Denkaufgaben zum Kraftbegriff

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Denkaufgaben zum Kraftbegriff
Von Horst Schecker
(Bron: Naturwissenschaften im Unterricht Physik/Chemie; Heft 34:Kraftbegriff; Mai 1988;
Fachzeitschriften bei Friedrich in Velber in Zusammenarbeit mit Klett, 3016 Seelze)
Einleitung
In vielen Untersuchungen über "Schülervorstellungen" im Bereich der Mechanik
finden sich "Denkaufgaben" zum Kraftbegriff. Im Gegensatz zu "Rechenaufgaben" sind zu ihrer Lösung weniger formale Fertigkeiten als ein entwickeltes
qualitatives Verständnis der Begriffe
Kraft, Geschwindigkeit oder Beschleunigung erforderlich. Ich habe 9 Denkaufgaben zusammengestellt und überarbeitet. Sie bieten einen vertieften Einblick in die Lernschwierigkeiten von
Schülern beim Kraftbegriff, die im Basisartikel von R. Duit nur kurz zusammengefaßt sind. Sie können darüberhinaus klarmachen, daß die Newtonsche Mechanik
ein schwieriges Gebiet des Physikunterrichts ist - insbesondere wenn man
zunächst versucht, die Aufgaben selbst
zu lösen. Viele der Denkaufgaben eignen sich aber auch für die Heranführung
der Schüler an die klassische Mechanik.
Wie sie zu diesem Zweck verwendet
werden können, ist im folgenden näher
erläutert. Das Anspruchsniveau der Aufgaben ist nicht gering. Sie eignen sich
frühestens für das Ende der Sekundarstufe l, wenn einige Aspekte der Newtonschen Mechanik bereits behandelt worden sind. In voller Tiefe lassen sich die
meisten Aufgaben erst auf der Sekundarstufe II diskutieren.
Sinn von Denkaufgaben
im Unterricht
Der Newtonsche Kraftbegriff liegt dem
Alltagsdenken fern, ja er erscheint sogar
auf den ersten Blick für die Beschreibung von Alltagsvorgängen unangemessen. Die prinzipiellen Unterschiede
zwischen ihrem intuitiven Kraftbegriff
(Kraft als Stärke/Wirkungsfähigkeit,
Geschwindigkeit proportional zur Kraft)
und dem Newtonschen Konzept werden
den Schülern jedoch selten bewußt.
Kraftpfeile in Richtung der momentanen
Bewegung haben z.B. im Alltagsdenken
über Kraft und Bewegung einen guten
Sinn. Die drei Newtonschen Axiome bilden in ihrer kompakten Formulierung für
Schüler kaum einen Anlaß, ihr spontanes
Denken zu überdenken. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Newtonsche
Kraftkonzept im Unterricht auf die Gleichungen 'FAB = -FBA und 'F= m ä (bzw.
"Kraft gleich Gegenkraft") verkürzt werden. Diese Gleichungen werden als reine Rechenkalküle ohne Vorstellungshintergrund gehandhabt.
Denkaufgaben bieten im Unterricht Anlässe zur Problematisierung und bewußten Verarbeitung der Schülervorstellungen. Sie sprechen direkt die qualitativen
Grundlagen des Denkens über den
Zusammenhang von Kraft und Bewegung an. Wir müssen den Schülern die
Gelegenheit geben, ihre Lösungsansätze frei zu äußern und zunächst untereinander zu vergleichen. Der Lehrer sollte
die physikalisch korrekte Lösung nicht
vorzeitig von sich aus einbringen oder
bestätigen. Er kann die Schülervorschläge stichwortartig an der Tafel festhalten.
Die Sichtweise der klassischen Mechanik wird dann, ggf. mit Hinweisen auf
typische Fehlvorstellungen, explizit den
Schülersichtweisen gegenübergestellt.
Dem Physikunterrichtwird es nicht gelingen, die spontanen Kraftvorstellungen
der Schüler grundlegend zu ersetzen.
Ein realistischeres Ziel, das auch auf der
Sekundarstufe II immer noch schwer
genug zu erreichen ist, besteht darin,
zwischen den beiden Systemen zu unterscheiden und Phänomene zunehmend auch in der wissenschaftlichen
Sichtweise zu erfassen.
Zur Festigung eines qualitativen Verständnisses der Newtonschen Dynamik
kann man das folgende Suchprogramm
im Unterricht behandeln, das gleichzeitig die Lösungsprinzipien für die unten
vorgestellten Denkaufgaben zusammenfaßt:
Aufgabentyp l:
Bahnkurve vorgegeben, Kräfte gesucht
- Ändert sich der Bewegungszustand des
betrachteten Körpers K nach Betrag oder
Richtung der Geschwindigkeit?
- Nein: An K greift keine resultierende Kraft
FR an. Wohl aber können Einzelkräfte Fi
auf K einwirken, deren Addition Null ergibt.
Für jede Einzelkraft muß ein anderer
Körper als Wechselwirkungspartner zu K
angegeben werden können (z.B. die
Straße, die Erde, eine Zugmaschine).
Findet man keinen
Wechselwirkungspartner, so handelt es
sich um eine "Scheinkraft", die im Newtonschen System nicht berücksichtigt wird.
- Ja: An K greift in Richtung der Bewegungsänderung eine resultierende Kraft
FR an. Die Einzelkräfte F, die sich zu FR
addieren, erhält man, wenn man die Körper
sucht, mit denen K durch Zug, Druck, Stoß,
Anziehung oder Abstoßung in Wechselwirkung steht. Die F wirken jeweils in Richtung
der Verbindungslinien der beiden Körper.
Die Addition der Einzelkräfte nach Betrag
und Richtung muß FR ergeben.
Aufgabentyp II:
Körperkonstellation gegeben, zukünftige Bahnkurve gesucht
- In welchem Bewegungszustand befindet
sich K (Ausgangsimpuls, im wesentlichen
Betrag und Richtung der Geschwindigkeit)?
- Mit welchen anderen Körpern steht K in
Wechselwirkung?
- In welchem relativen Verhältnis stehen
die Beträge der Einzelkräfte? (z.B. grobe
Abschätzung der relativen Beträge von
Gravitationskraft und Luftwiderstandskraft)
- Addition der Einzelkräfte F zu FR .
- Der Bewegungszustand von K (Ausgangsimpuls) wird in Richtung von FR geändert. Der neue Bewegungszustand ergibt sich aus der Addition des Ausgangsimpulses und der Zusatzimpulse, die K erwirbt, solange FR wirkt.
Denkaufgaben
in Klassenarbeiten
Zwei Einwände gegen die Einbeziehung
von Denkaufgaben in Klassenarbeiten
müssen ernstgenommen werden:
1. Es ist schwerer, Aufgaben zu bewerten,
deren Lösung nicht an Zahlenangaben
oder hergeleiteten Formeln gemessen
werden kann.
2. Rechenautgaben geben auch schwächeren Schülern die Möglichkeit, Punkte
zu sammeln. Denkaufgaben setzen das
Anforderungsniveau stark herauf.
Während Kraftpfeildiagramme noch
recht einfach als "richtig" oder "falsch"
zu kategorisieren sind, können schon
Prognosen über Bewegungsverläufe zu
Problemen führen. Die Antwort "Der
Schlitten wird langsamer" bei Denkaufgabe 4 (s.u.) kann auf reiner Alltagser-
Anregungen für den Unterricht
fahrung, ohne jeglicher physikalischer
Überlegung beruhen oder Ergebnis von
sehr differenzierten Überlegungen zur
Impulsänderung durch Luftreibungskräfte sein. Es ist daher wichtig, die
Schüler zur expliziten Begründung ihrer
Antworten anzuhalten. Erst aus Antwort
plus Begründung läßt sich die physikalische Problemlösungskompetenz abschätzen.
Ein pragmatisches Argument spricht für
Denkaufgaben in Klassenarbeiten: Qualitative Phänomenbetrachtungen werden von Schülern im Vergleich zu Rechnungen leicht als unwichtig, unproduktiv
oder gar unphysikalisch abgetan. Dahinter steht die Vorstellung, physikalische Kompetenz drücke sich primär in
der Kenntnis von Gesetzesformeln und
deren Anwendung aus. Man kann diesen Denkrahmen effektiver aufbrechen,
wenn solche Betrachtungen erkennbar
in die Bewertung der Schülerleistung
eingehen.
Die Argumente im zweiten Einwand stimmen mit der Einschätzung durch Schüler
überein. Denkaufgaben sind zu Anfang
unbeliebt. Sie gelten als schwierig, weil
man sich kaum durch Einübung von
Musteranworten auf Tests vorbereiten
kann. Die Anteile richtiger Lösungen liegen eher niedriger als bei Rechenaufgaben. Aufzufangen ist dies durch eine
allmähliche Steigerung der Anteile qualitativer und halbquantitativer Betrachtungen am Unterrichtsgeschehen. Dies
muß - ohne daß ich ihre Bedeutung für
das Erlernen der exakten Naturwissenschaften damit geringschätze - auf
Kosten der Rechenanteile erfolgen.
Denn: Formale Fähigkeiten sind unnütz
und gehen schnell wieder verloren,
wenn ihnen die begriffliche Basis fehlt.
Aufgaben 1 bis 3: Kraft und Bewegungsrichtung
Wenn eine Bewegung abläuft, so wirkt ständig eine Kraft in Richtung Bewegung,
solange die Bewegung anhält. Diese Vorstellung ist Teil des intuitiven Kraftverständnisses vieler Schüler und Studenten. Sie bringen also Kraft mit der Bewegung selbst, nicht mit deren Änderung in Zusammenhang. Die Münzaufgabe
(siehe Aufgabe 1) nach Clement [1 ] erscheint so einfach und wird dennoch von
Schülern überwiegend falsch beantwortet. Sie zeichnen bei Punkt B eine Kraft
nach oben ein und nennen sie "Abwurfkraft" oder "Bewegungskraft". Falls die
Gravitationskraft (die einzige an den Punkten B und C tatsächlich angreifende
Kraft) bei B berücksichtigt wird, wird sie vom Betrage kleiner angenommen als
die "Antriebskraft", denn nur so können die Schüler ihrer Vorstellung genügetun,
daß in Richtung der Bewegung immer eine (resultierende) Kraft wirkt. Bei C ist
nach Meinung der Schüler die Wurfkraft aufgebraucht, bzw. genauso groß wie
Fz und der Körper fällt wieder. Die Variante in Aufgabe 2 zeigt die eingefrorenen
Bewegungen mehrerer Bälle, die sich auf gleicher Höhe befinden. Wiederum ist
die Gravitationskraft die einzige und in allen Fällen gleiche, angreifende Kraft.
Etwa die Hälfte der von Viennot [2] befragten Schüler und Studenten meinten jedoch, die Kräfte seien nicht gleich, weil die Bälle zum gewählten Zeitpunkt unterschiedliche Geschwindigkeiten bzw. Bewegungsformen hätten.
Die Kopplung von Kraft an Bewegung oder Geschwindigkeit statt an Bewegungsänderung zeigt sich besonders deutlich in den Antworten zu Aufgabe 3
[3], Durchgehender Fehler bei Position A ist das Einzeichnen eines Pfeils in horizontaler Richtung der momentanen Bewegungsrichtung, Typische Begründung: "Wenn es diese Kraft nicht gäbe, würde der Ball senkrecht nach unten
fallen". Die "Bewegungskraft", ('FV) "Trägheitskraft", "Bewegungsenergie"
usw. wird z.T. vektoriell mit der Gravitationskraft zu einer nach schräg rechts
unten orientierten Gesamtkraft zusammengefügt. Am Punkt B wird zwar meist
eine Kraft nach oben eingezeichnet ("Reaktion"); diese wird jedoch dem Betrage nach der Gravitationskraft gleichgesetzt. Kaum ein Schüler oder Student
beachtet, daß eine starke resultierende Kraft in Richtung der Bewegungsänderung, also nach oben, auftreten muß.
Literatur:
[1] J.J. Clement: Student preconceptions in
introductory mechanics. American Journal of Physics 50, 1982, 66-71, S. 67.
[2] L. Viennot: Spontaneous reasoning in
elementary dynamics. European Journal of
Science Education 1, 1979, S. 206f
[3] J.W. Warren: Understanding Force.
London: Murray 1979
[4] W. Jung, H. Wiesner, P. Engelhard: Vorstellungen von Schülern über Begriffe der
Newtonschen Mechanik. Bad Salzdetfurth: Franzbecker 1981, S. 60.
[5] H. Schecker: Das Schülervorverständnis zur Mechanik. Dissertation, Universität
Bremen 1985, S. 307f.
[6] H. Schecker: a.a.O., S. 462ff.
[7] W. Jung, H. Wiesner, P. Engelhard. a.a.O.,
S, 41.
[8] J.W. Warren. a.a.O., S. 36.
[9] M. McCIoskey: Irrwege der Intuition in
der Physik. Spektrum der Wissenschaft,
Juni 1983, 88-99, S. 91.
[10] A.B. Arons: Thinking, reasoning and
understanding in introductory physics
courses. The Physics Teacher 19, 1981,
166-172, S. 169.
A
Aufgaben 4 und 5:
Bewegung nach Fortfall
des Bewegers
Auch an diesen Aufgaben kann man
die schon erläuterte Vorstellung "Ohne
Kraft keine Bewegung" im Unterricht
abarbeiten. Ein häufiger Fehler bei den
Aufgaben 4 und 5c ist nämlich die Annahme, die (Horizontal-) Bewegung
komme ziemlich abrupt zum Stillstand,
nachdem der Gewichtsüberschuß,
bzw. der Mast als "Beweger" keine
"bewegende" Kraft mehr ausübt.
Aufgabe 4 [4] wird zudem oft als ein
Gleichgewichtsproblem betrachtet.
Dies führt zu der Antwort, der Schlitten
gleite bei gleichen Gewichten zur Mitte
zurück, bzw. pendele sich in der Mitte
ein. Ein Fünftel von 254 befragten
Elftklässlern schrieben, der Schlitten gleite
langsam aus. Die abstrahierende Annahme einer vollkommen reibungsfreien Bewegung stellt für Schüler eine
große Hürde dar. Bei einer Besprechung der Aufgabe kam der Einwand:
"Ja, wenn da wirklich überhaupt keine
Reibung wäre, dann würde der vielleicht weiterfahren. Aber ein bißchen
Reibung ist immer da." [5]
Die Bedeutung des Trägheitssatzes (1.
Newtonsches Axiom) für irdische Bewegungen wird von Schülern vielfach
unterschätzt, weil sie die Unterscheidung zwischen Einzelkräften und der
Resultierenden nicht beachten. Aufgabe 5a [6] greift diesen Punkt auf. Aussage l, die der Alltagsauffassung nahekommt, ist an ein Zitat von Aristoteles
angelehnt. Aussage II stammt nahezu
wörtlich aus Newtons 'Principia'. In einer
der wenigen treffenden Schülerlösungen wurde der Unterschied so auf den
Punkt gebracht:
"Therorie l setzt die Reibungskraft als
immer gegeben voraus. Sie ist in der Antriebskraft nicht enthalten. Theorie II berücksichtigt eine Reibungskraft als einwirkende Kraft."
Nach Aussage l müßte eine Landestelle
in der Nähe des Hecks eingezeichnet
werden; das Schiff fährt unter dem antriebslosen Stein weg. Bei Aussage II
ergibt sich eine Landestelle am Mastfuß,
wo der Stein - sieht man vom Drehimpuls
des Steins bezüglich des Erdmittelpunkts und eventuellen orkanartigen
Winden ab - auch tatsächlich auftrifft. In
den Antworten zu Teil c findet man jedoch überwiegend eine Landestelle am
Heck. Ursachen sind neben dem Wegfall des Bewegers eine Überschätzung
der Luftreibungskraft und die mangelnde Beachtung des Bezugssystems
Schiff.
Aufgaben 6 und 7:
Reibung als Kraft.
Häufig wird die Reibung von den Schülern nicht als Kraft angesehen. Es muß im
Mechanikunterricht besonders hervorgehoben werden, daß Reibung nicht einfach ein "Widerstand" oder "Hemmnis" für Bewegungen ist, sondern eine Kraft,
die vollkommen gleichrangig neben anderen Kräften steht und mit diesen zu
bilanzieren ist. In Aufgabe 6 [7] greift am Klotz neben der Gravitationskraft eine
nach links oben gerichtete Haftreibungskraft an, die Schüler aus folgenden
Gründen oft unbeachtet lassen:
- Es ist kein "aktiver" Körper da, der diese Kraft ausübt (Die Unterlage der schiefen
Ebene ist "passiv").
- Der Klotz bewegt sieht nicht; wie soll also Reibung auftreten?
- Der Klotz liegt fest; Ruhe braucht man nicht durch Kräfte zu erklären.
Die Summe der am Klotz angreifenden Kräfte (Gravitationskraft, Unterstützungskraft durch die Unterlage, und Haftreibungskraft) ist Null, denn der Klotz wird
nicht beschleunigt.
Daß auch Haftreibungskräfte eine beschleunigende Wirkung haben können, soll
an Aufgabe 7 erarbeitet werden [8]. Voraussetzung ist die Einsicht, daß es sich
bei einer Kreisbewegung mit konstantem Tempo um eine beschleunigte Bewegung handelt, deren Richtung ständig von einer zum Zentrum gerichteten resultierenden Kraft geändert wird. Typische Fehler bei Aufgabe 7:
- Die resultierende Kraft zeigt nicht nach innen, sondern in Fahrtrichtung nach außen.
- Eine von Schülern angenommene Reibungskraft liegt grundsätzlich entgegengesetzt zur Fahrtrichtung. (Reibung heißt "Widerstand").
- Eine (Haft-) Reibungskraft der "passiven" Straße auf die Reifen, die das Auto nach
innen beschleunigt, wird nicht für möglich gehalten.
- Es wird eine "Zentrifugalkraft" nach außen eingezeichnet,
- Die Summe der angegebenen Einzelkräfte ergibt nicht die eingezeichnete Resultierende.
Aufgabe 8:
Die "Zentrifugalkraft"
Bei Aufgabe 8 wird sehr oft an der Kugel eine nach außen gerichtete Kraft eingezeichnet (s.a. Aufgabe 7). Die Annahme dieser "Zentrifugalkraft" geht auf
Körpererfahrungen bei Karussellfahrten oder Kurvenfahrten in Autos zurück. Die
Schüler versetzen sich bei Kreisbewegungen gedanklich stets auf den beschleunigten Körper. Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben im Mechanikunterricht,
die "Zentrifugalkraft" zu problematisieren. Sie genügt nicht dem Newtonschen
System, denn nach dem Wechselwirkungsprinzip müssen immer zwei Wechselwirkungspartner identifizierbar sein. Welcher Körper aber übt die Zentrifugalkraft
aus? Die Kraft, die an der Hand des Schleuderers angreift, ist ebenfalls nicht die
Zentrifugalkraft, sondern die Wechselwirkungskraft zur Kraft des Schleuderes auf
den Faden, der die Kugel auf die Kreisbahn zwingt. Die Gravitationskraft wird
durch eine gegengleiche Komponente der Fadenkraft kompensiert, so daß als
Resultierende die Zentripetalkraft übrigbleibt. Wenn der Faden reißt, findet keine
Radialbeschleunigung mehr statt und die Kugel vollführt in der Projektion auf die
Blattebene eine geradlinige gleichförmige Bewegung. McCIoskey [9] fand bei einem Drittel der Antworten jedoch weiterhin eine gekrümmte Bahn, so als speichere die Kugel die Kreisbewegung als innere Bewegungstendenz. Nur die Hälfte
der Schüler zeichnete die korrekte Bahnkurve.
.
Aufgabe 9:
Kraftausübung und Aktivität
Eine bereits mehrfach angesprochene Schülervorstellung lautet, nur "aktive" Körper wie Menschen, gespannte Federn oder bewegte Dinge, übten "wirkliche
Kräfte" aus, während "passive Körper, die nur so daliegen" (Straßenbeläge,
Tische usw.) lediglich "Widerstand" leisten. Dies führt bei Aufgabe 9 (10] zu dem
Einwand: "Wie kann der Tisch auf das Buch eine Kraft ausüben? Er hat doch keine
Kraft." Am Buch greift neben der Gravitationskraft die Unterstützungskraft durch
den Tisch an. Diese ist Reaktionskraft (besser "Wechselwirkungskraft") zu der
Kraft, die das Buch auf den Tisch ausübt. Schließlich darf die Unterstützungskraft
des Bodens auf die Tischbeine nicht vergessen werden.
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