Depressionen bei Heimbewohnern Vortrag für Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen © STADApharm Allgemeines zu Depressionen Etwa 8 Millionen Menschen, also rund 10 Prozent der Bevölkerung, leiden in Deutschland unter depressiven Störungen. Besonders bei älteren Menschen werden depressive Veränderungen sehr häufig nicht erkannt. Bei vielen Menschen beginnen erste Depressionen schon vor dem 40. Lebensjahr. Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer. Aber möglicherweise wird eine Depression einfach bei Frauen eher erkannt, da diese leichter über ihre Probleme sprechen. © STADApharm Allgemeines zu Depressionen Depressionen werden in der Gesellschaft oft verschwiegen oder verharmlost. Sie machen vielen Menschen Angst. Depressionen werden fälschlicherweise als Schwäche interpretiert. Betroffene geben nicht gern zu, dass sie ihren Alltag nicht mehr bewältigen können. Achtung: Werden Depressionen dauerhaft nicht behandelt, leidet die Lebensqualität erheblich. Unbehandelte Depressionen können lebensgefährlich sein. Hohe Suizidgefahr © STADApharm Ursache von Depressionen Man geht davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenkommen müssen, um eine Depression auszulösen. Erbliche Vorbelastung Dauerstress und seelische Belastungen Überforderung Chronische Erkrankungen Arzneimittel Liegen mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vor, besteht eine erhöhte Gefahr für das Entstehen einer Depression. © STADApharm Ursache von Depressionen Einige chronische Grunderkrankungen treten häufig zusammen mit Depressionen auf: • Chronische Schmerzen • Demenz • Diabetes • Herz-Kreislauf-Erkrankungen • Krebserkrankungen • Migräne • Parkinson • Rheuma • Schlaganfall © STADApharm Ursache von Depressionen Auch einige Arzneimittel wie z.B. bestimmte Antibiotika, Betablocker, Interferon, oder Kortisonpräparate können zu Depressionen führen. Gerade ältere Menschen erhalten häufig mehrere Arzneimittel gleichzeitig verordnet. Erhöhte Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen Wichtig für das Pflegepersonal: Bei Auftreten von depressiven Verstimmungen nach Einnahme neu verordneter Medikamente sollte an eine Arzneimittelnebenwirkung gedacht werden. © STADApharm Was passiert bei einer Depression? Normalfunktion: In Stresssituationen, bei Angstzuständen oder bei anderen bedrohlichen Situationen werden verstärkt Stresshormone, z.B. Kortisol, ins Blut ausgeschüttet. Herzrasen und verstärkte Atmung Muskulatur wird stärker durchblutet Lässt die Stresssituation nach, wird die weitere Ausschüttung von Kortisol gebremst. Atmung und Herzschlag normalisieren sich wieder © STADApharm Was passiert bei einer Depression? Dauerstress: Bei langandauernden Stresssituationen wird der Körper ständig mit zu vielen Stresshormonen überlastet. Gestörtes Gleichgewicht der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn Botenstoffe dienen dem Informationsaustausch zwischen den Nervenzellen (Gefühle, Antrieb, Empfindungen, Schlaf-WachRhythmus). © STADApharm Wie erkannt man eine Depression? Bei einer Depression treten mehrere Symptome gleichzeitig auf: Bedrücktheit, Antriebslosigkeit, Erschöpfung Verlust an Freude und Interesse Schmerzen Konzentrationsstörungen vermindertes Selbstwertgefühl Schuldgefühle, Todessehnsucht Schlafstörungen, Appetitlosigkeit Je mehr Symptome über zwei Wochen oder länger auftreten, desto höher ist der Schweregrad. © STADApharm Verschiedene Formen 1. Unipolare Depression: häufigste Form einer Depression Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Freudlosigkeit bis hin zur Selbsttötungsabsicht Betroffene verlieren z.B. das Interesse an Hobbies, die ihnen bisher große Freude gemacht haben. © STADApharm Verschiedene Formen 2. Bipolare Störungen: manisch-depressive Störung (seltener) Stimmungsschwankungen zwischen „Himmel hoch jauchzend“ und „zu Tode betrübt“ wechseln sich ab In der „Himmel hoch jauchzend-Phase“ neigen Betroffene zu einem übersteigerten Antrieb und überschätzen sich oft selbst. Ihre Risikobereitschaft steigt. In der „zu Tode betrübt-Phase“ treten die typischen Symptome einer unipolaren Störung auf (Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Freudlosigkeit bis hin zur Selbsttötungsabsicht) © STADApharm Verschiedene Formen 3. Dysthymia: Depressive Verstimmung, die zwar meist weniger stark ausgeprägt ist, dafür aber oft über Jahre hinweg anhält. Betroffene leiden unter einer pessimistischen Grundstimmung. Der Alltag kann zwar mühsam, aber dennoch bewältigt werden. © STADApharm Verschiedene Formen 4. Winterdepression: saisonal bedingt Vermutlich ist mangelndes Sonnenlicht hierfür verantwortlich. Serotoninmangel zu viel Melatonin wird aus dem körpereigenen Melatoninspeicher ausgeschüttet Betroffene leiden unter Müdigkeit und starker Lust auf Süßes (Schokolade enthält viel Serotonin) © STADApharm Verschiedene Formen 5. Altersdepression: Entsteht oft durch chronische Krankheiten, Verlusterlebnisse und das Erkennen der eigenen Hilflosigkeit Auslöser sind oft nicht oder unzureichend verarbeitete Ereignisse: Tod eines nahen Angehörigen Eintritt ins Rentenalter Umzug ins Heim © STADApharm Verschiedene Formen 5. Altersdepression: Neben den bereits bekannten Symptomen können bei älteren Menschen auch unspezifische Symptome auf Depressionen hindeuten: diffuse Schmerzen, Kopf- und Gelenkschmerzen Schwindel, Übelkeit, Erbrechen Störungen der Blasenfunktion Muskelverspannungen Verdauungsstörungen Sehstörungen, Schlafstörungen Frieren oder Schwitzen © STADApharm Verschiedene Formen 5. Altersdepression: Diagnosestellung ist auch für den Arzt schwierig Wichtig: Pflegepersonal sollte hellhörig werden, wenn zusätzlich noch folgende Symptome hinzukommen: wichtige Aktivitäten machen dem Betroffenen neuerdings keine Freude mehr Gedächtnisstörungen Mangelndes Selbstwertgefühl: „Dafür bin ich sowieso zu alt“, „Ich bin allein im Heim“ oder „Das ist mir egal“ Achtung: Beschwerden werden oft als normale Altersbeschwerden abgetan. © STADApharm Verschiedene Formen 5. Altersdepression: Rund 10 bis 15 Prozent der über 65-jährigen betroffen Rund 40 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen leidet unter Altersdepression. Aber nur bei 20 Prozent der Heimbewohner wird eine Depression auch diagnostiziert. sehr hohe Quote an Selbsttötungen in dieser Altersgruppe Wichtig: ausreichend Sonnenlicht und Bewegung an der Luft Pflegekräfte sollten die Bewohner bei schönem Wetter immer an die Sonne bringen © STADApharm Behandlung von Depressionen Depression ist keine Befindlichkeitsstörung, sondern eine ernst zu nehmende Krankheit und muss ärztlich behandelt werden. Therapie: verschiedene Behandlungsmethoden möglich Psychotherapie Medikamentöse Therapie Kombination beider Therapieformen Wichtig: Diagnosestellung durch den Arzt (Art, Schweregrad, Verlauf, Dauer) © STADApharm Behandlung von Depressionen Psychotherapie: Bei leichter bis mittelschwerer Depression Bei schwerer Form meist Kombination mit Antidepressiva Ziel: Aktivitäten fördern, z.B. durch strukturierte Tagesabläufe Eingefahrene Verhaltensmuster erkennen und verändern Negative Denkmuster, z.B. „Ich bin wertlos“ aufbrechen Konflikte aufarbeiten © STADApharm Behandlung von Depressionen Medikamentöse Therapie: Antidepressiva machen nicht süchtig! Nicht jedes Arzneimittel wirkt bei jedem Bewohner gleich. evtl. verschiedene Mittel ausprobieren Arzneimittel funktionieren nach unterschiedlichen Wirkprinzipien, aber die meisten beeinflussen die Funktion der Botenstoffe. Achtung: Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bzw. mit Nahrungsmitteln wie Gegrilltem oder Grapefruitsaft © STADApharm Behandlung von Depressionen Medikamentöse Therapie: Therapieverlauf: Akutbehandlung: 2 bis 4 Wochen (da Wirkungseintritt erst nach 2 bis 4 Wochen) Erhaltungstherapie: 4 bis 6 Monate (um das Risiko eines Rückfalls zu vermeiden) Langzeittherapie: mehrere Monate bis Jahre Achtung: Arzneimittel ausreichend lange einnehmen und nicht eigenmächtig absetzen, sondern nur laut ärztlicher Anweisung ausschleichend therapieren © STADApharm Behandlung von Depressionen Gängige Wirkstoffe: 1. Tri- und tetrazyklische Antidepressiva (TZA): z.B. Amitriptylin, Doxepin, Opipramol oder Mitrazapin Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Schwindel, Verstopfung, Sehstörungen, Müdigkeit, Mundtrockenheit 2. Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI): z.B. Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Citalopram, Sertralin Nebenwirkungen: Übelkeit, Kopfschmerzen, zu Beginn auch Unruhe, Schwindel, Schlaflosigkeit, Angstzustände © STADApharm Behandlung von Depressionen Gängige Wirkstoffe: 3. Selektive Serotonon/Noradrenalin Wiederaufnahme Hemmer (SSNRI): z.B. Venlafaxin, Duloxetin Nebenwirkungen: Benommenheit, Übelkeit, Erhöhung des Blutdrucks, Schlafstörungen, Blasenentleerungsstörungen 4. Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer): z.B. Moclobemid Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Blutdruckanstieg oder Blutdruckabfall, Schwindel © STADApharm Behandlung von Depressionen Weitere Behandlungsmöglichkeiten: • Pflanzliche Antidepressiva: z.B. Johanniskraut (bei leichter bis mittelschwerer Depression) Achtung: Lichtempfindlichkeit • Lithiumsalze: Behandlung der manischen Phase bei einer manisch-depressiven Störung oder bei unipolarer Depression zur Wirkungsverstärkung des Arzneimittels • Lichttherapie: spezielle Lichttherapiegeräte oder Spaziergang an der Sonne © STADApharm Umgang mit den Betroffenen • Mitgefühl und Verständnis zeigen • Reizbares oder aggressives Verhalten des Bewohners sollte nicht persönlich genommen werden • Bei Medikamenteneinnahme behilflich sein: Pflegepersonal sollte unbedingt darauf achten, dass die Bewohner die Antidepressiva auch wirklich einnehmen • Auf einen geregelten Tagesablauf achten: Aufstehen, Anziehen, Frühstücken, Zeitung lesen, … • Unternehmungen planen: Basteln, Musik, Theater, etc. • Mit Angehörigen oder dem Arzt reden © STADApharm Umgang mit den Betroffenen Das sollten Sie vermeiden: • Betroffene auffordern, sich zusammenzureißen • Betroffenen einzureden, ihnen gehe es doch gut • Umgebungswechsel vorschlagen, z.B. Urlaub • Die Betroffenen wichtige Entscheidungen selbst treffen lassen Achtung: Überlastetes Pflegepersonal sollte sich fachliche Hilfe holen, um selbst einer Depression vorzubeugen (z.B. Supervisionen). © STADApharm Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. © STADApharm