Klinisches Management der HBV Resistenz Priv. Doz. Dr. T. Berg, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie, Charite – Campus-Virchow-Klinikum, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin Definition der Resistenz Eine genotypische Resistenz liegt vor, wenn sich spezifische HBV-Polymerase Mutanten unter der Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga beim Patienten nachweisen lassen. Kommt es aufgrund der zunehmenden Vermehrung der resistenten Mutanten-Population zu einem Anstieg der HBV-DNA (> 1 logarithmische Stufe) und der Transaminasen, spricht man von einer phänotypischen Resistenz. Der zeitliche Abstand zwischen dem ersten Nachweis einer resistenten Mutantenpopulation (genotypische Resistenz) und der Entwicklung einer phänotypischen Resistenz kann zwischen 3-24 Monaten betragen. Faktoren, die die Resistenzbildung beeinflussen Hauptrisikofaktor für die Selektion resistenter Mutanten ist die inkomplette Suppression der HBVReplikation unter Therapie. Diese enge Korrelation zwischen dem Ausmaß der virologischen Response und dem Risiko der Resistenzbildung im Langzeitverlauf der Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga konnte klinisch sowohl für Lamivudin als auch für Adefovir nachgewiesen werden. Patienten, die innerhalb der ersten 6-12 Monate eine komplette Suppression der HBV-DNA erreichen, haben ein sehr geringes Resistenzrisiko (keine Replikation = keine Resistenzentwicklung), während die Resistenzrate > 60% erreicht, wenn sich trotz Behandlung weiterhin eine hohe HBV-Replikation nachweisen lässt. Diagnostik der Resistenz gegen Nukleos(t)id-Analoga Während einer Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga sollte die HBV-DNA in 3-monatigen Abständen mittels sensitiver Tests (Sensitivitätslimit < 103 Kopien/ml, entsprechend ca. < 102 IU/ml) bis zur Suppression unter die Nachweisgrenze gemessen werden. Bei kompletter Response (HBV DNA negativ) reichen im weiteren Verlauf 3-6-monatige Kontrollen der Viruslast aus. Ein Anstieg der Virämie um ≥ 1 log Stufe vom Tiefpunkt unter Therapie weist auf eine Resistenzentwicklung hin und sollte – nach Bestätigung durch kurzfristige Kontrolle - zur Umstellung des Therapieschemas führen (Medikamenten-Compliance des Patienten vorausgesetzt). Eine direkte Bestimmung der Resistenz-assoziierten Mutanten bestätigt zwar die Diagnose, ist aber in der klinischen Routine meist nicht erforderlich. Therapieoptionen bei Resistenz gegen Nukleos(t)id-Analoga Therapie der Lamivudin-Resistenz Aufgrund der unterschiedlichen Resistenzprofile können Patienten mit einer Resistenz gegen NukleosidAnaloga (z.B. Lamivudin-Resistenz) erfolgreich mit einem Nukleotid-Analogon (z.B. Adefovir) behandelt werden. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass die sequentielle Monotherapie mit Nukleos(t)id-Analoga, d.h. der Wechsel von einer Lamivudin- auf eine Adefovir-Monotherapie zu einer hohen Rate an genotypischen Adefovir-Resistenzbildungen führt (bis 20% nach 2 Jahren). Die Adefovir-Resistenzrate kann jedoch deutlich reduziert werden, wenn zusätzlich zur ADV-Behandlung die Lamivudin-Therapie beibehalten wird („add on“ Prinzip). Wesentliche Bedeutung für das erfolgreiche Management der Lamivudin-Resistenz hat auch der Zeitpunkt der Therapieumstellung bei Nachweis einer Resistenzbildung. Der sofortige Therapiewechsel auf Adefovir plus Fortführung der Lamivudinbehandlung bei nachgewiesener genotypischer Lamivudin-Resistenz führt einem signifikant bessern Therapieansprechen, als wenn die Therapie erst im späteren Verlauf der Resistenzentwicklung (bei hoher Virämie und erhöhten Transaminasen) umgestellt wird. Die frühzeitige Umstellung auf Adefovir unter Fortführung der LamivudinTherapie stellt somit aktuell die optimale Therapieoption bei Lamivudin-Resistenz dar. Therapie der Adefovir-Resistenz Lamivudin ist bei Adefovir-Resistenz wirksam. Da die Mehrzahl der Adefovir-resistenten Patienten bereits mit Lamivudin vorbehandelt wurde, wird aufgrund des hohen Risikos der erneuten LamivudinResistenzentwicklung eine Fortführung der Adefovir-Therapie generell empfohlen („add on“).