O2 - Brechung und Dispersion

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TU Ilmenau
Physikalisches Grundpraktikum
Versuch O2
Institut
für
Physik
Brechung und Dispersion
Seite 1
1 Aufgabenstellung
1.1 Die Dispersionskurve n(λ) von Glas ist im sichtbaren Bereich aus der Minimalablenkung
des Lichts an einem Prisma zu bestimmen.
1.2 Für das Prismenmaterial sind die Resonanzfrequenz ω0 der beobachteten Dipolschwingung
sowie die Anzahldichte N der induzierten Dipole zu ermitteln.
Literatur:
Schenk, W.
Kremer, F.
(Hrsg.)
Walcher, W.
Stroppe, H.
Physikalisches Praktikum
Vieweg+Teubner | Springer Fachmedien GmbH Wiesbaden
13., überarbeitete Auflage 2011, S. 268-269, S. 274-275
Praktikum der Physik
B. G. Teubner Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden
8. Auflage 2004, S. 165-172, S. 177-180
Physik für Studenten der Natur- und Technikwissenschaften
Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag
11. Auflage 1999, S. 314-317, S. 337-340, S. 346-350
2 Grundlagen
a) Brechung
Unterscheiden sich zwei Stoffe bezüglich der Phasengeschwindigkeit c des Lichts, so bezeichnet man den mit der kleineren Phasengeschwindigkeit als optisch dichteren, den mit der größeren
Phasengeschwindigkeit als optisch dünneren Stoff.
Trifft eine Lichtwelle auf die Grenzfläche zwischen zwei optisch unterschiedlichen Medien,
dann wird ein Teil der Intensität reflektiert, der Rest gebrochen (Abb. 1). Die Brechung einer
ebenen Lichtwelle an einer solchen Grenzfläche wird durch das Snelliussche Brechungsgesetz
beschrieben:
sin α c1 n2
= = = n21
sin β c2 n1
(1)
c0
= n1 ( c0 Phasengeschwindigkeit des Lichts im Vakuum, c1 Phasengeschwinc1
digkeit im Medium 1) heißt absoluter
Einfallslot
Brechungsindex des Stoffes 1, n21 ist
der relative Brechungsindex von Meeinfallender Strahl
dium 2 gegenüber Medium 1. Ursache
optisch dünner Stoff
α
für die unterschiedlichen Lichtgen1 , c1
schwindigkeiten in unterschiedlichen
Medien ist der Aufbau der Stoffe aus
n2 , c2
β
Atomen bzw. Molekülen, d. h. Systemen geladener Teilchen. Durch die
totalreflektierter Strahl
βG
Grenzstrahl
einfallende elektromagnetische Welle
optisch
dichter
Stoff
in Schwingungen versetzt, werden sie
gebrochener Strahl
zu Ausgangspunkten neuer, zeitverzögerter Lichtwellen. Aus Gl. (1) folgt:
Beim Übergang zum optisch dichteren
Abb. 1: Strahlengang an einer optischen Grenzfläche
Das Verhältnis
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Stoff wird der Lichtstrahl zum Einfallslot hin, im umgekehrten Fall vom Lot weggebrochen. Der
gebrochene Strahl liegt immer in der vom Lot und dem einfallenden Strahl gebildeten Einfallsebene.
Beim Übergang vom optisch dichteren zum optisch dünneren Stoff ist der Brechungswinkel stets
größer als der Einfallswinkel, er erreicht daher bereits bei einem Einfallswinkel βG < 90° den
Wert 90°. Vergrößert man den Einfallswinkel über βG hinaus, so wird alles Licht in das dichtere
Medium reflektiert, es tritt Totalreflexion ein. Den Einfallswinkel βG nennt man Grenzwinkel
der Totalreflexion.
b) Dispersion
Im Vakuum ist die Phasengeschwindigkeit aller elektromagnetischen Wellen gleich. In Stoffen
hängt die Lichtgeschwindigkeit sowohl vom Stoff als auch von der Kreisfrequenz ω der Lichtwelle und damit von der Wellenlänge λ ab. Über c= c ( λ ) wird auch n= n ( λ ) , diese Erscheinung heißt Dispersion. Verursacht wird sie dadurch, dass Atome, Moleküle oder Elektronen, also
Systeme elektrisch geladener Teilchen, die infolge der Anregung durch die elektrische Feldkomponente der Lichtwelle erzwungene Schwingungen ausführen, eine oder mehrere Eigenfrequenzen besitzen. Amplitude und Phase der erzwungenen Schwingung (Änderung des Polarisationszustandes) ändern sich in der Nähe dieser Resonanzstellen stark. Man unterscheidet zwischen
Orientierungspolarisation (Ausrichtung vorhandener Dipole), Elektronenpolarisation (relative
Verschiebung von Ladungsschwerpunken) und Ionen- oder Atompolarisation (Verschiebung

geladener Ionen zueinander. Die makroskopische Größe Polarisation P ist dabei die Summe

aller induzierten Dipole pind , geteilt durch das betrachtete Volumen:



(2)
P= N ⋅ pind= N ⋅ α P ⋅ Elokal

mit N - Anzahldichte der Dipole, α P - deren Polarisierbarkeit und Elokal - das wirkende lokale

elektrische Feld am Ort des Atoms/Moleküls. Formal wird P aber auch mit Hilfe der elektrischen Suszeptibilität χ bzw. der Permittivitätszahl ε r beschrieben:



(3)
P = χ ⋅ ε 0 ⋅ E = ( ε r − 1) ⋅ ε 0 ⋅ E ,
zusammen mit Gl. (2) wird hieraus:


(4)
( εr − 1) ⋅ ε0 ⋅ E= N ⋅ α P ⋅ Elokal .


Während in verdünnten Gasen Elokal gleich der äußeren elektrischen Feldstärke E ist, muss in
dichteren Stoffen der Einfluss umgebender induzierter Dipole auf das Gesamtfeld berücksichtigt
werden. Man kann zeigen, dass dann folgender Zusammenhang besteht:
εr − 1 N ⋅ α P
.
=
εr + 2
3ε0
(5)
Die Polarisierbarkeit α P ist frequenzabhängig, aus der Theorie erzwungener Schwingungen
ergibt sich hierfür, wenn eine einzelne Resonanzstelle bei ω0 ohne Dämpfung betrachtet wird:
αP =
q2
1
⋅ 2
m ω0 − ω2
,
(6)
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wobei q die elektrische Ladung und m die Masse des für die optische Resonanz verantwortlichen Teilchens sind. Die Abhängigkeit des Brechnungsindex‘ n von ω lässt sich aus Gl. (5) und
(6) sowie der Maxwellschen Relation n ≈ ε r , einer im Bereich optischer Frequenzen gültigen
Näherung, ableiten:
n2 − 1 q 2 ⋅ N
1
=
⋅ 2
2
n + 2 3ε0 ⋅ m ω0 − ω2
(7)
(Lorentz-Lorenz’sche Formel). Unter normaler Dispersion versteht man die Zunahme des Brechungsindex’ mit steigender Frequenz. Die Abnahme des Brechungsindex’ mit zunehmender
Frequenz, die anomale Dispersion, tritt in Frequenzbereichen um die Resonanzstelle gleichzeitig
mit starker Absorption des Lichts auf, die üblichen Methoden der n-Bestimmung versagen in
diesen Gebieten.
c) Minimalablenkung
Durchsetzt ein Lichtstrahl ein Prisma wie in Abb. 2, so wird er an zwei Grenzflächen gebrochen.
Die Gesamtablenkung ist minimal, wenn der Lichtstrahl das Prisma symmetrisch durchsetzt, d.
h., wenn er im Prismeninneren senkrecht zur Halbierenden des brechenden Winkels bzw. parallel
zur Prismenbasis verläuft.
Die Abbildung liefert
γ = 2β; δ = 2 ( α − β )
γ
Daraus folgt
γ + δ=
2α
δ
α
β
γ
β
α
Das Brechungsgesetz ergibt dann
sin α
= n=
sin β
Abb. 2: Symmetrische Ablenkung eines
Lichtstrahls im Prisma
γ+δ
2
γ
sin
2
sin
(8)
Damit kann n aus dem brechenden Winkel γ und dem Ablenkwinkel δ im Fall der Minimalablenkung bestimmt werden.
3. Messanleitung und Auswertung
Auf einer optischen Schiene ist die nachfolgend skizzierte Anordnung aufgebaut.
Spaltrohr
Lampe Kondensorlinse
Monochromator
Linse
Goniometer
Prisma
Fernrohr
Abb. 3: Versuchsaufbau
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Das Licht einer Halogenlampe wird mittels der eingebauten Kondensorlinse auf den Eintrittsspalt eines Gittermonochromators abgebildet, an dem sich die gewünschte Wellenlänge mittels
eines Kurbelantriebs einstellen lässt. Das nunmehr hinreichend monochromatische Licht wird
durch eine zweite Linse aperturangepasst auf den Spalt eines Prismengoniometers abgebildet,
wobei der Abstand zwischen den beiden Spalten etwa 24 cm betragen sollte. Zur Beobachtung
des Ablenkwinkels dient ein schwenkbares Fernrohr mit Fadenkreuz.
Der brechende Winkel γ des verwendeten Prismas wird mit dem bei der Aufsicht auszuleihenden Anlegegoniometer gemessen (Bedienungsanleitung liegt am Versuchsplatz aus).
Achtung: Gehen Sie bitte sehr sorgfältig mit dem Glasprisma um. Nicht fallen lassen oder
vom Tisch stoßen. Eine Beschädigung des Prismas ist der Aufsicht mitzuteilen! Die Spalte des
Gittermonochromators sollen nicht verstellt werden. Für die Durchführung des Versuches
sind 0,2 mm Spaltbreite ausreichend.
Spektrallinien der Hg-Lampe
404,66 nm
Violett, mittel
407,78 nm
Violett, mittel
435,84 nm
Blau, stark
491,60 nm
Blaugrün, mittel
546,07 nm
Grün, stark
576,96 nm
Gelb, sehr stark
579,07 nm
Gelb, sehr stark
623,44 nm
Rot, schwach
690,72 nm
Rot, schwach
Vor Beginn der eigentlichen Messungen muss die Kalibrierung des Gittermonochromators überprüft werden.
Hierzu stellt man unmittelbar vor den Eintrittsspalt eine
Hg-Spektrallampe und blickt über ein optisches Hilfsmittel (Lupe mit Umlenkprisma) auf den Austrittsspalt.
Nacheinander notiert man sich die angezeigten Wellenlängen aller im sichtbaren Bereich liegenden Spektrallinien des Quecksilbers und korreliert sie mit den gegebenen Werten der nebenstehenden Tabelle (Walcher,
2004).
Die gefundene Zuordnung ist mittels linearer Regression
grafisch darzustellen und bei allen späteren Wellenlängenangaben zu verwenden.
Nach Wiederherstellung der optischen Anordnung gemäß Abb. 3 stellt man sich für die Grundeinstellung des Goniometers am Monochromator eine gut sichtbare Wellenlänge ein (üblicherweise etwa 550 nm) und justiert das Fernrohr ohne Prisma auf den durchgehenden Strahl. Beachten Sie, dass bei Veränderung der Spaltbreite am Spaltrohr nur eine Spaltbacke bewegt wird, Sie
aber mit dem Okularfadenkreuz auf die Mitte des Spaltbildes peilen, so dass während der Messung der Ablenkwinkel die Spaltbreite konstant gehalten werden sollte.
Für den genau eingestellten durchgehenden Strahl dreht man den Winkelteilkreis des Goniometers auf 0° und fixiert ihn dann. Durch Vergleich der Anzeigen beider Noniusskalen ermittelt
man einen eventuell vorhandenen Restwinkel, der dann von allen weiteren Ablesungen zu subtrahieren ist.
Sodann wird das Prisma auf dem Prismenteller platziert und für die Wellenlängen zwischen 700
nm und 400 nm in 25-nm-Schritten (bei einiger Übung besser in 10-nm-Schritten) der Winkel δ
der Minimalablenkung bestimmt. Die Minimalablenkung für die einzelnen Wellenlängen findet
man, indem man das Prisma dreht und den aus dem Prisma austretenden Lichtstrahl verfolgt (erst
grob mit weißem Papier bzw. mit dem Auge, dann Fernrohr einrichten). Bei gleicher Drehrichtung des Prismas wird der Ablenkwinkel erst kleiner und dann wieder größer. Im Umkehrpunkt
des Strahls ist die Minimalablenkung erreicht, der Winkel wird mit Hilfe beider Noniusskalen
des Goniometers auf die Bogenminute genau abgelesen.
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Anmerkung: Wenn Sie genau beobachten und der optische Aufbau gut justiert ist, können Sie in
der Nähe des minimalen Ablenkwinkels einen Reflex des Spaltbildes erkennen, der bei Minimalablenkung hinter dem eigentlichen Spaltbild verschwindet. Dieser Reflex hilft Ihnen auch
nach Veränderung der Wellenlänge, die Position des brechenden Prismas zu korrigieren.
Zweckmäßigerweise trägt man die Messwerte aller beobachteten Ablenkwinkel in eine Tabelle
folgender Form ein:
Wellenlänge Ablesung Nonius I
Ablesung Nonius 2
Mittelwert Differenz
Brechzahl
Nanometer
Grad, Min.
Grad
Grad, Min.
Grad
Grad
Grad
700nm
47° 25’
47,42°
227° 18’
47,30°
47,36°
0,12°
x,xxxx
…
…
…
…
…
…
…
…
Mit dem Mittelwert der Ablenkwinkel ist die jeweilige Brechzahl n(λ) zu berechnen und in ein
Diagramm einzutragen, die Dispersionskurve ist zu zeichnen und zu diskutieren. Bei Darstellung
mit dem Praktikumsprogramm PhysPract verwenden Sie zum Zeichnen bitte die nichtlineare
Regression einer allgemeinen Hyperbel.
Für die Brechzahl n ist auf der Basis von Gl. (8) eine Abschätzung der kombinierten Unsicherheit durchzuführen (beispielhaft für λ =500 nm , ∆γ und ∆δ im Bogenmaß einsetzen!).
Zur Ermittlung der Resonanzfrequenz ω0 wird Gl. (7) etwas umgeformt. Mit ω = 2πf = 2π
c0
λ
erhält man:
n 2 + 2 12π2 ⋅ ε 0 ⋅ m ⋅ c0 2  1
C
C
1 
=
⋅ 2 − 2  =
− 2+ 2.
2
2
λ λ0
n −1
N ⋅q
 λ0 λ 
(9)
n2 + 2
über den quadrierten reziproken Wellenn2 − 1
längen auf, dann liefert eine Regression des jetzt erwarteten linearen Zusammenhangs die Kon1
stante C als negativen Anstieg und 2 als Nullstelle des Graphen. Hieraus sind die Resonanzλ0
frequenz ω0 und die Anzahldichte N der induzierten Dipole einschließlich ihrer kombinierten
Unsicherheit abzuschätzen.
Trägt man daher in einem Diagramm die Werte
Hinweis: Für m und q in Gl. (9) verwende man die Elektronenmasse und -ladung.
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