VO#4: Wortbildung Lexikologie, Matej-BelUniversität, Banská Bystrica, Zuzana Tuhárska Definition (1): •WBi (nach Metzler-Lexikon): •derjenige Zweig der Sprachwissenschaft, in dem die Muster rekonstruiert und beschrieben werden, nach denen die Wörter einer Sprache intern strukturiert sind und neue Wörter gebildet werden Definition (2): •WBi (nach Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft) •Untersuchung und Beschreibung von Verfahren und Gesetzmäßigkeiten bei der Bildung neuer komplexer Wörter auf der Basis vorhandener sprachlicher Mittel Definition (3): •WBi (nach Wikipedia): •untersucht und beschreibt Gesetzmäßigkeiten bei bereits bestehenden Wörtern oder bei der Bildung neuer komplexer Wörter aus Morphemen zwei Aspekte der Wortbildung (Wbi): •wie entstehen einzelne Wörter •die Struktur des Wortschatzes Die Wortbildungsarten (die Möglichkeiten der Wortbildung) •Komposition •Derivation •Kürzung •Konversion •Kontamination Forschungsobjekt der WBi: •der gesamte Wortschatz: •primäre Simplizia (!!! sie gehören nicht zum Forschungsobjekt der Wbi) •Wortbildungsprodukte •komplexe WBi-s-produkte •sekundäre Simplizia Rolle der WBi: •eine der Möglichkeiten zur Erweiterung des Wortschatzes •WBi (als Bildung eines komplexen Wortes aus vorhandenem Morphemmaterial) •Entlehnung aus anderen Sprachen •Metaphorisierung •Wortschöpfung Wortbildung vs. Wortschöpfung Hauptunterschied •WBi benutzt zur Erweiterung des Wortschatzes vorhandene sprachliche Einheiten, die Wortschöpfung nicht •Schallnachahmungen (Onomatopoetika) /z.B. Kuck-kuck, miau/, •Kinder- und •Werbesprache “Wortschöpfung besteht dagegen darin, daß Wörter aus Lautkomplexen “geschaffen” werden, die in der Sprache (noch) nicht als bedeutungstragende Elemente (Zeichen) vorhanden sind, es entstehen also neue Wortwurzeln.” (Fleischer, Barz, 1995,5) “Unter Wortschöpfung ist die erstmalige Zuordnung eines Lautkomplexes zu einer Bedeutung zu verstehen, die sich ohne Verwendung vonhanderner Elemente vollzieht.” (Schippan, 1992, 107) Wortbildung und Wortklassen •Substantive, Adjektive, Verben und am Rande Adverbien •offener Bestand sprachlicher Formen •Pronomen, Konjunktionen, Prepositionen und Artikel •geschlossener Bestand sprachlicher Formen Wortbildung und Flexion •“Wort-Bildung” d.h. Bildung von Wortstämmen Edel-stein, stein-ig, verstein-ern •Flexion Wortformen-Bildung (z.B. Deklination, Konjugation) Stein-(e)s,-e Flexion ist Beugung – die Änderung der Gestalt eines Wortes zum Ausdruck seiner grammatischen Funktion innerhalb eines Satzgefuges. •nicht alle Wortteile gehören zum Forschungsobjekt der WBi – die Flexionsmorpheme (vs. Wortbildungsmorpheme) •Unterscheidung •das inhaltliche Kriterium •das distributive Kriterium Motivation und Lexikalisierung: •die Arbitrarität und Konventionalität vs.Motivation bzw. Motiviertheit des sprachlichen Zeichens Arten der Motivation (nach Fleischer, Barz) •phonetisch-phonemische Motivation •figurative Motivation •morpho-semantische Motivation •!!!aber: Tendenz - Demotivation (Idiomatisierung) Lexikalisierung - die Aufnahme der Wortbildungsprodukte in den Wortschatz. •Speicherung •Demotivation Abstufung der Motivation: “Zwischen den beiden Polen ausgeprägter morphosemantischer Motivation einerseits und völliger Demotivation (Idiomatisierung) andererseits gibt es allmähliche Übergänge…” (Fleischer, Barz, 1995, 18) Eine 3-Stufen-Skala: •vollmotiviert (Gerechtigkeitssinn) •teilmotiviert (Großvater) •idiomatisch (Zeitschrift) Die Position der WBi in der Sprachwissenschaft •Syntax •aus einzelnen Zeichen besteht ein Wort, aus einzelnen Wörter werden Sätze gebildet •Lexikologie •Prinzipien der Speicherung Wortbildungsmodelle: Nach Fleischer, Barz (1995, 53): “Ein WBi-s-modell ist ein morphologischsyntaktisch und lexikalisch-semantisch bestimmtes Strukturschema, nach dem Reihen gleichstrukturierter WBi-s-produkte mit unterschiedlichem lexikalischem Material erzeugt werden können; vgl. z.B. das Strukturschema: Verbstamm + Adjektivsuffix – ig mit der Bedeutung “Neigung zu der durch den Verbstamm bezeichneten Tätigkeit bzw. Verhaltensweise – bummelig, taumelig.” •Jedes Modell weist eine bestimmte Gemeinsamkeit, Invariante aus •WBi erfolgt nicht ausschließlich nach Modellen, sondern auch in Analogie zu einzelnen Wortbildungskonstruktionen Wortbildungstyp. Es ist auch ein morphologisch-syntaktisch und lexikalischsemantisch bestimmtes Strukturschema, aber dieses lässt sich bei der Analyse gleichstrukturierter WBK ermitteln. Wom WBi-s-typ sprechen wir bei analytischer (interpretativer) Betrachtungsweise Produktivität ist die Fähigkeit eines WBi-smusters zur betrachteten Zeit noch neue Wörter zu bilden •Produktiv: z.B. -ung, -er, -bar •Unproduktiv: z.B. wie Frost, Freude !!!Grenze - unscharf Kriterien der Unproduktivität: •mangelnde semantische Dekodierbarkeit (qualitatives Kriterium) •mangelnde Reihenbildung (quantitatives Kriterium) Reihenbildung ist die wiederholte Nutzung eines Modells zur Bildung neuer Wörter aus vorhandenen sprachlichen Elementen. Morphem (als Baustein, Grundelement bei der WBi) = das kleinste Element einer Sprache mit der Bedeutung oder Funktion •nach ihrer Funktion / Bedeutung •Basismorpheme •Wortbildungsmorpheme •Flexionsmorpheme •Fugenelemente •nach ihrer Selbstständigkeit •frei und gebunden •Konfixe •Nach ihrer Position •additiv - Affixe •Präfix: nicht wortartspezifisch •Suffix: klassifizierende Funktion •Zirkumfix: diskontinuierlich •einsetzbar •implizite Morpheme •Allomorphe •Nach ihrer Reproduzierbarkeit •echte Bestandteile des Basismorphems •Pseudoaffixe Affixe: •Wortbildungsmorpheme •nicht frei •falls eine lexikalisch-begriffliche Bedeutung - mit einem wesentlich höheren Algemeinheitsgrad Funktion der Affixe: sie können •Basiswörter in eine andere Wortart transponieren •Bedeutung modifizieren •die Funktion der Reihenbildung übernehmen •zur Beschränkung der Kombinationsmöglichkeiten dienen Kategorisierung Suffixe •Diminutivsuffix: - chen, -lein •Adjektivierungssuffix:- lich, - isch, -ig •geschlechtsbestimmende Suffixe: -in •Substantivisierungssuffixe: - keit, - ung •Flexionssuffixe: -(e)n, -s, -e, -er in der Flexion geben sie Genus und Kasus an, in der Konjugation – Tempus, Modus, Person, Numerus •Suffixe aus Fremdwörtern: •griechische Suffixe: - kratie, - logie •lateinische Suffixe: - ismus, - itis Gemeinsame Affixmerkmale: •reihenbildend •im Vergleich zu Grundmorphemen – abstraktere Bedeutug •nur gebunden •nicht basisfähig •meist einsilbig •unterliegen Distributionsbeschränkungen •vokalisch anlautende Suffixe werden meist mit einem konsonantischen Basislaut zu einer Silbe gebunden WORTBILDUNGSTYPEN 1. Komposition (Zusamensetzung) •aus zwei lexikalischen / freien Morphemen (z.B. Lesebuch) •aus zwei komplexen Wörtern, durch Derivation gebildet (z.B. Unabhängigkeitserklärung) •aus Konfix und Grundmorphem (Biogas) •aus zwei Konfixen (Diskothek) Sonderfälle •ein Buchstabe (S-Bahn) •ein Satz (Lauf-dich-gesund-Bewegung) •alle Wortarten miteinander kombiniert •das Fugenelement •ursprünglich aus Flexionsendungen z.B. des Tages Licht – s Tageslicht •später in Analogie dazu gebildet z.B. Liebeserklärung. •manchmal bedeutungsunterscheidende Funktion /Land(s)mann/ Kompositionstypen: •Determinativkomposita •Determinat + Determinans •endozentrisch (Haustür) vs. exozentrisch (Löwenzahn) •Possessivkomposita (Großmaul) •Kopulativkomposita (taubstumm) 2. Derivation •mit Hilfe von lexikalischen Morphemen und Affixen (grammatische Morpheme) •durch (das) Anfügen von Affixen an einen Wortstamm (den die lexikalischen Morpheme bilden) *explizite vs. implizite Derivation!!! 3. Kürzung (Kurzwortbildung) •ein peripherer Prozess •die Bedeutung bleibt erhalten • keiner Wortartwechsel • keine semantische Modifikation •Vollform vs. Kürzung •Schreibkürzel vs. Kürzungen Kurzwortbildung nach Römer / Matzke: Kriterium: nach Zahl ihrer Segmente: •Unisegmentale Kurzwörter Kopfwörter, Endwörter, Rumpfwörter •Partielle Kuzwörter •Multisegmentale Wörter Initialkurzwörter, Silbenkurzwörter, Mischkurzwörter 4. Konversion •ein Wortartwechsel •ohne Zuhilfenahme eines zusätzlichen Affixes •Verb – zu Substantiv: leben – das Leben •Adjektiv zu Verb: grün – grünen •Substantiv zu Afjektiv: Ernst – ernst •Adjektiv zu Substantiv: entscheidend – der, die das Entscheinende, recht – Recht •Ableitungsrichtung (Regeln) *Konversion / implizite Derivation !!! 5. Kontamination (Blending, Wortkreuzung, Wortmischung) •die Verschmelzung von zwei Wörtern •Einzelprägungen z.B. •Motor Hotel – Motel •situation comedy – Sitcom •work alcohlic- Worcaholic