die maximal realisierbare Streckenlänge berechnet: L ~ 154 km. Die tatsächliche Streckenlänge ist geringer (100 km + 20 km = 120 km), also gibt es keine Probleme mit der chromatischen Dispersion. In Abhängigkeit von der Halbwertsbreite des Senders ergibt sich aus (3.8) die Impulsverbreiterung in Pikosekunden. Entsprechend Bild 3.4 darf diese einen bestimmten Wert nicht überschreiten, damit die Impulse am Empfänger noch getrennt werden können. Als Daumenregel gilt entsprechend [3.3] für die maximal zulässige Impulsverbreiterung ∆tCHROM infolge chromatischer Dispersion bei digitaler NRZ-Modulation: ∆tCHROM ≤ 0,306⋅Tbit (3.13) Bitrate R SDH SONET Impulslänge maximal zulässige ImpulsTbit verbreiterung ∆t CHROM 51 Mbit/s 155 Mbit/s 622 Mbit/s 1,2 Gbit/s 2,5 Gbit/s 10 Gbit/s 40 Gbit/s OC-1 STM-1 OC-3 STM-4 OC-12 OC-24 STM-16 OC-48 STM-64 OC-192 STM-256 OC-768 19,3 ns 6,43 ns 1,61 ns 803 ps 401 ps 100 ps 25,12 ps 5,9 ns 1,97 ns 492 ps 246 ps 123 ps 30 ps 7,8 ps Tabelle 3.2: Maximal zulässige Impulsverbreiterungen durch chromatische Dispersion in Abhängigkeit von der Bitrate 3.2.5 Dispersionskompensation Vorbemerkungen Bei Bitraten von 40 Gbit/s oder gar 160 Gbit/s ist die realisierbare Streckenlänge mit dem Standard-Singlemode-LWL, aber auch mit dem NZDS-LWL infolge chromatischer Dispersion begrenzt (vergleiche Tabelle 3.1). Dann ist eine Dispersionskompensation erforderlich. Sie hat die Aufgabe, die verbreiterten Impulse wieder schmaler zu machen. Dadurch können größere Streckenlängen überbrückt werden. Um eine Überlagerung mit dem Nachbarimpuls zu vermeiden, muss Gleichung (3.13) erfüllt werden. Aktive und passive Kompensations-Techniken Es werden aktive und passive Kompensations-Techniken unterschieden. Während die aktiven Techniken noch in den Normungsgremien diskutiert werden [3.4], besitzen die passiven Kompensations-Techniken heute eine große Bedeutung. Die aktive Dispersionskompensation wird für Bitraten 10 Gbit/s ab 40 km empfohlen. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten: 108 • • • • Einkopplung einer hohen Leistung in einen Lichtwellenleiter mit positivem Koeffizient der chromatischen Dispersion: Erzeugung eines nichtlinearen Effektes (Selbstphasenmodulation: SPM). Diese wirkt der Impulsverbreiterung durch die chromatische Dispersion entgegen (vergleiche Abschnitt 2.5.5 und Abschnitt 6.2). Der Laserstrom wird zusätzlich mit einem geringen sinusförmigen Modulationsstrom mit der Frequenz des Signaltaktes beaufschlagt (Prechirp: PCH). Dadurch wird das Laserlicht frequenzmoduliert. Anschließend erfolgt eine Amplitudenmodulation mit externem Modulator. So erhalten steigende Impulsflanken eine Rotverschiebung und fallende Impulsflanken eine Blauverschiebung. Daraus folgt eine Impulskompression in einer Faser mit positivem Koeffizient der chromatischen Dispersion. (Das ist die entgegengesetzte Wirkung wie bei der MetroCor-Faser: vergleiche Bild 2.17). Entsprechend [3.4], Anwendungskode L-64.2c, wird das Prechirp-Verfahren bei Übertragung über 40 km bis 80 km G.652-LWL vorgeschlagen ( λ =1550 nm). 100 km sind realisierbar. Dispersionsunterstützte Übertragung (DST): Der Laser wird frequenzmoduliert aber nicht noch zusätzlich extern moduliert. Zur Umwandlung in ein amplitudenmoduliertes Signal wird die Faserdispersion ausgenutzt. Am Empfänger entsteht ein mehrstufiges Signal. Zu dessen Verarbeitung ist ein spezieller Empfänger erforderlich. Entsprechend [3.4], Anwendungskodes DST L-64.2 und DST V-64-2 wird die dispersionsunterstützte Übertragung über 40 km bis 120 km G.652-LWL vorgeschlagen ( λ =1550 nm). 200 km sind realisierbar. Kombination von aktiven und passiven Kompensationsprinzipien. Impulsverbreiterung Die einfachste Möglichkeit der passiven Dispersionskompensation ist der alternierende Einsatz von Lichtwellenleitern mit (nicht notwendig gleich großem) positiven und negativen Koeffizient der chromatischen Dispersion (Bild 3.6). Diese Variante wird vor allem in Unterwassersystemen genutzt. Sie erlangt aber auch in hochbitratigen spektral breitbandigen terrestischen Systemen zunehmende Bedeutung. Streckenlänge Bild 3.6: Dispersionskompensation von Lichtwellenleitern mit gleich großem positiven und negativen Koeffizient der chromatischen Dispersion (alternierend) Der Vorteil dieses Kompensationsverfahrens besteht darin, dass die Kompensation im Übertragungs-LWL selbst stattfindet und keine zusätzlichen Dämpfungen durch kompensierende Bauelemente entstehen. Dieses Verfahren ist nur für neue, noch zu installierende Strecken geeignet. Eine nachträgliche Dispersionskompensation (beispielsweise bei Erhöhung der Bitrate) ist mit einem dispersionskompensierenden Lichtwellenleiter (DCF) oder einem dispersionskompensierenden Bauelement (DCD) möglich. 109 Impulsverbreiterung Der dispersionskompensierende Lichtwellenleiter hat meist einen großen negativen Koeffizienten der chromatischen Dispersion (beispielweise DCHROM ~ 100 ps/(nm⋅km)). Alternierend werden lange zu kompensierende Fasern mit kurzen kompensierenden Fasern verspleißt (Bild 3.7). Streckenlänge Bild 3.7: Dispersionskompensation mit dipersionskompensierendem Lichtwellenleiter Da der dispersionskompensierende Lichtwellenleiter in der Regel nachträglich eingebracht wird, kann er nicht gleichzeitig zur Überbrückung einer bestimmten geografischen Länge verwendet werden. Die in den Bildern 3.6, 3.7 und 3.8 dargestellten Streckenlängen sind als die optischen Wege zu verstehen. Impulsverbreiterung DCF haben eine deutlich kleinere effektive Fläche, als der Übertragungs-LWL. Deshalb werden die DCF meist hinter dem Übertragungs-LWL eingefügt (post compensation mode), damit die Leistung hinreichend klein ist und nichtlineare Effekte vermieden werden können. 90 % der Dispersionskompensation werden heute mit dispersionskompensierenden Fasern, der Rest mit dispersionskompensierenden Bauelementen (Bild 3.8) realisiert. Streckenlänge Bild 3.8: Dispersionskompensation mit dispersionskompensierendem Bauelement Bild 3.9 zeigt die Wirkungsweise eines dispersionskompensierenden Bauelements. Handelt es sich um einen Lichtwellenleiter mit positiven Koeffizient der chromatischen Dispersion, laufen die kürzeren Wellenlängen (blaues Ende des Spektrums) schneller als die längeren Wellenlängen (rotes Ende des Spektrums). Der Impuls wird in seine Spektralanteile aufgespaltet und verbreitert (vergleiche Bild 2.16). Das Signal wird am Tor 1 in einen optischen Zirkulator eingekoppelt (Abschnitt 2.7.3) und tritt am Tor 2 wieder aus. Von dort gelangt es in ein Bragg-Gitter mit variabler 110 Gitterperiode (gechirptes Bragg-Gitter: Abschnitt 2.9.2). Die Gitterperiode verringert sich meist linear, je tiefer das Licht in das Bragg-Gitter eindringt. Das Licht an unterschiedlichen Orten entlang des Bragg-Gitters reflektiert: Die größeren Wellenlängen (rotes Ende) im vorderen Teil, die kleineren Wellenlängen (blaues Ende) im hinteren Teil des Gitters. Die Wellenlängenanteile, die die Vorderflanke des Impulses bilden, haben einen größeren Weg zurückzulegen. So gelingt es, die Laufzeitunterschiede zwischen den spektralen Anteilen zu minimieren und den Impuls schmaler zu machen. Das rückfließende Licht gelangt zum Ausgang 3 des optischen Zirkulators. Übertragungsstrecke gechirptes Faser-Bragg-Gitter Eingangsimpuls 2 1 λ lang 3 λ lang λ kurz λ kurz Zirkulator verbreiterter Impuls kompensierter Impuls Bild 3.9: Wirkungsweise eines gechirpten Bragg-Gitters zur Dispersionskompensation. (Die Änderung der Gitterperiode wurde stark übertrieben dargestellt.) Ein gechirptes Bragg-Gitter kompensiert die chromatische Dispersion eines Wellenlängenkanals. Durch Kaskadierung von unterschiedlich dimensionierten gechirpten Bragg-Gittern wird es möglich, alle Kanäle eines DWDM-Bandes (C-Band oder LBand) gleichzeitig zu kompensieren. Jeweils ein DWDM-Kanal wird von einem BraggGitter kompensiert, alle anderen Kanäle passieren das Gitter unbeeinflusst. Die Gesamtlänge des Gitters kann bis zu 10 m betragen [3.5]. Wegen des hohen Reflexionsvermögens des Gitters wird die Dämpfung des Bauelements im Wesentlichen durch den optischen Zirkulator verursacht. Es wird eine typische Einfügedämpfung von ~ 1 dB erzielt. Der Vorteil gechirpter Faser-BraggGitter besteht darin, dass die Dispersionskompensation mit hoher negativer Dispersion und ohne nichtlineare optische Effekte durchgeführt werden kann. Bei der Dispersionskompensation muss darauf geachtet werden, dass die dispersionskompensierenden Bauelemente möglichst nur kleine Beiträge zur Polarisations111 modendispersion bringen. Während dispersionskompensierende Lichtwellenleiter relativ kleine PMD-Koeffizienten aufweisen (~ 0,08 ps/ km ) kann der Beitrag eines dispersionskompensierenden Bauelements beträchtlich sein (Tabelle 3.9). Der Einsatz von dispersionskompensierenden Fasern oder Bauelementen im Vergleich zum Einsatz von NZDS-LWL bewirkt eine zusätzliche Dämpfung und erzeugt weitere Kosten. Unter Umständen ist ein zusätzlicher optischer Verstärker erforderlich. Bild 3.10 zeigt Einsatzvarianten für den passiven Dispersionskompensator (PDC) ([3.4], Fig. 3). E/O (a) E/O (b) E/O (c) O/E 40 km OFA PDC O/E OFA PDC O/E 80 km PDC OFA 120 km Bild 3.10: (a) Keine Dispersionskompensation; (b) Dispersionskompensation am Ende der Strecke; (c) Dispersionskompensation am Anfang und am Ende der Strecke In nichtlinearen Übertragungssystemen hängt das optimale Kompensationsschema von einer Vielzahl von Bedingungen ab. Es gibt keine einheitliche Vorgehensweise, aber verschiedene Möglichkeiten: • • • • Vorkompensation Nachkompensation Vor- und Nachkompensation Kompensation nach jedem Streckenabschnitt in Kombination mit Vor- und Nachverstärkung (Integration des dispersionskompensierenden Moduls in den optischen Faserverstärker) Eine leichte Unterkompensation am Ende der Strecke liefert oftmals die besten Ergebnisse. In Tabelle 3.3 wurden die Verfahren zur Dispersionskompensation zusammengestellt: 112 • • Verfahren zur Dispersionskompensation aktiv passiv linear nichtlinear • Selbstphasenmo- • dispersionskompensierende Prechirping (PCH) Fasern (DCF) dulation (SPM) dispersionsunterstützte Übertragung (DST) • optische Phasen- • dispersionskompensierende Bauelemente (DCD) konjugation Kombination von aktiven und passiven Kompensationsprinzipien Tabelle 3.3: Verfahren zur Dispersionskompensation Wellenlängenabhängige Dispersionskompensation (a) 1560 nm 1550 nm 1540 nm Streckenlänge Impulsverbreiterung Impulsverbreiterung Entsprechend Bild 3.5 und Tabelle 3.1 hängt die Impulsverbreiterung von der Wellenlänge ab. Bei positivem Koeffizient der chromatischen Dispersion der Faser verursacht die größere Wellenlänge eine stärkere Impulsverbreiterung. Innerhalb eines einzelnen Kanals spielt bis Bitraten 40 Gbit/s der Anstieg der Dispersion keine Rolle. Wenn jedoch ein komplettes Wellenlängenband kompensiert werden muss, kann das zu Problemen führen (Bild 3.11). (b) 1560 nm 1550 nm 1540 nm Streckenlänge Bild 3.11: Konstante (a) und wellenlängenabhängige (b) Kompensation Bei konstanter Kompensation bleibt bei den Wellenlängen 1540 nm bzw. 1560 nm ein Rest, der sich bei der Kaskadierung vieler Strecken summiert (Bild 3.11(a)). Hierzu betrachten wir folgendes Beispiel: Übertragung des Wellenlängenbereiches 1540 nm bis 1560 nm über einen Standard-Singlemode-LWL (DCHROM( λ = 1550 nm) = 17 ps/nm/km, S( λ = 1550 nm) = 0,056 ps/nm2/km). Bei einer konstanten Steigung S im betrachteten Wellenlängenbereich, ergibt sich für die untere Wellenlängengrenze DCHROM( λ = 1540 nm) = 16,44 ps/nm/km und für die obere Wellenlängengrenze DCHROM( λ = 1560 nm) = 17,56 ps/nm/km. Das entspricht bei einer Streckenlänge von 100 km einer Dispersion von 1644 ps/nm für das kurz113 wellige Ende und von 1756 ps/nm für das langwellige Ende. Der Unterschied beträgt 112 ps/nm. Erfolgt eine wellenlängenunabhängige Kompensation entsprechend Bild 3.11 (a), bleibt ein Dispersionsrest von ± 56 ps/nm. Dieser Wert liegt bereits nahe an der zulässigen Dispersion für 40 Gbit/s-Systeme (Gleichung (3.11)). Bei Kaskadierung vieler Strecken hintereinander und Übertragung eines breiten Wellenlängenbandes kann es auch bei 10 Gbit/s-Übertragung zu Problemen kommen. Dann ist eine exaktere Dispersionskompensation erforderlich. Das Ziel ist eine wellenlängenabhängige Kompensation wie in Bild 3.11 (b) dargestellt. Die resultierende Impulsverbreiterung ∆tCHROM muss für alle Wellenlängen λ i (i = 1...n) Null werden. Mit Gleichung (3.8), ergibt sich folgende Forderung: L SMF ⋅ D CHROM SMF (λ i ) + L DCF ⋅ D CHROM DCF (λ i ) = 0 ⇒ L DCF = − D CHROM SMF (λ i ) D CHROM DCF (λ i ) ⋅ L SMF (3.14) Dabei ist LSMF die Länge der zu kompensierenden Faser (beispielsweise StandardSinglemode-Faser oder NZDS-Faser), DCHROM SMF der Koeffizient der chromatischen Dispersion dieser Faser, LDCF die Länge der dispersionskompensierenden Faser und DCHROM DCF der zugehörige Koeffizient der chromatischen Dispersion. Die resultierende Impulsverbreiterung soll für alle Wellenlängen gleich groß sein. Es sei λ1 die untere und λn die obere Wellenlänge des zu kompensierenden Wellenlängenbandes (vergleiche Bild 3.11 (b)). Dann gilt für die Impulsverbreiterung: ∆t CHROM = FWHM ⋅ L SMF ⋅ D CHROM SMF (λ 1 ) + FWHM ⋅ L DCF ⋅ D CHROM DCF (λ 1 ) ∆t CHROM = FWHM ⋅ L SMF ⋅ D CHROM SMF (λ n ) + FWHM ⋅ L DCF ⋅ D CHROM DCF (λ n ) (3.15) Aus der Differenz der beiden Gleichungen (3.15) folgt: L SMF ⋅ (D CHROM SMF (λ n ) − D CHROM SMF (λ 1 )) + L DCF ⋅ (D CHROM DCF (λ n ) − D CHROM DCF (λ 1 )) = 0 (3.16) Für den Anstieg des Koeffizienten der chromatischen Dispersion gilt: S(λ ) = dD CHROM (λ ) ∆D CHROM D CHROM (λ n ) − D CHROM (λ 1 ) ~ = dλ λ n − λ1 ∆λ (3.17) Das Näherungszeichen gilt gut, wenn sich der Anstieg im Wellenlängenband nur schwach ändert. Das ist innerhalb des C-Bandes bzw. des L-Bandes meist gewährleistet. Wird Gleichung (3.16) durch (λn-λ1) dividiert und Gleichung (3.17) genutzt, so erhält man eine Bedingung für die Kompensation des Anstieges der chromatischen Dispersion: 114 L SMF ⋅ S SMF + L DCF ⋅ S DCF = 0 (3.18) Dabei ist SSMF der Anstieg der zu kompensierenden Faser innerhalb des Wellenlängenbandes und SDCF der Anstieg der dispersionskompensierenden Faser. Durch Kombination der Gleichungen (3.14) und (3.18) ergibt sich folgende Forderung: S DCF D CHROM DCF = S SMF D CHROM SMF (3.19) Das Verhältnis des Anstieges der chromatischen Dispersion zum Koeffizient der chromatischen Dispersion der kompensierenden Faser muss gleich dem entsprechenden Verhältnis der zu kompensierenden Faser sein, um eine exakte Kompensation über einen bestimmten Wellenlängenbereich zu erzielen. Das führt zu einem neuen Parameter: Die relative Steigung der Dispersion (Relative Dispersion Slope: RDS). Dieser Parameter muss bei der kompensierenden und bei der zu kompensierenden Faser gleich sein. RDS = S D CHROM in 1/ nm (3.20) Während S innerhalb des zu kompensierenden Wellenlängenbandes relativ konstant ist, ändert sich DCHROM (in Abhängigkeit von LWL-Typ) mehr oder weniger stark (vergleiche Bilder 2.10, 2.11, 2.13). So wird eine exakte Anpassung der relativen Steigung der Dispersion nie im gesamten Wellenlängenband möglich sein. Das Verhältnis der relativen Dispersionssteigungen (Dispersion Slope Compensation Ratio: DSCR) ist ein Maß dafür, wie stark die relativen Steigungen der Dispersion voneinander abweichen [3.6]: DSCR = RDSDCF RDS SMF in % (3.21) In Anlehnung an Tabelle 2.5 und 3.1 wurden in Tabelle 3.4 die wichtigsten Faserparameter zusammengestellt. Die Wellenlängen 1550 nm bzw. 1585 nm sind die mittleren Wellenlängen für das C- bzw. L-Band, die für DCHROM zu Grunde gelegt werden. Der Anstieg des Koeffizienten der chromatischen Dispersion S wurde im betrachteten Wellenlängenbereich als konstant angenommen. Für die Koeffizienten der chromatischen Dispersion DCHROM sind unterschiedliche Werte zu berücksichtigen. Die Parameter des G.653-LWL wurden nur der Vollständigkeit halber mit angegeben. Da es sich um einen dispersionsverschobenen Lichtwellenleiter handelt, der in der Nähe des Dispersions-Nulldurchganges arbeitet, ist eine Dispersionskompensation im Allgemeinen nicht üblich. Eine wellenlängenabhängige Kompensation wäre problematisch, da die zulässigen Schwankungen von D CHROM ≤ 3,5ps / nm / km zu extremen Schwankungen von RDS (wird singulär für DCHROM = 0) führen kann. 115 LWL-Typ (Übertragungswellenlänge) DCHROM in ps/nm/km G.652-LWL (1550 nm) G.653-LWL (1550 nm) TrueWave RS (1550 nm) TrueWave RS (1585 nm) LEAF (1550 nm) LEAF (1585 nm) TeraLight (1550 nm) TeraLight (1585 nm) Standard-DCF (1550 nm) Wideband-DCF (1550 nm) NZDS-DCF (1550 nm) TrueWave RS-DCF (1550 nm) 17,0 3,5 4,4 6,1 4,2 7,2 8,0 9,9 -100 -95 -98 -144 S in ps / nm2 / km 0,056 0,085 0,045 0,045 0,085 0,085 0,052 0,052 -0,22 -0,33 -0,63 -1,35 RDS in 1/nm 0,0033 0,0243 0,0102 0,0074 0,0202 0,0118 0,0065 0,0052 0,0022 0,0035 0,0064 0,0094 Tabelle 3.4: Relative Steigung der Dispersion verschiedener Fasern (oben: zu kompensierende Fasern, unten dispersionskompensierende Fasern) Aus Tabelle 3.4 ist ersichtlich, dass sich die chromatische Dispersion des G.652LWL sehr gut wellenlängenabhängig im C-Band mit der Wideband-DCF kompensieren lässt. Das Verhältnis der relativen Dispersionssteigungen beträgt 106 %. Noch exakter kann die chromatische Dispersion des TeraLight-LWL im C-Band mit der NZDS-DCF kompensiert werden (RDS = 0,0064 nm-1). Gleiche RDS-Werte sind jedoch nur eine notwendige Bedingung für eine vollständige Kompensation. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Anstiege der Koeffizienten der chromatischen Dispersion und die Koeffizienten der chromatischen Dispersion entgegengesetzte Vorzeichen haben. Zur Realisierung einer hochbitratigen Übertragung über große Streckenlängen kommen zunehmend dispersionskompensierende Fasern mit RDS-Werten auf den Markt, die den oben genannten Fasertypen angepasst sind. Um eine Kompensation über ein breites Wellenlängenband realisieren zu können, muss die relative Steigung der dispersionskompensierenden Fasern die gleiche Wellenlängenabhängigkeit haben wie die relative Steigung der zu kompensierenden Fasern. Gleichung (3.19) muss also nicht nur für eine diskrete Wellenlänge sondern für den gesamten Wellenlängenbereich des zu kompensierenden DWDM-Signals erfüllt sein. Der TrueWave-REACH-LWL in Verbindung mit dem dispersionskompensierendem Modul RightWave (beides von OFS) ermöglicht eine minimale Dispersion am Ende der Strecke sowohl für das S-Band, das C-Band und das L-Band. So werden minimale Kosten für die Kompensation mit geringster Zusatzdämpfung und kleinster Polarisationsmodendispersion erreicht. Bild 3.12 zeigt das Ergebnis der Kompensation über das gesamte C- und L-Band mit einem einzigen dispersionskompensierendem Modul. Die Bänder müssen zum Zweck der Kompensation nicht aufgetrennt werden, da zum einen über den gesamten Wellenlängenbereich eine Raman-Verstärkung erfolgt (sechs Pumplaser unter116 schiedlicher Wellenlänge werden kaskadiert), zum anderen die Wellenlängenabhängigkeit des resultierenden Koeffizienten der chromatischen Dispersion nach der Kompensation schwach ist. C-Band L-Band Koeffizient der CD in ps/nm/km 0,3 0 -0,3 1530 1550 1570 1590 1610 Wellenlänge in nm Bild 3.12: Ergebnis der Dispersionskompensation von TrueWave-REACH-LWL und RightWave (Restdispersion) Der Koeffizient der chromatischen Dispersion übersteigt im Wellenlängenbereich von 1530 nm bis 1610 nm nicht den Wert 0,07 ps/nm/km [3.7]. Die zulässige chromatische Dispersion beträgt bei 40 Gbit/s-Übertragung 62,5 ps/nm (Gleichung (3.11)). Somit ist eine 40 Gbit/s-Übertragung über das C- und L-Band über etwa 893 km ohne weitere dispersionskompensierende Maßnahmen möglich. Um die relative Steigung der Dispersion der zu kompensierenden Faser an die relative Steigung der kompensierenden Faser anzupassen, kann man auch mehrere verschiedene zu kompensierende Fasern kombinieren. Für die mittlere relative Steigung gilt: RDS = S D CHROM (3.22) Dabei ist D CHROM der mittlere Koeffizient der chromatischen Dispersion entsprechend Gleichung (3.12) und S der mittlere Anstieg entsprechend Gleichung (3.23): S= ∑ L i ⋅ Si i L ges (3.23) Kombiniert man beispielsweise 24 km eines G.652-LWL mit 76 km einer TrueWave RS-Faser, so erhält man als mittleren Koeffizient der chromatischen Dispersion 117 D CHROM = 7,424 ps/nm/km und als mittleren Anstieg S = 0,0476 ps/nm2/km. Daraus ergibt sich folgende mittlere relative Steigung der Dispersion: RDS = 0,0064 nm −1 . Diese Faserkombination lässt sich hervorragend mit einer NZDS-DCF kompensieren, da die RDS-Werte identisch sind! Dispersionskompensierende Fasern haben wegen ihrer stärkeren Krümmungsempfindlichkeit einen erhöhten Dämpfungskoeffizient (0,3 dB/km bis 1,0 dB/km). Deshalb sollte ihre Länge möglichst klein gehalten werden. Dies erfordert einen großen negativen Koeffizienten der chromatischen Dispersion und einen entsprechend starken negativen Anstieg (vergleiche Tabelle 3.4 untere vier Zeilen). Der Dämpfungskoeffizient α sollte möglichst gering sein. Als Qualitätsparameter zur Charakterisierung der dispersionskompensierenden Faser wird Figure of Merit (FOM) eingeführt. Realisierte Werte liegen bei 75 ps/nm/dB bis 320 ps/nm/dB. FOM = D CHROM α in ps / nm / dB (3.24) Ein weiterer wichtiger Parameter der dispersionskompensierenden Lichtwellenleiter ist deren effektive Fläche. Diese ist mit typisch Aeff ~ 30 µm2 im Vergleich zu herkömmlichen Singlemode-LWL relativ klein (vergleiche Tabelle 2.5). Dadurch wird die Gefahr nichtlinearer Effekte erhöht (Gleichung (2.10)). Weitere wichtige Parameter dispersionskompensierender Fasern sind neben Dchrom, S, RDS, FOM und Aeff die realisierbare Dispersion (~ -10 ps/nm bis ~ -2000 ps/nm), die Einfügedämpfung (~ 3 dB bis ~ 6 dB) und die Polarisationsmodendispersion (~ 0,5 ps bis ~ 1 ps). Zur Realisierung einer Dispersion von z. B. -2000 ps/nm ist bei einem Dispersionskoeffizienten von -100 ps/nm/km eine LWL-Länge von 20 km erforderlich. Je größer die LWL-Länge umso größer die Einfügedämpfung und die Polarisationsmodendispersion. Die Faser ist aufgewickelt und wird als Modul geliefert. Dispersionskompensation bei hochbitratiger Übertragung Bei 40 Gbit/s-Übertragung sind weiterentwickelte dispersionskompensierende Technologien erforderlich: • • • • Abstimmbarer Dispersionskompensator (JDS Uniphase, Phaethon) dynamischer Dispersionskompensator (JDS Uniphase, OFS BrightWave, Teraxion) schaltbarer Dispersionskompensator (Corning) planare Wellenleiterfilter, Flüssigkristall-Technologien, „Higher-order-mode“-Fasern. Im Gegensatz zur Polarisationsmodendispersion (Abschnitt 3.3) ist die chromatische Dispersion einigermaßen konstant und definiert während der Lebensdauer des Lichtwellenleiters von der Fertigung über die Installation bis zum Betrieb. Dann reicht die Messung der chromatischen Dispersion in der Fertigung aus. Die Dispersionskompensation muss präziser erfolgen, wenn die Bitraten steigen. Die zulässige chromatische Dispersion reduziert sich stark (Gleichung (3.11)). Die tat118 sächliche Dispersion der Strecke einschließlich aller optischen Komponenten muss exakt gemessen und die Dispersion mit einem abstimmbaren Dispersionskompensator minimiert werden. Als Dispersionskompensator dient ein nichtlineares gechirptes Faser-Bragg-Gitter (Abschnitt 2.9.2), welches mit einem Piezoelement verbunden ist. Dieses dehnt das Gitter und beeinflusst damit dessen optische Eigenschaften. Der maximale Abstimmbereich beträgt 800 ps/nm bis 1600 ps/nm und die maximale Einfügedämpfung 6 dB [3.8]. Eine weitere Möglichkeit ist, das Faser-Bragg-Gitter thermisch zu beeinflussen. Dadurch verändert sich die Brechzahl in der Faser und somit die optischen Eigenschaften des Gitters [3.9]. Temperaturänderungen verursachen tages- und jahreszeitliche Schwankungen nicht nur der Polarisationsmodendispersion, sondern auch der chromatischen Dispersion. Die Wellenlängendrift der Nulldispersion liegt bei 0,03 nm/K, die Drift des Koeffizienten der chromatischen Dispersion beträgt -0,0025 ps/nm/km/K und die Drift des Anstieges des Dispersionskoeffizienten beträgt 0,0025 ps/nm2/km/K. Das führt zu geringen Änderungen der chromatischen Dispersion. Um diese Schwankungen zu vermeiden, ist eine dynamische Kompensation erforderlich. Diese wird mit einem thermisch abstimmbaren Faser-Bragg-Gitter möglich. Die Temperaturänderung bewirkt eine lineare Änderung des Chirps. Ein Abstimmbereich bis 1000 ps/nm ist realisierbar. Trotz der technologischen Fortschritte sind noch viele Fragen zu klären, ehe abstimmbare chromatische Kompensatoren in größeren Stückzahlen auf den Markt kommen [3.8]. 3.2.6 Zusammenfassung • • • • • • Die dominierende Dispersionsart des Singlemode-LWL ist die chromatische Dispersion. Diese ergibt sich aus der Überlagerung von Wellenleiterdispersion und Materialdispersion. Die Längenbegrenzung durch chromatische Dispersion hängt sowohl von den Faserparametern als auch von den spektralen Eigenschaften des Senders ab. Bei extern modulierten Lasern reduziert sich die Längenbegrenzung infolge chromatischer Dispersion umgekehrt proportional zum Quadrat der Bitrate. In Abhängigkeit vom LWL-Typ und der Streckenlänge kann ab 10 Gbit/s eine Dispersionskompensation erforderlich sein. Der Vorteil der G.652-LWL besteht darin, dass bei Dispersionskompensation die Gesamtdispersion verschwinden kann, obwohl die eingesetzten Lichtwellenleiter einen vergleichsweise großen Koeffizienten der chromatischen Dispersion haben. Deshalb ist die Vierwellenmischung im Gegensatz zum G.655-LWL meist vernachlässigbar. Ältere G.652-LWL sind allerdings nicht für das L-Band spezifiziert und weisen einen vergleichsweise großen Koeffizienten der Polarisationsmodendispersion auf. Der Vorteil der G.655-LWL besteht darin, dass weniger dispersionskompensierende Module erforderlich sind. Dies ist preiswerter, das Dämpfungsbudget wird weniger belastet und es entstehen geringere zusätzliche Beiträge zur Polarisationsmodendispersion. 119