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Kapitel 4
Datenstrukturen
 Information aus der realen Welt werden in einem informationsverarbeitenden System als Daten abgelegt. Diese stellen also eine
(vereinfachte) Abstraktion der Wirklichkeit dar und spiegeln in vielen
Fällen die Strukturen der Wirklichkeit wider.
In diesem Kapitel wird ein Überblick über die wichtigsten abstrakten
Datenstrukturen gegeben, wobei dieser Begriff zum Begriff des
„Datentyps“ erweitert wird.
 Inhalt
1.
2.
3.
4.
Datenstrukturen - Datentypen
Datentypen: Ein Überblick
Konkrete Datentypen
Abstrakte Datentypen
4.1
Datenstrukturen - Datentypen
 In der Literatur wird meist der Begriff „Datenstruktur“ verwendet. In
diesem Unterkapitel soll der Unterschied ziwschen diesem Begriff
und dem Begriff des „Datentyps“ erläutert werden.
 Inhalt
1. Datenstrukturen
2. Datentypen
3. Variablen eines Datentyps
4.1.1 Datenstrukturen
 In der Informatik werden Objekte der realen oder abstrakten Welt
erfasst
 Bei der Erfassung beschränkt man sich möglichst auf die für den
weiteren Transport / Speicherung/Verarbeitung/Umsetzung notwendige
Information
 Zur internen Repräsentation werden diese Objekte abstrahiert
 Zur Abstraktion gehört die Erkennung von Strukturen - im Sinne einer
Aggregation.
 Also
 Aus welchen Teilobjekten bestehen Objekte ?
 In welchem Verhältnis stehen die Teilobjekte zueinander ?
 Welches sind die „atomaren“ Teilobjekte ?
 Anschließend werden diese Objekte typisiert.
 Typisierung ist die Einteilung von abstrakten internen Objekten in
Gruppen mit gleichen oder ähnlichen Eigenschaften.
4.1.2 Datentypen
 Typen sind also nicht die intern repräsentierten Objekte, sondern
beschreiben die Eigenschaft einer Gruppe von Objekten.
 Zu diesen Eigenschaften gehören:






Struktur
Wertebereich
anwendbare Operatoren, Funktionen, Relationen
Beziehungen zu anderen Typen
interne Repräsentationsweise
…
Beispiel:
Imaginäre Zahlen
 Einige Anmerkungen::
 Der Begriff „Datentyp“ ist weitergehend als der Begriff „Datenstruktur“
 In der Objektorientierten Programmierung wird statt „Datentyp“ auch der
Begriff „Klasse“ verwendet (Klassen beschreiben mehr Eigenschaften)
 Konkrete Repräsentanten eines Datentyps werden (u.a) „Variable“ oder
- bei oo-Sprachen - „Instanz“ genannt
4.1.3 Variable eines Datentyps
 Einen speziellen Repräsentanten eines Datentyps bezeichnet man als
Variable. Die Festlegung, von welchem Datentyp eine Variable ist,
bezeichnet man als Variablendeklaration.
 Die Zuordnung eines Typs „Typ“ an eine Variable X wird (zunächst) wie
folgt notiert:
X : Typ;
 Eine Variable hat alle Eigenschaften eines Datentyps.
Zusätzlich dazu hat eine Variable:
 einen konkreten Wert.
 Der Wert muss aus dem Wertebereich des Datentyps sein (oder undefiniert)
 Die Zuweisung eines Wertes „Wert“ an eine Variable X sei (zunächst) wie
folgt notiert:
X <- Wert;
 einen konkreten Speicherplatz
 Dieser Speicherplatz ist so dimensioniert, dass die Struktur der Variable
abgebildet werden kann
 Dieser Speicherplatz wird (meist) implizit durch die Deklaration zugeordnet
 Beispiel:
x : Datentyp; // x ist vom Typ: „Datentyp“
X <- 531;
// Zuweisung von 531 an X
4.2
Datentypen: Überblick
 Nachdem sich nun der Begriff des „Datentyps“ als Oberbegriff der
„Datenstruktur“ erwiesen hat, konzentrieren wir uns im Rest des
Kapitels auf wichtige Datentypen.
In diesem Unterkapitel wird ein Klassifikationssystem für die in der
Informatik verwendeten Datentypen aufgestellt und kurz erläutert
 Inhalt
1. Klassifikation der Datentypen
2. Erläuterung der Klassifikation
4.2.1 Klassifikation der Datentypen
Datentypen
Konkrete
Einfache
Ordinale
Boolean
(Wahrheitswert)
Integer
(Ganzzahl)
Abstrakte
Pointer(Zeiger)
Real
(Fließkomma)
Char
(Zeichen)
Array
(Feld)
Idealisierte
Strukturierte
Record
Union
(Verbund) (Variantenverb.)
...
Enumeration
(Aufzählung)
4.2.2 Erläuterung der Klassifikation
 Idealisierte Datentypen
 aus der Mathematik bekannte Datentypen: ℕ, ℤ, ℝ, ℂ,...
 Variablen dieser Typen sind oft nicht endlich darstellbar (Bsp: 2)
 In einem Computer-Algebra-System symbolisch darstellbar (Bsp: 2^( 1/2))
 Konkrete Datentypen
 in einem Rechner von Hard- oder Software bereitgestellte Datentypen
 entweder vordefiniert oder durch den Benutzer definierbar
 Abstrakte Datentypen
 verbergen ihren inneren Aufbau vor dem Benutzer
 bestehen aus beliebigen Strukturen über konkrete/idealisierte Datentypen,
sowie aus Zugriffsfunktionen bzw. Prozeduren
 Beispiel: Baum
13
insert (Element)
6
2
61
12
15
delete (Element)
79
search (Element)
4.3
Konkrete Datentypen
 Die am häufigsten abstrahierten Objekte der realen Welt sind,
zumindest was die für eine weitere Verarbeitung notwendigen
Informationen betrifft, einfach strukturiert und lassen sich demnach
mit konkreten Datentypen abbilden.
Dieses Unterkapitel gibt einen Überblick über alle konkreten
Datentypen und beschreibt diese.
 Inhalt
1.
2.
3.
4.
Einfache Datentypen
Strukturierte Datentypen
Zeiger-Datentypen
Beispiel: Kombinierte Datentypen
4.3.1 Einfache: boolean (Wahrheitswert)
 zur Darstellung von Wahrheitswerten
 Wertebereich: true, false
 intern in manchen Programmiersprachen als 1 bzw 0 dargestellt
 Operatoren: und, oder, nicht, Vergleiche, ...
 Operatoren entsprechend der bool‘schen Algebra
 oft auch allgemeine arithmentische Operationen möglich
 Vorsicht vor Integer-Arithmetik mit boolean-Variablen
 Notation:
 Beispiel:
type booleanVar = boolean;
type switch = boolean;
switch = false;
switch = not(switch);
switch = switch and not(switch);
switch = switch or not (switch);
//
//
//
//
=
=
=
=
0
not(0) = 1
1 and 0 = 0
0 or 1 = 1
4.3.1 Einfache: integer (Ganzzahl)
 zur Darstellung ganzer Zahlen mit oder ohne Vorzeichen
 Wertebereich: Unterschiedlich
 unsigned integer: Ganze Zahlen ohne Vorzeichen ( 0... 65535 )
 oft 16 bit bzw. 32 bit als shortInt bzw. longint bezeichnet
 Vorsicht:
16 bit Integer ist verdammt wenig ((± 32267)
Speicherplatz ist nicht mehr teuer  benutzen Sie longInt
(Ausnahmen bestätigen die Regel)
 Operatoren: Grundrechenarten, Vergleiche
 Operatoren entsprechend der „klassischen“ Algebra
 Notation:
 Beispiel:
type integerVar = integer;
type i = integer;
i = 1;
i = i + 32;´
i = i / 17;
i = i + 65535;
//
//
//
//
= 1
= 1 + 32 = 33
= 33 / 17 = 1 !
bei unsigned Int.: Fehler !
4.3.1 Einfache: char (Zeichen)
 zur Darstellung von Zeichen
 Vorsicht: Typischerweise wird die ASCII-Codierung zugrundegelegt,
kann aber auch Unicode sein
 Wertebereich: Alle Zeichen
 Intern codiert als ASCII oder - neuerdings immer öfter - als Unicode
ASCII: 8 Bit (7 benutzt), Unicode: 16 Bit
 Intern oft als integer repräsentiert
 Operationen: Vergleich
 oft auch allgemeine arithmentische Operationen möglich
 Vorsicht vor Integer-Arithmetik mit boolean-Variablen
 Notation:
 Beispiel:
type charVar = char;
type symbol = char;
symbol = „A“;
symbol = symbol + 32;´
symbol = symbol - 128;
// = „A“
// = „A“ + 32 = „a“
// = „a“ - 128 = Fehler
4.3.1 Einfache: enum (Aufzählung)
 zur Darstellung endlicher benutzerdefinierter Wertebereich
 Es ist guter Stil, Mengen mit (garantiert) kleiner Mächtigkeit (<10) als
enum-Type zu deklarieren, anstatt sie z.B. als Integer zu kodieren.
 Intern werden enum-Werte oft als integer abgelegt
 Operatoren: Vergleich
 oft auch allgemeine arithmentische Operationen möglich
 Vorsicht vor Integer-Arithmetik mit enum-Variablen
 Notation:
 Beispiel:
type enumVar = enum { Wertemenge };
type ampelfarbe = enum {rot,gelb,gruen} ;
ampelfarbe = gruen;
// = gruen
ampelfarbe = ampelfarbe +1 ; ´ // = gruen + 1 = gelb
ampelfarbe = ampelfarbe +1 ; ´ // = gelb + 1 = rot
ampelfarbe = ampelfarbe +1 ; ´ // = rot + 1 = Fehler !
4.3.1 Einfache: real (Fließkomma)
 zur näherungsweisen Darstellung reeller Zahlen
 Wertebereich: Unterschiedliche Genauigkeiten und Wertebereiche
 Wertebereich entspricht typischerweise der IEEE 754 Norm, also:
 Float: 32 bit
 Double: 64 bit
 Operationen: Grundrechenarten, erweiterte Arithmetik, Vergleich
 Notation: type realVar = real;
 Beispiel: //--- Variable-declaration -------------------------type pi, flaeche, radius = real;
// all real !
//--- Initialisation -------------------------------pi
= 3,141; // needs not to be more accurate
radius = 5;
// might be changed by user
//--- Computation of surface -----------------------flaeche = 2 * pi * (radius ^ 2);
// common formula
4.3.2 Strukturierte: Array (Feld)
 Arrays sind eine Aggregationen von Daten des gleichen Typs
(des „Basistyps“)
 Die Grenzen des Arrays sind (meist) statisch bestimmt
 Operation: Auswahl
 Die Auswahl eines Datenelemtes über erfolgt über einen ganzzahligen
Index über den (Auswahl-)Operator „ [ ] “
 Vorsicht: Zugriff außerhalb des deklarierten Bereiches führt zu Fehlern
 Notation:
 Beispiele
type ArrayVar = array[min .. max] of Datentyp
 Eindimensionales array:
 Zweidimensionales array:
type Vektor = array[1..4] of real
 Operator
m : Matrix; v : Vektor;
v[3] <- 5,03; v[4] <- 4,12;
m[1][2] <- v[3] * 12 - v[4];
type Matrix = array[1..3] of
array[1..2] of real
4.3.2 Strukturierte: Record (Verbund)
 Verbunde sind Aggregationen von Daten möglicherweise unterschiedlichen Typs
 manchmals auch „structure“ oder „struct“ genannt
 Operation: Auswahl
 Die Auswahl erfolgt durch Angabe den des Komponentennamens
(durch einen Punkt vom Variablennamen getrennt)
 Notation:
type recordVar =
 Beispiel:
type Datum = record
{
tag
: Integer;
monat : Integer;
}
record
{
komponent1 : type1;
...
}
d : Datum;
d.monat <- 10;
d.tag
<- 20;
4.3.2 Strukturierte: Variant Record (Variantenverb.)
 Verbunde, deren Struktur mögliche Alternativen zulassen
 manchmals auch „union“ genannt
 lassen „Varianten“ eines Record-Types zu
 Operation: Auswahl (wie bei records über Punkt-Operator)
 Notation: type varrecVar = record {
komponent1 : type1;
...;
case variant (var1,...) of {
var1: {Typedefs};
...
}
tagged type
}
 Beispiel:
type human = record {
name : array [1..20] of char;
case sex (m,f) of {
f: {IQ: integer};
m: {muscle: real}; // in cm
}
adam,eva:human;
adam.sex <- m;
eva.sex <- f;
eva.IQ <- 132;
adam.muscle <- 20,5;
4.3.3 Pointer (Zeiger)
 Zeiger-Datentypen sind durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:
 Die Struktur ist identisch der eines Integer-Datentyp (alos oft 16,32,... Bit)
 Der Wertebereich ist der des Adressbereiches eines Rechnersystems,
der zusätzliche Wert „nil“ bezeichnet einen ungültigen Zeiger.
 Operatoren sind:
 Erzeugen eines Zeigers (Referenzierung)
 Zugriff auf verwiesenen Bereich (Dereferenzierung)
 Notation:
 Beispiel:
pointerVar : ^Type;
x : ^Integer;
y : Integer; z : Integer;
y <- 5; // Initialisierung
x <- ^y; // Referenzieren:
x^ <- 2; // Derefenzierung:
// Deklaration
// Deklarationen
der Variablen y
x ist Zeiger auf y
das worauf x zeigt
wird zu 2
z <- y; // Variable z bekommt den Wert von
Variable y zugewiesen.
// z hat jetzt den Wert 2
4.3.3 Pointer: Beispiel
Vorsicht:
Werte oft undefiniert
 Bsp.: x : ^Integer;
y : Integer;
1
y
<- 5;
1
x
2
2
5
6
7
8
9
2
x^ <- 2;
1
2
<- 2;
1
2
23 24 25 26 27 28
0
...
// Initialisierung der Variablen y
3 4
nil
5
6
7
8
9
<- ^y; // Referenzieren:
1
x
3 4
nil
// Deklaration
// Deklaration
3 4
23
5
6
7
8
9
23 24 25 26 27 28
5
...
x ist Zeiger auf y
23 24 25 26 27 28
5
...
// Derefenzierung: das worauf x zeigt
3 4
23
5
6
7
8
9
23 24 25 26 27 28
2
...
// Zuweisung ohne Dereferenzierung !
3
2
4
5
6
7
8
9
23 24 25 26 27 28
2
...
4.3.3 Pointer: Dynamische Datentypen
 Mit einfacher Datentypen und mit den konkreten Datentypen „Liste“
und „Verbund“ lassen sich nur statische Struktur aufbauen
 d.h. Strukturen, deren Speicherbedarf beliebig aber fest sind
 Bem.: Die Beliebigkeit ist begrenzt durch die Gesamtspeicherkapazität
 Mit Zeiger-Datentypen lassen sich Strukturen aufbauen, die sich
dynamisch auf- und abbbauen lassen
 d.h. Strujturen, deren Speicherbedarf sich dynamisch verändern kann
 Bem.: Auch hier ist die Beliebigkeit begrenzt durch die Gesamtspeicherkapazität
Huffman
 Beispiel: knoten = record
(Bsp. aus Kap.2)
{
symbol : char;
links : ^knoten; // 1
rechts : ^knoten; // 0
B
}
C
E
D
A
4.3.4 Beispiel: Kombinierte Datentypen
 Um nun beliebig komplexe Strukturen der „realen“ Welt in einem
Rechensystem abbilden zu können, kann man die vorgestellten
Datentypen beliebig miteinander Kombinieren
 Beispiel.:
Person : record {
surname : array [1..20] of char;
forename : array [1..20] of char;
birthday : Date;
next
: ^Person;
previous : ^Person;
}
Date : record {
year : integer;
month : enum (jan,feb,...};
day
: integer;
}
4.4
Abstrakte Datentypen
 Grundsätzlich lassen sich alle Objekte der realen Welt ausschließlich
mit Hilfe einfacher Datentypen abbilden. Diese Abbildung ist aber
meist „unnatürlich“, weil sie die Struktur realer Objekte nicht ausreichend berücksichtigt. Abhilfe schaffen hier strukturierte Datentypen,
die allerdings grundsätzlich nur endliche Objektmengen repräsentieren können. Hier schaffen Zeigertypen Abhilfe.
 Kann man nun mit diesen Mitteln Strukturen realer Objekt natürlich
abbilden, so fehlen diesen Datentypen einige der Eigenschaften, die
Datentypen von Datenstrukturen unterscheiden, dies sind insb.
 Operationen und
 Beziehungen zu anderen Typen.
 Einen vertieften Einblick in die bunte Welt abstrakter Datentypen
bietet die Vorlesung des 2. Semesters
Datenstrukturen
4.5
Zusammenfassung des Kapitels
Datentypen
Konkrete
Einfache
Ordinale
Abstrakte
Pointer(Zeiger)
Real
(Fließkomma)
Idealisierte
Strukturierte
Array Record Union
(Feld) (Verbund) (Variantenverb.)
...
Enumeration
Boolean
Integer
Char
(Wahrheitswert) (Ganzzahl) (Zeichen) (Aufzählung)
 Wir sind damit auch an die Grenzen dessen gelangt, was in dieser
Vorlesung über die „Statik“ von Objekten gesagt werden soll und
wenden uns einem noch spannenderem Themenbereich zu ;-)
Übung 4.1
1. Beschreiben Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede von
„Datenstruktur“, „Datentyp“ und „Variable“.
2. Was sind die Vor- und Nachteile von Arrays gegenüber verketteten
Listen
3. Definieren Sie einen Datentyp für das Objekt „Schachspiel“.
Berücksichtigen Sie dabei:
1. Beide Namen der Spieler
2. Alle Züge
3. Den Gewinner
4. Betrachten Sie den Stundenplan auf meiner Homepage
1. Skizzieren Sie einen Datentyp für das Objekt „Stundenpläne“
2. Welchen Speicherplatz benötigt eine Variable dieses Typs ?
3. An welchen Stellen sehen Sie Alternativen zu Ihrer Typdefinition ?
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