DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE Ein Service von: ORF A-1040 Wien, Argentinierstraße 30a Tel.: (01) 50101/18381 Fax: (01) 50101/18806 Homepage: http://oe1.ORF.at Österreichische Apothekerkammer A-1091 Wien, Spitalgasse 31 Tel.: (01) 404 14-600 Fax: (01) 408 84 40 Homepage: www.apotheker.or.at Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit A-1030 Wien, Radetzkystr. 2 Tel.: (01) 71100-4505 Fax: (01) 71100-14304 Homepage: www.bmg.gv.at/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 1 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT Die Sendung Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form aufgearbeitet und Ö1-Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen. Wir über uns Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr. Christoph Leprich die Sendung. Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Nora Kirchschlager, Martin Rümmele, Dr. Doris Simhofer, Mag. Dominique Stiefsohn, Dr. Michaela Steiner, Dr. Ronny Tekal und Dr. Christoph Leprich. Das Service Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice, das auf größtes Interesse gestoßen ist. Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen wird kostenlos zur Verfügung gestellt und ist bereits am Sendungstag auf der Ö1-Homepage zu finden. Diese Unterlagen stellen in der Fülle der behandelten Themen ein MedizinLexikon für den Laien dar. Die Partner Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: die Österreichische Apothekerkammer und das Österreichische Bundesministerium für Gesundheit. An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die Zusammenarbeit bedanken! Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben . RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 2 EISKALT – KÄLTEANWENDUNGEN IN DER MEDIZIN Mit Dr. Christoph Leprich 20. Jänner 2014, 14.05 Uhr, Ö1 (WH v. 26.8.2013) Sendungs- und Infomappengestaltung: Mag.a Dominique Stiefsohn Redaktion: Dr. Christoph Leprich RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 3 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS KÄLTEANWENDUNGEN IN DER MEDIZIN KAPITEL 1: HYPOTHERMIE IN DER HERZCHIRURGIE 6 Die Herzlungenmaschine 8 Der Herzkreislaufstillstand Die Gefäßprothese Die Wiederaufwärmphase Kryotherapie bei Herzrhythmusstörungen 8 8 9 9 KAPITEL 2: FORSCHUNG IM BEREICH HYPOTHERMIE Die Forschungsfragen Abkühlung im Wachzustand 9 10 10 KAPITEL 3: GRUNDSÄTZLICHES ZUM WÄRMEHAUSHALT DES MENSCHEN 11 Der Mensch als Wärmemaschine Wärme wird nach außen abgegeben Schwitzen zur Kühlung 12 12 12 KAPITEL 4: KÄLTE IN DER DERMATOLOGIE UND CHIRURGIE 13 Sprayverfahren und Kontaktverfahren Vorsicht bei Muttermalen Behandlung von Hautkrebs 13 14 14 KAPITEL 5: VON FRIERENDEN UND GEFRORENEN MENSCHEN 15 Die Kältekammer Kälte bei rheumatischen Erkrankungen Kälte bei Hauterkrankungen und Depressionen Wirkung wenig erforscht 15 16 17 17 KAPITEL 6: KÄLTE IN DER SPORTMEDIZIN Regeneration und Immunabwehr Kälte zur Beschleunigung des Heilungsprozesses 18 18 18 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 4 INHALTSVERZEICHNIS Kombination von Wärme und Kälte 19 KAPITEL 7: DIE KNEIPP-MEDIZIN Geschichte der Kneipptherapie Die fünf Säulen der Kneipptherapie Hydrotherapie – Wasser als Träger von Reizen Anwendungsgebiete Anwendungsformen Waschungen Güsse Wickel Bäder 19 20 20 20 21 21 21 22 22 22 KAPITEL 8: KÄLTE IN DER ERNÄHRUNG Traditionelle Chinesische Medizin Kalte und kühlend wirkende Lebensmittel Wärmende Lebensmittel Hitze mit Kälte behandeln 23 23 23 24 24 INFOLINKS BUCHTIPPS INTERVIEWPARTNER/INNEN 26 28 29 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 5 FROSTIGE MEDIZIN KÄLTEANWENDUNGEN IN DER MEDIZIN KAPITEL 1: HYPOTHERMIE IN DER HERZCHIRURGIE Manchmal muss es schnell gehen. Wenn ein Menschenleben auf dem Spiel steht, darf nicht gezögert werden. Die Einsatzkräfte der Rettung sind meist die ersten Helfer mit einer medizinischen Ausbildung am Unfallort. Von ihrem Können hängt es maßgeblich ab, ob der Verunfallte überlebt, mit Spätfolgen leben muss oder wieder ganz gesund wird. Und immer häufiger kommt in der Notfallmedizin Kälte ins Spiel. Ein Motorradfahrer ist auf einer Landstraße mit einem PKW kollidiert. Der Mann auf dem Zweirad ist so schwer verletzt, dass er sofort narkotisiert und künstlich beatmet werden muss, weil er sonst die Schmerzen nicht ertragen könnte. Vier Tage später sind seine Wunden so weit versorgt, dass er im Landesklinikum St. Pölten operiert werden kann. Neben zahlreichen Knochenbrüchen und Hämatomen wurde beim Röntgen nämlich eine Verletzung der Aorta festgestellt. Genauer gesagt ein Einriss der inneren Gefäßwand der Hauptschlagader. Diese verläuft vom Herzen durch den Brustkorb bis in den Bauch, wo sie sich aufteilt und das Blut in beide Beine leitet. Wird der Riss nicht behandelt, droht die Hauptschlagader zu platzen und der Patient verblutet. Doch vor dem Eingriff muss der Patient auf 27 Grad heruntergekühlt und sein Herzschlag gestoppt werden – um damit sein Leben zu retten. Die Vorbereitungen Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Das zehnköpfige Team der Abteilung Herzchirurgie des Landesklinikums St. Pölten arbeitet intensiv daran, den schwerverletzten Motorradfahrer auf den eigentlichen Eingriff vorzubereiten: Den Ersatz eines Teils der Hauptschlagader im Brustkorb durch ein Kunststoffröhrchen. Nur so kann ein plötzlicher Gefäßriss mit Todesfolge verhindert werden. Insgesamt wird die Operation über fünf Stunden dauern. Stunden, in denen die beiden Chirurgen und ihr Team hochkonzentriert und ohne Pause arbeiten werden. Die Herzchirurgin Dr. Karola Trescher, die die Operation hauptverantwortlich durchführen wird: „Wir wollen diesen betroffenen Gefäßabschnitt ersetzen, und da das im Bereich ist, wo die Gefäße in den Kopf RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 6 FROSTIGE MEDIZIN und in die Arme abgehen, muss man das in Hypothermie und in Kreislaufstillstand machen.“ Hypothermie nennt man den Vorgang, wenn man den menschlichen Körper gezielt abkühlt. Nicht nur an der Hautoberfläche, sondern es wird die Körperkerntemperatur herabgesetzt. Bei der heutigen Operation wird eine moderate Hypothermie angewendet, also eine Abkühlung auf 27, 28 Grad Celsius. Bis in die 70er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden Herzpatienten sogar auf 16 Grad abgekühlt. Davon ist man aber abgekommen, da die Wiederaufwärmzeit zu lang war und dadurch die Lunge geschädigt wurde. Dr. Christoph Holzinger ist Herzchirurg und Leiter der Abteilung Herzchirurgie am Landesklinikum St. Pölten. Er erzählt: „Bei Patienten, wo man an der Hauptschlagader, also vor allem beim Bogen, wo die Gefäße in den Kopf abgehen, operiert, muss dieser Bereich blutleer sein. Und nachdem dann durch die Halsschlagadern kein Blut mehr in den Kopf mehr kommen kann, muss man den Patienten stark abkühlen, um das Hirn zu schützen. Über zwei Katheter wird das Hirn separat mit Blut versorgt, während der übrige Körper nicht durchblutet wird. Aber man hat trotzdem nur eine limitierte Zeit von einer Stunde, maximal eineinhalb Stunden, bis man den Patienten wieder aufwärmen und den Kreislauf schließen muss.“ Durch die Hypothermie werden neben dem Gehirn auch die übrigen Organe vor den negativen Folgen des Herzkreislaufstillstands geschützt. Denn solange das Herz nicht schlägt, werden sie nicht mit Sauerstoff versorgt. Je kühler die Organe sind, umso geringer ist der Schaden. Die Abkühlung des Körpers sowie die anschließende Durchblutung des Gehirns erfolgt durch die Herzlungenmaschine. Das Blut des Patienten läuft durch die Maschine, wird dort abgekühlt und fließt zurück in den Körper. Peter Haselbacher ist diplomierter Kardiotechniker und begleitet den Abkühlungsund Erwärmungsprozess. Bevor es im Operationssaal ernst wird, wird noch einmal alles geprüft. Peter Haselbacher: „Jetzt gibt’s ein Team-Time-Out. Da wird festgestellt, welcher Patient das ist, was gemacht wird, um wirklich sicher zu gehen, dass jeder auf seiner Position weiß, was er zu tun hat.“ Zunächst werden bei dem verunfallten Motorradfahrer mehrere Zugänge gelegt, um ihn bei Bedarf mit Blutkonserven versorgen zu können und um ihn später an die Herzlungenmaschine anzuschließen. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 7 FROSTIGE MEDIZIN DIE HERZLUNGENMASCHINE Nach einigen Zwischenschritten wird der Brustkorb geöffnet. Während die Chirurgin den Schnitt am Brustbein macht, muss kurz die Beatmung des Patienten ausgesetzt werden – sonst könnten beim Schneiden die sich aufblähenden Lungenflügel verletzt werden. Bevor nun die Herzlungenmaschine gestartet werden kann, muss noch die Blutgerinnung des Patienten medikamentös ausgeschaltet werden. Denn das Blut würde in den Kunststoffschläuchen, die die Maschine mit dem menschlichen Blutkreislauf verbinden, gerinnen. Jetzt ist es so weit: Das Blut läuft aus dem Patienten in die Herzlungenmaschine. Dort finden zwei wichtige Schritte gleichzeitig statt: Das Blut wird mit Sauerstoff angereichert, also oxygeniert, und in der nächsten halben Stunde auf ca. 27 Grad abgekühlt. Erst dann kann der Herzkreislaufstillstand eingeleitet werden. DER HERZKREISLAUFSTILLSTAND Dr. Christoph Holzinger: „Bei fast jeder Herzoperation muss man das Herz still legen, einerseits um die Bypässe exakt anschließen zu können, weil das eine zehntel Millimeter-Chirurgie ist und da darf nichts wackeln. Und zum anderen sollte es auch blutleer sein, weil man sonst nicht sieht, wo man sticht. Und dazu nimmt man die kardioplegische Lösung (Flüssigkeit), also die Herzlähmungslösung. Sie basiert im Prinzip auf zwei Mechanismen: Das eine ist, dass das Herz abgekühlt wird, weil sie nur fünf bis sechs Grad Celsius hat und das bedingt schon einen Herzstillstand. Und zum anderen enthält sie sehr viel Kalium, was auch zum Herzstillstand, zu einer Diastole, führt. Durch diese zwei Mechanismen wird das Herz angehalten.“ Die Gefäßprothese Sobald das Herz still steht, kann der eigentliche Eingriff erfolgen. Dr. Karola Trescher schneidet den defekten Teil der Hauptschlagader weg und ersetzt ihn durch ein Röhrchen aus Goretex, eine sogenannte Gefäßprothese. Diese wird mit vielen feinen Nähten an der Aorta fixiert. Dann wird das Herz wieder aktiviert. Auch der neue Teil der Hauptschlagader füllt sich mit Blut, der Herzkreislauf ist wiederhergestellt. Mithilfe der Herzlungenmaschine, die nun das Blut wieder wärmt statt abkühlt und einer Heizmatte wird der Patient langsam wieder erwärmt. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 8 FROSTIGE MEDIZIN Die Wiederaufwärmphase Bevor der Brustkorb geschlossen werden kann, gibt es eine Art Inventur: Das heißt, es wird penibel genau kontrolliert, ob alle Geräte und Tupfer vorhanden sind, sodass auf keinen Fall ein Fremdkörper im Patienten verbleibt. Und erst wenn alle Nähte halten und jede Blutung gestoppt ist, kann mit Drahtschlingen das Brustbein wieder zugenäht werden. Der Patient wird noch einige Tage in künstlichem Tiefschlaf bleiben, bevor er aufgeweckt werden kann. Hypothermie wird heutzutage in der Herzchirurgie vor allem bei Operationen mit Herz-Kreislauf-Stillstand angewendet. Dieser ist immer dann notwendig, wenn am offenen Herzen operiert wird und dieses blutleer sein muss. Beispiele dafür sind Operationen der Herzkranzarterien, der Herzklappen, der großen herznahen Gefäße und angeborener Fehler des Herz- und Gefäßsystems. Quelle: https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Extrakorporale-Zirkulation.104900.0.html Kryotherapie bei Herzrhythmusstörungen Kryo heißt auf Griechisch Kälte und als Kryotherapie wird jenes medizinische Verfahren bezeichnet, bei dem gezielt zugeführte Kälte eine heilende Wirkung entfaltet. Dr. Christoph Holzinger: „Bei bestimmten Herzrhythmusstörungen, beim Vorhofflimmern, wird ebenfalls mit Kälte gearbeitet. Wir öffnen den betroffenen Vorhof und setzen dann an bestimmten Linien an der Innenseite des Herzmuskels mit Kryoablation Narben. Das geht meist mit durch flüssigem Stickstoff gekühlten Instrumenten, die die Reizleitung und damit das Herzflimmern unterbinden.“ Diese Operationsmethode sei aber nicht immer ganz verlässlich, weil es für den Chirurgen schwer abschätzbar ist, ob er die Narbe tief genug gesetzt hat und das Flimmern so unterbinden konnte. Daher wird zunehmend die RadiofrequenzAblation eingesetzt. Hier nutzt man statt Kälte Hitze. KAPITEL 2: FORSCHUNG IM BEREICH HYPOTHERMIE Nicht nur in der Herzchirurgie, sondern auch bei zwei weiteren lebensbedrohlichen Notfällen wird Kälte eingesetzt. Nämlich beim Herzinfarkt und beim Schlaganfall. Einer, der intensiv in Wien daran forscht, ist der Kardiologe und Notfallmediziner Univ.-Doz. Dr. Andreas Janata. Er sieht ein großes Anwendungsgebiet für die Hypothermie bei Patienten mit Herzkreislaufstillstand, ausgelöst zum Beispiel durch einen Herzinfarkt. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 9 FROSTIGE MEDIZIN Dr. Andreas Janata: „Ein Hauptleidtragender von einem Kreislaufstillstand und von einer Sauerstoffunterversorgung ist das Gehirn. Wenn man sich vorstellt, die Konsequenz eines Kreislaufstillstandes ist in den meisten Fällen der Tod oder das Überleben mit schweren, neurologischen Schäden. Das reicht bis zum sogenannten Locked-In-Syndrom, wo ein Patient nicht mehr mit seiner Umgebung kommunizieren kann. Wir glauben, wenn wir die Hypothermie ganz in der frühen Phase der Reperfusion einsetzen können, dass wir dann noch effektiver das Gehirn vor den Schäden der Reperfusion schützen können.“ Reperfusion nennt man die Wiederherstellung des Blutflusses nach einem Herzkreislaufstillstand. Die Forschungsfragen Mittlerweile beginnen die Sanitäter Herzkreislauf-Patienten schon im Rettungsauto mittels Coolpads leicht abzukühlen. Obwohl man seit Jahrzehnten im Bereich Hypothermie forscht, sind noch viele Fragen offen. Dr. Andreas Janata: „Die aktuellen Themen sind, wie schnell muss ich kühlen? Ist es besser, sehr schnell zu kühlen oder eher langsamer? Was ist meine Zieltemperatur? Wie lange kühle ich? Wie langsam wärme ich auf, um nicht das, was ich geschützt habe, in zweiter Linie wieder kaputt zu machen?“ Dr. Janata untersucht am AKH in Wien besonders die Wirkung der Hypothermie unter 30 Grad Celsius. Bei dieser starken Absenkung der Körpertemperatur müsse man aber mit Nebeneffekten wie Herzkammerflimmern, bakteriellen Infekten und Gerinnungsstörungen rechnen. Abkühlung im Wachzustand Besondere Hoffnung gibt es laut Dr. Janata für Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, die bei Bewusstsein sind. „Hier betreten wir insofern Neuland, als wir wache Patienten kühlen. Das hat auch ein Kollege aus dem AKH gezeigt, dass ein Cocktail aus Sedativa (Beruhigungsmitteln) die Patienten dazu bringen kann, die Kühlung ohne Intubation, ohne künstlichen Tiefschlaf, gut zu tolerieren. Mit diesen Medikamenten kann ich die Zitterschwelle auf 33,5 Grad absenken. Das eröffnet eben die Tür für neue Kühlapplikationen beim Myokardinfarkt und dem Schlaganfall, wo wir es mit wachen Patienten zu tun haben“, erklärt Dr. Andreas Janata. Der Myokard- oder auch Herzinfarkt entsteht durch eine mangelnde Durchblutung der Herzkranzgefäße, häufig ausgelöst durch ein Blutgerinnsel. Bei Patienten mit Herzkreislaufstillstand forscht Dr. Janata im Rahmen einer Studie am AKH-Wien am Einsatz der Nasenkühlung. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Coolpads kann damit viel rascher eine Abkühlung erfolgen. Dazu wird dem RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 10 FROSTIGE MEDIZIN Patienten über zwei dünne Schläuche in der Nase das Gas Perfluorhexan zur Kühlung zugeführt. Die Ergebnisse der Studie liegen noch nicht vor. KAPITEL 3: GRUNDSÄTZLICHES ZUM WÄRMEHAUSHALT DES MENSCHEN Säugetiere und damit auch der Mensch gehören zu den „Warmblütern“, den „Homoiothermen“. Ihr Stoffwechsel ist darauf angewiesen, dass die Körpertemperatur nahezu konstant bleibt. Bei zu tiefen Temperaturen werden verschiedenen Stoffwechselvorgänge zu langsam, um das Überleben zu sichern. Zu hohe Temperaturen können zur Zerstörung lebenswichtiger Strukturen (Eiweiße, Vitamine) führen. Der menschliche Organismus funktioniert am besten bei Kerntemperaturen zwischen 37 und 37,5 Grad Celsius. Das Immunsystem hat sein Optimum bei 38 bis 38,5 Grad Celsius. Steigt die Temperatur über 41 Grad, kommt es zu ersten Schäden. Auf der anderen Seite treten deutliche Unterkühlungssymptome auf, wenn die Körperkerntemperatur unter 35 Grad absinkt. Fällt die Körpertemperatur unter 30 Grad, können bereits wesentliche Stoffwechselfunktionen zum Erliegen kommen. Das Überleben des Organismus ist in Gefahr. Der Wärmehaushalt hat die Aufgabe, die Kerntemperatur unabhängig von körperlicher Aktivität und Außentemperatur möglichst genau im Zielbereich zu halten. Bei Absinken unter den Sollwert werden der Stoffwechsel angeregt und die Muskeln zum Zittern gebracht, um mehr Energie umzusetzen. Außerdem wird die Durchblutung von Haut und Extremitäten herabgesetzt, um den Wärmeverlust zu reduzieren. Steigt die Temperatur über den Sollwert, wird hingegen die Durchblutung von Haut und Extremitäten gesteigert, damit über die Körperoberfläche ein erhöhter Wärmeaustausch möglich ist. Durch die Verdunstung von Wasser, das aus den Schweißdrüsen ausgeschieden wird (Schwitzen), verstärkt sich der Abkühlungseffekt. Mit sinkender Luftfeuchtigkeit steigt die Effektivität des Wärmeaustausches. Der Körper verträgt nun - bei steigendem Flüssigkeitsbedarf höhere Außentemperaturen, ohne dass die Kerntemperatur ansteigt. Wechselwarme Tiere (Poikilotherme) wie Reptilien haben einen Stoffwechsel, der besser auf tiefe Temperaturen abgestimmt ist. Sie werden zwar, weil jeder chemische Prozess mit tieferer Temperatur verlangsamt wird, in der Kälte weniger aktiv (bis hin zu völliger Starre), aber sie sterben nicht, solange ihre Körperflüssigkeiten nicht gefrieren. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 11 FROSTIGE MEDIZIN DER MENSCH ALS WÄRMEMASCHINE Praktisch alle bewohnbaren Areale auf der Erde haben eine Lufttemperatur, die im Tagesmittel deutlich unter der Körperkerntemperatur des Menschen liegt. Beispiel Wüstenklima: Auch dort, wo Höchsttemperaturen von 45 Grad herrschen, sinkt die Temperatur in den Nachtstunden auf bis zu 15 Grad Celsius und weniger ab. Die Durchschnittstemperatur liegt damit bei rund 30 Grad - also mehr als sechs Grad Celsius unter der durchschnittlichen Körperkerntemperatur des Menschen. Dazu kommt, dass einzelne Organe, wie etwa das Gehirn oder die Leber Normtemperaturen jenseits der 40 Grad Celsius aufweisen. Deshalb ist der menschliche Körper von seiner Organphysiologie für Temperaturen konstruiert, die geringer sind als seine Kerntemperatur. Wärme wird nach außen abgegeben Die Temperaturregulierungsmechanismen sind so ausgelegt, dass sie die bei der Organtätigkeit und Muskelarbeit produzierte Wärme nach außen, also an die Körperoberfläche transportieren, wo die - in der Regel eben - kühlere Umgebung diese überschüssige Wärme aufnimmt. Zu diesem Zweck erweitern sich die peripheren Blutgefäße, also etwa jene in der Haut. Über die Haut kann der Körper seinen Wärmehaushalt regulieren. Mit Hilfe des Unterhautfettgewebes und im geringeren Maße durch die Behaarung wird Wärme zurückgehalten. Bei Kälte werden Haut und Unterhautfettgewebe nur noch gering durchblutet und beide wirken dadurch als Isolatorschicht. Die Haare können aufgrund des geringen Haarkleides des Menschen nur noch geringe Isolationsfunktion übernehmen. Dennoch kann man das Wirkprinzip eines Fellkleides noch gut beobachten. Bei der bei Kälte auftretenden Gänsehaut richtet der Muskel erector pili das Haar auf. Eine geschlossene Behaarung ermöglicht hier einen wesentlich besseren Schutz vor Unterkühlung. Liegt die Außentemperatur über der Körperkerntemperatur, so sind die Grundmechanismen des menschlichen Wärmehaushalts kontraproduktiv, weil etwa die erweiterten Blutgefäße der Außenwärme ermöglichen, ins Körperinnere vorzudringen. Aus diesem Grund ist es gesünder, Temperaturen weit über dreißig Grad Celsius, wie sie in unseren Breiten vor allem in der prallen Sonne auftreten, prinzipiell zu vermeiden. Schwitzen zur Kühlung Der effektive Kühlungsmechanismus, der dem Menschen bei hohen Außentemperaturen zur Verfügung steht, ist das Schwitzen. Dabei wird durch die vermehrte Feuchtigkeitsproduktion an der Körperoberfläche mittels Verdunstungskälte Hitze abgeführt und zwar etwa 540 kcal pro Liter Schweiß. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 12 FROSTIGE MEDIZIN Dieser Vorgang funktioniert bei niedriger Luftfeuchtigkeit, etwa in Wüstengebieten, wesentlich besser als bei hoher Luftfeuchtigkeit, wie sie zum Beispiel in den feuchten Tropen auftritt. Je nach Luftfeuchtigkeit werden daher unterschiedliche Mengen Schweiß produziert. In Trockengebieten ist die Schweißproduktion auch bei Hitze relativ gering und liegt kaum über jener in gemäßigten Breiten. In Tropengebieten kann die Schweißproduktion auch ohne besondere Anstrengung bis zu 12 Litern täglich betragen. Angenehme Kühlung verschafft an heißen Sommertagen natürlich auch kaltes Wasser, z.B. beim Baden in einem kalten See. Kaltes Wasser (ebenso wie Eis und Schnee) wurde seit jeher auch zu medizinischen Zwecken verwendet. So haben schon Hippokrates, Aristoteles sowie der griechische Arzt Galenos von Pergamon in ihren wissenschaftlichen Werken die Anwendung von Kälte bei akuten Verletzungen und zur Schmerzlinderung erwähnt. 1755 gelang es dem schottischen Mediziner und Chemiker William Cullen 1755 erstmals künstliche Kälte herzustellen. Seit dem letzten Jahrhundert ist die Kälte aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Das gilt auch für die Dermatologie. Quellen: http://www.coolpage4u.de/geschichte1_0.htm http://www.cetcryospas.com/brochure/CET_Kryotherapie_Einfuehrung.pdf http://imperia.mi-verlag.de/imperia/md/upload/article/19_wissen_buerger.pdf KAPITEL 4: KÄLTE IN DER DERMATOLOGIE UND CHIRURGIE SPRAYVERFAHREN UND KONTAKTVERFAHREN Dr. Nicolaus Sandor ist Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung: „Es gibt das kryotherapeutische Sprayverfahren, wo flüssiger Stickstoff auf die Läsion oder auf die Hauterkrankung aufgetragen wird - von ca. einem Zentimeter Entfernung. Und es gibt Kontaktverfahren, wo man einen gekühlten Stempel, den man zuvor meist auch in flüssigen Stickstoff hält, dann auf die jeweilige zu behandelnde Stelle draufdrückt.“ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 13 FROSTIGE MEDIZIN Die Temperatur des flüssigen Stickstoffs, der als Kühlmittel dient, liegt je nach Anwendung bei minus 70 bis minus 200 Grad Celsius. Dr. Nicolaus Sandor weiter: „Die Kälte friert die Zellen und das umliegende Zellgewebe ein und es bilden sich Eiskristalle. Abgetötet oder geschädigt werden die Zellen dann durch das Auftauen. Also es wird rasch eingefroren und dann langsam wieder aufgetaut. Die Vorteile sind die, dass man nicht schneiden muss und der Patient keine größere Narbe mit sichtbaren Nahtspuren hat. Und dass man es wiederholen kann. Der Nachteil der Methode ist, dass man nichts von dem behandelten Gewebe histologisch sichern kann. Also man ist sich nie hundert Prozent sicher, ob alles das, was man weghaben will, auch abgeräumt wurde.“ Besteht also nur der geringste Verdacht, dass eine Hautveränderung nicht gutartig ist, muss unbedingt Gewebe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht werden. Vorsicht bei Muttermalen „Muttermale sollte man auf gar keinen Fall mit Kälte oder mit Kryotherapie behandeln, da die Muttermale zumeist tiefer in die Haut reichen und hier ein vollständiges Abgehen nicht gewährleistet werden kann. Und man nie weiß, ob es wirklich ein gutartiges oder ein bösartiges Muttermal war. Das heißt, Muttermale sollte man, wenn man sie entfernt, nur histologisch gesichert entfernen, weil es sich theoretisch ja auch um ein Melanom handeln könnte. Und das wäre fatal“, so Dr. Nicolaus Sandor. Doch abgesehen von den Muttermalen gibt es in der Dermatologie ein breites Feld an Anwendungsmöglichkeiten für die relativ schmerzlose Kryotherapie, wie er erklärt. Bei Warzen gehört die Kryotherapie längst zu den Standardtherapien. Behandlung von Hautkrebs Die häufigste Anwendungsart für die Kryotherapie sind laut Dr. Sandor aktinische Keratosen. Das sind Vorstufen zum Hautkrebs. Etwas seltener, aber auch möglich, sei die Anwendung bei ganz oberflächlichen Basaliomen, ebenfalls eine Art des Hautkrebses, der nicht metastasiert. Und schließlich bei den ganz oberflächlichen Plattenepithelkarzinomen wie dem Morbus Bowen. Die aktinischen Keratosen und das Plattenepithelkarzinom sind Folge zu intensiver Sonnenbestrahlung und betreffen vor allem Menschen ab 60. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 14 FROSTIGE MEDIZIN KAPITEL 5: VON FRIERENDEN UND GEFRORENEN MENSCHEN Wussten Sie, dass sich immer mehr Menschen nach ihrem Tod einfrieren lassen? Manche nur den Kopf, manche den gesamten Körper. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Herfried Pessenhofer vom Institut für Physiologie der Meduniversität Graz weiß mehr über diesen gruseligen Trend aus den USA: „Wenn man den gesamten oder größere Teile des Organismus einlagern will, hat man ein Problem: Man muss das Blut rauskriegen und man muss eine Art Frostschutzmittel einfüllen. Denn wenn Sie den Organismus wie ein Stück Fleisch in die Tiefkühltruhe geben, dann hat man den Effekt, den man auch bei den Himbeeren im Tiefkühlschrank kennt. Wenn man sie einfriert, schauen sie aus wie Himbeeren. Nur sobald man sie wieder an die Normaltemperatur bringt, dann zerrinnt das Ganze, weil sich nämlich in den Zellen Eiskristalle gebildet haben und die zerstören die Zellwände beim Auftauen. Und da gibt’s jetzt eben den Trick: Man muss versuchen, das mit Frostschutzmitteln zu verhindern. Und das sollte funktionieren. Das lustige ist nur, es sind viele Leute eingefroren, aber es ist noch nie wer aufgetaut worden.“ DIE KÄLTEKAMMER Lassen wir dieses schaurige Thema hinter uns und begeben wir uns nun bei lebendigem Leibe in minus 110 Grad Celsius Raumtemperatur – in Badehose und Bikini. Helmut Hrabak ist bereit für eisige Kälte. Mit festen Schuhen, Handschuhen, Stirnband, Mundschutz - und Badehose - betritt er die erste von drei Kältekammern im Kurzentrum Bad Vöslau. Vier Minuten wird Helmut Hrabak schließlich in der dritten Kammer bei minus 110 Grad Celsius ausharren. Davor passiert er zur Gewöhnung an die extreme Kälte eine Kammer mit minus 10 Grad, dann eine mit minus 60 Grad Celsius. Um das Zeitgefühl nicht zu verlieren, gibt ihm der Therapieleiter Manuel Stockinger im 30-Sekundentakt über den Lautsprecher die Zeit durch. Die Kammer misst ca. fünf Quadratmeter und ist schwach beleuchtet. Damit das Gehirn bei der eisigen Kälte beschäftigt ist, läuft beruhigende Musik. Helmut Hrabak reist seit fast drei Jahren regelmäßig zur Kältetherapie an, weil er unter dem Restless-Legs-Syndrom, also ruhelosen Beinen, leidet. Das heißt, er steht in der Nacht alle drei Stunden auf, weil seine Beine bewegt werden wollen. Nach einer Behandlung geht es ihm für mehrere Wochen deutlich besser. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 15 FROSTIGE MEDIZIN Übrigens: Warum man bei so niedrigen Temperaturen keine Erfrierungen bekommt, liegt neben der kurzen Aufenthaltsdauer an der geringen Luftfeuchtigkeit in der Kammer. Man spricht auch von trockener Kälte. Ginge man bei feuchtem Wetter in der Badehose ins Freie, würden schon Temperaturen unter fünf Grad Celsius genügen, um rasch leichte Erfrierungen herbeizuführen. Kälte bei rheumatischen Erkrankungen Wie Helmut Hrabak ist die Pensionistin Elisabeth Binder von der positiven Wirkung der Kältekammertherapie überzeugt. Sie leidet seit Jahren an Fibromyalgie, einer Art weichteilrheumatischer Erkrankung. Sie beschreibt ihre Symptome so: „Es tut einem halt alles weh. Man kann nicht sagen, dort sitzt der Schmerz, sondern er wandert. Einmal sind es die Knie, die Hände, die Schultern, die Fußsohlen, die Schienbeine. Es ist so, dass der ganze Körper weh tut und zwar so, als hätte man einen blauen Fleck überall.“ Elisabeth Binder hatte alles ausprobiert, von Medikamenten, über Massagen und Fango bis hin zu Schwefelanwendungen, als sie 2006 schließlich mit der Kältekammertherapie anfing. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie kaum mehr Stiegen steigen vor Schmerzen. Elisabeth Binder: „Und nach der fünften Behandlung konnte ich die Stiegen wieder hinuntergehen.“ Kältekammer-Therapeuten gehen davon aus, dass mindestens zehn Einheiten innerhalb von ein bis drei Wochen notwendig sind, um eine längerfristige Besserung der Symptome zu bewirken. Dabei gehen die Patienten pro Einheit meist nur zwei bis vier Minuten in die Kammer. Eine Heilung erwartet sich Elisabeth Binder durch die Kältebehandlung nicht. Aber die Schmerzen werden weniger und erträglich. Derzeit ist Elisabeth Binder bis zu einem Dreivierteljahr am Stück beschwerdefrei. Und mehr verspricht auch Dr. Doris Hestmann, Allgemeinmedizinerin im Kurzentrum Bad Vöslau, ihren Patientinnen und Patienten nicht. Diese werden hier überwiegend wegen rheumatischer Erkrankungen oder bei Abnützungen des Bewegungsapparats mit Kälte behandelt. Dr. Doris Hestmann: „Die Kältekammer ist eine Therapie, wo ein Kältereiz auf die Haut gesetzt wird und dadurch die Schmerzrezeptoren blockiert werden. Also es ist eigentlich eine Schmerztherapie.“ Dabei dringt die Kälte laut Dr. Doris Hestmann bis zu fünf cm tief unter die Haut und wirkt dort einige Stunden nach. Wichtig ist bei der Kältebehandlung aller rheumatischen Erkrankungen, von denen mittlerweile an die vier- bis fünfhundert RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 16 FROSTIGE MEDIZIN bekannt sind, dass man genau darauf achtet, in welcher Phase sich die Entzündung befindet, erklärt Prof. Dr. Anton Wicker. Er ist Facharzt für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation, sowie Facharzt für Rheumatologie und Physikalische Sportheilkunde: „Zum Beispiel kann ein akuter Schub einer rheumatoiden Arthritis mit Kälte, Eiswasser zum Beispiel, sehr gut abgefangen werden. Das tut dem Patienten gut. Wenn der Schub abgeklungen ist und er keine akute Symptomatik mehr hat, aber die Spannung noch vorhanden ist, dann können wieder Wärme, Paraffinpackungen, dem Patienten sehr gut tun.“ Kälte bei Hauterkrankungen und Depressionen Das Anwendungsgebiet der Kältekammertherapie ist sehr breit. So kann sie zum Beispiel auch den Juckreiz, der mit Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder der Schuppenflechte, verbunden ist, lindern. Die Grunderkrankung selbst heilt aber nicht aus. Auch bei Depressionen kann Kälte hilfreich sein. Dr. Doris Hestmann: „Es wurde ein Effekt festgestellt, dass die sogenannten Glückshormone nach der Kälte ansteigen und in den Körper ausschwirren und das hat natürlich bei Depressionen einen positiven Effekt, dass man nach der Kältekammer ein euphorisches Gefühl hat.“ Der Besuch einer Kältekammer bedeutet aber auch Stress für Körper und Geist und ist daher bei bestimmten Vorerkrankungen nicht ratsam. Dr. Doris Hestmann: „Nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kann die Kältekammer nicht aufgesucht werden und wenn man Durchblutungsstörungen hat, ist extreme Kälte auch nicht geeignet. Ebenso bei Vorliegen einer Epilepsie sind wir sehr vorsichtig, weil dieser starke Reiz doch eine Epilepsie auslösen könnte.“ Wirkung wenig erforscht Der medizinische Einsatz von Kältekammern geht auf den Japaner Dr. Toschima Yamauchi zurück, der diese in den 1980er Jahren nach Europa brachte. Doch obwohl diese Form der physikalischen Therapie seit Jahrzehnten bekannt ist, ist die Studienlage dazu noch sehr dünn. Vielleicht mit ein Grund, warum die Krankenkassen die Kosten für die Behandlung nicht übernehmen. In seiner letzten Evaluierung aus dem Jahr 2012 bemängelte der Hauptverband der Sozialversicherungsträger genau diese wissenschaftliche Lücke und äußerte sich sehr skeptisch zur Wirksamkeit der Kältekammertherapie. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 17 FROSTIGE MEDIZIN KAPITEL 6: KÄLTE IN DER SPORTMEDIZIN Die Kältekammer ist nicht nur etwas für Kranke. Auch Profi-Sportler haben sie für sich entdeckt. So gehen ganze Fußballmannschaften nach dem Training in die Kammer. Regeneration und Immunabwehr Dr. Gebhard Breuss ist Allgemeinmediziner und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kneipp-Medizin: „Die moderne Kältekammer, die für Rheumakranke eingesetzt wird, die können auch Sportler verwenden, um dem Körper einen ganz anderen Reiz zu geben. Ich will nicht sagen die Peitschen geben, aber dem Körper so einen starken Deuter geben, dass er sich auf andere Weise in Schwung setzen soll, eben in Richtung Regeneration.“ Durch gezielte Kältereize werden im Körper viele vorteilhafte Reaktionen ausgelöst. Dr. Gebhard Breuss: „Die Kälte ist schon ein Schock für den Organismus. Er muss sich dagegen sträuben. Und damit fordert man ihn heraus, vieles zu veranstalten, was er sonst nicht tun würde. Also es wird die Schilddrüse, quasi unser Thermostat, auf höhere Temperatur gestellt. Es wird das Immunsystem angestachelt, um sich gegen die ja in der Regel mit der Kälte verbundenen Viren zu wappnen. Es wird der Stoffwechsel beschleunigt, damit man mehr leisten kann. Das heißt, es wird in den Muskeln, in der Leber, vermehrt Wärme gebildet. Und für die Sportler ist das eine Form, sich schneller zu regenerieren nach einer Ausdauerbelastung.“ Und wer schnell regeneriert, kann auch wieder schneller trainieren. Kälte zur Beschleunigung des Heilungsprozesses Es gibt nur einige wenige Kältekammern in Österreich. Daher hat diese Anwendung in der Sportmedizin noch keine so große Bedeutung wie andere physikalische Behandlungsmethoden mit kaltem Wasser, Eis oder gasförmigen Mitteln, erzählt Univ.-Prof. Dr. Anton Wicker. Er betreut seit 1981 als Teamarzt die Nationalmannschaft des Österreichischen Skiverbands. Dr. Wicker: „Wenn heute jemand eine Muskelzerrung hat, sofort Kompression und Kälte. Damit verringert man das Hämatom, die Blutung. Dann nach 48 Stunden, wenn die Blutung steht, beginnen wir mit Wärme, mit Dampfwickel, Tiefenwärme, die dann wieder die Durchblutung fördern und die zerstörten Zellen durch diesen Muskelriss sofort wieder abbauen. Also da sind Wärme, Kälte, auch wieder Geschwister, die richtig eingesetzt, sich ideal ergänzen im Rahmen eines Heilungsprozesses.“ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 18 FROSTIGE MEDIZIN Kombination von Wärme und Kälte Bei der Wahl von Wärme und Kälte bei Sportverletzungen kommt es wie bei der Rheumatherapie vor allem auf den richtigen Zeitpunkt an. Dr. Anton Wicker: „Generell kann man sagen, alles was akut ist, ist mit Kälte zu behandeln. Wenn die Entzündung oder Verletzung dann eher subakut bis chronisch wird, dann bewährt sich Wärme wieder besser. Warum? In der Akutphase haben wir eben eine akut überschießende Durchblutung. Es ist eine Hitze im Gewebe. Es kommt zu Schwellungen, und da tun kühle Anwendungen gut. Mindestens zwanzig Minuten, so um die fünf bis 15 Grad, das führt zu einer Senkung des Stoffwechselsystems, zu einer Schmerzlinderung.“ Wenn die Akutphase überstanden ist, dann gilt es, mit Wärme die Durchblutung wieder zu fördern und dadurch die Heilung anzuregen. KAPITEL 7: DIE KNEIPP-MEDIZIN Kälte hilft aber nicht nur bei der Regeneration und bei Verletzungen, sondern auch dabei, den Körper abzuhärten. Prof. Dr. Anton Wicker: „Was heute wieder stärker im Kommen ist, was aber aufgrund des technischen Zeitalters etwas veraltet klingt, ist der gute alte Pfarrer Kneipp mit seinen Wasseranwendungen. Wo heute auch wissenschaftlich erwiesen ist, dass das wirklich was bringt. Kaltwassergüsse, Wickel, das bekannteste sind die kneippschen Güsse. Das führt zuerst zu einer Konstriktion der Gefäße und anschließend zu einer Erweiterung derselben, zu einer besseren Durchblutung. Infolge auch wieder zu einem besseren Stoffwechselgeschehen.“ Dazu werden sogenannte gebundene Wasserstrahlen mit 12 bis 16 Grad Celsius für wenige Sekunden an bestimmte Körperstellen aufgebracht, erzählt der Kneippmediziner Dr. Gebhard Breuss. „Einer der wesentlichen Punkte, die Kneipp herausgetüftelt hat, durch viel, viel Erfahrung, ist - er hat ja 30 Jahre lang nur experimentiert, an sich selber, an seinen Patienten - er hat die Wasseranwendungen immer milder gemacht. Und ein wesentlicher Punkt, den er ausprobiert hat, ist, dass man vorher warm sein muss. Ein kalter Guss geht nur auf einen warmen Körper drauf. Nur dann reagiert der Körper in gewünschter Weise mit einer nachfolgenden Anregung“, so Dr. Gebhard Breuss weiter, „und man soll sich nachher nicht schnell von außen erwärmen mit Abreiben, mit Abtrocknen. Sondern sein Punkt war, die Haut soll nachher noch feucht bleiben. Man schlüpft in die Kleider hinein und lässt sich naturtrocknen. Das heißt, der Kältereiz wird ein bisschen verlängert, aber so schwach, dass der Körper sich von innen her, leicht erwärmen kann und man muss spätestens eine halbe Stunde nach dem Guss wieder warm sein.“ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 19 FROSTIGE MEDIZIN Im Folgenden ein Auszug aus unserer Infomappe „Wasser: Lebenselixier für Gesundheit und Wohlbefinden“ vom 17. Dezember 2012 (http://oe1.orf.at/static/pdf/Wasser-2012-i-print.pdf) Geschichte der Kneipptherapie Im Alter von 23 Jahren erkrankte der Priester und medizinische Autodidakt Sebastian Kneipp (1821-1897) an einer schweren Lungentuberkulose. Von den Ärzten aufgegeben, therapierte sich der angehende Pfarrer selbst durch kurze Bäder in der eiskalten Donau, und lernte so, Wasser am eigenen Körper als das, wie er meinte, „aller erste, vorzüglichste und allgemeinste Heilmittel für den menschlichen Körper“ kennen. Kneipps Wasseranwendungen wie Bäder, Güsse, Waschungen und Wickel wirken vorbeugend und therapeutisch harmonisierend auf Körper und Psyche und können als Prototyp der Naturheilmedizin angesehen werden, da bei den diversen Anwendungen ausschließlich auf natürliche Elemente zurückgegriffen wird. Die fünf Säulen der Kneipptherapie Kneipps ganzheitliches Naturverfahren baut auf der Summe der Wirkungen von fünf Therapiestrategien auf, die einander gegenseitig ergänzen bzw. auch potenzieren. Die fünf Säulen sind: Hydrotherapie Phytotherapie Bewegungstherapie Ernährungstherapie Ordnungstherapie Hydrotherapie – Wasser als Träger von Reizen Unter Hydrotherapie versteht man die allgemein bekannten Kneipp‘schen Wasseranwendungen. Die seit dem Altertum angewandte Wasserbehandlung wurde von Kneipp um die von ihm erdachten Güsse erweitert. Aus der einstigen eher simplen Kaltwasserbehandlung, wie sie noch Sigmund Hahn oder auch Vinzenz Prießnitz anwendeten, hat sich ein variables Behandlungssystem mit temperaturmäßig abgestuften Reizen entwickelt. Wichtigster Faktor ist die Temperatur des Wassers, denn je mehr sie sich von der Körpertemperatur unterscheidet, desto stärker ist der Effekt. Forschungen haben bewiesen, dass vor allem Kaltreize eine starke Wirkung auf den Organismus haben und somit die Selbstheilungsmechanismen des Körpers fördern. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 20 FROSTIGE MEDIZIN Außerdem dient das verschieden temperierte Wasser als Träger von chemischen und mechanischen Reizen, die im Organismus eine heilende Reaktion auslösen sollen. Art, Intensität und Dauer der Wasseranwendung werden von erfahrenen Kneipp-Therapie-Teams empfohlen. Anwendungsgebiete Vorwiegend bekannt ist die Hydrotherapie für die Behandlung und Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Beschwerden und von Erkrankungen des venösen Systems. So können z.B. Durchblutungsstörungen der Beine und beginnende arteriosklerotische Gefäßveränderungen positiv beeinflusst werden. Aber auch die Durchblutung des Herzens und des Gehirns kann durch so genannte ansteigende Teilbäder gefördert werden. Daneben gibt es eine Fülle von weiteren Wirkungen auf Organe, wie z.B. auf das Magen-Darm-System, den Atmungs- und Harntrakt und natürlich auf das Immunsystem. Besonders geeignet ist eine Kneippkur jedoch vor allem da, wo es um starke Belastung bis hin zur Zerstörung des Biorhythmus geht. Die Anwendungen verbessern erwiesenermaßen sämtliche automatisch ablaufende Körperfunktionen in ihrer Steuerung. Prinzipiell verlangen akute Krankheitsprozesse eher Kaltreize, chronische Krankheitsprozesse hingegen eher Warmreize oder schonende Wechselreize. Als wichtigster Parameter nach einer richtig dosierten Wasseranwendung gilt das individuelle Wohlbefinden. Beispiele einer Fehlreaktion wären etwa Herzklopfen nach einem Vollbad oder Kältegefühl, Schmerz, Schwindelgefühl, allgemeine Missempfindung etc. Anwendungsformen Die Wassertherapie kennt über 120 verschiedene Anwendungen, deren Intensität und Dauer von erfahrenen Therapeuten individuell an Konstitutionstyp und Indikation angepasst werden. Waschungen Die diversen Waschungen (Ganz-, Unter-, Oberkörper- oder Leibwaschungen) stellen eine mildere Form der hydrotherapeutischen Reize dar und werden häufig auch in der Heimanwendung eingesetzt. Ein Waschlappen oder ein Stoffstück werden dabei gefaltet und in kaltes Wasser getaucht. Die Waschungen sollten am bettwarmen Körper erfolgen. Ziel ist eine lückenlose Benetzung der Haut, sodass auf dem gewünschten Körperteil ein geschlossener, dünner Wasserfilm entsteht. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 21 FROSTIGE MEDIZIN Güsse Die Güsse sind die eigentliche Entdeckung Kneipps: „Wer das Gießen versteht, ist ein Künstler in der Heilkunde“. Sie bieten gerade für den häuslichen Gebrauch eine hervorragende Möglichkeit zur Abhärtung, ebenso wie für die Behandlung chronischer Krankheiten. Güsse werden mit einem verstärkten Gummischlauch (3/4 Zoll) oder einem Gießhandstück verabreicht, wodurch die Haut von einem gleichmäßigen, weichen und nahezu drucklosen Wasserstrahl ummantelt wird. Die Zeitdauer eines Kaltgusses soll bis zu einer Minute betragen, ein Warmguss sollte 12 Minuten nicht überschreiten. Unterschieden werden Knieguss, Schenkelguss, Armguss, Lendenguss, Gesichtsguss, Vollguss und Blitzguss. Wickel Wickel oder Umschläge können kalt angelegt werden und wirken dann Wärme entziehend (zum Beispiel Wadenwickel bei Fieber). Wärme stauende und Schweiß treibende Wickel hingegen haben Stoffwechsel steigernde und ausscheidungsfördernde Eigenschaften und werden vor allem bei chronischen Entzündungen, Stoffwechselstörungen und Übergewicht angewendet. Bei der Wickelbehandlung werden der gesamte Körper (Ganzpackung) oder Körperteile wie Rumpf, Arme oder Beine (Teilwickel) mit drei verschiedenen Tüchern eingehüllt. Unter dem Oberbegriff „Wickel“ werden auch Auflagen (umfassen nicht den ganzen Körperteil, sondern liegen nur einseitig oder teilweise auf, z.B. Heusack, Quarkauflagen), Kompressen (hier werden nur kleinste Körperteile bedeckt, z.B. Herzkompresse) und Packungen (mehr als die Hälfte des Körpers wird eingepackt) zusammengefasst. Bäder Bei den Bädern unterscheidet man warme, kalte, Temperatur ansteigende und Wechselbäder. Hier dient das Wasser nicht nur als Träger von thermischen, sondern auch von chemischen und physikalischen Reizen. Chemische Wirkfaktoren sind die dem Bad beigemengten Heilpflanzenzusätze, deren wohltuende und heilende Wirkstoffe über Haut und Atmung aufgenommen werden. Auf physikalischer Seite wirken hydrostatischer Druck und Auftrieb auf den Körper ein. Warme Bäder sind entspannend und durchblutungssteigernd, die Schweißsekretion wird gesteigert und der Säurespiegel im Gewebe gesenkt. Kalte Bäder regen an, die Blutgefäße verengen sich, so dass in zentralen Organen die Durchblutung gesteigert wird. Durch das Gewicht des Wassers (hydrostatischer Druck) werden Venen und Lymphgefäße zusammengedrückt und die in ihnen befindliche Blutmenge in die inneren Organe verlagert, was eine zusätzliche RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 22 FROSTIGE MEDIZIN Herzbelastung darstellt (deshalb Vorsicht bei Herzpatienten!). Man unterscheidet Arm-, Fuß-, Sitz-, Halb-, Dreiviertel- und Vollbäder. Quellen: Wolfgang Exel, Karin Rohrer Wasser heilt! Trinken, entschlacken, baden, kneippen Kneipp Verlag 2009 ISBN-13: 978-3708804620 Wolfgang Marktl, Bettina Reiter Wasser – Heilmittel, Lebenselixier, Informationsträger Verlagshaus der Ärzte 2007 Literaturübersicht und Beurteilung von Studien zum Wirksamkeitsnachweis der Kneippschen Hydrotherapie http://www.kneipp-literatur.de/Kneipp_Doktorarbeit.pdf Wie bleibt man mit Kneipp gesund? http://www.kneipp-wassertherapie.de/Kneipp_Wasseranwendungen.pdf KAPITEL 8: KÄLTE IN DER ERNÄHRUNG Haben Sie sich schon öfters gefragt, warum es Frauen schneller kalt wird und sie häufig unter kalten Händen oder Füßen leiden? Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Herfried Pessenhofer vom Institut für Physiologie der Meduni Graz erklärt das damit, dass Frauen im Durchschnitt eine geringere Muskelmasse haben als Männer. Bodybuilderinnen natürlich ausgenommen. Und Muskeln produzieren Wärme. Bei Frauen daher eben rund zehn Prozent weniger als bei Männern. Traditionelle Chinesische Medizin Aber kalte Hände und Füße müssen nicht sein. Vieles kann über die Ernährung gesteuert werden, ist Dr. Georg Weidinger überzeugt. Er ist Allgemeinmediziner, Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin, kurz TCM, und Autor mehrerer Bücher zum Thema TCM. Er erklärt uns, was salatessende Frauen und Heizkörper miteinander zu tun haben. Kalte und kühlend wirkende Lebensmittel Dr. Georg Weidinger: „Kälte ist bei uns im Westen ein Riesenthema. Weil die Ernährung sehr kalt geworden ist. Meine Großmutter hat schon immer gesagt, Bub, du musst einmal am Tag warm essen. Und damals habe ich noch darüber RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 23 FROSTIGE MEDIZIN gelächelt, aber die Chinesen sagen, am besten ist, man isst dreimal am Tag warm. Warum? Weil, wenn man warm isst, dann muss der Körper nicht mehr viel Energie hineinstecken, um das Lebensmittel aufzubereiten. Wenn Sie etwas Rohes essen, dann ist das Rohe, wie etwa ein Salat, Obst, Gemüse, primär kalt. Weil der Körper noch Energie reinstecken, es verdauen muss, und wir wissen alle aus der Chemie, dass chemische Prozesse erst bei Wärme ablaufen. Und so funktioniert das auch im Körper.“ Wenn sich jemand also energielos und erschöpft fühlt, sollte er sogenannte kalte oder kühlend wirkende Lebensmittel wie rohes Obst, rohes Gemüse und Milchprodukte eher meiden, so Dr. Georg Weidinger. „Ich hab zum Beispiel mal eine Patientin gehabt, die hat gesagt, mir ist ständig kalt, dauernd kalte Hände, kalte Füße, mir ist so kalt, dass ich mich auf die Heizung setz, damit ich meinen Salat essen kann. Und dann hab ich gesagt, gut, wie wäre es, wenn Sie keinen Salat essen würden, sondern etwas Heißes und Gekochtes?“ erklärt der Buchautor. Wärmende Lebensmittel Auch wärmende Gewürze wie Curry, Pfeffer oder Ingwer können bei Kältesymptomen zum Kochen verwendet werden. Dr. Georg Weidinger weiter: „Ein häufiger Vorwurf, den man dann hört in der chinesischen Medizin, ist, dass dann die ganzen Vitamine tot sind, wenn man das zerkocht. Aber erstens soll man es nicht zerkochen und zweitens haben Sie von den ganzen Vitaminen eh nichts, wenn sie der Körper nicht verarbeiten kann, und wenn es den Körper eigentlich erschöpft, dieses Lebensmittel zu verarbeiten.“ Hitze mit Kälte behandeln Gut ist es nach Meinung der TCM, wenn man sich im Einklang mit den Jahreszeiten ernährt. Denn Pflanzen, die im Sommer wachsen, hätten als Schutz vor der Hitze ihre eigene Kühlung eingebaut und wirken daher beim Verzehr auch kühlend auf den Menschen. Was bei hohen Temperaturen sehr angenehm ist. Herbstliches Obst und Gemüse trägt hingegen mehr Wärme in sich und unterstützt somit den Organismus in der kalten Jahreszeit. Wenn jemand nach Sichtweise der Traditionellen Chinesischen Medizin viel Hitze in sich oder gar eine fieberhafte Erkrankung hat, dann können kühlende Lebensmittel oder die altbewährten kalten Essigpatschen und Topfen helfen. Dr. Georg Weidinger: „Die chinesische Medizin ist vom Denkprozess so einfach. Wenn jemand zu viel Hitze hat, dann muss ich die Hitze einmal kühlen. Viel Hitze hat zum Beispiel jemand, der eine sehr starke Akne hat. Dann gebe ich chinesisch Kräuter. Es handelt sich um nichts anderes als Pflanzen, die kühlend sind. Oder ich gebe eine Art Mineral wie Gips, und das kühlt mir den Körper ab. Wenn man RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 24 FROSTIGE MEDIZIN das genauer analysiert, merkt man, dass das auch desinfizierende Kräuter sind. Viel Hitze hat etwas mit Entzündungen zu tun und wenn jemand etwas Akutes hat, Entzündungen, Hitze, kann ich auch sagen, gut, im Moment, Sie haben einen guten Verdauungsapparat, ist es sogar gut, wenn Sie sich kühlend ernähren. Essen Sie lieber mehr Salat, kühlen Sie den Körper ordentlich runter. Also wenn es therapeutisch passt, wenn es der Patient gut verdauen kann, ist das überhaupt kein Problem.“ Das Wichtigste ist aber, und das sagt auch die TCM, dass man Freude am Essen hat. RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 25 INFOLINKS INFOLINKS „Bis es heiß wird – Wärmeanwendungen in der Medizin“ – RadiodoktorInfomappe vom 19.8.2013 http://oe1.orf.at/static/pdf/Wärme-2013-Ö1-i.pdf „Wasser – Lebenselixier für Gesundheit und Wohlbefinden“ - RadiodoktorInfomappe vom 17.9.2012 http://oe1.orf.at/static/pdf/Wasser-2012-i-print.pdf Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung und Ausbildung in der Notfallmedizin – Therapeutische Hypothermie beim Myocardinfarkt http://www.oegan.at/notfallmedizin/index.php?option=com_content&view=article&i d=133:therapeutische-hypothermie-beim-myocardinfarkt&catid=39:alle&Itemid=21 Derstandard.at, Kontrollierte Hypothermie kann Leben retten http://derstandard.at/1363708736757/Kontrollierte-Unterkuehlung-kann-Lebenretten Springermedizin.at, Kontrollierte Hypothermie lässt Herzen weiter schlagen http://www.springermedizin.at/artikel/35033-hypothermie-laesst-herzen-weiterschlagen Forumgesundheit.at, Hypothermie: Unterschätzte Unterkühlung http://www.forumgesundheit.at/portal27/portal/forumgesundheitportal/channel_con tent/cmsWindow?p_pubid=639084&action=2&p_menuid=63345&p_tabid=4 Meduni Wien, Publikationen zu Hypothermie-Forschung http://www.meduniwien.ac.at/hp/notfall/forschung/rezente-publikationen/ Ärztekammer für NÖ, Kühlanwendungen http://cms.arztnoe.at/cms/dokumente/1013294_350061/e8a2e045/Vlach%20Wolfgan g.pdf gesund.co.at, Kryotherapie http://gesund.co.at/kryotherapie-heilen-mit-kaelte-11725/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 26 INFOLINKS Rudolfinerhaus, Kryochirurgie bei Krebs http://www.rudolfinerhaus.at/fileadmin/media/1_Das_Rudolfinerhaus/8_Angeschloss ene_Ordinationen/Kryochirurgie/Kryochirurgie.pdf Derstandard.at, Minimal-Invasive Therapie bei Brustkrebs http://derstandard.at/1345166454637/Minimal-invasive-Therapie-bei-Brustkrebs www.welt.de, Gesund werden bei minus 110 Grad Celsius http://www.welt.de/gesundheit/article13509963/Gesund-werden-bei-Minus-110Grad-Celsius.html RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 27 BUCHTIPPS BUCHTIPPS Daniel Grenzmann Kryotherapie und Hypothermie: Anwendungsgebiete, Kryochirurgie, Kältekammer auch als eBook Grin Verlag GmbH, 2013 ISBN-13: 978-3640730636 Sebastian Kneipp Meine Wasserkur – So sollt Ihr leben Verlag: Haug Sachbuch; Auflage: 8., 2010 ISBN-13: 978-3830438502 Robert Bachmann, German M. Schleinkofer Natürlich gesund mit Kneipp. Über 60 Wasseranwendungen für zu Hause. Verlag: Trias; 5., überarbeitete Auflage, 2012 ISBN-13: 978-3830465713 Georg Weidinger Die Heilung der Mitte: Die Kraft der Traditionellen Chinesischen Medizin Verlag Ennsthaler, 2013 ISBN-13: 978-3850688642 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 28 INTERVIEWPARTNER/INNEN INTERVIEWPARTNER/INNEN In der Sendung Radiodoktor – Medizin und Gesundheit vom 20. Jänner 2014 (WH v. 26.8.2013) sprachen: Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Holzinger Herzchirurg und Leiter der Abteilung Herzchirurgie am Landesklinikum St. Pölten Propst-Führer-Straße 4 A-3100 St. Pölten Tel.: +43/2742/9004-0 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.stpoelten.lknoe.at/abteilungen/herzchirurgie.html OÄ Dr. Karola Trescher Herzchirurgin Landesklinikum St. Pölten Peter Haselbacher Diplomierter Kardiotechniker Landesklinikum St. Pölten Priv.-Doz. Dr. Andreas Janata Kardiologe und Notfallmediziner Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Notfallmedizin Währinger Gürtel 18-20 A-1090 Wien Tel: +43/650/3147344 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.meduniwien.ac.at/hp/notfall/ Dr. Nicolaus Sandor Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten Krankenanstalt Rudolfstiftung Juchgasse 25 A-1030 Wien Tel: +43/1/71165 Homepage: http://www.wienkav.at/kav/kar/ RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 29 INTERVIEWPARTNER/INNEN Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Herfried Pessenhofer Medizinische Universität Graz Institut für Physiologie Harrachgasse 21/V A-8010 Graz Tel: +43/316/3804267 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.medunigraz.at/physiologie/ Manuel Stockinger Therapieleiter Kurzentrum Bad Vöslau Badner Straße 7-9 A-2540 Bad Vöslau Tel: +43/2252/90600 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.kurzentrum.com/bad-voeslau/ Dr. Doris Hestmann Allgemeinmedizinerin Kurzentrum Bad Vöslau Helmut Hrabak, Patient Elisabeth Binder, Patientin Primarius Univ.-Prof. Mag. DDr. Anton Wicker Facharzt für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation sowie Facharzt für Rheumatologie und Physikalische Sportheilkunde Vorstand der Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation Landeskrankenhaus Salzburg Müllner Hauptstraße 48 A-5020 Salzburg Tel: +43/662/4482-53101 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.salk.at/1725.html Dr. Gebhard Breuss Allgemeinmediziner Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kneippmedizin Hintzerstraße 10/16 RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 30 INTERVIEWPARTNER/INNEN A-1030 Wien Tel. +43/699/19524906 E-Mail: [email protected] Homepage: http://www.kneippmedizin.at Dr. Georg Weidinger Allgemeinmediziner, Arzt für Traditionelle Chinesische Medizin und Buchautor Hasengasse 31/4 A-1100 Wien Tel: +43/699/11 342 978 E-Mail: [email protected] Homepage: http://dieweidingers.com RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 31