(369) 29 Die 1. Nebengruppe (Münzmetalle) Valenzelektronenkonfiguration (n-1)d10ns1, n = 4,5,6 Schematische Darstellung der relativen Energie der (n-1)d10ns1-Elektronen der Elemente der 1. NG und der (n-1)s2p6ns1 - Elektronen der 1. HG. E 1. NG 1. HG ns1 ns1 (n-1)d10 (n-1)p6 (n-1)s2 Die Gemeinsamkeiten zwischen den Münzmetallen (1. NG) und den Alkalimetallen (1. HG) sind nahezu gänzlich auf die Stöchiometrie der Verbindungen in der Oxidationszahl +I beschränkt. Die Gründe dafür sind leicht auszumachen. Eine gefüllte d-Schale kann ein s-Außenelektron gegenüber der Anziehung durch den Atomkern weit weniger effektiv abschirmen als eine gefüllte p-Schale. Folglich sind die 1. IE der Münzmetalle wesentlich höher und ihre Ionenradien kleiner als die der entsprechenden Alkalimetalle. Die Münzmetalle zeigen höhere Schmelzpunkte, sind härter, schwerer, weniger reaktionsfähig und ihre Verbindungen haben stärker kovalenten Charakter. Auch stehen die Alkalimetalle in der Spannungsreihe am oberen Ende (unedle Metalle), während die Münzmetalle am unteren Ende rangieren (edle Metalle). Eine gefüllte d-Schale kann andererseits leichter aufgebrochen werden als eine gefüllte p-Schale (Edelgaskonfiguration); die 2. und 3. IE der Münzmetalle liegen daher niedriger als diejenigen der Alkalimetalle, so dass sie auch in Oxidationszahlen größer als 1 auftreten können. Auch bilden die Münzmetalle bereitwilliger Koordinationsverbindungen; kurz: bei Cu, Ag und Au handelt es sich um Übergangsmetalle, was bei den Alkalimetallen nicht der Fall ist. Die einzelnen Münzmetalle unterscheiden sich stärker untereinander als die Elemente jeder der übrigen Nebengruppen. Die geläufigsten Oxidationszahlen, besonders in wässriger Lösung sind +II bei Cu, +I bei Ag und +III bei Au. Dies stimmt mit den IE überein. Silber hat die niedrigste 1. IE, während die Summe der 1. und 2. IE bei Cu am geringsten ist und die Summe der 1., 2. und 3. IE bei Au. Das Cu(II)-Ion ist kleiner als Cu(I) - Ion und tritt aufgrund der doppelt so hohen positiven Ladung stärker mit H2O-Molekülen in Wechselwirkung (die Hydratationswärmen betragen -2100 bzw. -580 kJ/mol). Trotz der stabilen d10-Konfiguration von Cu(I) ist diese Differenz offenbar groß genug, um die 2.IE des Kupfers auszugleichen, so dass Cu(II) in wässriger Lösung (und in ionischen Feststoffen) beständiger ist als Cu(I). Beim Silber sind jedoch beide Ionenradien wesentlich größer, weshalb die Differenz der Hydratationswärmen entsprechend geringer ausfällt; außerdem ist die 2. IE hier noch größer als beim Kupfer. Aus den genannten Gründen ist daher das Ion AgI mit der d10-Konfiguration das stabilere. Offensichtlich wirkt sich beim Gold die Lanthanoidenkontraktion weit weniger stark aus als in der vorhergehenden Gruppe, denn die Ionenradien von Au sind erheblich größer als diejenigen von Silber. Daher lässt sich das dritte Elektron aus einem Au-Atom leichter entfernen, was zusammen mit der hohen LFSE für quadratisch planare d 8-Ionen (siehe unten) bewirkt, dass Gold die Oxidationszahl +III bevorzugt. (370) E°M/M+[V] MX +I, +II , +3 +0,52 Ag +I , +II, +III +0,80 Au +I, +III +1,69 Halogenide und Pseudohalogenide besitzen hohe kovalente Bindungsanteile, große Ug, schwer löslich Münzmetalle Oxidationsstufen Cu edler Charakter KomplexVerbindungen +I lineare und tetraedrische, +II verzerrt oktaedrische, und +III quadratisch planare Koordination In allen Oxidationsstufen bilden die Münzmetalle Komplexverbindungen. Typisch für die Oxidationsstufe +I ist die ungewöhnliche lineare Koordination, bei Cu(I) die tetraedrische Koordinationsgeometrie, für die Oxidationsstufe +II die verzerrt oktaedrische und für die Oxidationsstufe +III die quadratisch-planare Koordination. Lineare zweifache Koordination (Oxidationsstufe +I) Beispiel: Diamminsilber(I)-Komplex [H3N│ Ag │NH3]+ Ag(I) zeigt ebenso wie Au(I), Cu(I) und Ag(II) eine ausgeprägte Neigung, die lineare zweifache Koordination anzunehmen. Die Koordination dürfte durch den relativ geringen Energieunterschied zwischen den besetzten d-Bahnfunktionen und der unbesetzten s-Funktion {4d, 5s für Ag(I)} bedingt sein, der eine weitgehende Hybridisierung der dz2- und s-Funktionen erlaubt, wie es die untere Abbildung zeigt. Die zunächst im dz2-Zustand befindlichen Elektronen besetzen 1 und erzeugen so einen ringförmigen Bereich relativ hoher Elektronendichte, von dem die Liganden etwas abgestoßen werden, und Bereiche ober- und unterhalb dieses Ringes, in denen die Elektronendichte relativ niedrig ist und die Liganden angezogen werden. Durch weiteres Mischen von 2 mit dem pz- Zustand können zwei freie Hybridfunktionen 3 und 4 gebildet werden, die zur Bildung eines Paares linearer kovalenter (koordinativer) Bindungen z. B. mit zwei NH3-Molekülen geeignet sind. (371) Schematische Darstellung der Hybridorbitale aus einer besetzten 3dz2 und einer freien 4s-Bahnfunktion, und der Kombinationen 3 und 4, die aus 2 und einer freien 4pz-Funktion gebildet werden können. In jeder Darstellung ist die z-Achse senkrecht, und die tatsächliche Bahnfunktion ist durch die durch Drehung obiger Darstellung um die z-Achse erzeugte Figur charakterisiert: 1 3dz2 3 2 4s 2 pz Cu(I) bildet neben linearen auch tetraedrische Komplexe (z. B. [Cu(CN) 4]3-). In diesen Komplexen ist das Cu(I) sp3-hybridisiert. Bei AgI ist der Energieaufwand für eine sp3-Hybridisierung zu groß (Energiedifferenz zwischen s- und p-Orbitalen zu groß). Es wird mit CN- nur der lineare Komplex [Ag(CN)2]- gebildet. Verzerrt oktaedrische Koordination (Oxidationsstufe +II) Im Hexaaquakupfer(II)-Komplex, [Cu(H2O)6]2+, besetzen vier der 6 H2O-Liganden um das Cu2+-Zentrum die Ecken eines Quadrates. Die verbleibenden zwei weiteren H2O-Liganden sind oberhalb und unterhalb der quadratischen Ebene in größerem Abstand und schwächer gebunden und unter Bildung eines tetragonal verzerrten Oktaeders (tetragonal verzerrtes oktaedrisches Ligandenfeld) angeordnet. Diese Anordnung der Liganden ist energiegünstiger (also energieärmer) als in einem hochsymmetrischen oktaedrischen Ligandenfeld. Für das d9-Cu2+-Ion ergibt sich durch die tetragonale oktaedrische Verzerrung (Streckung) in +z- und -z-Richtung neben der LFSE im oktaedrischen Feld noch eine JahnTeller-Stabilisierungsenergie (JTSE): (372) Oktaedrisches Ligandenfeld für d9-Cu2+: D4h (tetragonal verzerrt, Streckung ) Oh (sym. Oktaeder) [Cu(H2O)6]2+ E eg(dz 2 , dx 2 - y2) - 3(6Dq) 6(-4Dq) t2g(dxy, dxz, dyz) LFSE: - 1 _ II 2 1 _ II 2 2 _ I 3 1 _ I 3 b1g (dx 2 - y2) a1g (dz 2 ) b2g (dxy) eg(dxz, dyz) -6Dq - 1_ II (JTSE) 2 -6Dq Verzerrung von Koordinationspolyedern mit einem Energiegewinn Jahn-Teller Effekt Quadratisch planare Koordination (Oxidationsstufe +III) [AuCl4]- Tetrachloroaurat(III)-Ion Cl Cl - Au Cl Cl Au3+ erzeugt als dreifach positiv geladenes 5d-Ion ein sehr starkes Ligandenfeld. Seine acht d-Elektronen erhalten in einem quadratisch-planaren Ligandenfeld einen energieärmeren Zustand als in einem oktaedrischen Ligandenfeld. (373) Ligandenfeldaufspaltung der d-Orbitale in quadratisch-planaren Komplexen oktaedrischen Ligandenfeld. Die Liganden sind durch gefüllte Kugeln dargestellt: ausgehend vom Entfernt man zwei trans-ständige Liganden im Oktaeder, so wird das dz2-Orbital wesentlich stabilisiert und die Entartung der t2g-Orbitale des Oktaeders aufgehoben. Die Energielücke zwischen dxy und dx2-y2Orbitale ist meist groß, so dass alle quadratisch-planaren Komplexe mit d8-Ionen low-spin Komplexe sind. Die Bildung quadratisch-planarer d8-Komplexe ist nur bei starken Ligandenfeldern (große Ligandenfeldstärkeparameter ) möglich. Die Ligandenfeldaufspaltung nimmt mit wachsender Ordnungszahl zu (3d<4d<5d). Infolgedessen zeigen das d8-Pd(II) und das d8-Pt(II) regelmäßig eine quadratisch-planare Koordination, wogegen das d8-Ni(II) als 3d-Ion gewöhnlich oktaedrisch koordiniert ist und nur mit sehr starken Liganden quadratisch-planare Komplexe bildet ([Ni(CN)4]2-). Koordinationsgeometrie 8 d Ligandenfeldaufspaltung quadratisch-planar oktaedrisch [Ni(NH3)6]2+ Ni2+ 3d [Ni(CN)4]2- Pd2+ 4d [PdCl4]2- Pt2+ 5d [Pt(NH3)4]2+ (374) 29.1 Kupfer Cu(II)-Verbindungen Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat CuSO4 . 5 H2O oder [Cu(H2O)4]SO4 . H2O, blau Das Cu2+ koordiniert im festen Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat neben vier planar angeordneten O-Atomen von vier H2O-Molekülen noch zwei O-Atome von zwei SO4-Ionen in axialer Stellung. Das fünfte H2OMolekül sitzt über H-Brücken an einem Sulfat-Ion. Darstellung: Auflösen von Cu in heißer verd. H2SO4 bei Luftzutritt Cu + 1 2 O2 + H2SO4 Entwässerung: CuSO4 . 5 H2O blau 130oC -4H2O CuSO4 + H2O CuSO4 . H2O 250oC -H2O CuSO4 weiß CuSO4 ist weiß und nimmt unter Blaufärbung leicht wieder H2O auf (Nachweis kleiner Mengen H2O z. B. im Alkohol). Kupfersulfat reagiert in Wasser sauer, da Kupfer(II)-hydroxid eine schwache Base ist. CuSO4 . 5H2O Lösen in H2O [Cu(H2O)6]2+ + [SO4 . aq]2[Cu(OH)H2O)5]+ + H3O+ pH einer 0,1 molaren Lösung 3 [Cu(H2O)6]2+ + H2O Kupfer(II)-hydroxid Cu2+ + 2OHCu(OH)2 hellblau schwach amphoterer Charakter (löst sich in starken Basen): Cu(OH)2 + 2OH- [Cu(OH)4]2Tetrahydroxocuprat(II)-Komplex Bis(tartrato)cuprat(II)-Komplex Bei Gegenwart von Kaliumnatriumtartrat KNaC4H4O6, einem Salz der Weinsäure C4H6O6, werden Kupfer(II)-Salze durch Alkalilaugen nicht gefällt, es entsteht in diesem Falle eine tiefblaue Lösung, in welcher der Bis(tartrato)cuprat(II)-Komplex mit quadratisch-planar koordiniertem Kupfer vorliegt: (375) 4- 2[C4H4O6]2- + Cu2+ + 2OH - O C H C O H O H C O O C O Cu O C O O C H O H O C H C O + 2H2O löslicher tiefblauer Cu(II)-Komplex Unter dem Namen „Fehlingsche Lösung“ (Fehling, 1850) dienen derartige alkalische Kupfersalzlösungen zum qualitativen und quantitativen Nachweis „reduzierender Zucker“ und Aldehyde z. B. im Harn. Da eine „Fehlingsche Lösung“ nicht über längere Zeit haltbar ist, wird sie frisch durch Zusammengeben äquivalenter Mengen einer Lösung von 70 g CuSO4 . 5H2O im Liter Wasser (Fehling I) und einer Lösung von 340 g Kaliumnatriumtartrat mit 100 g NaOH/l Wasser (Fehling II) dargestellt. In Gegenwart von reduzierenden Verbindungen erfolgt in der Wärme Reduktion zu schwerlöslichem Kupfer(I)-oxid, Cu2O, das in Form eines ziegelroten Niederschlages (anfänglich gelb) ausfällt. Versuch: Nachweis von D-Glucose O H O OH H C C H HO H H OH H OH O- + 2Cu2+ + 5OH- Cu2O * ziegelrot HO + OH H H OH H OH + 3H2O CH2OH CH2OH D- Gluconat D- Glucose Die verwickelte Reaktion zwischen Fehlingscher Lösung und „reduzierenden Zuckern“ verläuft nicht stöchiometrisch, weshalb für quantitative Bestimmungen eine Eichung notwendig ist. * Versetzt man Kupfer(I)-Salzlösungen mit Alkalilauge, so entsteht ein gelber Niederschlag von Kupfer(I)-oxid, der beim Erwärmen in gröberkristallines rotes übergeht. 2Cu+ + 2OH- (2CuOH) Cu2O + H2O Abscheidung von Cu aus Cu2+-Lösungen mit unedlen Metallen Ist Fe für diese Reduktion geeignet? Redoxpaare aus der Reihe der Standardredoxpotentiale (Eo) (Spannungsreihe) Reduzierte Form Fe Cu Oxidierte Form Fe2+ Cu2+ + ne+ 2e+ 2e- Eo (V) - 0,41 +0,34 (376) Stehen in der Spannungsreihe die Redoxpaare mit dem negativen Eo oben und die mit dem positiven unten gilt folgende Regel: Red1 Ox1 + ne- E10 Red2 Ox2 + ne- E20 Die reduzierte Form 1 kann Elektronen an die oxidierte Form 2 abgeben, nicht aber die reduzierte Form 2 an die oxidierte Form 1. Es läuft folgende Reaktion ab: Red1 + Ox2 Ox1 + Red2 Faustregel: Es reagieren Stoffe links oben mit Stoffen rechts unten (vergl. Kapitel 19 Redoxgleichgewichte). Beachte: Die Voraussage geschieht nur aufgrund der Standardredoxpotentiale (Standardbedingungen für E°(Cu/Cu2+) - ein Cu-Stab taucht in eine 1-molare Cu2+-Lösung) und ist nur für solche Konzentrationsverhältnisse anwendbar, die wenige Zehnerpotenzen von der Standardkonzentration abweichen. Das Redoxpotential E eines Redoxpaares, bei dem die Konzentrationen der oxidierten und reduzierten Form von den Standardbedingungen mehrere Zehnerpotenzen abweichen (schwerlösliche Verbindungen, Komplexverbindungen), kann mit der Nernstschen Gleichung berechnet werden (vergl. Kapitel 19.2 Die Konzentrationsabhängigkeit des Redoxpotentials E). E = Eo + c(Ox) 0,059 lg n c(Red) n: Zahl der abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen Fe und Cu2+ stehen in der richtigen Schrägbeziehung zueinander (links oben kann rechts unten reduzieren). Versuch: Fe-Nagel + Cu2+ Cu + Fe2+ Die Differenz zwischen den Standardredoxpotentialen von Eo(Cu/Cu2+) und Eo(Fe/Fe2+) beträgt: Eo = Eo (Cu/Cu2+) - Eo (Fe/Fe2+) = 0,34 V - (-0,41 V) = 0,75 V Über die Beziehung Go = - zFEo lässt sich eine negative freie Standardreaktionsenthalpie berechnen. Der Wert für die Gleichgewichtskonstante K dieser Redoxreaktion ergibt sich nach Go = - RTlnK. Cu(I)-Verbindungen In Wasser lösliche Cu(I)-Verbindungen disproportionieren in Cu2+-Ionen und Cu. Die treibende Kraft für diese Reaktion ist die große Hydratationsenthalpie für das Cu2+-Ion. H2O Cu2SO4 Cu2+ + SO42- + Cu (377) Die Disproportionierung von Cu+ in Wasser ergibt sich aus der Spannungsreihe: Eo(V) Cu+ Cu2+ + e- +0,15 Cu Cu+ + e- +0,52 Eine Disproportionierung von Teilchen erfolgt, wenn das Redoxpotential für die Reduktion zum nächstniedrigeren Oxidationszustand positiver ist als das Redoxpotential für die Oxidation zum nächsthöheren Oxidationszustand. oder: Cu+ ist sein eigenes Reduktions- und Oxidationsmittel. In diesem Sinne muss auch wieder obige Regel gelten: Stoffe links oben reagieren mit Stoffen rechts unten. Diese Bedingung ist für Cu + erfüllt, folglich disproportioniert es in Wasser gemäß: Cu + Cu2+ Cu+ + Cu+ Eo = Eo (Cu/Cu+) - Eo (Cu/Cu2+) = (0,52 - 0,15) V = 0,37 V Über die freie Reaktionsenthalpie G ergibt sich für K ein Wert von 106. Cu+ disproportioniert nahezu vollständig. Besitzt eine Element mehrere Oxidationsstufen, kann das Redoxverhalten übersichtlich in einem Potentialdiagramm dargestellt werden: 0,34V Cu+ Cu 0,52V Cu2+ 0,15V Schwerlösliche Kupfer(I)-Verbindungen (Cu2O, CuI, CuCN, Cu2S) sind in wässerigen Lösungen beständig und disproportionieren nicht. Sie sind ein Beispiel für den Einfluss der Löslichkeit auf das Redoxpotential. Kupfer(II)-chlorid und Kupfer(II)-bromid sind in Wasser gut löslich und bilden in Abhängigkeit von der Halogenidionenkonzentration unterschiedlich gefärbte Cu(II)-Komplexe. Kupfer(II)-iodid ist in Wasser nicht stabil. Die Iodidionen reduzieren Cu2+-Ionen zu schwerlöslichem CuI (Versuch): Cu2+ + 2I- CuI + 21 I2 weiß bräunlich bräunlich-weißer Niederschlag Mit Hilfe von Iodid-Ionen kann Cu2+ quantitativ bestimmt werden (Iodometrie). Das bei der Reduktion von Cu2+ gebildete Iod wird durch Titration mit Thiosulfat bestimmt. Aus der Abfolge der Standardredoxpotentiale der für diese Redoxreaktion zu berücksichtigenden Redoxpaare ergeben sich folgende Fragen: Warum kann I- Cu2+ reduzieren (es besteht nicht die oben geforderte Schrägbeziehung)? Und warum disproportioniert Cu+ nicht? (378) Cu+ Cu 2I- Eo 0,15 V 0,52 V 0,54 V Cu2+ + eCu+ + eI2 + 2e- Antwort: Die Schwerlöslichkeit von Kupfer(I)-iodid verringert die Konzentration der Cu+-Ionen in der Lösung um mehrere Zehnerpotenzen. Dadurch weichen die Redoxpotentiale für die Redoxpaare Cu+/Cu2+ und Cu/Cu+ stark von den Standardredoxpotentialen ab. Das Redoxpotential für Cu+/Cu2+ wird positiver als das für 2I-/I2 und auch positiver als das für Cu/Cu+. Berechnung von Eo (Cu+/Cu2+) mit willkürlichen Konzentration für Cu2+ und I-: 0,059 c(Ox) E = Eo + ____________ lg __________ n c(Red) c(Cu2+) + 2+ + 2+ E(Cu /Cu ) = E° (Cu /Cu ) + 0,059 lg c(Cu+) Lp(CuI) (Löslichkeitsprodukt) = c(Cu+) · c(I-) = 5 · 10-12 mol2/l2 c(Cu+) = 5 · 10-12 mol2/l2 _____________________ - , c(I ) c(I-) = 5 · 10-2 mol/l c(Cu2+) · c(I-) + 2+ + 2+ E (Cu /Cu ) = E°(Cu /Cu ) + 0,059 lg _____________________ -12 2 2 5 · 10 mol /l E°(Cu+/Cu2+) = 0,15 V, c(Cu2+) 10-2 mol/l c(I-) 5 · 10-2 mol/l beide Konzentrationen willkürlich gewählt 10-2 mol/l · 5 · 10-2 mol/l + 2+ E(Cu /Cu ) = 0,15 + 0,059 lg ___________________________________ -12 2 2 5 · 10 mol /l E°(Cu/Cu2+) 0,62 V > E°(2I-/I2) = 0,54 V Für das Redoxpotential E(Cu/Cu+) ergibt sich 0,54 V. Es ergibt sich folgende Reihe der Redoxpotentiale: Cu 2I 2Cu+ E° Cu + 0,04V I2 + 2e 0,54V Cu2+ + 2e- 0,63V + e- (379) Iodid reduziert Cu2+ zu Cu+ und wird selber zum I2 oxidiert. Cu+ disproportioniert nicht (es besteht nicht die geforderte Schrägbeziehung oben links unten rechts, sondern oben rechts unten links). Vorkommen Kupferkies Kupferglanz Rotkupfererz Malachit +I+III CuFeS2 (50 % aller Kupfervorkommen) Cu2S Cu2O Cu2CO3(OH)2 Die gegenwärtige Kupferversorgung wird aus mageren Erzen (Cu-Gehalt etwa 1%) und Cu-Schrott bestritten. Gewinnung Nach der Anreicherung von Kupferkies wird zunächst durch Rösten der größte Teil des Eisens in Oxid überführt und durch SiO2-haltige Zuschläge zu Eisensilicat verschlackt. Die Schlacke kann flüssig abgezogen werden. FeS + 3 O + SiO2 2 2 FeSiO3 + SO2 Aus dem verbleibenden Cu2S wird in Konvertern durch Einblasen von Luft das Rohkupfer erhalten. Gesamtreaktion 2Cu2S + 3O2 2Cu2O + 2SO2 H = -767 kJ/mol (Garblasen) Cu2S + 2Cu2O 6Cu + SO2 H = +115 kJ/mol ____________________________________________________ 3Cu2S + 3O2 6Cu + SO2 H = -652 kJ/mol Das gebildete Cu2O setzt sich mit einem Drittel des Cu2S zum Kupfer um. Das Rohkupfer wird elektrolytisch gereinigt. (380) Elektrolytische Cu- Raffination (Schema): Kathode Anode Rohkupferblock (89-99%) Raffinatkupferblech (99,95%) H2SO4-saure CuSO4-Lösung wertvoller Anodenschlamm (Metalle, die edler als Cu sind: Ag, Au, Platinmetalle) Anode: Cu Cu2+ + 2e- Kathode: Cu2+ + 2e- Cu (Raffinatkupfer) und unedlere Metalle als Kupfer (Zn, Fe, Ni) gehen in Lösung An der Luft oxidiert Kupfer oberflächlich langsam zu rotem Kupfer(I)-oxid Cu2O, das an der Oberfläche fest haftet und dem Kupfer die bekannte rote Kupferfarbe verleiht (die also gar nicht die eigentliche Farbe des „hellroten“ Metalls selbst ist). 2Cu + 1 2 O2 Cu2O Entfernung der Cu2O-Schicht durch Reduktion mit Methanol-Versuch: +I -II Cu2O + H3C-OH 0 0 2Cu + H2C=O + H2O Bei Gegenwart von Kohlendioxid (in Städten), von Schwefeldioxid (in Industrienähe) oder von chloridhaltigen Sprühnebeln (an der Küste) bildet sich auf dem Kupfer allmählich ein Überzug von grünem basischem Carbonat CuCO3 · Cu(OH)2, basischem Sulfat CuSO4 . Cu(OH)2 oder basischem Chlorid CuCl2 . 3Cu(OH)2, den man als „Patina“ bezeichnet und der das darunter liegende Metall vor weiterer Zerstörung schützt. Das bei der Einwirkung von Essigsäuredämpfen auf Kupferplatten entstehende Kupferacetat ist unter dem Namen „Grünspan“ bekannt. Seiner Stellung in der Spannungsreihe entsprechend wird das Halbedelmetall Kupfer (ohne Wasserstoffentwicklung !) nur von oxidierenden Säuren (z. B. HNO3, Eo = 0,959 V), nicht dagegen - bei Abwesenheit von Sauerstoff - von nichtoxidierenden Säuren (z. B. HCl; Eo = 0V) gelöst: (381) 3Cu(NO3)2 + 2NO + 4H2O 3Cu + 8HNO3 (halbkonz.) Verwendung Nach Fe und Al ist Cu das wichtigste Gebrauchsmetall. - Elektroindustrie, Wärmeaustauscher (Cu nach Ag die höchste elektrische und thermische Leitfähigkeit) - Schiffbau, chemischer Apparatebau (wegen der guten Korrosionsbeständigkeit) - Legierungen Cu-Zn-Legierungen (Weiß-, 50-80% Gelb-, 20-50 % Rot-Messing) > 20 % Zn Versuch: „Verwandlung von Kupfer in Silber und Gold“ a) Zn-Staub wird in der Wärme mit {c (NaOH) = 4 mol/l} Natronlauge versetzt Zn + 2H2O + 2OH- [Zn(OH)4]2- + H2 Zink geht aufgrund des amphoteren Charakters von Zn(OH)2 durch Alkalilaugen unter H2-Entwicklung in Lösung. b) Die Kupfermünze wird mit dem aktivierten Zn-Staub in Berührung gebracht und überzieht sich mit einer Zn-Schicht. Nach dem Blankpolieren erhält man eine „Silbermünze“. Zink und Kupfer bilden ein Lokalelement. Es kommt zu einem Elektronenfluss vom unedlen zum edleren Metall (Zn-Lokalanode Cu-Lokalkathode). An der Lokalkathode (Cu) werden die Kationen aus der Lösung entladen, die das positivste Redoxpotential besitzen. In der stark alkalischen Lösung sind das die Zn2+-Ionen {E(Zn/Zn2+) > E(H2/2H3O+)} Lokalanode (Zn): Zn + 4OH - [Zn(OH)4]2 - + 2e - Lokalkathode (Cu): Zn2+ + 2e - Zn c) Aus der „Silbermünze“ erhält man in der Bunsenbrennerflamme eine „Goldmünze“. (Der Zn-Überzug legiert mit den darunter liegenden Cu-Schichten zu Messing). Bronzen: Legierungen mit weniger als 40 % Sn (Zinnbronzen) oder anderen Metallen außer Zn (Pb, Al, Ni, Si, P....). Phosphorbronze für Achsenlager 7 % Sn +0,5 % P, Siliciumbronze für Oberleitungsdrähte und Schleifkontakte (Straßenbahnen), 1-2 % Si (besonders widerstandsfähige Bronze, elektrische Leitfähigkeit wird wenig verändert, das Material aber besonders fest, hart und widerstandsfähig), Nickelbronze (Konstantan) 40 % Ni, elektrischer Widerstand fast unabhängig von der Temperatur. Physiologische Eigenschaften Cu-Verbindungen stellen für niedere Organismen (Algen, Kleinpilze, Bakterien) bereits in geringen Mengen ein starkes Gift dar. (382) Kupfer ist in Form von Kupfer-Ionen für den Menschen und höhere Tiere ein essentielles Spurenelement. Es wird für den Aufbau von Kupferproteinen mit Enzymfunktion benötigt (z. B. Cu, Zn-SuperoxidDismutase, siehe unten). Weichtiere und Krebse benötigen Kupfer für den Aufbau von Cu-haltigem Hämocyanin als Atmungskatalysator (anstelle von Hämoglobin) und Pflanzen für den Aufbau von Cu-haltigen Plastocyaninen als Förderer der Chlorophyllbildung. Cu, Zn-Superoxid-Dismutase (Cu, Zn- SOD) Die Cu, Zn-Superoxid-Dismutase (SOD) katalysiert die Disproportionierung („Dismutation“) von zelltoxischen Superoxid (Hyperoxid) O2- zu O2 und H2O2, worauf letzteres über Katalasen weiter disproportioniert ( O2 und H2O). Die Cu, Zn-SOD aus Erythrozyten enthält Kupfer und Zink verbrückt durch den deprotonierten Imidazolat-Ring eines Histidin-Restes (Abb. A). Die übrigen AminosäureLiganden sind 3 His (Cu) bzw. 2 His und 1 Asp- (Zn) wodurch eine durch H2O vorübergehend besetzte Koordinationsstelle für O2- am katalytisch aktiven Kupfer geschaffen wird ( quadratisch pyramidale Anordnung, vgl. Abb. C). Abb. A: Struktur des Dimetall-Zentrums von Cu, Zn-SOD aus Rindererythrozyten Der genaue Mechanismus der Dismutierung, insbesondere die Funktion des Zn2+ und des Imidazolates ist teilweise noch umstritten, wesentlich ist, dass das redoxaktive Metallzentrum (Cu) metastabiles Superoxid in der einen Form oxidieren, in einer anderen Oxidationsstufe hingegen reduzieren kann. Gemäß (Abb. B) und (Abb. C) wird vermutet, dass nach Oxidation des O2- zu O2 durch die Ausgangsform (1) das nun reduzierte Cu(I)-Zentrum durch ein Proton ersetzt werden kann und somit ein normaler Zn-Komplex (3) des Histidins resultiert. (383) Abb. B: Katalysezyklus für Cu, Zn-Superoxid-Dismutase Das koordinativ ungesättigte, aber noch im Protein verankerte Kupfer(I) kann durch ein Wasserstoffbrücken - koordiniertes Superoxid-Anion oxidiert werden (4), wobei das gebildete basische (Hydro-)Peroxid durch den Imidazol-Ring des Zink - koordinierten Histidins protoniert und so zu H2O2 umgesetzt wird. Triebkraft hierfür wäre unter anderem die Affinität von Kupfer(II) zum Imidazol-Rest des Histidins. Gesamtreaktion: -0,5 2 O2 - + 2H+ Cu,Zn-SOD -I 0 H2O2 + O2 (384) Abb. C: Schematische Darstellung des Hohlraumes der O2 - -Umsetzung in der Cu, Zn-SOD Die sehr rasche, nahezu diffusionskontrollierte Reaktion des Enzyms mit O2-, d. h. die erfolgreiche Umsetzung bei praktisch jeder Begegnung zwischen den Reaktanden, wird unter anderem dadurch gewährleistet, dass das kleine Monoanion O2- durch elektrostatische Wechselwirkungen über einen trichterförmigen Kanal ins Innere des Proteins „geleitet“ wird und dort zusätzlich durch die positiv geladene, Wasserstoffbrücken - anbietende Guanidiniumgruppe eines Arginin-Restes fixiert werden kann. 29.2 Silber Ag(I)-Verbindungen Potentialdiagramm: Ag 0,80 V Ag+ 1,98 V Ag2+ in H2O: [Ag(H2O)4]+ Ag2O + H2O braun Ag+ + 2OH- Isolierung von AgOH nicht möglich (vergl. Cu2O S. 375 und HgO S.399) Viele AgI-Salze sind schwer löslich und kristallisieren als wasserfreie Salze. AgNO3 gut löslich in H2O, Ausgangsprodukt für andere Silbersalze Darstellung: 3 Ag + 4HNO3 3AgNO3 + NO + 2H2O 50 % ige Salpetersäure (Scheidewasser, Ag kann von Au abgetrennt werden, da Au nicht von HNO3 angegriffen wird) Auf der Haut wirkt AgNO3 oxidierend und ätzend (Höllenstein, Beseitigung von Wucherungen auf der Haut). org. Sub. + oxidierende Wirkung: Ag Ag schwarz ätzende Wirkung: unter Mitwirkung von Feuchtigkeit wird Salpetersäure gebildet (385) Silber(I)-halogenide kovalenter Bindungsanteil AgX Löslichkeit c(Ag+) Löslichkeitsprodukt Lp = c(Ag+) c(X-) Farbvertiefung AgCl farblos AgBr gelblich-weiß AgI gelb lichtempfindlich hell dunkelviolett schwarz 1 h . + AgX Ag + 2 X2 (Photographie) Lineare Silber(I)-Komplexe Komplexbildungskonstante [Ag(NH3)2]+ Ag+ + 2NH3 [Ag(S2O3)2]3- Ag+ + 2S2O32- [Ag(CN)2]- Ag+ + 2CN- c(Ag+) Versuch: +Cl- AgCl weiß -Cl- Ag+ [Ag(S2O3)2] farblos +Br- +2NH3 3- +I- [Ag(NH3)2]+ farblos +2CN- -2S2O3 2- AgI gelb -I- [Ag(CN)2] farblos + 2S2O32AgBr gelblich-weiß -Br- -2NH3 - + 21 S2-2CN - Ag2S schwarz 1 2 Reihe abnehmender Ag+-Konzentration: AgCl > [Ag(NH3)2]+ > AgBr > [Ag(S2O3)2]3- > AgI > [Ag(CN)2]- > Ag2S (386) Silberphotographie 1. Photographische (lichtempfindliche) Schicht wässerige Gelantine AgX + KNO3 AgNO3 + KX + Sensibilisatoren AgBr und AgI absorbieren nur im blauen Bereich gelb gefärbt Sensib. absorbieren rotes, gelbes und grünes Licht und übertragen dessen Energie in das Leitungsband des AgBr so wird ein realistisches Bild erhalten X = Br-, 3-5 Mol. % I- kolloidal verteiltes AgX (sehr fein verteilt-„Körnung“) auf transparentem Träger Bromsilbergelatine (noch nicht lichtempfindlich genug) Reifungsprozess mit Thiosulfat und NH3 Bildung von Reifkeimen z. B. Ag2S (beträchtliche Erhöhung der Lichtempfindlichkeit) 2. Belichtung h. Agn + nBr. (durch Gelatine gebunden) Silberkeime (Latentbildkeime) latentes Bild {latens (lat.) = verborgen, nicht sichtbar} nAgBr 3. Entwicklung des latenten Bildes ( Photographischen Bildes) zum sichtbaren Bild OH O (Agn) +2OH- 2AgBr + 2Ag + 2Br- + -2H2O OH Hydrochinon (Red.-mittel) O Chinon Unter dem katalytischen Einfluss des Latentbildkeimes Agn (Festkörperkatalyse) wird das AgBr-Korn durch das Reduktionsmittel vollständig reduziert. Es bildet sich metallisches Silber. (Bei vollständiger Reduktion eines Korns (1012 Ag+-Ionen) mit einem Latenbildkeim, der 10-100 Ag-Atome enthält, beträgt der Faktor der Intensivierung 1010-1011!). Die Reduktion setzt aber nur von den Stellen aus ein, an denen sich bereits Silberkeime befinden; und zwar geht sie an stark belichteten und daher Silberkeim-reicheren Stellen rascher vor sich als an schwach belichteten, Silberkeim-armen Stellen. So kommt es, dass durch die Entwicklung das photographische Bild zum sichtbaren Bild verstärkt wird. Die unbelichteten (silberkeimfreien) Stellen der photographischen Schicht werden vom Entwickler erst bei sehr langen Entwicklungszeiten angegriffen: das Bild „verschleiert“. (387) 4. Das Fixieren Das durch die Entwicklung gewonnene sichtbare Bild kann noch nicht ans Tageslicht gebracht werden, da es noch unverändertes Silberbromid enthält, welches eine Schwärzung des ganzen Bildes im Licht hervorrufen würde. Es wird deshalb durch Komplexbildung entfernt. AgX + 2S2O32- [Ag(S2O3)2]3- + X- 5. Das Kopieren Zur Herstellung eines wirklichkeitsgetreuen Bildes („Positiv“) wird das durchsichtige Negativ in der Dunkelkammer mit lichtempfindlichem Papier bedeckt und dieses Papier durch das Negativ hindurch belichtet (2) und dann in gleicher Weise wie vorher entwickelt (3) und fixiert (4). Versuch: Silberspiegel mit Tollens-Reagenz Tollens-Reagenz: Gemisch aus gleichen Volumina 10 %iger AgNO3-Lösung und 10 %iger Natronlauge, dem konzentrierter NH3 bis zur Auflösung der Silberoxid-Fällung zugefügt wird. Reagenz auf reduzierende Verbindungen (Zucker, Aldehyde, Hydrazide). Im alkalischen Medium reduziert die Aldehydgruppe der D-Glucose Silberionen zu elementarem Silber, wobei die Aldehydfunktion selbst zur Carboxylatgruppe oxidiert wird: +I +I C5H11O5CHO + 2[Ag(NH3)2]+ + 3OH- 0 +III 2Ag (Silberspiegel) + C5H11O5COO- + 4NH3 + 2H2O Gealtertes Tollens-Reagenz ist wegen der möglichen Bildung von Knallsilber (Silberfulminat, AgONC); explosionsgefährlich, deshalb muss überflüssiges Reagenz nach Gebrauch durch Salzsäurezugabe vernichtet werden. 29.3 Gold Vorkommen: Silber gediegen, Ag2S (Argentit), AgCl (Hornsilber) Gold hauptsächlich gediegen, goldhaltiger Quarz SiO2 Gewinnung: Aus dem Auflesen von glänzenden, mit bloßem Auge sichtbaren Goldkörnchen aus Flusssanden entwickelte sich das Goldwaschen, bei dem man die hohe Dichte der Goldkörner (19,3 g/cm3) zur Abtrennung von der leichteren Gangart (2,5-3 g/cm3) nutzt. Hierbei werden das goldhaltige Gestein und die goldhaltigen Sande in Wasser aufgeschlämmt, und aus den Suspensionen setzen sich die schweren Goldkörnchen und -flitter schneller ab als die leichten Begleitstoffe. Bei der Amalgamierung lassen sich auch unsichtbar kleine Goldkörnchen in Quecksilber auflösen und nachher abscheiden. Aus dem gebildeten Goldamalgam wird das Quecksilber bei ca. 600 °C abdestilliert und in den Prozess zurückgeführt. (388) Noch ergiebiger arbeitet die hydrometallurgische Cyanidlaugerei, bei der das Gold mittels einer alkalischen Kalium- oder Natriumcyanid-Lösung ausgelaugt wird: Golderz Nassmahlen 0 0 4Au + 2H2O + O2 + 8KCN 2[Au(CN)2]- + Zn-Staub goldhaltiges Pulver + KCN, NaCN-Lösung + Pressluft +I -II 4K[Au(CN)2] + 4 KOH Dicyanoaurat(I)-Komplex [Zn(CN)4]2- + 2Au Rohgold Rohgold wird wie Rohkupfer elektrolysiert. Der Anodenschlamm dieser Elektrolyse enthält die sehr wertvollen Platinmetalle (Pt, Pd, Rh, Ir). In ähnlicher Weise wird Ag erhalten. Die Auflösung von Gold in Cyanidlösungen bei Gegenwart von Sauerstoff ist auf die starke Verschiebung des Goldpotentials (E(Au/Au+) = 1,69 V) um 1,49 V infolge der großen Komplexbildungstendenz zurückzuführen: Au+ + 2CN[Au(CN)2]-, E = +0,20 V. + Das Silberpotential (E(Ag/Ag ) = 0,80 V) wird aus dem gleichen Grund (Bildung von [Ag(CN) 2]-) um 1,11 V erniedrigt (E = -0,31 V). Verwendung von Silber und Gold Silber stellt für Mikroorganismen ein starkes Gift dar (Ag+-Ionen blockieren die Wirkung der Thio-Enzyme). Silberne Essgeräte sind aus diesem Grunde nicht nur ästhetisch, sondern auch hygienisch. Das schwärzliche „Anlaufen“ des Silbers an der Luft beruht auf einer Reaktion mit dem in bewohnten Räumen stets spurenweise enthaltenen Schwefelwasserstoff, wobei sich schwarzes Silbersulfid Ag2S bildet: 2 Ag + H2S + 21 O2 Ag2S + H2O, das z. B. durch Berühren mit Al-Folie in verdünnter Na2CO3- Lösung leicht wieder zu blankem Ag reduziert werden kann. Eine wichtige Rolle spielen Goldlegierungen mit 70 % Au, mehreren Pt-Metallen, Ag, Cu und Zn in der Dentaltechnik als Zahnersatz. Besonders charakteristisch für Gold ist seine Dehn- und Walzbarkeit. 1g Au lässt sich zu einer Folie von ca. 1 m2 aushämmern, die nur 230 Atome stark ist (Blattgold). Gold(III)-Verbindungen Gold weist positivere Standardredoxpotentiale als alle anderen Metalle auf, es ist gewissermaßen der „König der Metalle“. Au Au3+ + 3e- Eo = 1,5 V Lösungsmittel für Gold sind nur starke Oxidationsmittel wie Chlorwasser und „Königswasser“ oder Komplexbildner wie KCN bei Luftzutritt (siehe oben). Versuch: Auflösen von Blattgold in Königswasser Königswasser: Gemisch von konz. HNO3 und konz. HCl (1 : 3 Vol.-Tl.) 0 +V Au + 3H3O+ + 4Cl- + HNO3 +III +II [AuCl4]- + NO + 5H2O hellgelb (vergl. Kapitel Salpetersäure) (389) Durch Eindampfen erhält man Tetrachlorogold(III)-säure H[AuCl4] (Ausgangsprodukt für alle anderen Gold(III)-Verbindungen). Das Gold(III)-Ion Au3+ (gelb), das wie das Gold(I)-Ion ein starkes Oxidationsmittel ist, tritt in wässeriger Lösung nie als solches, sondern wegen seiner starken Komplexbildungstendenz nur in Form von Komplexen meist mit der KOZ 4 (quadratisch-planare Ligandenkoordination) auf (z. B. [AuCl4]-, [AuCl3(H2O)], [Au(NH3)4]3+). Gold(I)-Verbindungen Das (farblose) Gold(I)-Ion Au+ tritt in wässeriger Lösung nicht auf, da es wie das Kupfer(I)-Ion Cu+ und im Gegensatz zum stabilen Silber(I)-Ion Ag+ eine große Neigung besitzt, zu disproportionieren: Au+ Au3+ + 2e- Eo = 1,40 V 2Au 2Au+ + 2e- Eo = 1,69 V 3Au+ 2Au + Au3+ Eo = 0,29 V Nur in Form schwerlöslicher Verbindungen (AuI, Au2S) oder stabiler Komplexe ([Au(CN)2]-), die in Wasser eine sehr kleine Au+-Konzentration ergeben, ist die einwertige Oxidationszahl des Goldes wasserbeständig. Au(I) bevorzugt die lineare Koordination.