Probekapitel - Deutscher Apotheker Verlag

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Seite I
Vorwort
Autorenverzeichnis
Vorwort zur 2. Aktualisierungslieferung
der 2. Auflage
Neue Produktentwicklungen sowie die kontinuierliche Neubewertung des Arzneimittelmarktes erfordern fünf Jahre nach der
vollständigen strukturellen und inhaltlichen
Neubearbeitung und drei Jahre nach der letzten Nachlieferung eine erneute Aktualisierung der „Selbstmedikation“. Präparatelisten
wurden auf den derzeitigen Stand gebracht.
Die Kapitel Auge und Raucherentwöhnung
wurden vollständig überarbeitet. Andere
wurden aktualisiert oder teilweise ergänzt,
z. B. analgetische Behandlung von Dysmenorrhö und des medikamenteninduzierten
Kopfschmerzes, Mundgeruch, Schluckauf,
Gentest zur Diagnose von Pilzinfektionen,
Milben, Repellentien, Insektenstich, Haarausall, Hyperhidrosis, Wundheilung, Narben.
Seit Erscheinen der letzten Aktualisierung
wurden auch einige Arzneimittel, teils nach
heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit
(„Pille danach“) aus der Verschreibungspflicht entlassen. Die hiermit verbundene
Anerkennung des pharmazeutischen Berufsstandes ist erfreulich, die Freigabe erfordert
aber zugleich eine intensive Beratung. Sie
wird zwar durch standardisierte produktspezifische Beratungsempfehlungen sinnvoll unterstützt, kann jedoch die fachlich fundierte
individuelle Beratung niemals ersetzen. Von
besonderer Bedeutung für die Beratung in
der Apotheke ist auch der nach langer politischer Diskussion festgelegte aktuelle rechtli-
Tübingen, im Sommer 2015
2. Aktualisierungslieferung
che Status der elektrischen Zigarette als Genussmittel und nicht als Arzneimittel oder
Medizinprodukt. Neu für die Selbstmedikation verfügbar sind die Wirkstoffe n-Docosanol zur topischen Behandlung von Lippenherpes, Benzydamin gegen Reizungen und
Schmerzen im Mund, Racecadotril als systemisches Antidiarrhoikum sowie Levonorgestrel und Ulipristalacetat für die oben
erwähnte Notfallkontrazeption.
Verschiedene Kapitel betreffend die Patientenberatung bei der Vorbeugung und Behandlung bestimmter Erkrankungen wurden
einschließlich empfohlener nicht medikamentöser Maßnahmen ergänzt. Der ständigen Risikobewertung des Arzneimittelmarktes wurde durch die Aufnahme neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse bzw. Empfehlungen Rechnung getragen. Dies betrifft beispielsweise die vergleichende Bewertung des
Schwangerschaftsrisikos von Analgetika, des
kardiovaskulären Risikos von Paracetamol,
Diclofenac und Ibuprofen sowie die aktuelle
Risikobewertung von Petasites, Pelargonium
oder von symphytumhaltigen Arzneimitteln.
Bei der Aktualisierung der einzelnen Kapitel
wurde die rasch wachsende Zahl von Richtlinien und Empfehlungen medizinischer
Fachgesellschaften zu bestimmten Erkrankungen und deren Behandlung berücksichtigt.
H. Hamacher
Martin A. Wahl
Selbstmedikation 10/2015
Seite II
Vorwort
Selbstmedikation 10/2015
2. Aktualisierungslieferung
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
Tab. 2.3-3: Die aerobe und anaerobe Mikroflora einzelner Abschnitte des Gastrointestinaltrakts.
Aus Schulze et al. 2008
Mikroorganismen
Magen
Jejunum
Ileum
Kolon
Aerob und fakultativ anaerob lebende Keimgruppen
Enterobakterien
0–102
0–103
102–106
104–1010
Enterokokken
0–103
0–104
102–106
105–1010
Staphylokokken
0–102
0–103
102–105
104–107
Laktobazillen
0–103
0–104
102–105
106–1010
Pilze
0–102
0–102
102–103
102–106
Bacteroides spp.
selten
10–102
103–107
1010–1012
Bifidobakterien
selten
10–103
103–105
108–1012
anaerobe Streptokokken
selten
10–103
102–104
108–1011
Clostridien
selten
selten
102–104
106–1011
Eubakterien
selten
selten
selten
109–1012
Anaerob lebende Keimgruppen
Angaben in KBE (Koloniebildende Einheiten) pro ml bzw. pro g Darminhalt
Reisediarrhoe
Die Ätiologie der bei Auslandsreisen, insbesondere in subtropische und tropische Länder sehr häufig beobachteten Diarrhöen, ist
keineswegs einheitlich. Sie können bereits
durch die Umstellung der Lebensgewohnheiten und der Nahrung oder durch die Stresssituation ausgelöst werden. Die Mehrzahl dieser akuten Diarrhöen aber ist infektiös bedingt, wobei neben den oft mangelnden
hygienischen Verhältnissen auch der Wechsel
der mikrobiologischen Flora auslösendes
Agens sein kann. Dabei kommen einige allgemein seltene Erreger in bestimmten Regionen gehäuft vor.
Erreger akuter Diarhöen
Escherichia coli
Enteropathogene Stämme von Escherichia
coli (EPEC) scheinen zu den häufigsten Erregern akuter Darminfektionen einschließlich
der Reisediarrhöen zu gehören. Von diesen
kommen nicht invasive Stämme wesentlich
häufiger vor als invasive Stämme. Die invasiven, zu dysenterischen Diarrhöen führenden
Selbstmedikation 10/2015
Stämme (EHEC = enterohämorrhagische)
führen zu shigellose-ähnlichen, aber oft
leichteren Verlaufsformen. Die diese Erkrankungen auslösenden Stämme werden somit
daher als Shigella-like E. coli bezeichnet.
Das Enterotoxin der nicht invasiven enterotoxischen Escherichia-coli-Stämme (ETEC)
wird über eine Aktivierung der Adenylatcyclase an die Enterozytenmembran, hauptsächlich neu heranwachsender Darmepithelzellen
der Kryptenregion gebunden und löst dort
die Sekretion von Elektrolyten und Wasser
aus. Die Wasserausscheidung kann 5 bis 10
oder sogar 30 l pro Tag erreichen, wobei 10
und mehr Stühle pro Tag keine Seltenheit
sind. Bei den nicht invasiven Formen
dominieren die diarrhoischen Formen des
Durchfalls. Nach einer Inkubationszeit von
meist 1 bis 2 Tagen treten schlagartig gelbliche, dann farblose wässrige Stühle und
Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen auf.
Dehydratation mit Muskelkrämpfen und
Hämokonzentration können folgen. Der
Krankheitsverlauf ist selbstlimitierend und
dauert bis zu 5 Tage.
2. Aktualisierungslieferung
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Tab. 2.3-4: Verhalten von Erregern infektiöser Diarrhöen im und ihre Wirkung auf den Darm
Erreger
Reaktion des Darmes
Nicht invasiv:
• Vibrio cholerae
• nicht invasive Stämme von Escherichia coli
• Starke Flüssigkeitszunahme im Darmlumen
durch Sekretion von Chlorid, Hydrogencarbonat, Wasser und Hemmung der Natriumresorption
• Hypermotilität
• Hyperämie
Invasiv:
• Salmonellen
• Yersinien
• Campylobacter
• Shigellen
• Invasive Stämme von Escherichia coli
• Amöben
Salmonellosen
Die Salmonellose (Gastroenteritis salmonellosa) wird durch Salmonellaarten ausgelöst,
von denen mehr als 2 000 Serotypen unterschieden werden können. Die pathologisch
bedeutendsten sind Salmonella typhimurium,
welches für etwa 40 % der in Mitteleuropa
ausgelösten Salmonellosen verantwortlich ist,
weniger häufig sind S. panama, S. enteritidis
und S. infantis. Andere Regionen zeigen eine
sich von Zentraleuropa unterscheidende
Häufigkeitsverteilung der Salmonellaarten.
Aufgrund der Ausgangslage des betroffenen
Organismus, der Anzahl der Erreger und deren Virulenz können Salmonelleninfektionen
trotz erwiesener Keimausscheidung symptomlos verlaufen oder zu leichten bis schweren Gastroenteritiden führen.
Ursache von durch Salmonellen bedingten
Gastroenteritiden sind meist kontaminierte
Speisen. Die Übertragung von Mensch zu
Mensch ist aufgrund der relativ niedrigen Virulenz (bei gesunden Erwachsenen führen je
nach Salmonellenart erst Keimzahlen in der
Größenordnung von 105 bis 108 zur Erkrankung) eher selten. 12 bis 48 Stunden (meist
18 bis 24 Stunden) nach Aufnahme kontaminierter Nahrung treten schlagartig heftige
lokale und systemische Reaktionen mit
Erbrechen, Durchfall, abdominalen Krämp2. Aktualisierungslieferung
• Hypermotilität durch Enterotoxinbildung
• lokale und systemische Wirkung durch Freisetzung von Enterotoxin in der Darmwand
fen, oft begleitet von Fieber und Schüttelfrost
auf.
Obgleich sich die Erreger invasiv verhalten,
sind dysenterische Formen mit blutigen
Stühlen als Folge einer zellzerstörenden Wirkung eher selten. Es kommt lediglich zu einer entzündlichen Reaktion der Lamina
propria mucosae mit erhöhter Motilität und
Tonus der Darmwand, erhöhter Sekretionsrate und vermehrter Schleimhautneubildung
(erhöhter Zell-turn-over). Der Schweregrad
von Salmonellosen wird allgemein eher
überschätzt. Eine symptomatische Therapie
der Salmonellosen ohne Antibiotika bzw.
Chemotherapie ist, abgesehen von Risikopatienten wie Säuglingen, immungeschwächten
Patienten, Diabetikern und sehr alten Menschen, meist ausreichend.
Yersinia-Diarrhöen
Durch Yersinia enterocolitica ausgelöste
Durchfälle mit meist gutartigem Verlauf haben zugenommen. Das Ausmaß der Diarrhöen, die von Fieber begleitet sein können,
ist unterschiedlich. Sie sind meist selbstbegrenzend, klingen innerhalb weniger Wochen ab, so dass bis auf schwerere Fälle mit
systemischer Sepsis auch hier eine antibiotische bzw. chemotherapeutische Behandlung
entfallen kann. Bei septikämischem Verlauf
Selbstmedikation 10/2015
Erkrankungen des Darms
und der Bauchspeicheldrüse
Verdauungstrakt
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
können allerdings systemische Erkrankungen wie Erythema nodosum oder Arthritiden die Folge sein.
Campylobacter-Enteritiden
Campylobacter-Infektionen, die ursprünglich
den Zoonosen zugeordnet wurden, haben
in jüngerer Zeit auch erhebliche Bedeutung
für den Menschen gewonnen. Insbesondere
Campylobacter fetus subspecies jejuni ist neuerdings häufig Ursache akuter Durchfallerkrankungen mit vorwiegendem Befall des
Dünndarms, die außer durch Wasser und
Speisen auch durch Vögel übertragen werden.
Nach einer zunächst uncharakteristischen
Prodromalphase kommt es 2 bis 5 Tage nach
der Infektion zu Diarrhöen. Die Erkrankung
wird besonders bei Kindern beobachtet. Sofern im Stuhl Leukozyten und Erythrozyten
nachgewiesen werden, ist eine invasive Form
der Diarrhoe anzunehmen. Daneben kommen aber auch nicht invasive diarrhoische
Formen vor.
Eine antibiotische oder Chemotherapie ist
nur bei Komplikationen mit allgemeiner Sepsis erforderlich.
Shigellosen
Shigelleninfektionen (Bakterienruhr) kommen bei uns seltener vor, sind dafür aber
schwerwiegender als die bisher genannten
infektiösen Diarrhöen. Wegen der hohen Virulenz der Erreger – 102 aufgenommene
Keime können bereits eine Infektion auslösen – sind Kontaktinfektionen bei Shigellosen häufiger als bei den übrigen infektiösen
Darmerkrankungen. Die wichtigsten Erreger
der Bakterienruhr sind Shigella sonnei, Shigella flexneri, wobei heute Letzterer dominiert. Die Inkubationszeit liegt zwischen 1
und 7 Tagen. Die Erkrankung beginnt mit
Prodromalerscheinungen wie Müdigkeit,
Kopf- und Gliederschmerzen sowie niedrigem Fieber, so dass zunächst ein grippaler
Infekt vermutet werden kann. 12 bis
30 Stunden später setzen Abdominalkrämpfe
gefolgt von durch enterotoxinvermittelte SekSelbstmedikation 10/2015
retion im Dünndarm bedingten Durchfällen
ein. Infolge Invasivität und zytotoxischer
Wirkung der Shigellen, hauptsächlich auf die
Epithelzellen des Kolons, werden blutigschleimige Stühle beobachtet, die oft unter
heftigen Tenesmen (ständiger, schmerzhafter
Stuhldrang) abgesetzt werden. Sie sollten
stets Anlass zur Konsultation eines Arztes
sein. Shigellosen bedürfen einer antibiotischen Therapie.
Amöbiasis
Neben der durch Shigellen verursachten bakteriellen Ruhr kommt, wenn auch sehr selten, eine durch Protozoen ausgelöste hinsichtlich ihrer Symptomatik ähnliche Darminfektion, die Amöbenruhr vor. Erreger der
Amöbiasis ist Entamoeba histolytica. Die Inkubationszeit bei dieser Durchfallerkrankung
ist sehr variabel und kann sich im Bereich
von wenigen Tagen bis zu Jahren bewegen.
Meist liegt sie zwischen 2 und 4 Wochen. Die
Infektion erfolgt durch orale Aufnahme von
Amöbenzysten, welche sich im Dickdarm zu
Trophozoiten (Minutaformen) entwickeln.
Bei latentem Verlauf können sich unter für
die Erreger günstigen Konditionen aus den
Minutaformen die invasiven Magnaformen
(haematophager Trophozoit) entwickeln,
welche dann zu Nekrosen und Ulzerationen
der Dickdarmschleimhaut führen. Die Erkrankung beginnt meist ohne Fieber, oft mit
einer Obstipation, gefolgt von zunächst leichten, dann glasig-schleimigen und blutigen
Durchfällen. Schon wegen der gefürchteten
systemischen Komplikationen ist eine chemotherapeutische Behandlung erforderlich.
Mittel der Wahl ist Metronidazol.
Cholera
Die durch den Erreger Vibrio cholerae, ein
kommaförmig gekrümmtes gramnegatives
Stäbchenbakterium, ausgelöste Cholera ist
der Prototyp einer diarrhoischen Diarrhoe,
die vorwiegend den Dünndarm befällt und
insbesondere in Südostasien, Südamerika
und in afrikanischen Ländern verbreitet ist.
2. Aktualisierungslieferung
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Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 und
5 Tagen. Die Cholera ist gekennzeichnet
durch starke wässrige Durchfälle und Erbrechen mit extremen Flüssigkeitsverlusten
bis zu 20 l täglich mit der Folge einer starken
Exsikkose und meist stark ausgeprägter Azidose. Bedingt durch die Exsikkose ergeben
sich als Begleitsymptome Blutdruckabfall,
Tachykardie, Anurie und eine Untertemperatur. Eine antibiotische Behandlung ist daher
unabdinglich.
Die Symptome werden durch ein gut untersuchtes Exotoxin der mittleren relativen Molekülmasse 86 000 Dalton ausgelöst. Dieses
Enterotoxin enthält eine aus 5 Polypeptidketten (Mr jeweils 11 600), für die Bindung an
den Rezeptor der Darmepithelzelle verantwortliche und die wirksame Untereinheit (Mr
28 000). Die Hypersekretion von Chloridionen und Resorptionshemmung der Natriumionen, welche eine hohe Wasserausscheidung zur Folge haben, kommt über eine Aktivierung der Adenylatcyclase zustande.
Virale Diarrhöen
Ein beachtlicher Teil der infektiös bedingten
akuten Durchfallerkrankungen kann trotz
noch lückenhafter Kenntnisse auf Viren zurückgeführt werden. Gastroenteritiden verursachende Viren kommen vor allem in den
Gruppen der Parvoviren, der REO-Viren
und der Rotaviren vor. Immer wieder treten
epidemieartige Durchfallerkrankungen bedingt durch den Norovirus auf.
Die vor allem bei Kindern verbreiteten viralen Durchfallerkrankungen beginnen in der
Regel abrupt, halten 1 bis 21 Tage an und
sind meist von leichtem Fieber und Beschwerden des oberen Respirationstrakts begleitet. Eine über die symptomatische hinausgehende Behandlung ist weder nötig noch
möglich.
Arzneimittelinduzierte Diarrhöen
Häufig entwickeln sich infektiöse Durchfälle
infolge einer Behandlung mit Antibiotika, da
letztere den Schutz durch die natürliche
2. Aktualisierungslieferung
Darmflora schwächen, und der Besiedlung
des Darms mit pathogenen Erregern Vorschub leisten. Nach Absetzen des Antibiotikums verschwindet die Diarrhö meist von
selbst. Der Heilungsprozess kann aber durch
die Einnahme von Probiotika beschleunigt
werden. Allerdings kann sich durch die Antibiotikatherapie auch eine durch Fieber und
abdominelle Beschwerden gekennzeichnete
und eventuell von blutigen Durchfällen begleitete lebensbedrohliche pseudomembranöse Kolitis entwickeln. Sie wird durch von
Clostridium difficile gebildete Toxine ausgelöst und tritt in der Regel 4 bis 10 Tage nach
Beginn der Antibiotikabehandlung auf. Häufige Auslöser einer antibiotikainduzierten
pseudomembranösen Kolitis sind Lincomycin, Ampicillin und Cephalosporine. Außer
den
antibiotikainduzierten
infektiösen
Durchfällen können akute Diarrhöen als Nebenwirkungen verschiedener weiterer Arzneimittel verursacht werden. Zu ihnen gehören neben den Laxantien Magnesium enthaltende Antazida sowie neurotrope Pharmaka
wie Antiadrenergika, Antihypertensiva wie
Guanethidin, Methyldopa und Reserpin sowie parasympathomimetische Substanzen.
Nicht unerwähnt bleiben soll schließlich,
dass Diarrhöen auch Folge einer Nahrungsmittelallergie oder einer unzuträglichen Ernährung, etwa mit sehr fettreichen Nahrungsmitteln sein können.
Nahrungsmittelbedingte Diarrhöen
Durch Nahrungsmittel ausgelöste Durchfälle
können auf einer unzureichenden Verdauung
deren bestimmter Nahrungsbestandteile oder
auf einer allergischen Reaktion mit letzteren
beruhen. So liegt bei einer Lactoseintoleranz
ein Mangel an dem Lactose spaltendem Enzym Lactase vor (vgl. Seite 2–84). Sie darf
nicht mit einer Kuhmilchallergie verwechselt
werden, welcher eine Immunreaktion mit bestimmten Eiweißbestandteilen zugrungeliegt.
Weiteres Beispiel für eine immunologisch bedingte Enteropathie mit dem Symptom Diarrhö ist die Zöliakie (Sprue), welche auf einer
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Erkrankungen des Darms
und der Bauchspeicheldrüse
Verdauungstrakt
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
Überempfindlichkeit gegen Gluten beruht.
Der Genuss glutenhaltiger Speisen führt hier
zu Veränderungen der Dünndarmschleimhaut mit einer Atrophie der Zotten. Die hierdurch bedingte verminderte Nahrungsresorption führt zu Diarrhö, voluminösen Fettstühlen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und
Eisenmangel. Wegen des erhöhten Risikos für
Autoimmun- und maligne Erkrankungen,
insbesondere maligne Lymphome, wird auch
bei milden Verlaufsformen eine lebenslange
glutenfreie Diät empfohlen.
Chronische Diarrhöen
Chronische, d.h. länger als 2 Wochen anhaltende Diarrhöen sind meist Symptome verschiedener Grunderkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Sie bedürfen daher stets
einer ärztlichen Diagnose und können allenfalls nach einer solchen symptomatisch, beispielsweise durch Quellstoffe wie Flohsamen
oder Weizenkleie unterstützend behandelt
werden.
So sind für psychogen bedingte Diarrhöen
häufige schmerzhafte Stuhlentleerungen mit
kleinen Stuhlmengen charakteristisch. Häufig
wird nach einer normalen Stuhlentleerung
oder kurz nach den Mahlzeiten wässriger
Stuhl abgesetzt. Ursache der psychogen bedingten chronischen Diarrhöen ist eine periodisch auftretende Dominanz des parasympathischen Nervensystems. Sie treten oft alternierend mit Obstipationen auf. Chronische
Diarrhöen kommen auch bei 2,5 % aller Diabetiker und bei 22 % neuropathischer Diabetiker vor. Ferner können schwere entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn
oder das Colon irritabile, Karzinome des
Gastrointestinaltrakts oder endokrine Tumoren Ursache einer chronischen Diarrhoe sein.
Dies unterstreicht die Unverzichtbarkeit einer
gründlichen ärztlichen Diagnose.
2.3.2.2 Diätetische Maßnahmen
Die früher bei Durchfallerkrankungen empfohlene längere Nahrungskarenz gilt heute
Selbstmedikation 10/2015
als überholt, vielmehr ist eine frühe Realimentation nach Substitution der Flüssigkeitsund Elektrolytverluste angezeigt. Hierbei ist
mit gewissen Einschränkungen eine spezielle
Diät nicht erforderlich. Vorteilhaft ist allerdings bei Säuglingen wegen der möglichen
Disaccharidintoleranz bei Enteritiden eine
vorübergehende verminderte Lactosezufuhr.
Günstiger sind wegen der geringeren osmotischen Aktivität polymere Kohlenhydrate wie
Dextrinmaltose, Stärke oder Reisschleim.
Empfehlenswert bei Durchfallerkrankungen
sind auch Bestandteile der physiologischen
Darmflora enthaltende, als Probiotika bezeichnete Milchprodukte, die an späterer
Stelle besprochen werden.
Die Einschränkung einer normalen Fettzufuhr ist ebenso wenig geboten wie diejenige
einer normalen Eiweißnahrung, ausgenommen bei bestehenden Eiweißallergien. Auch
sollte das Stillen von Säuglingen unbedingt fortgesetzt werden. Die vor der Erkrankung gegebene altersgemäße Säuglingsnahrung sollte, eventuell zunächst in verdünnter Form, beibehalten werden.
2.3.2.3 Medikamentöse Maßnahmen
Trotz der Vielfalt an Erregern und anderer
Ursachen ist die therapeutische Behandlung
von Durchfallerkrankungen, zumindest im
Selbstmedikationsbereich, auf symptomatische Maßnahmen beschränkt. Diese werden
daher unabhängig von ätiologischen Aspekten in diesem Kapitel gemeinsam besprochen. Eine Auswahl von Arzneimitteln zur
Behandlung von Durchfallerkrankungen findet sich in den Tabellen 2.3-5 und 2.3-6.
Orale Rehydratationslösungen
Wegen der zum Teil sehr erheblichen Flüssigkeitsverluste ist der Ersatz von Elektrolyten und Wasser als wichtigste therapeutische
Maßnahme bei akuten Durchfallerkrankungen heute unumstritten. Dies gilt insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder, bei denen die Gewichtsabnahme durch Flüssig2. Aktualisierungslieferung
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Tab. 2.3-5: Zusammensetzung oraler Rehydratationslösungen gemäß Empfehlung der WHO (seit
2002) und der ESPGAN
WHO (mmol/l)
ESPGAN (mmol/l)
Natrium
75
60
Chlorid
65
20
Glucose (wasserfrei)
75
74–111
Kalium
20
20
Citrat
10
10
Gesamtmolarität
245
240
keitsverlust bei Durchfällen bis zu 10 % und
mehr erreichen kann, aber auch für ältere Patienten über 60 Jahren, bei denen die physiologischen Kompensationsmechanismen
deutlich eingeschränkt sind. Bei Diarrhöen
im Kleinkindesalter hat der Elektrolyt- und
Flüssigkeitsersatz absoluten Vorrang vor allen anderen therapeutischen Maßnahmen.
Während bei leichteren Diarrhöen ein Flüssigkeitsersatz durch Tee oder Fruchtsaftgetränke meist ausreicht, ist bei stärkeren
Durchfällen ein gezielter Wasser- und Elektrolytersatz mit bilanzierten und möglichst
auch Glucose enthaltenden Lösungen
zweckmäßig. Der Glucosezusatz bietet neben
der vor allem in der Pädiatrie gewünschten
Geschmacksverbesserung auch den Vorteil,
dass sich die Natriumionen- und Glucoseabsorption bei gleichzeitiger isoosmolarer Aufnahme von Anionen und Wasser gegenseitig
stimulieren. Meinungsverschiedenheiten gibt
es auch heute noch hinsichtlich der optimalen Zusammensetzung der oralen Rehydratationslösungen (ORL), insbesondere hinsichtlich deren optimalen Natriumionenkonzentration.
Ziel jeder Rehydratation ist eine möglichst
rasche Substitution der Elektrolyt- und Wasserverluste und zugleich auch eine Kompensation der häufig gleichzeitig beobachteten
Azidose. Einigkeit besteht darüber, dass die
Substitution nicht mit stark hypertonen Lösungen vorgenommen werden sollte, da
Letztere aufgrund ihres osmotischen Drucks
die Resorption von Wasser und Elektrolyten
2. Aktualisierungslieferung
hemmen und zu einer vermehrten Sekretion
von Flüssigkeit in das Darmlumen führen.
Als optimal gelten heute schwach hypoosmolare orale Rehydratationslösungen mit einer
Gesamtosmolarität um 240 (200 bis 250)
mmol/l (Blutisotonie bei 285 mmol/l).
Die ursprünglich von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Rehydratationslösung enthält mit 90 mmol/l viel Natriumionen. Diese hohe Natriumionenkonzentration
entspricht den bei Kindern mit Cholera
beobachteten Natriumausscheidungen im
Stuhl. Die Natriumverluste bei anderen bakteriellen Enteritiden und auch bei den bei
Kindern häufig vorkommenden durch Rotaviren verursachten Diarrhöen sind mit 35 bis
60 mmol/l deutlich geringer. Aus diesem
Grunde senkte die WHO 2002 die empfohlene Natriumkonzentration auf maximal
75 mmol/l und die Gesamtmolarität auf
245 mmol/l. Die Europäische Gesellschaft
für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (ESPGAN) empfiehlt zumindest für
europäische Kinder eine orale Rehydratationslösung mit einer Natriumionenkonzentration von nur 60 mmol/l (Tab. 2.3-5).
Der Kaliumgehalt von 20 mmol/l dieser
empfohlenen oralen Rehydratationslösung
(ORL) beugt der Entwicklung einer Hypokaliämie mit ihren Folgen vor. Der Glucosegehalt der ORL sollte gemäß Empfehlungen der
ESPGAN im Konzentrationsbereich von 74
bis 111 mmol/l liegen. Bei Verwendung monomerer Glucose ist zwecks Vermeidung hyperosmolarer Lösung der untere KonzentraSelbstmedikation 10/2015
Erkrankungen des Darms
und der Bauchspeicheldrüse
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
tionsbereich zu bevorzugen. Wegen ihres
niedrigeren osmotischen Drucks sind daher
Glucose enthaltende polymere Kohlenhydrate wie Dextrinmaltose, Stärke oder Reisschleim vorteilhaft. Sie können, bezogen auf
die Glucoseeinheit, auch in höherer Konzentration verabreicht werden.
Bei schweren Durchfällen ist wegen der Gefahr einer Azidose der Zusatz basischer Substanzen zu den oralen Rehydratationslösungen vorteilhaft. Hierbei ist Natriumcitrat
dem früher meist verwendeten Natriumhydrogencarbonat vorzuziehen, da Letzteres
die Flüssigkeitsresorption hemmt, zu Instabilitäten der Glucose führen, Blähungen verursachen kann und zudem den Geschmack ungünstig beeinflusst und damit die Akzeptanz
der Lösung beeinträchtigen kann.
Wegen des großen zu applizierenden Flüssigkeitsvolumens kommen orale Rehydratationslösungen nicht als solche in den Handel,
sondern werden vielmehr aus meist einzeldosierten, festen Darreichungsformen vom Patienten selbst durch Auflösen in (abgekochtem!) Wasser hergestellt. Die Zusammensetzung entsprechender handelsüblicher
Produkte findet sich in Tabelle 2.3-6.
Für die Apothekenrezeptur kann zur oralen
Rehydratation folgende Lösung empfohlen
werden, die der von der ESPGAN empfohlenen Zusammensetzung etwa entspricht:
Natriumchlorid
Natriumcitrat-Dihydrat
Kaliumchlorid
Glucose, wasserfrei
Wasser
1,75 g
(0,35 g)
3g
(0,6 g)
1,5 g
(0,3 g)
20 g
(4 g)
zu
1 000 g (200 g)
Das Substanzgemisch kann (z.B. mit den
eingeklammerten Mengen der Rezepturformel) in Form einzeln dosierter Pulver hergestellt und daraus vom Patienten mit der angegebenen Menge abgekochten Wassers die
fertige orale Rehydratationslösung bereitet
werden. Das Feststoffgemisch eignet sich wegen seines geringeren Volumens auch für
Reiseapotheken.
Antidiarrhoika
Unter Antidiarrhoika werden hier in engerem Sinne Wirkstoffe verstanden, welche auf
neurotropem Wege die Motilität und die
Sekretion des Darmes hemmen und so zu einer raschen Beseitigung der lästigen und
schmerzhaften Diarrhösymptome führen.
Sofern man sich der Gefahren einer symptomatischen Behandlung stets bewusst
bleibt und notwendige andere therapeutische
Maßnahmen wie den Wasser- und Elektrolytersatz bzw. im Falle schwerer dysenterischer Erkrankungen eine antibiotische Therapie nicht außer Acht lässt, sind Opioide
Tab. 2.3-6: Handelsübliche Präparate zur Herstellung oraler Rehydratationslösungen
Handelsname
Darreichungsform
Zusammensetzung
Herstellung der
ORL
Elotrans®
Pulver
1 Beutel (6,03 g): Glucose-wasserfrei 4 g,
Natriumchlorid 0,7 g, NatriumcitratDihydrat 0,59 g, Kaliumchlorid 0,3 g
Beutelinhalt in
200 ml Flüssigkeit
1 Beutel:
4,869/
5,2/
5,2 g
enth.: Natriumchlorid 0,47 g
Kaliumchlorid 0,3 g,
D-Glucose 1H2O 3,56 g,
Dinatriumhydrogencitrat 1,5H2O 0,53 g
1 Beutel in
200 ml Flüssigkeit
Oralpädon® 240
Pulver
Neutral/
– 240 Erdbeere/
– 240 Apfel-Banane
Selbstmedikation 10/2015
2. Aktualisierungslieferung
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zweifellos hervorragende und unentbehrliche
Pharmaka. Sie verbessern, korrekt dosiert
und angewandt, durch Beseitigung der Symptome bei durchaus vertretbaren Nebenwirkungen den subjektiv empfundenen Gesundheitszustand der betroffenen Patienten
beträchtlich.
Loperamid
Die als Antidiarrhoika verwendeten Opioide
unterscheiden sich zum Teil erheblich hinsichtlich ihrer zentralen Nebenwirkungen
einschließlich ihres Suchtpotentials. Als ein
diesbezüglich besonders günstiges synthetisches Antidiarrhoikum hat sich Loperamid
erwiesen (Tab. 2.3-7).
Nachdem die rezeptfreie Anwendung von
Loperamid bereits in vielen Staaten, darunter
USA, Kanada, Schweiz, Schweden und in den
meisten EG-Staaten, mit Erfolg praktiziert
worden war, hat endlich auch die zuständige
deutsche Behörde dem Patienten und vor allem dem Apotheker den verantwortungsvollen Umgang mit diesem Medikament zugetraut und hat 1993 Loperamid und seine Salze unter bestimmten Voraussetzungen aus
der Verschreibungspflicht entlassen. Die
Freistellung ist beschränkt auf feste Zubereitungen zur oralen Anwendung bei akuter Diarrhoe in Tagesdosen bis zu 12 mg und in
Packungsgrößen bis zu 24 mg, wobei Kinder
unter 6 Jahren durch entsprechende Hinweise auf dem Behältnis und dessen äußerer
Umhüllung von der Selbstmedikation ausgeschlossen werden.
2. Aktualisierungslieferung
Pharmakodynamik
Loperamid bindet als Opioid an zentrale und
periphere μ-Opiatrezeptoren, besitzt jedoch
im Gegensatz zur Mehrzahl der übrigen Vertreter dieser Wirkstoffgruppe keine analgetische Wirkung und führt erfahrungsgemäß
nicht zur Abhängigkeit. Sein Suchtpotential
ist praktisch vernachlässigbar.
Loperamid vermindert über das autonome
Nervensystem und die peripheren Opiatrezeptoren die propulsive Motilität des Darmes. Die Aktivität der Longitudinalmuskulatur wird reduziert, der Tonus und die segmentale Aktivität des Darmes hingegen
werden erhöht und damit die Passagezeit des
Darminhaltes verlängert. Aus der erhöhten
Verweilzeit des Darminhaltes resultiert eine
vermehrte Wasser- und Elektrolytresorption
über die Dünndarmschleimhaut.
Experimentell ließ sich ferner eine Bindung
des Loperamids an Calmodulin und damit
eine Aktivitätshemmung calciumabhängiger
Enzyme sowie eine Hemmung der durch
Prostaglandin bzw. durch das Choleratoxin
stimulierten Flüssigkeitssekretion nachweisen, deren Bedeutung für die therapeutische
Wirkung jedoch unklar ist. Neben der motilitätshemmenden und antisekretorischen
Wirkung wird für Loperamid eine Funktionsverbesserung des Kontinenzorgans über
Neurotransmitter oder den Calmodulinmechanismus angenommen. Als motilitätshemmendes Antidiarrhoikum ist Loperamid
heute Mittel der Wahl und kann sowohl zur
Behandlung akuter als auch chronischer Diarrhöen (bei Letzteren allerdings nur durch
den Arzt!) mit Erfolg eingesetzt werden.
Die Frage, inwieweit es durch die Anwendung von Motilitätshemmern zu einer verzögerten Ausscheidung pathogener Erreger
und damit zu einem verzögerten Krankheitsverlauf kommen kann, wird nach wie vor
kontrovers diskutiert. Aufgrund neuerer Untersuchungen trifft dieses für Loperamid allerdings nicht zu.
Die Anfangsdosis bei akuten Durchfällen beträgt für den Erwachsenen 4 mg, gefolgt von
Selbstmedikation 10/2015
Erkrankungen des Darms
und der Bauchspeicheldrüse
Verdauungstrakt
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
Tab. 2.3-7: Arzneimittel zur Behandlung von Durchfallerkrankungen außer oralen Rehydrationslösungen
Handelsname
Darreichungsform
Zusammensetzung in
Antidarrhoika
Imodium® akut
Loperamidratiopharm® akut
Vaprino® 100 mg
Kapseln
Filmtabletten
1 Kapsel: Loperamidhydrochlorid 2 mg
1 Tablette: Loperamidhydrochlorid 2 mg
Kapseln
1 Kapsel: 100 mg Racecadotril
Eichenrinde (DAC)
Droge
Kohle-Compretten®
Kohle-Hevert®
Kohle-Pulvis
Tannalbin® av
Tannalbin®
Tabletten
Tabletten
Pulver
Kapseln
Tabletten
Flohsamen
Droge
Indische Flohsamen
Indische Flohsamenschalen
Agiocur®
Droge
Droge
Metamucil kalorienarm
– Orange Sachets
Mucofalk® Apfel-/
Orange/-Pur
Pascomucil
Pulver
Adsorbentien
Rinde jüngerer Stämme und Zweige von Quercus
robur L. und Quercus petraea
Medizinische Kohle 250 mg pro Tablette
Medizinische Kohle 250 mg pro Tablette
Medizinische Kohle
1 Kapsel: Tanninalbuminat 250 mg
1 Tablette: Tanninalbuminat 500 mg
Quellmittel
Reife Samen von Plantago psyllium L. und Plantago indica L.
Reife Samen von Plantago ovata FORSSKAL
Schalen der reifen Samen von Plantago ovata
FORSSKAL
5 g (1 Teelöffel): Plantago-ovata-Samen 3,25 g,
Plantago-ovata-Samenschalen 0,11 g
5,8 g (1 Beutel) Flohsamen, indische 3,26 g
Granulat
Granulat
5 g (1 Beutel): Plantago-ovata-Samenschalen
3,25 g
5 g: Plantago-ovata-Samenschalen 2,5 g
Pulver
Mittel zur Normalisierung der Darmflora
Lactulose enthaltende Präparate
Bifiteral®
Lactulose Heumann®
Lactuflor®
Ladulose Hexal
Sirup
Sirup
Sirup
Sirup
100 ml: Lactulose 66,7 g
100 ml: Lactulose 60,6 g
100 ml: Lactulose 65 g
100 ml: Lactulose 66,7 g
Lebensfähige Mikroorganismen enthaltende Präparate (Auswahl)
Mutaflor®
mite/Mutaflor
magensaftresistente
Kapseln
Omniflora®
Kapseln
Perenterol® 50 mg/
Perenterol® forte
250 mg
Perocur® forte
Kapseln
Uzara®
Dragees
Uzara® N Lösung
Saft
Kapseln
1 Kapsel: Biotrockenmasse mit 0,5–5 × 109/2,5–
25 × 109 lebensfähigen Bakterien Escherichia coli
Stamm Nissle 1917
1 Kapsel: Trockenhefe aus Saccharomyces cerevisiae HANSEN CBS 5926 250 mg mit mind 5 × 109
lebensfähigen Zellen
1 Kapsel enth.: Trockenhefe aus Saccharomyces
boulardii 50 mg bzw. 250 mg
1 Kapsel enth.: Saccharomyces cerevisiae HANSEN
CBS 5926 250 mg
Uzarawurzel
Selbstmedikation 10/2015
1 Dragee: Trockenextrakt (4–6 : 1) 40 mg – Auszugsmittel: Methanol 60 % (V/V)
10 ml (1 Messlöffel): Trockenextrakt (4–6 : 1)
75,6 mg – Auszugsmittel: Methanol 60 % (V/V)
2. Aktualisierungslieferung
Seite 2 - 69
jeweils 2 mg nach jedem Stuhlgang bei einer
maximalen Tagesdosis von 12 mg in der
Selbstmedikation. Im Regelfall (50 bis 75 %
der Fälle) reichen 8 mg Loperamid zur erfolgreichen Behandlung während der ersten
24 Stunden, am zweiten Tag meist 4 mg aus.
Bei länger als 2 Tage andauernder Diarrhoe
empfiehlt sich eine diagnostische Abklärung
durch den Arzt.
Pharmakokinetik
Nach peroraler Applikaton von 4 mg Loperamid werden beim Erwachsenen maximale
Plasmakonzentrationen von 1 bis 3 ng pro ml
nach 3 bis 5 Stunden erreicht. Die absolute
Bioverfügbarkeit dürfte, obgleich Vergleichsuntersuchungen nach intravenöser Verabreichung fehlen, aufgrund der hohen Metabolisierungsrate in Darm und Leber und des
hieraus resultierenden First-Pass-Effektes
nur sehr gering sein. Loperamid wird zu
96 % an Plasmaproteine gebunden. Die Elimination des unveränderten Wirkstoffs erfolgt nach peroraler Applikation nur zu 2 %
mit dem Harn, mit dem Stuhl werden 30 %
des intakten Wirkstoffs, der Rest in Form
von Metaboliten eliminiert. Loperamid gelangt aufgrund seines relativ polaren Charakters, ausgenommen Kleinkinder mit noch
nicht vollständig ausgebildeter Blut-HirnSchranke, nicht ins Zentralnervensystem.
Hiermit findet das im Gegensatz zu anderen
Opioiden fehlende Suchtpotential seine rationale Erklärung.
Unerwünschte Wirkungen
Die unerwünschten Nebenwirkungen von
Loperamid sind bei korrekter therapeutischer Dosierung vernachlässigbar. Gelegentlich beobachtete Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindelgefühle, Bauchkrämpfe,
Übelkeit, Mundtrockenheit, Exantheme oder
ein Megakolon (Erweiterung und Überfüllung der unteren Mastdarmabschnitte) könnten Zeichen einer Überdosierung sein. Im
Übrigen sind diese unerwünschten Wirkungen von den Symptomen der Erkrankung
selbst nur schwer zu trennen.
2. Aktualisierungslieferung
Gegenanzeigen
Gegenanzeigen sind eine bekannte Überempfindlichkeit gegen Loperamid oder ein
Darmverschluss. Der Wirkstoff sollte ferner
nicht angewandt werden bei Kindern unter 2
Jahren (in der Selbstmedikation unter 12 Jahren!), bei fieberhaften Durchfallerkrankungen mit blutigen Stühlen, bei akuten Schüben
einer Colitis ulcerosa.
Schwangerschaft und Stillzeit
Da aussagekräftige Untersuchungen fehlen,
sollte von einer Anwendung des Loperamids
in der Schwangerschaft abgesehen werden.
Bei der Anwendung in der Stillzeit wird,
obgleich die in der Muttermilch zu erwartenden Loperamid-Konzentrationen gering
sind, ein Abstillen vor Therapiebeginn empfohlen, da aufgrund der noch unzureichend
entwickelten Blut-Hirn-Schranke neurotoxische Wirkungen beim Säugling sonst nicht
sicher ausgeschlossen werden können.
Beratungstipp
Hinweise zu Loperamid in der Selbstmedikation
• Erwachsene initial 4 mg Loperamid, dann
2 mg nach jedem ungeformten Stuhl.
• In der Selbstmedikation nur für Kinder
> 12 Jahre, diese nehmen initial 2 mg Loperamid.
• Ohne ärztlichen Rat nicht länger als 2 Tage
einnehmen.
• Absetzen bei Obstipation oder geblähtem
Leib.
• Nicht anwenden bei Durchfall mit Fieber o.
blutigem Stuhl.
Racecadotril
Nachteil des Antidiarrhoikums Loperamid
ist, dass der Wirkstoff bei Kindern nur begrenzt eingesetzt werden kann. Bei Kindern
unter 2 Jahren ist er wegen der Gefahr ileusartiger Zustände kontraindiziert, da bei ihnen die Blut-Hirn-Schranke noch nicht vollständig ausgeprägt ist und somit ein verstärkter Übergang des Wirkstoffs in das
Zentralnervensystem erfolgen kann.
Selbstmedikation 10/2015
Erkrankungen des Darms
und der Bauchspeicheldrüse
Verdauungstrakt
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Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse
Umso erfreulicher ist, dass mit dem Enkephalinasehemmstoff Racecadotril ein Antidiarrhoikum zur Verfügung steht, welches
allerdings nur unter ärztlicher Kontrolle,
auch bei Kleinkindern angewandt werden
kann. 2013 wurde Racecadotril zur Behandlung von akutem Durchfall bei Erwachsenen
in festen Zubereitungen in peroralen Einzeldosen von 100 mg je abgeteilter Form und
in einer Gesamtmenge von 1 000 mg mit
einer Anwendungsdauer von bis zu 3 Tagen aus der Verschreibungspflicht entlassen.
C
O
SCOCH3
O
N
C
H
O
Racecadotril
Pharmakodynamik
Im Gegensatz zu Loperamid ist Racecadotril
kein auf neurotropem Wege wirkender Motilitätshemmer, sondern ein Sekretionshemmer, dessen Wirkung auf einer Inhibition der
Enkephalinase beruht. Bei akuten Durchfallerkrankungen wird durch Stimulation der
intramukosalen Adenylatcyclase die intrazelluläre cAMP-Konzentration erhöht. Diese
führt zu einer vermehrten Sekretion von
Elektrolyten und Wasser in das Darmlumen
und somit zu Durchfall. Die Adenylatcyclase
wird durch Enkephalin über eine Stimulation
von δ-Opioid-Rezeptoren gehemmt und damit die intrazelluläre cAMP-Konzentration
gesenkt. Enkephalin wird durch das Enzym
Enkephalinase hydrolytisch abgebaut. Wird
nun die Enkephalinase durch Racecadotril
gehemmt, so kommt es zu einer Erhöhung der Enkaphelinkonzentration im Gewebe und damit über die Stimulation der
δ-Opioid-Rezeptoren und eine Senkung der
cAMP-Konzentration zur SekretionshemSelbstmedikation 10/2015
mung im Darm und damit zur Normalisierung des Stuhlgangs.
Racecadotril (Vaprino®, Tiorfan®) steht zur
Behandlung akuter Durchfallerkrankungen
für Erwachsene in Form von Kapseln zu 100
mg, aber auch in Granulatform für Kinder
zur Verfügung. Es ist aufgrund klinischer
Studienergebnisse an 600 Kindern auf ärztliche Verschreibung auch zur Behandlung von
Kleinkindern ab dem 4. Lebensmonat gemeinsam mit oraler Rehydratation und üblichen unterstützenden Maßnahmen, falls diese allein nicht ausreichen, zugelassen. In placebokontrollierten, klinischen Studien an
Erwachsenen und Kindern konnten eine
Verkürzung der Diarröhdauer sowie eine
Reduktion der Frequenz der Stuhlentleerung
und des Stuhlgewichts nachgewiesen werden.
Unerwünschte Nebenwirkungen traten nach
Racecadotrilbehandlung im Vergleich zu Loperamid deutlich seltener auf. Dies betraf
insbesondere die nach antidiarrhoischer
Therapie mit Loperamid gelegentlich beobachtete Verstopfung.
Erwachsene erhalten als Initialdosis 100 mg
Racecadotril in oraler Form, danach 3-mal
täglich 100 mg vor den Hauptmahlzeiten.
Die Behandlung sollte bis zum Auftreten von
2 geformten Stühlen fortgesetzt werden, aber
nicht länger als 3 Tage.
Pharmakokinetik
Das pro drug Racecadotril wird nach peroraler Applikation rasch resorbiert und in peripheren Geweben durch hydrolytische Abspaltung des Acetyl- und Benzylrestes schnell
in Thiorphan, die eigentliche Wirkform,
überführt. Maximale Plasmakonzentrationen
werden nach 60 Minuten, die maximale
Hemmung der Plasmaenkephalinase wird
nach 2 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit,
ermittelt über die Plasmaenkepalinasehemmung beträgt 3 Stunden, die Gesamtdauer
der Enzymhemmung 8 Stunden. Die Wirkform Thiorphan wird zu 90 % an Plasmaproteine gebunden. Racecadotril wird vorwiegend über die Niere in Form inaktiver Meta2. Aktualisierungslieferung
Seite 2 - 71
boliten, zu einem geringeren Teil mit dem
Stuhl eliminiert.
Unerwünschte Wirkungen
Als Nebenwirkungen werden für Racecadotril häufig Kopfschmerzen und gelegentlich Hautauschlag, Übelkeit, Obstipation,
Schwindel und Benommenheit, Blähungen,
abdominelle Schmerzen, Anorexie, Durst
und Fieber angegeben. Ein kausaler Zusammenhang der beobachteten Nebenwirkungen
mit der Racecadotrileinnahme kann jedoch
nicht als gesichert gelten, da diese auch Folge
der Durchfallerkrankung sein können.
Gegenanzeigen
Nicht angewandt werden darf Racecadotril
bei Durchfällen mit Fieber, blutigem oder
schleimigem (eitrigem) Stuhl, da hier die Gefahr einer Infektion mit invasiven Erregern
besteht. Eine weitere Kontraindikation sind
nach einer Antibiotikatherapie auftretende
Durchfälle. Chronische Durchfallerkrankungen oder ein akuter Schub einer Colitis ulzerosa gehören in ärztliche Behandlung.
Schwangerschaft und Stillzeit
Da spezifische Studien zur Anwendung in
der Schwangerschaft und zum Übergang in
die Muttermilch nicht vorliegen, sollte auf
Racecadotril während der Schwangerschaft
und Stillzeit verzichtet werden.
Bei einem zusammenfassenden Vergleich der
beiden Antidiarroika Loperamid und Racecadotril, ergeben sich aufgrund bisheriger
Erfahrungen, dass der Sekretionshemmer
Racecadotril dem Motilitätshemmer Loperamid hinsichtlich der Wirksamkeit bei eher
geringeren Nebenwirkungen gleichwertig ist.
Zu beachten ist allerdings, dass er für die
Selbstmedikation nur für Erwachsene ab
18 Jahren empfohlen werden darf.
Adsorbentien
Traditionelle Verwendung finden verschiedene Adsorbentien enthaltende Arzneimittel,
2. Aktualisierungslieferung
deren antidiarrhoische Wirkung auf ihrer
Fähigkeit, Bakterien, deren Stoffwechselprodukte (Enterotoxine) oder andere Giftstoffe
und Viren durch Adsorption an ihrer Oberfläche zu binden, beruht (Tab. 2.3-7). Zu den
Wirkstoffen dieser Gruppe gehören anorganische Stoffe, deren adsorptives Bindungsvermögen auf ihre große spezifische Oberfläche (medizinische Kohle) oder zusätzlich auf
ihre poröse Struktur (hochdisperses Siliciumdioxid und Kaolin, ein wasserhaltiges
Aluminiumsilikat) zurückzuführen ist. Im
Falle der Kieselsäureverbindungen sollen die
Giftstoffe in die unterschiedlich großen
Hohlräume dieser nicht resorbierbaren Verbindungen eindringen und mit diesen über
die Faezes unschädlich gemacht und eliminiert werden. Aufgrund ihres Adsorptionsvermögens werden auch Pektine aus Äpfeln
und Zitrusfrüchten als Antidiarrhoika eingesetzt. Die Wirksamkeit aller auf ihrem Adsorptionsvermögen beruhenden Antidiarrhoika ist nicht erwiesen und ihr therapeutischer Wert daher mit Ausnahme der
Eichenrinde und anderer gerbstoffhaltiger
Drogen und Zubereitungen umstritten. Für
Eichenrinde, deren antidiarrhoische Wirkung aber außer auf ihrem Adsorptionsvermögen auf ihrer adstringierenden und virustatischen Wirkung beruhen dürfte, liegt eine
Aufbereitungsmonographie vor, in welcher
die Anwendung bei unspezifischen akuten
Durchfallerkrankungen in Tagesdosen von
3 g empfohlen wird. Die Anwendung der
Zubereitungen aus Eichenrinde oder anderen
gerbstoffhaltigen Drogen ist gleichwertig, sofern deren Gerbstoffgehalt standardisiert ist
und die Dosierungszielvorgaben der betreffenden Aufbereitungsmonographien erreicht
werden (mittlere Tagesdosis für Tormentillwurzelstock beispielsweise 4 bis 6 g Droge).
Zu beachten ist, dass durch die genannten
Adsorbentien wie auch durch die im folgenden Kapitel zu besprechenden Quellmittel
die Resorption und damit die Bioverfügbarkeit anderer Wirkstoffe beträchtlich vermindert werden kann.
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