6.Vorlesung (PC I, WS 2002/03) Inhalt: - Übergang zur 3D-Geschwindigkeitsverteilung Gleichungen zur Beschreibung realer Gase Der kritische Punkt I. 3D-Geschwindigkeitsverteilung Für die 1-dimensionale Geschwindigkeitsverteilung in x-Richtung haben wir folgende Gleichung angesetzt: 1/ 2 m f v x 2k B T m v 2x exp 2k B T Nun wollen wir zur 3-D Bewegung übergehen. Als erstes überlegen wir uns, wie sich die Geschwindigkeit s ohne Berücksichtigung der Richtung ermitteln lässt, als Lösung erhalten wir: s 2 v 2x v 2y v 2z s v 2x v 2y v 2z 1/ 2 Nun müssen wir die Wahrscheinlichkeit für die Kombination: v x , v y , v z ermitteln, hierzu verwenden wir den folgenden Ansatz: m f v x f v y f v z 2 k T B Jetzt stellt sich s v 2x v 2y v die Frage, 2 1/ 2 gibt z wie viele 3/ 2 m v x2 v y2 v z2 exp 2k B T Kombinationen v x , v y , v z mit der Randbedingung 2 es? Die Lösung entspricht gerade der Kugelschale mit Radius s, d. h. 4s . Somit folgt für unsere Verteilungsfunktion: m f s 4s 2k B T 2 3/ 2 ms 2 exp 2k B T mit Normierung f s ds 1 0 Die mittlere Geschwindigkeit <s> ergibt sich dann wie folgt: m s sf s ds 4 2 k T B 0 mit x e 3 ax2 0 folgt: m s 4 2k BT 3/ 2 dx 3/ 2 ms 2 3 ds s exp 0 2 k T B 1 2a 2 1 2k B T 1 8 2 m 2 2 3/ 2 1/ 2 k BT m Anmerkung: Die mittlere Geschwindigkeit ist NICHT die wahrscheinlichste Geschwindigkeit! Wenn wir uns mit der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer bestimmten Geschwindigkeit beschäftigt haben, kann man sich nun fragen, wie die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten kinetischen Energie E ist. Hierzu müssen wir gleichsetzen: f EdE f sds f E f s ds dE Der Zusammenhang zwischen kinetischer Energie und Geschwindigkeit lautet 1 2 ms 2 E woraus sich die Ableitung ergibt dE ms 2mE ds Durch Umformen erhält man: 2E . m s m Durch Einsetzen in f s 4s 2k B T 3/ 2 2 ms 2 mit s exp 2k B T 2E und geeignetes Umformen m ergibt sich: 2E m f E 4 m 2k B T 1 8 E 2 3/ 2 1/ 2 3/ 2 E 1 exp k B T 2mE 1 1 2 k B T 2 1 f E k BT 3/ 2 3/ 2 E exp k T B E E 1 / 2 exp k T B Die mittlere Energie ist definiert als 2 1 E E f E dE k BT 3/ 2 E dE E 3 / 2 exp k BT woraus sich Em 1 k BT 2 ergibt. Dieselbe Rechnung wie oben kann man auch für ein Mol anstatt für ein Teilchen durchführen: man setzt die Gaskonstante R statt der Boltzmann-Konstante kB und die Molmasse M statt der Masse m für ein Molekül. Bei 1-dimensionaler Bewegung in x-Richtung ergibt sich somit: 1/ 2 M f v x e 2RT Mv 2x 1 2 RT 1/ 2 mv 2 m 2 k BxT e 2k B T Für die 3-dim. Bewegung und Betrachtung des Betrages s der Geschwindigkeit unabhängig von der Richtung ergibt sich: M f s 4 2RT 3/ 2 2 s e Ms 2 1 2 RT Die mittlere Geschwindigkeit ist: M s sf s dv 4 2RT 0 mit x e 0 3 ax2 dx 1 2a 2 M s 4 2RT 3/ 2 3/ 2 Ms 2 1 3 ds s exp 0 2 RT folgt: 2 M 1 M 4 2 RT 2 2RT 3/ 2 2 4 RT 1 8 2 M 2 3/ 2 1/ 2 RT M II. Zustandsgleichungen für kondensierbare (reale) Gase Schon früh ist der Versuch gemacht worden, auch für reale Gase einen einfachen mathematischen Ausdruck zu finden, der den Zusammenhang zwischen Druck, Volumen und Temperatur angibt. Die beiden üblichen Ansätze gehen von der Formulierung der „Idealen Gasgleichung“ PV = nRT aus und führen Modifikationen ein: Ein Ansatz hierzu ist die sogenannte Virialgleichung, ein mathematisches Näherungsverfahren. Sie führt abstrakte Korrekturterme in der Form einer Reihenentwicklung auf der rechten Seite der Gasgleichung ein: PV = nRT (1+ B n/V + C (n/V)2 + ....) B ist hier der sogenannte 2.Virialkoeffizient, C der 3.Virialkoeffizient usw. Das Verfahren kann natürlich fortgesetzt werden, d.h. man kann beliebig viele zusätzliche Koeffizienten zu entsprechenden Potenzen von (n/V) einführen, es gibt einige Beispiele in der Technik (CO 2 zur Koffeinextraktion), wobei mehr als hundert Koeffizienten experimentell ermittelt wurden und von Bedeutung für die Anwendung sind. Einen anderen Weg hat Van-der-Waals 1873 beschritten, indem er die Zustandsgleichung mit Korrekturtermen versehen hat, die der physikalischen Intuition entsprungen sind und weitere Gegebenheiten der molekularen Ebene in die Gleichung einfließen lassen: (P + a (n/V)2)(V – nb) = nRT Der Term a (n/V)2 berücksichtigt die Wechselwirkung (Anziehung/Abstoßung) zwischen den Atomen bzw. Molekülen. Dieser Term ist quadratisch in (n/V), d.h. in der Konzentration, weil sowohl Anzahl als auch Heftigkeit der Wandstöße gegenüber dem idealen Gas, das keine Anziehung zwischen den Teilchen kennt, vermindert werden. a(n/V)2 nennt man den „Binnendruck“. Der Parameter b steht für das Volumen, das ein Mol des Stoffes einnimmt, wenn er vollständig komprimiert ist (man erinnere sich: Die Teilchen des idealen Gases haben keine Ausdehnung) und wird „Eigenvolumen" oder "Kovolumen" genannt. Bei T = 0K wird dieses Volumen im Rahmen der van der Waals’schen Modellvorstellung aufgrund der wechselseitigen Anziehung auch ohne äußeren Druck angenommen. III. Kritischer Punkt Die graphische Darstellung der van der Waals-Gleichung im P-V-Diagramm zeigt, dass für hohe Temperaturen die Van-der-Waals-Gleichung in die Zustandsgleichung des idealen Gases übergeht. Bei niedrigen Temperaturen weisen die Isothermen Extremwerte auf, die nicht naiv verstanden werden können, sondern der Interpretation bedürfen. Dieser Bereich der Isothermen wird durch eine gerade Linie ersetzt, die sogenannte Maxwellkonstruktion, die gerade so gewählt wird, dass die beiden abgeteilten Flächen gleich groß sind, ansonsten kann man diese sogenannten Van-der-Waals-Schleifen bis zum jeweiligen Extrempunkt als metastabile Zustände auffassen, bekannt z.B. als Siedeverzug. Da wir im P-V-Diagramm arbeiten, bedeutet dies, dass die Volumenarbeit entlang der ersetzenden geraden Linie identisch ist mit der Volumenarbeit, die entlang der unveränderten van der Waals-Isotherme geleistet würde, d.h. unsere Materie kondensiert. Die Betrachtung des Diagramms legt nahe, dass es eine Temperatur geben muss, bei der die beiden Extrema der van der WaalsSchleifen zusammenfallen. Der zugehörige Zustand heißt „kritischer Punkt“. Er ist charakterisiert durch die Werte der Zustandsgrößen T crit, Vcrit, Pcrit. Zwischen den van der Waals Parametern a, b und den Werten der Zustandsgrößen am kritischen Punkt besteht ein eindeutiger Zusammenhang, der in folgender Weise verifiziert werden kann. Mathematisch zeichnet sich der kritische Punkt dadurch aus, dass sowohl die erste, als auch die zweite Ableitung der Funktion P=P(V) gleich Null sein muss. Zur Vereinfachung der Darstellung ersetzen wir den Quotienten V/n durch das Volumen eines Mols Vm= V/n, so dass, die Van-der-Waals Gleichung übergeht in P RT 1 a 2 Vm b Vm Der kritische Punkt liegt vor, wenn die beiden ersten Ableitungen Null werden: dP RT 2a 3 0 2 dVm Vm b Vm d2P RT a 2 6 0 2 3 Vm b Vm dVm Die beiden Gleichungen können nur erfüllt werden für T Tcrit 8a und Vm=Vcrit=3b 27 Rb Für den zugehörigen kritischen Druck ergibt sich dann P Pcrit a 27b 2 Damit ist eine eindeutige Beziehung zwischen den Werten der Zustandsgrößen am kritischen Punkt und den Werten der Van-der-Waals-Parameter gegeben. Ein anderer Ansatz, um sich den kritische Punkt vorstellen zu können: Wir sperren eine Flüssigkeit, die mit seinem Gas im Gleichgewicht steht in ein Gefäß ein und erwärmen; bei einer bestimmten Temperatur werden wir feststellen, dass die Phasengrenze zwischen Gas und Flüssigkeit wegfällt. Als Grund hierfür kann man sich überlegen, dass durch das Erwärmen immer mehr Teilchen von der flüssigen Phase in die Gasphase übergehen, so dass die Dichte der Gasphase zunimmt; die Dichte der flüssigen Phase nimmt jedoch ab. Folglich müssen irgendwann die beiden Dichten gleich groß sein, so dass die Phasengrenze (gasförmig/flüssig) wegfällt.