Ethik Versuch einer Definition Dr. Alfred Dilch Was ist Ethik? „Das Ich kann nur über das Du zur Entfaltung kommen.“ M. Buber 1979 Der Mensch ist seiner Natur nach ein Gemeinschaftswesen. Die Ethik versucht Kriterien für richtiges und falsches Handeln und richtige und falsche Handlungswahl zu definieren. Eine ethisch richtige und somit moralisch gute Handlung hat das Wohl der menschlichen Gemeinschaft zum Ziel. Ethik – Begriffsklärung Ethik leitet sich vom griechischen Wort Ethos her und ist in zwei Schreibweisen und Bedeutungen gebräuchlich: eqoz hqoz (Ethos) - Gewohnheit, Sitte, Brauch (Äthos) - Charakter, Tugend Moral bezieht sich auf den lateinischen Begriff Mos/Mores - Sitte, als auch Charakter und Tugend Ethik – Begriffsklärung Ethik bezeichnet die philosophische Untersuchung des Problembereiches Moral/Moralität. Gegenstand der Ethik ist die Moral (Sitte) und die Moralität (Sittlichkeit). Das Adjektiv ethisch wird sowohl in der traditionellen Ethik, als auch in der Umgangssprache synonym mit moralisch - sittlich gebraucht. Ethik – Begriffsklärung Deutscher Sprachgebrauch: Moral: Sitte - bezeichnet gewachsene Lebensformen, die die Wertvorstellungen einer Handlungsgemeinschaft widerspiegeln (eqoz) Moralität: Sittlichkeit - bezeichnet die Qualität eines Handelns als gut oder schlecht (hqoz) Die Adjektive - moralisch und sittlich - sowohl im Sinne von eqoz, als auch hqoz verwendet. Ethik – Begriffsklärung Ethik fragt nach Kriterien zur Beurteilung von Handlungen, die Anspruch auf Moralität erheben. Ethik reflektiert über Moral und Moralität - fällt aber keine moralischen Urteile über einzelne Handlungen - sondern analysiert wie moralische Urteile über Handlungen beschaffen sind. Der Ethiker/die Ethikerin handelt nicht moralisch, sondern reflektiert über die Moral und das Moralische aus der kritischen Distanz des Wissenschaftlers. Moral Der Begriff Moral umfasst alle teils evolutiv entstandenen, teils durch Traditionen überlieferten aus gegenseitigen Anerkennungsprozessen hervorgegangenen Ordnungs- und Sinngebilde Diese regeln in Form eines Katalogs (schriftlich/mündlich) von Normen und Wertvorstellungen das Zusammenleben menschlicher Gemeinschaften. Moral Normenkataloge sind relativ. Ihr Gültigkeitsbereich beschränkt sich immer nur auf die Gruppe, innerhalb derer sich die jeweilige Moral als natürlich gewachsen heraus gebildet hat. Normenkataloge sind nicht allgemeingültig, sondern können sich mit der Entwicklung des Freiheitsverständnisses der Gesellschaft, die sie geschaffen hat, verändern - das heißt Moral ist geschichtlich veränderbar. Moral Bekanntester Masstab für moralisches Handeln: Die goldene Regel: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg´ auch keinem anderen zu!“ oder positiv formuliert: „ Behandle deinen Mitmenschen so, wie du von ihm behandelt werden willst.“ Moralität Moralität ist das zur Grundhaltung gewordene Gutseinwollen, basierend auf dem unbedingten Anspruch der Freiheit des Menschen. Der letzte Grund aller Gründe für Moralität ist das Freiheitsprinzip im Sinne von Autonomie: „Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des Mitmenschen beginnt.“ Moralität Moralität stellt sich freiwillig unter die Pflicht von Verantwortung und Rechtfertigung, nicht nur gegen sich selbst, sondern auch gegenüber seinen Mitmenschen. Wer sich Moralität zum Prinzip seines Handelns gemacht hat, wird seine Handlungsstrukturen so durchsichtig wie möglich machen, um Irrtümern und Schuld möglichst wenig Raum zu geben. Moralität ist das Prinzip aller Moral(en). Moral und Moralität Moral und Moralität weisen wechselseitig aufeinander. Moral kann sich nur im Rückgriff auf das Prinzip der Moralität rechtfertigen. Moralität ist zur Erfüllung seines Anspruches auf eine Moral angewiesen, in der sie sich konkretisiert und als handlungsbegründendes Prinzip wirksam wird. Der zentrale Gegenstand der Ethik ist das Wechselverhältnis von Moral und Moralität, das die menschliche Praxis als eine humane Praxis fundiert. Weitere Begriffe Moralisches Empfinden: Mit dem Reifungsprozess wächst nach und nach die Empfindsamkeit für für die moralische Qualität von Handlungen und damit auch die Wirksamkeit moralischer Regeln. Tugenden: Sind als eine Voraussetzung zu richtigem und überlegtem Handeln unter Abwägung aller Vor-, Nachteile und Risiken zu sehen. Sie sind nicht angeboren, sondern werden durch Erfahrung eingeübt und entwickelt. Sie zeigen sich als vorbildliche Haltung eines Menschen. Beispiele von Tugenden: Klugheit, Mässigung, Ehrlichkeit, Weisheit, Mitgefühl