§24 Affine Koordinatensysteme Nach den linearen Koordinaten mit dem zugehörigen Koordinatenwechsel nun dasselbe für den affinen Fall. Zur Erinnerung (vgl. § 7 und § 9): (24.1) Bemerkung: Ein affiner Raum ist gegeben durch einen Punktraum A, einen K-Vektorraum V (von Translationen) und einer Abbildung g: A V A , so dass für alle P,Q aus A und alle v,w aus V gilt: 1o g(g(P,v),w) = g(P,v+w) (= g(g(P,w),v) ) . 2o Aus g(P,v) = P folgt stets v = 0 . 3o Es gibt einen eindeutig bestimmten Vektor v mit g(P,v) = Q. Der Punkt g(P,v) wird als P + v geschrieben, v in 3o als t(P,Q) . Im folgenden sei V stets endlichdimensional. Folie 1 Kapitel IV, §24 21.01.02 (24.2) Definition: Ein affines Koordinatensystem (ein Bezugssystem) für A ist gegeben durch einen Punkt O aus A (Ursprung) zusammen mit einer geordneten Basis b = (b1, b2, ... ,bn) von V . Äquivalent: ... durch O zusammen mit weiteren Punkten P1, P2, ... , Pn , so dass (t(O,P1),t(O,P2), ... ,t(O,Pn)) eine geordnete Basis ist. Jeder Punkt P in A hat dann die eindeutige Darstellung P O X b . Für eine weiteres affines Koordinatensystem, gegeben durch Q aus A und durch eine Basis d , gilt entsprechend P Q Y d . Analog zum linearen Fall in § 23 definiert man n Z ZO,b : K V , X ( X e ) ZO,b ( X) O X b . und erhält die Koordinatentransformation 1 n n T : ( ZQ,d ) ZO,b : K K zum Wechsel der affinen Koordinatensysteme. Folie 2 Kapitel IV, §24 (24.3) Satz: Die Transformation T ist von der Form n n T( X) X e w B X e , T : K K , kurz: T = B + w . Dabei ist w durch Q + w = O definiert (also w = T(0) ) und B durch b B d . (24.4) Definition-Satz: Die affine Gruppe Affin(n,K) ist die Gruppe der Paare (B,w) (die wir in der Form T = B + w mit w aus Kn und B aus GL(n,K) schreiben) mit der folgenden Multiplikation: Für S = A + v aus Affin(n,K) ist ST := AB + (v + Aw) . Dadurch ist tatsächlich eine Gruppe definiert: Das Assoziativgesetz: (ST)R = (AB + (v + Aw))(C + x) = (AB)C + ((v + Aw) + (AB)x) = A(BC) + (v + A(w + Bx)) = (A + v)(BC + (w + Bx)) Folie 3 = S(TR) Kapitel IV, §24 Das neutrale Element ist E + 0 ; dabei ist E die (n,n)-Einheitsmatrix und 0 ist der Nullvektor in Kn . Die Inverse zu T = B + w ist S := A-1 + (- A-1w) . Die Schreibweise T = B + w verdeutlicht die Wirkung von T auf Kn : n n T : K K , T( X) BX w . Affin(n,K) ist daher als Untergruppe der Permutationsgruppe S(Kn) aufzufassen, und die Abbildungen von Kn nach Kn der Form T = B + 16.01.02 w aus Affin(n,K) heißen affine Transformationen. Den Begriff der affinen Transformationen zwischen affinen Räumen wollen wir im folgenden auf „affine“ Weise definieren. Dazu: (24.5) Definition-Satz: Es seien n Punkte P1, P2, ... , Pn in einem affinen Raum A (mit zugehörigem K-Vektorraum V) gegeben. Es seien außerdem n Skalare sj aus K gegeben, die sich zu 1 aufsummieren. Dann ist durch Q s t(Q,P ) für alle Q A derselbe Punkt in A Folie 4 Kapitel IV, §24 definiert: Q s t(Q,P ) Q s ( t(Q, Q' ) t(Q' ,P )) n Q ( s )t(Q, Q' ) s t(Q' ,P )) 1 Q t(Q, Q' ) s t(Q' ,P ) Q's t(Q' ,P ) . Dieser Punkt heißt der (affine) Schwerpunkt der Pj mit den Gewichten sj, und er wird mit s P bezeichnet: s P : Q s t(Q,P ) . (24.6) Definition: Eine bijektive Abbildung f von A nach A heißt affine Transformation, wenn stets f (s P ) s f (P ) gilt, wenn f also die Schwerpunktbildung erhält. Die Menge der affinen Transformationen bildet wieder eine Gruppe, die affine Gruppe Affin(A) . Folie 5 Kapitel IV, §24 Im Fall des affinen Raumes A = Kn, V = Kn und g(P,v) = P + v sind die affinen Transformationen im Sinne von 24.6 stets von der Form B + w mit B aus GL(n,K) und w aus Kn . Sei jetzt ein affines Koordinatensystem des n-dimensionalen affinen Raumes A durch O und b gegeben. Jeder Punkt P aus A hat dann die eindeutige Darstellung: P O X b . n Mit Pn1 : O , sn1 : 1 X und s : X 1 n1 für 1,2,,n gilt P s P s P , wobei P : O b . 1 Die s1, s2, ... , sn, sn+1 heißen die affinen Koordinaten bezüglich des affinen Koordinatensystems (Bezugssystems) P1,P2, ... ,Pn,O oder auch die Schwerpunktkoordinaten. Folie 6 Kapitel IV, §24 (24.7) Satz: Affin(n,K) oder Affin(A) parametrisiert die affinen Koordinatensysteme. (24.8) Hauptsatz der affinen Geometrie: A sei affiner Raum über R der Dimension > 1. Dann sind die affinen Transformationen genau die Kollineationen. Dabei ist eine Kollineation eine bijektive Abbildung f von A nach A, die Geraden in Geraden abbildet: Für jede Gerade G in A ist auch f(G) eine Gerade in A . (Ohne Beweis) (24.9) Bemerkung: Die hier betrachteten linearen und affinen Koordinaten müssen unterschieden werden von den allgemeineren Koordinaten, die man vielfach in Mathematik und Physik verwendet. Beispielsweise Polarkoordinaten im zweidimensionalen affinen Raum A = R2 über R : cos P a r . b sin Unterschied: Die Basis verändert sich mit den Variablen! Und die Koordinaten beschreiben nicht immer den ganzen Raum! Es Folie 7 können Singularitäten auftreten!