die subtile Aufarbeitung des Neoplasiepräparates setzt die exakte Rekonstruktion für den Pathologen und die enge Kooperation zwischen Endoskopiker und Pathologen voraus. Idealerweise werden mehrere Resektionsstücke auf einer Korkplatte mosaikförmig zusammengesetzt, was die nachfolgende histopathologische Beurteilung ermöglicht. Die Komplikationen der endoskopischen Resektion gelten als gering. Sie betreffen hauptsächlich Perforation und Blutungen [5]. Vierzehn Prozent werden für lokale Blutungen angegeben, die durch endoskopische Therapie behandelt werden konnten (Unterspritzung, Clips). Bei sorgfältiger Aufschwemmung des tumortragenden Abschnittes („lifting sign“) ist eine Perforation selten. Photodynamische Therapie. Die photodynamische Therapie verfolgt das Ziel, Tumorzellen in der Mukosa und Submukosa durch Laserlicht zu zerstören [1, 4, 7, 20]. Bei dieser Therapie wird eine lichtsensitive Substanz im Tumorgewebe angereichert. Photosensitizer werden durch Laserlicht mit einer speziellen Wellenlänge aktiviert und Wärme im markierten Abschnitt erzeugt, die das Tumorgewebe zerstört. Die gängigen Photosensitizer sind Photofrin® und 5-ALA. Photofrin® weist eine deutlich höhere Toxizität und längere Persistenz im Körpergewebe auf; daher ist Sonnenlichtschutz obligat. 5-ALA wird oral aufgenommen und ist anders als Photofrin® in seiner Wirkung auf die Mukosa beschränkt, was die Radikalität des Eingriffs auch begrenzt. Prinzipiell besitzt die photodynamische Therapie nicht die gleiche Auswir- Kurz- und Langzeitergebnisse Kurz- und Langzeitergebnisse der endoskopischen Behandlung von Frühneoplasien im plattenepitheltragenden Ösophagus sind nur aus dem asiatischen Raum und in Europa monozentrisch in aussagekräftiger Anzahl verfügbar. Eine Arbeit von Shimizu et al. zeigt, dass keine Unterschiede für endoskopische oder chirurgische Therapien bestehen, wenn die Muscularis mucosae bzw. die Submukosa infiltriert wird [24]. Die 5-Jahres-Überlebenszeit war für beide Patientengruppen gleich, wurde aber an einer relativ kleinen Anzahl (endoskopische Resektion 26, chirurgische Resektion 44) erhoben (. Abb. 6). In einer kürzlichen Studie von Pech et al. zeigt sich ein ähnliches Bild [20]. Hier wurde unterteilt in Patienten mit Karzinom im Stadium m1, m2/m3 und sm1/ sm2. Ein erneuter Tumornachweis betraf 2 Patienten mit m1-Karzinomen, 3 mit m2/ m3 und 3 bei Submukosakarzinom. Ob es sich dabei um metachrone Karzinome oder wirkliche Rezidive handelt, ist nicht eindeutig. Auffallend war jedoch, dass eine R0-Situation mit kompletter Remission erst nach 4–5 Monaten und wiederholten Therapien erreicht werden konnte. Eine R0-Ausgangssituation nach der ersten Resektion war nur bei 50 der Patienten möglich. Erst die zusätzliche endoskopische Ablation trug zur kompletten Resektion bei und ermöglichte eine R0-Situation. Darüber hinaus wurden 5 von 39 Patienten mit photodynamischer Therapie behandelt. Die Erfahrung zeigt, dass eine Frühneoplasie im Ösophagus kaum durch eine einzige endoskopische Resektion behandelt wird. Ablative Maßnahmen (Argongas, Vaporisation, photodynamische Therapie) müssen additiv angewandt werden [5, 17, 19]. > Die Radikalität des Ersteingriffs (R0) ist nicht der entscheidende Faktor für die 5-Jahres-Überlebenszeit Während einer 5-jährigen Beobachtungszeit nach kompletter endoskopischer Resektion werden metachrone Karzinome bis zu 30 – plattenepitheltragender und Barrett-Ösophagus – angetroffen [5]. Es bleibt insgesamt offen, ob es sich dabei um neu aufgetretene Karzinome (im Rahmen der Kontrolluntersuchung) oder um wirkliche Rezidive bei unvollständiger Resektion gehandelt hat. Bedeutsam ist, dass die zusätzliche Radikalbehandlung dieser neuen Neoplasien keinen negativen Einfluss auf die 5-Jahres-Überlebenszeit hat. Hier unterscheiden sich westliche von japanischen Ergebnissen nicht. Die 5-Jahres-Überlebenszeit ist ähnlich der einer chirurgischen Behandlung von Frühkarzinomen. So zeigen alle bisherigen Beobachtungen, dass die Radikalität des Ersteingriffs (R0) nicht der entscheidende Faktor für die 5-Jahres-Überlebenszeit ist. Vielmehr ist die Radikalität an sich (auch nach mehreren Therapien) bzw. die frühzeitige Erkennung eines Rezidivs im Rahmen der Nachsorge für die Prognose von entscheidender Bedeutung [5, 12, 24]. Resümee Die endoskopische Resektion von Frühneoplasien im plattenepitheltragenden Ösophagus hat sich als Alternative zum chirurgischen Verfahren entwickelt. Die endoskopische Therapie ist durch die lokale Anatomie auf Neoplasien begrenzt, welche die Mukosa nicht überschreiten (T1a). Eine sichere präoperative Einschätzung der Tumorinfiltration steigt mit Erreichen tiefer Submukosaschichten und gelingt nur sicher für das T2-Stadium. Die endoskopische Behandlung ist nicht auf 2 cm große Areale begrenzt. Technisch ist eine zirkuläre Wandresektion von Frühneoplasien möglich. Über die Radikalität des Eingriffs und die weitere Behandlungsform entscheidet die pathologisch-anatomische Beurteilung. Unvollständige bzw. mehrfache Resektionen Der Chirurg 11 · 2005 | 1023 Leitthema eines Tumors (Morcellement) gehen mit einem erhöhten Risiko an Karzinomrezidiven/metachronen Karzinomen einher. Die Resektion einer Frühneoplasie in einem einzigen endoskopischen Präparat ist eher die Ausnahme als die Regel. Ergänzende Maßnahmen zur Tumorablation werden durch photodynamische Therapie oder Argon-Plasma-Koagulation ermöglicht. Auf die 5-Jahres-Überlebenszeit haben kombinierte Verfahren oder Tumorresektion von Rezidiven keinen negativen Einfluss. Die Komplikationsrate der endoskopischen Resektion ist gering und betrifft vorzugsweise Blutungen und seltener Perforation. Fazit für die Praxis In der Wertung der endoskopischen Resektion gegenüber dem operativen chirurgischen Eingriff bleibt festzuhalten, dass trotzt geringerer Ausgangsradikalität die 5-Jahres-Überlebenszeit mit den chirurgischen Zahlen konkurriert und gleichzeitig eine deutlich geringere Morbidität und postoperative Mortalität aufweist. Unter Einhaltung der hier vorgestellten Kriterien ist damit die endoskopische Resektion von Frühneoplasien im Ösophagus die Therapie der Wahl. Sie setzt allerdings eine ausreichende Erfahrung mit resezierenden und ablativen Behandlungsformen voraus. Korrespondierender Autor Prof. Dr. med. M. Jung FRCP St. Hildegardis-Krankenhaus, Katholisches Klinikum Mainz, Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, Hildegardstraße 2, 55131 Mainz E-Mail: [email protected] Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Literatur 1. Ackroyd R, Brown NJ, Davis MF et al. (2000) Photodynamic therapy for dysplastic Barrett’s oesophagus: a prospective, double blind, randomised, placebo controlled trial. Gut 47:612 2. Bareiß D, Stabenow R, Müller R et al. (2002) Aktuelle Epidemiologie des Ösophaguskarzinoms und des Kardiakarzinoms in Deutschland. Dtsch Med Wochenschr 127:1367 1024 | Der Chirurg 11 · 2005 3. Birkmeyer JD, Stukel TA, Siewers AE et al. (2003) Surgeon volume and operative mortality in the United States. N Engl J Med 349:2117 4. Buttar NS, Wang, KK, Lutzke LS et al. 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