Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/1 Beschreibung des optischen Übertragungskanals (ÜB) 1 Begrenzende Faktoren Die maximal mögliche Übertragungsrate in faseroptischen Übertragungssystemen wird neben dem Rauschen (siehe Abschnitt EDFA) im wesentlichen durch folgende Eekte begrenzt: 1. Chromatische Dispersion, womit die wellenlängenabhängige Gruppenlaufzeit in der Faser bezeichnet wird. Sie wird bestimmt durch die Materialdispersion (vgl. Abschnitt GRU) sowie durch die Wellenleiterdispersion (vgl. STU 11/12). 2. Unterschiedliche Laufzeiten der einzelnen Eigenwellen in Multimode-Fasern, auch bezeichnet als Laufzeitstreuung oder (Inter-) Modendispersion (vgl. Abschnitt GRA). 3. Nichtlineare Eekte im Lichtwellenleiter bei höheren optischen Leistungen. 2 Vorüberlegungen 2.1 Impulsverbreitung Sowohl die chromatische Dispersion als auch die unterschiedlichen Laufzeiten in Multimode-Fasern führen zu einer Impulsverbreiterung, die sich in erster Nährung quadratisch überlagern lassen: (t )2 = (tc )2 + (ts )2 (1) wobei tc die Impulsverbreiterung aufgrund der chromatischen Dispersion und ts die Impulsverbreiterung aufgrund der Laufzeitstreuung in Multimode-Fasern bezeichnen (ts = 0 für einwellige Fasern). Für einen ersten Eindruck des Übertragungsverhaltens ist es zweckmäÿig, eine Impulsantwort h(t ) bezüglich der optischen Leistung am Ende einer Faserstrecke für einen sehr schmalen Eingangspuls zu denieren. Wenn man eine Gauÿ'sche Impulsantwort mit h(t ) = +R1 1 h(t )dt = 1 annimmt, läÿt sich schreiben. exp( (t=t )2 ) pt (2) Die Fouriertransformierte von h(t ) entspricht der Übertragungsfunktion H (j! ) mit h(t ) H (j! ) = exp( ln2(f =fg )2 ) (3) (4) mit ! = 2f . Die Übertragungsfunktion hat damit ein Tiefpaÿverhalten mit der Grenzfrequenz fg mit j H(j! = j 2fg ) j= 12 . Abb. 1 zeigt schematisch h(t ), wobei häug auch die Puls-Halbwertsbreite TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/2 p D t h (t) D t F W H M 1 1 /2 1 /e D t Abb. 1: Gauÿ'sche Impulsantwort h(t) tF W HM (FWHM - full width half maximum) verwendet wird, die sich für einen Gauÿ'schen Puls nach Abb. 1 ergibt zu p tF W HM = 2 ln2 t (5) Die Grenzfrequenz fg ergibt sich dann zu fg = p 1 0:44 ln2 1 2ln2 = = t tF W HM tF W HM (6) Die weitere Betrachtung beschränkt sich auf einwellige Fasern, bei denen eine Impulsverbreitung nur aufgrund der chromatischen Dispersion zu berücksichtigen ist. Bei einer spektralen Breite der Lichtquelle (full width half maximum) ergibt sich dann tF W HM = L j d=d j (7) mit der Faserlänge L und der chromatischen Dispersion d=d. Beispiel: LED mit = 80nm; = 1:55m und einer chromatischen Dispersion d=d = 17ps=(km nm). Dann ergibt sich ein tF W HM = 1:36ns=km bzw. eine Grenzfrequenz fg = 320 MHz (km/L). Nach (6) hätte es den Anschein, daÿ sich für ! 0 ein t ! 0 und damit eine unendlich hohe Bandbreite realisieren lieÿe. Tatsächlich bewirkt eine schnelle Modulation aber auch eine spektrale Verbreitung, wodurch die erreichbare Übertragungsrate begrenzt wird. 2.2 Intuitive Abschätzung der maximalen Übertragungsrate Wir gehen von einer binären Puls-Code-Modulation (PCM) mit der Bitrate B aus, wobei dann die spektrale Breite der modulierten Lichtquelle auch ungefähr durch B und damit = 2 =c = B 2 =c TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (8) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/3 gegeben ist. Die Grenzfrequenz fg ergibt sich dann mit (6), (7) zu fg = 0:44 c=(B 2 L j d=d j) (9) Zur Übertragung der binären Bitfolge muÿ die Grenzfrequenz fg > B=2 sein, woraus mit (9) folgt: p B L< s 2 (10) 0:88 c j d=d j p (11) Man erhält also als Begrenzung durch die chromatische Dispersion ein maximales Bitr aten Lange -P r odukt . Wenn man eine Standardfaser mit j d=d j= 17ps=(km nm) und = 1:55m zugrunde legt, ergibt sich als Zahlenwert p p (12) B L < 80Gbit=s km was beispielsweise bei einer Bitrate von B = 10 Gbit/s noch eine Übertragungslänge von L = 64 km ermöglicht. 3 Signalübertragung unter Berücksichtigung der chromatischen Dispersion 3.1 Grundlagen Bei der obigen Beschreibung handelt es sich noch um eine recht grobe Betrachtung, so daÿ hier genauer die Ausbreitung des modulierten elektrischen Feldes entlang einer dispersiven Faser analysiert werden soll. Wir verwenden dazu das komplexe orts- und zeitabhängige elektrische Feld E (z; t ) = A(z; t )exp( j0 z + j!0 t ) (13) A(z; t ) bezeichnet dabei eine im Vergleich zur optischen Frequenz langsam variierende komplexe Amplitudenfunktion für ein monochromatisches optisches Feld mit der optischen Frequenz !0 und der dazugehörigen Phasenkonstanten 0 . Das reale elektrische Feld in der Faser (z.B. Ex für die LP01 Welle) entspricht dabei dem Realteil von (13). Die Signalausbreitung entlang der Faser läÿt sich sehr einfach im Frequenzbereich mit der Fouriertransformierten von E (z; t ) beschreiben: E (z; t ) E (z; j!) (14) gemäÿ E (z; j!) = E (z = 0; j! ) exp( j (!)z ) (15) Die Phasenkonstante (! ) wird um ! = !0 in eine Taylor-Reihe entwickelt: (!) = 0 + (! 1 !0 ) + 2 (! 2 1 !0 )2 + 3 (! 6 TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann !0 )3 + ::: (16) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/4 mit 0 = (!0 ) wie bereits in (13), der Gruppenlaufzeit pro Länge = d=d! ; der chromatischen Dispersion 2 = d 2 d = = 2 d! d! (17) d 2 ( ) d 2c (18) und der Änderung der chromatischen Dispersion (englisch: dispersion slope) 3 = d 3 d d = ( ) 3 d! d! d! (19) Gl. (15) führt mit (16) auf: E (z; j!) = E (z = 0; j! ) exp( j0 z )exp( jz (! 1 exp( j 3 z (! 6 1 !0 ))exp( j 2 z (! 2 !0 )3 ) !0 )2 ) (20) Mit Gl. (20) ist die Signalausbreitung prinzipiell vollständig beschrieben. Uns interessiert jedoch die Signalausbreitung bezüglich der Amplitudenfunktion A(z; t ), wobei es zweckmäÿig ist, eine retardierte Zeitachse (t 0 = t z ) einzuführen, da die Gruppenlaufzeit des Signals im wesentlichen durch z gegeben ist. Für die Amplitudenfunktion wird nun eine Fouriertransformierte mit t = t 0 + z eingeführt: A(z; j ) (21) A(z; t 0 + z ) wobei die Frequenz der Dierenz zwischen ! des Feldes in Gl.(14)-(16) und !0 , d.h. = ! !0 , entspricht. Es ist nun das Ziel, die Signalübertragung bezüglich A(z; t ) bzw. A(z; j ) zu beschreiben. Die Fouriertransformation in (21) bedeutet A(z; j ) = und damit mit t 0 = t + Z1 1 A(z; t 0 + z )exp( j t 0 )dt 0 (22) z und dt 0 = dt : A(z; j ) = exp(j z ) + Z1 1 A(z; t )exp( j t )dt (23) Wenn man Gl. (13) nach A(z; t ) auöst: A(z; t ) = E (z; t )exp(j0 z )exp( j!0 t ) (24) und in Gl. (23) einsetzt, ergibt sich A(z; j ) = exp(j z )exp(j0 z ) + Z1 1 E (z; t )exp( j ( + !0 )t )dt TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (25) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/5 und damit A(z; j ) = exp(j z )exp(j0 z )E (z; j! ) (26) Mit E (z; j! ) aus Gl(20) ergibt sich schlieÿlich 1 A(z; j ) = E (z = 0; j! )exp( j 2 z (! 2 und damit 1 !0 )2 )exp( j 3 z (! 6 1 1 A(z; j ) = A(z = 0; j )exp( j 2 z 2 )exp( j 3 z 3 ) 2 6 !0 )3 ) (27) (28) Gl.(28) läÿt sich als Dierentialgleichung schreiben, @A(z; j ) 1 = A(z; j )( j 2 2 @z 2 Mit der retardierten Zeitachse t mieren: t 1 j 3 3 ) 6 (29) z und @=@t = j läÿt sich (29) in den Zeitbereich transfor- @A(z; t ) @ 2 A(z; t ) 3 @ 3 A(z; t ) =j 2 + (30) @z 2 @t 2 6 @t 3 Die Kenntnis der Signalform A(z; t ) an der Stelle z ermöglicht damit die Berechnung der Signalform an der Stelle (z + z ). 3.2 Übertragung eines Gauÿ'schen Pulses Gl.(30) entspricht bei Vernachlässigung von 3 genau der Ausbreitungsgleichung für Strahlwellen (STR, Gl. (3)) mit den Entsprechungen t x; y und 2 k10 n . Insofern ist es naheliegend, ähnlich wie bei der Gauÿ'schen Strahlwelle die Ausbreitung eines Gauÿförmigen Pulses entlang einer dispersiven Faser zu analysieren. Die komplexe Amplitude A(z; t ) sei so normiert, daÿ für die optische Leistung P in der Faser P (z; t ) =j A(z; t ) j2 (31) gilt. Für z=0 sei P (z = 0; t ) = P0 exp( [t=t0 ]2 ) (32) und damit für die komplexe Amplitude A(z = 0; t ) = p P0 exp( 1 (t=to )2 )exp(j(t )) 2 (33) mit einer eventuellen zusätzlichen Phasenmodulation (t ). Beispielsweise führt die Modulation eines Halbleiterlasers (aber auch von sonstigen externen Modulatoren) nicht nur zu einer Leistungsmodulation, sondern auch zu einer Modulation der optischen Frequenz (chirp). Dies liegt daran, daÿ sich bei einer Modulation der optischen Verstärkung auch die Brechzahl innerhalb des Halbleiterlasers und damit die optische Emissionsfrequenz ändert. Dies läÿt sich durch einen Parameter ch = n 0 n00 TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (34) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/6 beschreiben, der die Kopplung zwischen einer Variation des Imaginärteils und des Realteils der Brechzahl beschreibt. Für eine Lasermodulation gilt (siehe z.B. K. Petermann, 'Laser diode modulation and noise', Kluwer Academic 1991): d = 2( (t ) dt 0 ) = ch 1 dP ( ) 2 P dt (35) woraus für den Gauÿförmigen Puls von Gl.(32) folgt: d = (ch =t02 )t dt bzw. (t ) = ch (t=t0 )2 2 (36) (37) so daÿ sich die komplexe Amplitude gemäÿ Gl.(33) ergibt zu A(z = 0; t ) = p P0 exp( 1 (t=t0 )2 (1 + jch )) 2 (38) A(z; t ) ergibt sich dann gemäÿ Gl.(29),(30). Für 3 = 0 bleibt die Gauÿ'sche Pulsform bei Ausbreitung entlang der Faser erhalten, wie beim Gauÿ'schen Strahl P (z; t ) exp( (t=t1 (z ))2 ) mit s t1 (z ) = t0 (1 ch 2 z 2 z ) + ( 22 )2 t02 t0 (39) (40) Abb. 2 zeigt den Verlauf der Pulsbreite für 2 < 0 (wie bei einer Standardfaser mit = 1; 55m, dort ist 2 20ps 2 =km). LD bezeichnet dabei die sogenannte Dispersionslänge LD = t02 = j 2 j (41) Ohne 'chirp' (ch = 0) ergibt sich eine monotone Pulsverbreiterung, während sich für ch 2 > 0 auch eine Pulsverschmälerung ergeben kann. Aufgrund der Pulsverbreiterung eines Gauÿ-Pulses läÿt sich die maximal mögliche Übertragungsrate abschätzen. 3.3 Maximale Übertragungsrate ohne chirp (ch = 0) Ohne chirp (ch = 0) ergibt sich die minimale Impulsbreite am Ausgang (z = L) für t02 =j 2 L j zu t12 = 2 j 2 L j (42) was ungefähr eine maximale Bitrate B < 1=(2t1 ) ermöglicht und damit p q B L < 1= 8 j 2 j = s (2=8) c j d=d j 2 in guter Übereinstimmung mit Gl.(11). TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (43) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/7 4.0 b2<0 3.5 3.0 ach=2 ach=-2 t 1/t 0 2.5 2.0 1.5 ach=0 1.0 0.5 0.0 0.0 0.5 1.0 z/LD 1.5 2.0 Abb. 2: Pulsbreite als Funktion der Faserlänge 3.4 Maximale Übertragungsrate mit Vorchirp Mit einem geeignet gewählten 'chirp'-Parameter ch < 0 (für 2 < 0) läÿt sich gemäÿ Abb. 2 eine Pulsverschmälerung und damit eine Erhöhung der Übertragungsrate erreichen. Leider ist bei der direkten Modulation von Halbleiterlasern normalerweise ch > 0 (typisch ch 3::::6), aber mit speziellen Modulatoren ist auch ch < 0 möglich. Mit genügend groÿem negativen ch lassen sich prinzipiell beliebig kleine Pulsbreiten erreichen. Für die Abschätzung der maximalen Übertragungsrate ist jedoch bestenfalls eine Anfangsimpulsbreite t1 (z = L) = t0 (44) sinnvoll. Die Forderung (44) für minimales t0 = t1 (z = L) führt mit (40) auf ch = t12 (z = L) = t02 =j 2 L j In Analogie zu (42), (43) ergibt sich ein maximales Bitr aten p q pLange -P r odukt von B L < 1= 4 j 2 j d.h. daÿ sich mit Vorchirp (ch = verdoppeln läÿt. 1( fur 2 < 0) und (45) (46) 1) die Übertragungslänge bei gleicher Bitrate gegenüber (43) TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/8 4 Übertragungsverhalten von Lichtwellenleitern unter Berücksichtigung der Nichtlinearitäten 4.1 Grundsätzliche Eekte Bezüglich des nichtlinearen Verhaltens von Lichtwellenleitern unterscheiden wir einmal nichtlineare Streuprozesse sowie die Veränderung der Brechzahl bei hohen Leistungen (Kerr-Eekt). 4.1.1 Nichtlineare Streuprozesse Bei den nichtlinearen Streuprozessen ndet eine Wechselwirkung statt mit Phononen, wodurch die optische Signalwelle in Wellen kleinerer Photonenenergie umgesetzt wird, was auch zu einer nichtlinearen Dämpfung der Signalwelle führt. Man unterscheidet im wesentlichen zwischen der Brillouin- und der Raman-Streuung. Bei der Brillouin-Streuung wird die Signalwelle an einer akustischen Welle längs des Lichtwellenleiters reektiert, wobei sich aufgrund des Doppler-Eekts eine reektierte Welle ergibt, die eine um ca. 10 GHz reduzierte optische Frequenz aufweist. Die für die Brillouin-Streuung relevante Bandbreite ist mit 100 MHz relativ gering. Die Brillouin-Streuung führt zu erheblichen Störungen der Signalübertragung, sobald die optische Leistung innerhalb eines Bandbreitenintervalls von 100 MHz einige mW überschreitet. Um trotzdem möglichst hohe Signalleistungen in der Faser zulassen zu können, ist es zweckmäÿig, Modulationsverfahren zu verwenden, die die optische Signalleistung möglichst gleichmäÿig auf eine groÿe Spektralbreite verteilen. Bei der Raman-Streuung handelt es sich um die Wechselwirkung mit optischen Phononen, die auch zu einer Dämpfung der Signalwelle führen kann. Die Raman-Streuung ist sehr viel breitbandiger, wobei aber eine nennenswerte Dämpfung der Signalwelle erst bei Leistungen 500 mW auftritt. 4.1.2 Intensitätsabhängige Brechzahl Aufgrund des Kerr-Eekts ergibt sich eine intensitätsabhängige Brechzahl, die sich am besten be~ ergibt schreiben läÿt mit der elektrischen Polarisation P~ , aus der sich die dielektrische Verschiebung D mit wobei ~ = 0 E ~ + P~ D (47) P~ = P~L + P~NL (48) ~ P~L = 0 1 E (49) den linearen Anteil der elektrischen Polarisation beschreibt. Wenn man zunächst nur den linearen Anteil ~ = 0 (1 + 1 )E ~ , so daÿ sich 1 mit der Polarisation P~ in (47) berücksichtigt, ergäbe sich D r = 1 + 1 TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (50) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/9 der relativen Dielektrizitätskonstante zuordnen läÿt. Die nichtlineare Polarisation P~NL aufgrund des Kerr-Eekts ist im wesentlichen ein Eekt 3. Ordnung gemäÿ ~ E ~ )E ~ P~NL = 0 3 (E (51) Um den Einuÿ der nichtlinearen Polarisation besser zu verstehen, betrachten wir ein (skalar angenommenes) elektrisches Feld, das sich aus 2 harmonischen Komponenten zusammensetzt: E = Re E 1 exp(j!1 t ) + Re E 2 exp(j!2 t ) = 1 E 1 exp(j!1 t ) + E 2 exp(j!2 t ) + c:c: 2 (52) Wenn man (52) in (51) einsetzt, ergeben sich für die nichtlineare Polarisation Frequenzkomponenten insbesondere bei !1 ; !2 ; (2!1 +!2 ); (2!2 +!1 ). Für die Frequenzkomponente !1 ergibt sich beispielsweise 3 PNL (!1 ) = 0 3 (jE 1 j2 +2 j E 2 j2 )Re (E 1 exp(j!1 t ) (53) 4 wodurch sich dann bei der Frequenz !1 in Erweiterung zu 50 ein eektives r einführen läÿt gemäÿ 3 r (!1 ) = 1 + 1 + 3 j E 1 j2 +2 j E 2 j2 4 woraus sich dann auch für die Brechzahl n = p r (54) ein linearer und nichtlinearer Anteil ergibt n j!1 = n1 + n2 (I1 + 2I2 ) (55) mit I1;2 der Intensität (= Leistungsdichte) bei der Frequenz !1 bzw. !2 . Da die Phasenkonstante proportional zur Brechzahl ist, führt gemäÿ Gl. (55) die Variation der Intensität zu einer Phasenmodulation des Signals, wobei die eigene Intensität (!1 ) die Phase halb so stark beeinuÿt - man spricht von Selbstphasenmodulation - wie die Intensität I2 des Signals bei der anderen Frequenz (bzw. Wellenlänge) - man spricht dann von Kreuzphasenmodulation. 4.2 Nichtlineare Schrödingergleichung Solange die Brillouin- und die Raman-Streuung noch keine Rolle spielt, genügt es, nur die nichtlineare Phasenverschiebung entsprechend 4.1.2 für die Signalausbreitung in der Faser mit zu berücksichtigen. Gl. (30) wird dazu erweitert einmal um einen Term, der die Dämpfung in der Faser beschreibt sowie die nichtlineare Phasenverschiebung in Anlehnung an Gl. 55. Es ergibt sich dann die sogenannte nichtlineare Schrödingergleichung: @ 2 A(z; t ) 3 @ 3 A(z; t ) @A(z; t ) =j 2 + @z 2 @t 2 6 @t 3 A(z; t ) j j A j2 A(z; t ) (56) wobei die nichtlineare Phasenverschiebung durch den Parameter beschrieben wird, der bei einer Quarzglasfaser den Wert = 1:31 80 m2 W km Aef f TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (57) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/10 annimmt. Aef f bezeichnet die eektive wirksame Fläche der LP01 -Grundwelle, die bei einer Standardfaser typischerweise den Wert Aef f = 80m2 aufweist. Die nichtlineare Phasenverschiebung kann für Z P (z )dz << 1 (58) vernachlässigt werden, wobei das Integral in Gl. (58) über die gesamte Faserstrecke (einschlieÿlich der optischen Verstärker) zu erstrecken ist. So spielt die nichtlineare Phasenverschiebung für P (z ) 1mW und eine Streckenlänge L =100 km beispielsweise noch keine Rolle, für L =1000 km jedoch muÿ sie mit berücksichtigt werden. Die nichtlineare Phasenverschiebung in Gl. (56) führt insbesondere zu folgenden Eekten: 1. Selbstphasenmodulation Aufgrund der intensitätsabhängigen Phasenverschiebung wird die Phase des Signals selbst moduliert (siehe Gl. 55), was unter Umständen zu einer erheblichen spektralen Verbreiterung führen kann. 2. Kreuzphasenmodulation Bei einem Wellenlängenmultiplexsystem wird die Phase eines Kanals auch durch die Intensitätsschwankungen der Nachbarkanäle moduliert (siehe Gl. 55). Dies führt zu einem Übersprechen zwischen den verschiedenen Kanälen. 3. Vierwellenmischung Bei 3 vorhandenen Signalen der optischen Frequenzen !i , !j , !k ergibt sich z.B. ein viertes Signal bei der Frequenz !i (!j !k ). Auch dies führt zu einem Übersprechen zwischen verschiedenen Kanälen. Eine Analyse der Signalausbreitung mit den obigen Eekten ist im allgemeinen nur durch numerische Auswertung von Gl. (56) möglich. Wichtig ist dabei auch die Gröÿe der chromatischen Dispersion. Im allgemeinen ist es vorteilhaft, wenn die lokale Dispersion j 2 (z ) j möglichst groÿ ist. 4.3 Solitonen Die nichtlineare Phasenverschiebung läÿt sich positiv ausnutzen, wenn die nichtlineare Phasenverschiebung j A j2 A gerade die Dispersion (2 =2) d 2 A=dt 2 kompensiert (Annahme: 3 = 0 und dämpfungsfreies System mit = 0). Bei geeignet gewählten Leistungspegeln ergeben sich kurze Pulse (sogenannte Solitonen), die entweder unabhängig von z sind oder zumindest eine Periodizität entlang z mit der Solitonenperiode Lper aufweisen. Solitonen existieren nur für 2 < 0. Sie werden charakterisiert durch ihre Solitonenordnung Nsol . 2 = Nsol Pp Tp2 j 2 j TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann (59) Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/11 und die Solitonenperiode Tp2 (60) 2 j 2 j mit der Pulsspitzenleistung Pp und der halben Pulsbreite Tp . Abb. 3 zeigt Beispiele für Solitonen mit Nsol =1...3. Lper = Z e itb e r e ic h N s o l F r e q u e n z b e r e ic h = 1 z w t N s o l z = 2 N t z w t s o l = 3 z w z z Abb. 3: Solitonen der Ordnung Nsol = 1; 2; 3 im Zeit- und Frequenzbereich Beispiel: Es wird ein 10 Gbit/s-System betrachtet. Damit sich die Solitonenpulse nicht beeinussen, muÿ die Pulsbreite deutlich kleiner als die Bitperiode sein, also z.B. Tp = 10ps. Für eine Standardfaser bei 1; 55m mit 2 = 20ps2 =km ergibt sich dann eine Solitonenperiode Lper = 8km. Hier ist zu beachten, daÿ Solitonen streng genommen nur für ein verlustfreies System mit = 0 existieren können. Diese Bedingung kann so verallgemeinert werden, daÿ innerhalb einer Solitonenperiode die Verluste ausgeglichen werden müssen, d.h. Loa < Lper (Loa - Verstärkerabstand). Da Verstärkerabstände Loa > 50km angestrebt werden, ist die im obigen Beispiel abgeschätzte Solitonenperiode viel zu kurz für ein praktisches System. Dies bedeutet, daÿ ein 10 Gbit/s-Solitonen-System nur mit Fasern erheblich geringerer Dispersion realisierbar ist. TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/12 Weiterführende Literatur: G.P. Agrawal, 'Fiber-optic Communication Systems', John Wiley, 2nd Ed., 1997 5 Ausblick Zur Beurteilung konkreter Übertragungssysteme ist im allgemeinen eine numerische Systemanalyse erforderlich. Weiterhin unterscheidet man zwischen RZ- und NRZ-Systemen (RZ- return to zero, NRZnon return to zero). Verbreiteter sind NRZ-Systeme, bei denen die Pulsbreite gerade der Bitperiode entspricht und somit die optische Leistung bei aufeinanderfolgenden '1'-Signalen nicht auf 0 zurückgeht (siehe Abb. 4). Bei kürzeren Pulsen erhält man dann ein RZ-Signal, wobei das Verhältnis zwischen Pulsbreite und Bitintervall als Tastverhältnis bezeichnet wird. 0 1 1 0 0 1 0 1 1 1 0 Power 1 NRZ t=Dt/TB=1 RZ t=Dt/TB=0.5 Power t/TB Dt TB t/TB Abb. 4: Vergleich zwischen RZ- und NRZ-Modulation Bei Solitonensystemen handelt es sich beispielsweise um ein RZ-System, wobei zur Vermeidung der Wechselwirkung zwischen den einzelnen Solitonen 0:25 gelten muÿ. Ein Beispiel für die Analyse eines NRZ-Systems (reine Intensitätsmodulation ohne 'chirp') im Rahmen der linearen Näherung (Gl. 30) zeigt Abb. 5. Die dargestellte 'power penalty' gibt die Reduktion der Önung im Augendiagramm an. Für eine 'penalty' von 1 dB und 10 Gbit/s ergibt sich eine Streckenlänge von 63 km (bei 40 Gbit/s jedoch nur 4 km) in guter Übereinstimmung mit Gl. (11)(12),(43). Um gröÿere Streckenlängen zu erreichen, besteht die naheliegendste Möglichkeit darin, in die Faserstrecke dispersionskompensierende Fasern einzufügen. Prinzipiell ist eine perfekte Kompensation der chromatischen Dispersion möglich, es verbleiben jedoch die Begrenzungen aufgrund der Nichtlinaritäten. TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann Einführung in die optische Nachrichtentechnik ÜB/13 power penalty (dB) 3.5 3.0 back-to-back 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 length (km) 0 0 20 40 60 80 100 0 1.25 2.5 3.75 5 6.25 10 Gbit/s 40 Gbit/s Abb. 5: Reduzierung der Augenönung (in dB) bei einem 10- bzw. 40 Gbit/s-System im Rahmen der linearen Näherung (Standardfaser) TU Berlin Prof. Dr.-Ing. K. Petermann