St. Gotthard-Gymnasium der Benediktiner Niederaltaich 94557 Niederalteich Kollegstufe Abiturjahrgang 2009/2011 Facharbeit aus der Geschichte Entwicklung des Staates Israel in den 60er und 70er Jahren Verfasser: Johannes Mario Dallmeier Leistungskurs: Geschichte Kursleiter: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Erzielte Note: Erzielte Punkte: (einfache Wertung) ………………………………………… Unterschrift des Kursleiters Das Thema der Facharbeit umfasst die Entwicklung des Staates Israel in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts mit den wichtigsten Ereignissen in dieser Zeit. Insbesondere die kriegerischen Auseinandersetzungen Israels, auf deren Hintergründe, Verlauf und Folgen das Hauptaugenmerk der Facharbeit fallen wird, sollen genau ergründet werden. Schwerpunkt ist dabei der Sechs-Tage-Krieg, da dessen Folgen und Auswirkungen am gravierendsten für Israel und dessen umliegende Staaten war. Angefangen bei der Staatsgründung Israels, die kurz erläutert wird, über die Zeit der Kriege, die folgende Hochstimmung und die Depression die Israel und die anderen betroffenen Staaten beherrschte, wird diese Entwicklung Stück für Stück dokumentiert und erklärt. Somit sollen in dieser Facharbeit die historischen, politischen und gesell-schaftlichen Fortschritte, die diese Zeit prägten, aufgezeigt werden. 1. Hintergründe Die Geschichte Israels ist eine bemerkenswerte Entwicklung, die es in dieser Form noch niemals gegeben hat. Die Gründung Israels war mit derart vielen Problemen gekoppelt, dass von der Idee der Gründung dieses Staates als Judenstaat 1897 durch Theodor Herzl über 50 Jahre vergingen, bis das enorm konfliktträchtige und von Attentaten heimgesuchte Israel endlich entstehen konnte. Ein Hauptproblem war, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in einen Staat zu integrieren, allen eine entsprechende Vertretung zuzusichern und ihren Stimmen Gehör zu verleihen. Bereits 1937 plante die britische Peel-Kommission, das Land zu teilen, um Frieden zu erlangen1. Für die neu eingewanderten Juden wäre dies die beste Lösung gewesen, jedoch stellte sich die arabische Bevölkerung diesem Plan ablehnend gegenüber, da sie nicht die Konsequenzen des europäischen Antisemitismus tragen wollte, was zu einem Massaker am jüdischen Bevölkerungsteil führte.2 Am 29. November 1947 wurde dennoch von einer Generalversammlung der Vereinten Nationen der Teilungsplan Westpalästinas in ein jüdisches und ein arabisches Teilgebiet beschlossen, dem die Zionisten 1 Vgl.: Anhang: Krautkrämer Vgl.: Wolffsohn, Michael: Wem gehört das Heilige Land? Die Wurzeln des Streits zwischen Juden und Arabern, München 20029; S.264f. 2 auf Grund der Tatsache, dass ein eigener Staat für die Juden sowie auch für die Überlebenden des Holocausts geschaffen wird, zustimmt, da darauf eine Staatsgründung folgen kann.3 Dieser Beschluss entstand durch das Erreichen einer Zweidrittelmehrheit. Auf der Seite der Palästinenser fühlte man sich durch die ständige Präsenz der Juden provoziert und machte dafür die UNO verantwortlich, die diesen Konflikt geschaffen hat, ohne dabei die Interessen der arabisch-stämmigen Bevölkerung zu beachten. Als Konsequenz daraus erkannten die meisten arabischen Staaten das Existenzrecht Israels lange Zeit und teilweise bis heute nicht an. Vielmehr machen es sich Staaten wie der Iran oder Syrien zur Aufgabe, Israel zu vernichten oder zu zerstören. Das Negieren des Existenzrechts ist erst seit dem 14. Mai 1948 möglich, an dem die Israelische Unabhängigkeitserklärung durch David Ben Gurion, der zugleich erster Ministerpräsident Israels wurde, verlesen wurde. Diese trat in Kraft, als das britische Mandat um exakt null Uhr auslief. Kurze Zeit darauf erklärten die Staaten Ägypten, Irak, Libanon, Syrien und Transjordanien dem neuen Staat Israel den Krieg. Auf diesen als Palästinakrieg bezeichneten Krieg war man auf israelischer Seite noch nicht vorbereitet, da es noch keine Armee gab, sondern lediglich Untergrundtruppen bestanden, die nur mit leichter, minimalistischer Bewaffnung ausgerüstet waren. So war Israel im ersten Monat ein Defensivkrieg aufgezwungen, den es dank der fehlenden Motivation der arabischen Truppen, die eine Art Konkurrenzdenken untereinander aufwiesen, da sie keine homogene Masse waren, sondern verschiedenen Staaten entstammten, durchhalten konnte.4 Nach dem Waffenstillstand vom elften Juni 1948 wurden weitere Friedensverhandlungen unterbunden, indem die israelischen Rechtsextremen den Vertreter der Vereinten Nationen, Graf Folke Bernadotte ermordeten, der vorschlug, den Teilungsplan der UNO zu verwerfen, da der Staat nicht teilbar sei. Einen Tag vor Ablauf des Waffenstillstandsabkommens, am achten Juli 1948 griffen die Araber im Süden Israels an. Die jüdische Armee konnte sich aber, gestärkt durch Einheiten freiwillig kämpfender Juden, die Einführung einer Wehrpflicht und die Neugruppierung der Truppen, sehr gut verteidigen und ging dann nach dem Abfangen des arabischen Angriffs selbst mit sehr großen Erfolgen in die Offensive über. Die Kampfhandlungen waren aber bereits am 18. Juli 1948 abgeschlossen, da die Vereinten Nationen großen Druck ausübten, so dass ein neues Waffenstillstandsabkommen geschlossen wurde, welches unbefristet war. Israel schloss im Februar des Jahres 1949 einen Waffenstillstandsvertrag mit Ägypten, welches der Erste der 3 Vgl.: Wolffsohn: Heiliges Land, S.270f. Vgl.: Krupp, Michael: Die Geschichte des Staates Israel – Von der Gründung bis heute, Gütersloh 19993; S.13 4 arabischen Staaten war. Darauf folgte im März ein Vertrag mit dem Libanon, im April mit Jordanien und im Juli auch mit Syrien. Dadurch wurde der Unabhängigkeitskrieg abgeschlossen, der circa 10 Prozent der Bevölkerung Israels das Leben kostete, dafür aber das Gebiet um gut 21 Prozent5 gegenüber dem Teilungsplan von 1947 erweitert wurde. Allerdings konnte kein Friedensvertrag geschlossen werden, so dass Israel seine neu erlangten Grenzen weiterhin behaupten musste, was sich als sehr schwierig erwies, da es sich um riesige Gebiete handelte, für die man kaum genügend Soldaten zur Verfügung stellen konnte. So blieben also die israelisch-arabischen Grenzen weiterhin erhalten, was bereits in absehbarer Zukunft wieder zu einem Krieg führen sollte.6 2. Der Sechs-Tage-Krieg 2.1. Hintergrund Suezkrise Der Sechs-Tage-Krieg begann am fünften Juni 1967. Trotz der zu dieser Zeit herr-schenden Spannungen und Konflikten zwischen Israelis und Palästinensern suchten die internationalen Juden Zuflucht in Israel und wurden durch das „Rückkehrgesetz“ auch sofort staatsangehörig. Allerdings fiel Israel die Integration der arabischen Minderheiten relativ schwer, da die Unterschiede zwischen Judentum und Islam zu groß waren. Aus diesem Grund wurden die Araber zwar Staatsangehörige, aber dennoch als eigene Spezies betrachtet, die weniger Rechte hatte. Auch die außenpolitischen Spannungen wurden mit Blick auf die herannahende Suezkrise immer größer. Diese brachte die Änderung mit sich, dass der bisherige Außenminister Scharett im Jahre 1955 durch Golda Meir, eine Anhängerin des bereits 1953-55 als Ministerpräsident zurückgetretenem Ben Gurion ersetzt wurde. Dies war einer der Schritte, die vollzogen wurden, um die wichtigsten Staatsämter mit Personen zu besetzen, die ihrer Überzeugung nach und ohne Kompromisse für Israel handelten. Bereits 1954 plante die israelische Regierung, einen Krieg zu führen um sich die, durch die Sperrung der Straße von Tiran durch Ägypten, verlorengegangene Freiheit zurückzuholen. 5 Vgl.: Anhang: Krautkrämer Vgl.: Krupp: Geschichte, S.17ff. 6 Diese Sperrung hatte zur Folge, dass die israelische Schifffahrt unterbunden wurde. Allerdings war Israel militärisch noch zu schwach um einen Angriff durchzuführen und hatte bereits mit der Verteidigung der im Palästinakrieg erreichten Grenzen zu kämpfen. Ein weiteres Problem für den Juden-staat war, dass die Sowjetunion Waffen und militärische Ausrüstung an Ägypten lieferte, welche unmittelbar in Grenznähe stationiert wurden. Zur Lösung dieses Problems schlug der israelische General Mosche Dajan vor, einen Präventivschlag zu führen, erhielt aber keinen Zuspruch. Die Sowjetunion und Ägypten kamen sich auf politischer und militärischer Ebene immer näher, da der ägyptische Staatspräsident Gamal Abdel Nasser Großbritannien und Frankreich durch die Verstaatlichung der Suezgesellschaft, an der diese beiden Staaten die meisten Anteile besaßen, aufs Äußerte reizte und Ägypten auf Grund der eigenen militärischen Schwäche Unterstützung im eventuellen Kriegsfall benötigte. Großbritannien und Frankreich versuchten zeitgleich Israel zu einem militärischen Schlag gegen Ägypten zu überreden. Diesen Vorschlag nahm Israel auch an, was 1956 zur Suezkrise, welche auch als SinaiKampagne bezeichnet wird, führte. Israel konnte seine Position durch den zusammen mit Großbritannien und Frankreich errungenen, militärischen Sieg bewahren. Allerdings ging der Sieg auf politischer Ebene an Ägypten, da die Position Nassers sowie seine Politik gefestigt wurden, obwohl die Truppenverluste der Ägypter zehnmal so hoch waren, als die, der Israelischen Armee.7 2.2. Der Weg zum Krieg und seine Auslöser Die Grenzen Israels, die durch die Suezkrise erlangt worden waren, blieben im Großen und Ganzen über die Jahre hinweg ruhig. Lediglich auf jordanischer und syrischer Seite gab es kleinere Übergriffe. Am siebten April 1967 schossen israelische Kampfflugzeuge mehrere von den Sowjets erbauten und an Syrien gelieferten Maschinen über syrischem Boden ab, was den Zorn der Syrer und auch der Sowjetunion maßgeblich steigerte. Zum Einen, da die 7 Vgl.: Krupp: Geschichte, S. 48ff militärischen Mittel anscheinend nicht für einen Kampf gegen Israel ausreichten und zum Anderen, da Ägypten Syrien trotz eines geschlossenen Verteidigungsbündnisses nicht beistand. Die Sowjetunion reagierte mit der Einladung einer ägyptischen Delegation, die den Zweck der Anstachelung der Ägypter zum Angriff auf Israel dienen sollte, da dem Nationalratspräsidenten El-Sadat eröffnet wurde, dass die israelische Armee bereits Truppen an der syrischen Grenze stationiert hatte. Auch eine Aufforderung des israelischen Ministerpräsidenten an den sowjetischen Botschafter zur Grenzbesichtigung zeigte keine weitere Wirkung, da dieser die Aufforderung ablehnte. Dadurch trug die Sowjetunion maßgeblich zur Eskalation der Situation bei. Am 15. Mai, dem Unabhängigkeitstag wurde wie üblich eine Parade des Militärs abgehalten, an der Jitzchak Rabin, der das Oberkommando über das Heer Israels hatte, in einer Rede erklärte, dass die syrische Regierung ab sofort die Verantwortung für alle in Israel stattfindenden Terrorakte tragen würde und mit Konsequenzen rechnen müsse. Dies veranlasste General Muhammad Fawzy, den ägyptischen Generalstabschef, am 16. Mai dazu, den Befehlshaber der im Sinai, dem Gazastreifen und in Ägypten stationierten UNO-Truppen aufzufordern, seine Soldaten abzuziehen, da sich Ägypten auf einen Kampf mit Israel vorbereite und zuschlagen werde, sobald Israel ein arabisches Land angreifen würde. Dieser Aufforderung kam die UNO auch nach, indem der damalige dritte Generalsekretär Sithu U-Thant dem Vorhaben zustimmte. Der durch die Suezkrise gestärkte Nasser gab knapp eine Woche später, am 22. Mai 1967, bekannt, dass die Meerenge von Tiran blockiert wird und somit auch der Golf von Aqaba, welcher im Süden Israels angrenzt, gesperrt ist und dadurch keine Schiffe mehr nach Israel kommen könnten. Durch die Sperre wurde Israels wirtschaftlich gesehen wichtigster Hafen, der Hafen von Eilat, von der Außenwelt komplett abgeschnitten, was zur Folge hatte, dass die Versorgung nicht mehr gegeben war und auch keine Waren mehr importiert oder exportiert werden konnten.8 Israel setzte in einer Kabinettsversammlung fest, dass der Krieg durch Ägypten erklärt wird, sobald die Straße von Tiran gesperrt wird und berief sich dabei auf die Erklärung vom ersten März 1957. Nasser beabsichtigte dies auch, was anhand seiner Reden deutlich wird, in welchen er erwähnt, dass Ägypten „(…)bereit zum Krieg“ sei und „Das Hauptziel (…) die Zerstörung Israels“ ist.9 Zeitgleich schickte Israel den Außenminister Abba Eban, nach Paris und London um Hilfe im Kriegsfall zu erbitten. Frankreichs Präsident Charles De Gaulle lehnte ab, da er durch den Algerienkrieg, das Ansehen in der arabischen 8 Vgl.: Krupp: Geschichte, S. 70f. Krupp: Geschichte, S. 72f. 9 Welt verloren hatte und nicht beabsichtigte, das Verhältnis noch weiter zu strapazieren. Er empfahl Israel mit der Blockade zu leben und drohte mit der Beendigung der französischen Waffenlieferungen, sofern sich Israel nicht an seinen Rat halten würde. Dadurch wurde die israelisch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit beigelegt. London war dem Anliegen Israels gegenüber aufgeschlossener. Premierminister Wilson sicherte zu, sich dahingehend zu bemühen, dass eine internationale Flotte entsendet wird, um die Blockade aufzuheben sowie die Straße von Tiran und dadurch den Golf von Aqaba offenzuhalten. Auch von Seiten der USA gab es Zuspruch für diesen Plan. Inzwischen trafen Verstärkungstruppen des Irak in Syrien ein, um dem Bündnispartner beizustehen. Fünf Tage später wurde ein Verteidigungspakt zwischen Jordanien und Ägypten geschlossen, in dem festgehalten wurde, dass die jordanische Armee nun der ägyptischen angeschlossen wird, also unter ägyptischem Kommando steht. Ein ähnliches Abkommen wurde zwischen Ägypten und dem Irak am vierten Juni, einen Tag vor Kriegsbeginn, unterzeichnet. Israel bewies inzwischen entgegen dem Volkswillen politische Intelligenz und wartete ab, ob die zugesicherte, internationale Hilfe wirklich eintraf. Intelligent zum Einen deswegen, da letztendlich keine Zeit verloren wurde, weil keine Angriffspläne bekannt waren, keine Mobilmachung erkannt werden konnte und zum Anderen, da die Weltöffentlichkeit die Situation Israels bedauerte und das Land auf moralische Art und Weise in seinem Handeln unterstützte. Am 31. Mai wurde kurzfristig eine Übergangsregierung gebildet, die, abgesehen von der kommunistischen Partei, aus allen Parteien bestand. Der Ministerpräsident Levi Eschkol ernannte den erfolgreichen General Mosche Dajan, der bisher einer Partei der Opposition angehörte, zum Verteidigungsminister. Die Maßnahmen der von den USA und Großbritannien ausgehenden Bemühungen zur Beseitigung der Blockade der Straße von Tiran kamen nicht mehr voran, während Großbritannien vor Allem auf die Zuständigkeit der UNO verwies, was in Israel zu der Überzeugung führte, dass man alleine handeln müsse und nicht mehr länger warten dürfe. Dies wurde am vierten Juni 1967 einstimmig in der Knesset, dem israelischen Parlament, beschlossen und das Angriffsdatum auf den folgenden Tag, den fünften Juni festgelegt.10 Die Situation am vierten Juni beschreibt der Außenminister Eban folgendermaßen: „Am Sonntag, den 4. Juni, war die allgemeine Stimmung im Land von einer seltsamen Ruhe gekennzeichnet. Am Tage zuvor waren die Strände am Meer von beurlaubten Soldaten bevölkert gewesen; alle Touristen waren bereits 10 Vgl.: Krupp: Geschichte, S. 73f. verschwunden. Die Nation schien sich ganz allein im klaren Licht ihrer Pflicht zu sonnen. . . . Es war, als ob Israels Gegner mit ihrer Arroganz und seine Freunde mit ihrer Ohnmacht Tel Aviv in eine Zwangslage gebracht hätten.“11 11 Krupp: Geschichte, S. 75