1. Kongruenzabbildungen GM1 Eine Kongruenzabbildung ist eine Abbildung, die eine geometrische Figur nur verlagert, ihre Grösse und Form aber unverändert lässt Eine Abbildung der Ebene auf sich heiss bijektiv, falls es für jeden Punkt Y genau einen Punkt X gibt, sodass gilt: (X) = Y GM2 Symmetrie: Def.: Eine Figur heisst symmetrisch genau dann, wenn sie sich durch eine (von der Identität verschiedenen) Kongruenzabbildung auf sich selbst abbilden lässt 1.2 Isometrie der Ebene Verknüpfungen von Abbildungen: 1. Kongruenzabbildungen Def.: Ein Punkt P heisst Fixpunkt der Abbildung , wenn gilt: (P) = P Die Hintereinanderschachtelung von Abbildungen, ist assoziativ 1 ( 2 3 ) (1 2 ) 3 Die Hintereinanderschachtelung von bijektiven Abbildungen, ist wieder bijektiv, die Hintereinanderschachtelung von Isometrien ist wieder eine Isometrie Def.: Eine Kongruenzabbildung oder Isometrie der Ebene (oder des Raumes) auf sich ist eine bijektive, längentreue Abbildung. Das heisst: Für zwei Punkte A und B und ihre Bildpunkte A’ = (A) und B’ = (B) sind die Strecken AB und A’B’ gleich lang ( AB A' B' ) Satz 1: Isometrien der Ebene mit mindestens einem Fixpunkt Ist eine Isometrie der Ebene und () ein Fixpunkt von : (()) = () Dann gilt: Entweder ist eine Drehung um () um einen Winkel mit 0< < 360° Oder ist eine Spiegelung an einer Gerade durch () Oder = id (Beweis!) Solche Abbildungen überführen Geraden. Isometrien sind deshalb geradentreue Abbildungen Satz 2: alle Isometrien der Ebene Jede Isometrie der Ebene ist eine Hintereinanderschachtelung von einer Translation und einer Isometrie, die einen Fixpunkt festhält 1.2. Isometrien der Ebene 1.3. Kongruenzabbildungen des Raums GM3 Satz 3: Ist A B, so gibt es genau 2 Isometrien 1und 2 , die A auf A’ und B auf B’ abbilden und die sich nur durch eine Geradenspiegelung an der Gerade g’ = A’B’ unterscheiden Satz 4: a) eine Isometrie der Ebne auf sich ist eindeutig festgelegt durch die Bilder dreier nicht kollinearer Punkte b) Eine Isometrie der Ebene auf sich mit drei nicht kollinearen Fixpunkten ist die Identität Satz 5: a) Jede Isometrie der Ebene auf sich ist darstellbar als Produkt von höchstens 3 Geradenspiegelungen b) Jedes Produkt von endlich vielen Geradenspiegelungen ist eine Isometrie c) Jedes Produkt von beliebig vielen Geradenspiegelungen lässt sich darstellen mit höchstens 3 Geradenspiegelungen GM4 Satz 6: Sein () ein Punkt im Raum und eine Isometrie des Raumes, die () als Fixpunkt hat. Dann gilt: Entweder ist eine Drehung um eine Achse durch () um einen Winkel mit 0°<<360° Oder ist die Punktspiegelung S () am Punkt() Oder ist eine Spiegelung an einer Ebene durch () Oder ist eine Hintereinanderschachtelung von S () und einer Drehung um eine Achse um () mit einem von 0° und 180° verschiedenen Drehwinkel Oder = id (Kein Beweis!) Satz 7: alle Isometrien im Raum Jede Isometrie der Ebene ist eine Hintereinanderschachtelung von einer Translation und einer Isometrie, die einen Fixpunkt festhält 1.4. Gruppen GM5 Def.: Eine Verknüpfung auf einer Menge M ist eine Abbildung, die zwei Elementen von M wieder ein Element von M zuordnet : M M M. (x,y) x y M Beispiele assoziativer Verknüpfungen : M = Menge aller Abbildungen einer Menge A auf sich selbst Addition als Verknüpfung (in N) Multiplikation als Verknüpfung (in N) (ii) Für jedes Element g G gibt es ein Element sodass g g 1 g 1 Satz 8: (Iso, ) ist eine Gruppe, die Isometrie-(Kongruenz-) Gruppe der Ebene (bzw. des Raumes) auf sich: sie heisst auch die Bewegungsgruppe der Ebene (bzw. des Raumes) 1 . Satz 9: Die Kongruenz von Figuren ist eine Äquivalenzrelation. D.h. es gilt: 1. Reflexivität: F1 F2 (jede Gruppe ist kongruent zu sich selbst) g=g g 1 G, GM6 Def.: Iso = Menge aller Isometrien der Ebene (bzw. des Raumes) Das Neutralelement ist die Identität, die zu inverse Abbildung ist Die Gruppe ist nicht kommutativ. Def.: Eine Gruppe (G, ) ist eine Menge G zusammen mit einer assoziativen Verknüpfung : G G G sodass gilt: (i) Es gibt ein Element e G, sodass für alle g G gilt: g e = e e ist das Neutralelement von G 1.4. Gruppen (Eigenschaften von Gruppen) Def.: g e , inverse Element 2. Symmetrie: F1 F2 F2 F1 3. Transivität: F1 F2 und F2 F3 F1 F3 Ist eine Teilmenge der Ebene (bzw. des Raumes), dann bezeichnet Iso(M) die Menge aller Isometrien von M auf sich selbst, also die Symmetrie von M. M kann auch auf die ganze Ebene (bzw. der ganze Raum) sein: Iso Die Gruppe (G, ) heisst kommutativ oder Abelsch, wenn gilt: g h = h g für alle g, h G 1.4. Gruppen Struktur von Iso(M): GM7 - Sind , Iso(M), dann auch - Jedes Iso(M) ist bijektiv, und Def.: Sei (G, ) eine Gruppe. Eine Teilmenge H von G heisst Untergruppe von (G, E H, g h H für alle g, h H, g 1 Iso(M) 1 Iso(M) 1.5. Dreispiegelungssatz Satz 10A: Dreispiegelungssatz Ein Produkt von drei Geradenspiegelungen, wobei die Geraden entweder parallel sind oder genau einen Schnittpunkt besitzen (kopunktal), ist eine Spiegelung. Gilt für die drei Geraden g, h, k: Entweder g // h // k oder g h k = {A} dann gibt es eine Gerade m, sodass gilt: S g Sh Sk Sm ), wenn folgendes gilt: H für alle g H Satz 10: (Iso(M), ) ist eine Untergruppe von (Iso, ). Iso(M) nennt man auch die volle Symmetriegruppe von M GM8 Orientierte Geraden: Def.: Zwei parallele Geraden g und h heissen gleichorientiert, wenn folgendes gilt: Seien A, B g und A B die Orientierung von g und sei C D die Orientierung von h. Sei nun k die Transversale, die g in A und h in C schneidet. Liegen B und D in derselben Halbebene von k, dann sind die parallelen Geraden g und h gleichorientiert 1.5. Dreispiegelungssatz GM9 Satz 10B: g, h, k, m seien vier parallele oder kopunktuale Geraden, die nach Satz 10A die Gleichung erfüllen: Sh S g Sk Sm a) Ist g h k m = {A}, so ist der Winkel zwischen g und h gleich dem Winkel zwischen m und k 1.5. Dreispiegelungssatz GM10 - ungleichsinnige Isometrien: Produkte einer ungeraden Anzahl Spiegelungen (Umwendung) - gleichsinnige Isometrien: Produkte einer geraden Anzahl Spiegelungen (echte Bewegung) Satz 12: Die Menge der gleichsinnigen Kongruenzabbildungen bilden bezüglich der Verknüpfung eine Untergruppe von (Iso, ) b) Ist g // h // k // m und ist s eine Senkrechte zu diesen Geraden, die g in A, h in B, k in D schneidet, so sind die Vektoren AB und CD gleichorientiert und kongruent Satz 11: Ein Produkt von vier Geradenspiegelungen ist stets darstellbar als Produkt von genau zwei Geradenspiegelungen. Also ist jedes Produkt einer geraden Anzahl Spiegelungen mit Hilfe von genau zwei Spiegelungen darstellbar 1.6. Die 5 Typen von Isometrien GM11 1.6A. Geradenspiegelung GM12 Wichtigste Eigenschaften von Geradenspiegelung S g : A: Geradenspiegelung: Auf dieser Abbildung bauen wir unsere Geometrie auf 1. Zu zwei Punkten P und Q gibt es genau eine Geradenspiegelung, die P auf Q abbildet Die Spiegelungsachse ist die Mittelsenkrechte von PQ 2. Die Geradenspiegelung ist eine involutorische Abbildung, d.h. sie ist zu sich selber invers: S g S g id 3. Jeder Punkt von g ist Fixpunkt 4. Jede zu g senkrechte Gerade ist Fixgerade. Für P g liegt der Bildpunkt P’ auf der anderen Seite von g. Die Verbindungsgerade von PP’ steht senkrecht zu g, ist also Fixgerade 5. Eine geschlossene Figur und ihr Bild haben entgegengesetzten Umlaufsinn B: Punktspiegelung: Die beiden Spiegelungsachsen schneiden sich senkrecht C: Drehung: Die beiden Spiegelungsachsen schneiden sich unter einem beliebigen Winkel D: Translation (Parallelverschiebung) E: Schubspiegelung: (Gleitspiegelung): Verschiebung und Spiegelung erhält man genau dann, wenn drei Geradenspiegelungen nicht durch eine ersetzt werden können 1.6B. Punktspiegelung Def.: GM13 Eine Abbildung S M der Ebene auf sich heisst Punktspiegelung, wenn sie genau einen Fixpunkt M besitzt und jedem Punkt P den Bildpunkt P’ zuordnet, dass die Strecke PP' von M halbiert wird. M heisst Zentrum der Punktspiegelung 1.6B. Punktspiegelung Die wichtigsten Eigenschaften der Punktspiegelungen S M Satz 12: Geradenspiegelung und Punktspiegelung Stehen zwei Geraden g und h senkrecht aufeinander mit Schnittpunkt M, so gilt: S g Sh SM 1. Zu zwei Punkten P und Q gibt es genau eine Punktspiegelung, die P auf Q abbildet 2. Die Punktspiegelung ist eine involutorische Abbildung 3. In einem Spiegelprodukt S h S g sind die beiden Achsen genau dann vertauschbar, wenn g=h oder gh S h S g S g S h g h oder g h Umgekehrt ist jede Punktspiegelung darstellbar als Produkt zweier Geradenspiegelungen an zueinander senkrechten Achsen 1.6C. Rotation (Drehung) GM15 Eine Abbildung R M , der Ebene auf sich heisst Rotation (Drehung), wenn sie einen Def.: GM14 4. Jede Gerade durch das Zentrum M ist Fixgerade. Eine beliebige Gerade g wird auf eine zu g parallel Gerade g’ 5. Die Punktspiegelung als Produkt zweier Geradenspiegelungen ist eine gleichsinnige Isometrie 6. Bei einer Punktspiegelung sind eine Gerade und ihr Bild entgegengesetzt orientiert 1.6D. Translation (Parallelverschiebung) Def.: GM16 Eine Abbildung der Ebene auf sich heisst Translation (Parallelenverschiebung), wenn für alle P der Ebene und ihre Bildpunkte P’ gilt: alle Vektoren PP ' sind kongruent und gleichorientiert Fixpunkt M besitzt und wenn für jeden von M verschiedenen Punkt P und sein Bild P’ gilt: MP=MP’ und (PMP’)= Bezeichnung: Translation PP ' = v : T Satz 14: Rotation und Geradenspiegelung a) Das Produkt zweier Spiegelungen, deren Achsen g und h sich in einem Punkt M schneiden, ist eine Drehung um M, deren Drehwinkel gleich dem doppelten Schnittwinkel der beiden Achsen ist. Ist gh = {M} und (g,h)=, dann gilt: S h S g RM ,2 b) Jede Drehung ist darstellbar als Produkt zweier Spiegelungen, deren Achsen sich im Drehpunkt unter dem halben Drehwinkel als Schnittwinkel schneiden 1. 2. 3. 4. Jede Rotation ist eine Isometrie (geraden-, winkel-, längentreu) Jede Rotation mit Drehwinkel 0° besitzt genau einen Fixpunkt Eine Rotation mit 0°, 180° besitzt keine Fixgerade Die Rotation R M , inverse Abbildung ist wieder eine Rotation um M aber um den Winkel - ( RM , ) 1 RM , v Spezialfall: v 0 : T id v Satz 15: Zu zwei Punkten A und B gibt es genau eine Translation, die A auf B abbildet: sie ist gegeben durch den Vektor AB v Satz 16: Translation und Geradenspiegelung a) Das Produkt zweier Spiegelungen an parallelen Geraden g und h ist eine Translation um den doppelten Abstandsvektor von g und h Ist g//h und d der Abstandsvektor von g und h, dann gilt: S h S g T 2d b) Jede Translation um einen Vektor v ist darstellbar als ein Produkt zweier Geradenspiegelungen, deren Achsen parallel sind und deren Abstandvektor 1 v beträgt 2 1.6D. Translation (Parallelverschiebung) GM17 Def.: Die wichtigsten Eigenschaften der Translation: GM18 Eine Abbildung der Ebene auf sich heisst Schubspiegelung (Gleitspiegelung) genau dann, wenn sie aus einer Spiegelung an einer Gerade r und einer Translation um v 1. Jede Translation ist eine Isometrie (geradentreu, winkeltreu, längentreu) 2. Eine Translation, die nicht die Identität ist, hat keinen Fixpunkt 3. Bei einer Translation werden Geraden auf parallele Geraden abgebildet 4. Geraden, deren Richtung parallel zum Translationsvektor verlaufen, sind Fixgeraden 5. Die zur Translation inverse Abbildung ist wieder eine Translation; (T ) 1 T 6. 1.6E. Schubspiegelung (Gleitspiegelung) zusammengesetzt wird, wobei v // r Bezeichnung: S r ,v v v Eine bijektive Abbildung der Ebene auf sich, die jede Gerade auf eine parallele Gerade abbildet und die keinen Fixpunkt besitzt, ist eine Translation Satz 17: Translation und Punktspiegelung Satz 18: Ein Produkt aus drei Geradenspiegelungen, das nicht als einzige Geradenspiegelung ersetzt werden kann, ist eine Schubspiegelung S r ,v Sie ist darstellbar als Spiegelungsprodukt S r ,v = S r S q S p Speziell: Eine reine Geradenspiegelung ist auch eine Schubspiegelung mit v 0 Eine Geradenspiegelung nennt man auch uneigentliche Schubspiegelung Ist v 0 , so spricht man von einer eigentlichen Schubspiegelung Damit ist jede ungleichsinnige Isometrie eine Schubspiegelung a) Das Produkt zweier Punktspiegelungen ist eine Translation; S N S M T mit v 2 MN v b) Jede Translation ist darstellbar als ein Produkt zweier Punktspiegelungen; MN 1.6E. Schubspiegelung (Gleitspiegelung) 1 v 2 GM19 Die wichtigsten Eigenschaften der Schubspiegelung S r ,v : 1. Jede Schubspiegelung ist eine Isometrie (geradentreu, längentreu, winkeltreu) 2. Eine eigentliche Schubspiegelung besitzt keinen Fixpunkt 3. Die Schubspiegelgerade ist eine Fixgerade 4. Achsenparallele Geraden werden auf gleichorientierte parallele Geraden abgebildet 5. Zur Achse senkrechte Geraden werden um v verschoben und entgegengesetzt orientiert 6. Bei S r ,v sind die Spiegelung an r und die Translation um v vertauschbar 7. Liegt der Punkt P nicht auf der Spiegelachse und ist P’ sein Bild bei der Schubspiegelung, so wird die Strecke PP’ von der Spiegelachse halbiert 8. Ist S r ,v = S r T , dann ist die Inverse (S v r ,v ) 1 T v Sr . GM . GM . GM . GM . GM . GM . GM . GM . GM