Männerforum Herzogenaurach 6.9.2011 • • • • • Entstanden zeitgleich mit Kapitalismus „Immaterielle Werte“ Eingebauter Relativismus Bedenkliche Nähe zu den Preisen Womöglich dem Profit untergeordnet „Die Karriere des Wertbegriffs ist aber zugleich ein Signal für die Ökonomisierung unseres Denkens. Denn, historisch betrachtet, stammt der Begriff des Werts aus der Ökonomie. Ein Gegenstand hat einen Wert, und wenn man dafür bezahlen kann, kann man sich diesen Wert aneignen. Er hat einen Gebrauchswert, dessentwegen ich ihn gerne hätte, und er hat einen Tauschwert, der bestimmt, wie viel ich dafür bezahlen muss. ... Die Ökonomisierung des Denkens führt dazu, dass der Wertbegriff jedem einleuchtet.“ Im Reich der Zwecke "hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde“ GMS 2. Abs. (III 60 f.). Beispiel Nordafrika: Junge Menschen in Arabien reklamieren die Werte der Demokratie Beispiel Großbritannien: Premierminister Cameron will die Krawalle mit einer „Wertediskussion“ bekämpfen Beispiel Unternehmen: Kein Unternehmen ohne Unternehmenswerte Beispiel Politik: Keine Partei ohne Werteportfolio in unterschiedlicher Konstellation 2008: Nach der Lehman-Pleite fehlt nicht Geld, sondern Vertrauen Der Spiegel, August 2009 2011: Ein kurzer Blick aufs Weltgeschehen zeigt die Verbreitung des Übels. Gier und Rücksichtslosigkeit gehören längst zum Alltag der Eliten: SophieAlbers im stern vom 12.8.2011 „Die Stärke der Analyse der Linken“, “, „liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern. Der Margret-Thatcher-Biograph Charles Moore im „Daily Telegraph“ August 2011 Es war ja nicht so, dass der Neoliberalismus wie eine Gehirnwäsche über die Gesellschaft kam. Er bediente sich im ... Depot des bürgerlichen Denkens: Freiheit, Autonomie, Selbstbestimmung bei gleichzeitiger Achtung von individuellen Werten, die Chance, zu werden, wer man werden will, bei gleichzeitiger Zähmung des Staates und seiner Allmacht. ....Ein Bürgertum, das seine Werte und Lebensvorstellungen von den „gierigen Wenigen“ (Moore) missbraucht sieht, muss ... die Fähigkeit zu bürgerlicher Gesellschaftskritik wiederfinden. Frank Schirrmacher in der FAZ vom 15. Augst 2011 Die Krisen bedingen einander Der Werteverfall findet bei den Werten statt, nicht bei der Jugend. Wenn Moral und Religion nur noch zu „weichen Standortfaktoren“ herunterkommen, die danach beurteilt werden, ob sie der Wirtschaft nützen i – wer soll sie dann noch ernst nehmen ? Wenn Konsumwerbung mit ihnen spielt, wie es ihr gerade passt („Geiz ist geil !“, „Weil Sie es sich wert sind !“) sind sie käufliche Dreingabe zu den Waren, handgerecht verpackt und als „Schnäppchen“ nach Hause zu tragen. Allwissend ? Allmächtig ? Allgegenwärtig? Unendlich ? Oder nur Papier? Der Kapitalismus - eine Religion? • Ich glaube an den allmächtigen Markt, der durch seine unsichtbare Hand alle Dinge zum Besten kehrt. • Ich glaube an den Wettbewerb, der uns alle zu ungeahnten Leistungen bringen wird. • Ich glaube an das Geld, denn für Geld kann man alles, was der Mensch braucht, kaufen. Namen austauschbar: Middelhoff Blankfein Zumwinkel etc. Realität passt sich dem Modell an, nicht umgekehrt Werte hat jeder – auch der Mafioso Woran man sie binden kann: • Religiöse Überzeugungen, evtl. gemeinsamer Bestand aller Religionen (Weltethos) • Universale Ordnungen des Zusammenlebens, z.B. Menschenrechte • Grundgegebenheiten des Menschlichen, z.B. herrschaftsfreie Kommunikation, gelungene Beziehung Wurzeln im Christentum und Judentum Formuliert in der Aufklärung Verankert in der Erklärung der Menschenrecht der UNO Verankert im Grundgesetz der BRD Grundlage der Wertegemeinschaft jenseits von Religionen Das Prinzip der Goldenen Regel. Alle Religionen und Kulturen kennen dieses Prinzip der Gegenseitigkeit. In Form eines deutschen Sprichworts formuliert lautet es: Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu. Hinduismus: Man sollte sich gegenüber anderen nicht in einer Weise benehmen, die für einen selbst unangenehm ist Buddhismus: Ein Zustand, der nicht angenehm oder erfreulich für mich ist, wie kann ich ihn einem anderen zumuten? Judentum: Tue nicht anderen, was Du nicht willst, dass sie Dir tun. Christentum: Alles was Ihr wollt, dass Euch die Menschen tun, das tut auch Ihr Ihnen ebenso. – Islam: Keiner von Euch ist ein Gläubiger, solange er nicht seinem Bruder wünscht, was er sich selber wünscht. Erklärung zum Weltethos von 1993 enthält vier Weisungen (Du sollst nicht töten, stehlen, lügen und Unzucht treiben), die in den Leitsätzen formuliert wurden: Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben, Verpflichtung auf eine Kultur der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung, Verpflichtung auf eine Kultur der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit, Verpflichtung auf eine Kultur der Gleichberechtigung und die Partnerschaft von Mann und Frau. Die Grundforderung lautet: Jeder Mensch muss menschlich behandelt werden! Ferner gilt als Gemeinsamkeit die Goldene Regel. Der besondere Schwerpunkt der christlichjüdischen Tradition: • Gebundene Freiheit (vgl.Luther) • Parteiliche Gerechtigkeit (vgl.Profeten) • Solidarische Nächstenliebe (vgl.Jesus) Gerade die Zehn Gebote, oft als Beispiel für das wünschenswerte Wertegerüst unserer Gesellschaft genannt, sind alles andere als „Werte“. Sie beginnen mit „Ich bin der Herr, dein Gott ...“ und beziehen sich damit auf Gottes unendliche Macht und Güte. Das macht sie „unbedingt“ und un-berechenbar. Ihr „Du sollst“ kann auch als Indikativ übersetzt werden „Du wirst ...“ Das macht dann deutlicher, dass sie Gegebenheiten des wahrhaft Menschlichen sind, Beschreibungen von Würde und keine gegeneinander und gegen Anderes abzuwägenden „Werte“. Und den Maßstäben der Ökonomie stehen sie dann eher entgegen. „Du wirst den Sabbattag heiligen !“ das ist, zum Beispiel, gerade die Grenze der Ökonomie. Ein Tag wird ganz der Nutzung entzogen, reserviert für das Nicht-Berechenbare: die Spiritualität, das Spiel, das Nachdenken über den Sinn des Lebens. Wert des 21.Jahrhunderts: Nachhaltigkeit • Ökologisch: Erhalt und Respektierung der Tragfähigkeit der Erde • Ökonomisch: Versorgung aller mit dem Notwendigen • Sozial: Zusammenhalt der Gesellschaft, Gemeinwohlorientierung Individuell: Erziehung, Vorbilder, Grundsätze verantwortlichen Handelns Gesellschaftlich: Herausbildung von Kulturen Stützung durch politische Strukturen Wissen: „Aufgeklärtes Eigeninteresse“ Schon beim Übergang vom kurzfristigen zum langfristigen Denken ergeben sich Wertoptionen, z.B: für eine inklusive Gesellschaft Glauben: „Ehrfurcht vor dem Leben“ Spiritualität weckt das Gefühl für den Eigenwert der belebten Erde und der anderen Menschen und hilft, sie achtsam zu behandeln Handeln: „Werte-Allianzen“ Menschen mit gleichen Werten müssen sich zusammentun, auch wenn die Werte verschiedene Hintergründe haben, z.B. „Kirchlich-Gewerkschaftliche Initiative“, „Demokratischer Sozialismus“ „attac“