1 Grundzüge der Verdi Rezeption in Deutschland 1840-2000

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Verdi-Rezeption in Deutschland
08.04.17
GRUNDZÜGE DER VERDI REZEPTION IN DEUTSCHLAND 1840-2000
1
1.1
Einleitung
1
1.2
Verdis Leben und musikalische Entwicklung
2
1.3
Bausteine einer deutschen Verdi-Rezeption
1.3.1
Vorbemerkung
1.3.2
Phase 1: 1840 bis 1870
1.3.3
Phase 2: 1870 bis 1913
1.3.4
Phase 3: 1918 bis 1933
1.3.5
Phase 4: 1933 bis 1945
1.3.6
Phase 5: 1945 bis Heute
6
6
7
10
12
14
15
1.4
16
Diskographie
1.5
Literaturliste
1.5.1
Bibliographie
1.5.2
Leben und Werk
1.5.3
Texte zur Rezeptionsgeschichte in Deutschland und Österreich)
1.5.4
Sonstige Literatur
17
17
17
17
18
1 Grundzüge der Verdi Rezeption in Deutschland 1840-2000
1.1 Einleitung
Eine Gesamtdarstellung der deutschen Verdi-Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert, die alle
Aspekte zusammenfaßt, ist bisher noch nicht erschienen.1 Dies ist auch nicht verwunderlich,
da von einer breiten wissenschaftlichen Beschäftigung mit Leben und Werk Verdis in
Deutschland erst seit etwa 30 Jahren gesprochen werden kann. Zwar gab es schon vorher
vereinzelt wichtige Untersuchungen zu Verdi 2 , mit den ausführlichen Darstellungen im
angelsächsischen und italienischen Sprachraum 3 können sie aber nicht verglichen werden.
Kennzeichnend ist, daß der erste vollständige Versuch einer ernsthaften Auseinandersetzung
mit Verdi weniger von Seiten der Musikwissenschaft oder Musikkritik herrührte, sondern
einer romanhaften Darstellung der späten Lebensjahre Verdis kurz vor Vollendung des Otello
entsprang4. Überspitzt ließe sich formulieren: Verdi wurde – mit ständig wachsendem Erfolg
– aufgeführt, es wurde aber nicht über ihn räsoniert.5
Aus dieser Tatsache ergibt sich nun auch der Aufbau des Vortrags. Zuerst wird versucht,
einige Aspekte des aktuellen Forschungsstand wiederzugeben, und zwar indem Verdis Leben
und musikalische Entwicklung in groben Zügen erläutert wird, 6 sodann wird in die
Vergangenheit zurückgegangen und es werden wichtige Etappen der deutschen VerdiRezeption aufgezeigt. Dabei ist es selbstverständlich, daß auch österreichische Stimmen zur
Worte kommen, da ja gerade im Bereich der Musik Deutschland und Österreich eine Einheit
bilden.7
1
Natürlich erhebt auch der vorliegende Text nicht diesen Anspruch, die diesbezüglichen Doktorarbeiten sind
also noch zu schreiben. Hier sollen nur die Grundzüge der Verdi-Rezeption anhand exemplarischer Beispiele
vorgeführt werden.
2
siehe vor allem Gerigk, Herbert: Giuseppe Verdi, Potsdam 1932 (Reprint im Laaber-Verlag 1982)
3
Für die Biographie: Abbiati, Franco: Giuseppe Verdi, 4 Bände, Milano 1959
zum Werk: Budden, Julian: The Operas of Verdi, 3 Bde., London 1973-1981
4
gemeint ist Werfel, Franz: Verdi-Roman der Oper; Berlin 1924
5
für einen so sehr dem Theater verpflichteten Opernkomponisten wie Verdi ist das sicherlich nicht das
Schlechteste
6
als Grundlage dient hierzu: Gerhard/Schweikert(Hrsg.): Verdi-Handbuch Stuttgart 2000
7
man denke nur an die Bedeutung des Wiener Musikkritikers Eduard Hanslick
Johannes Booms-Todoric
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1.2 Verdis Leben und musikalische Entwicklung
Giuseppe Verdi wurde am 10.Oktober 1813 in Le Roncole, einem Dorf nahe der kleinen
Provinzstadt Busseto (Region Parma) geboren. Er selber hat sich in Briefen als Bauer aus Le
Roncole bezeichnet, der sich aus ärmlichsten Verhältnissen hocharbeitete. Die neuere
Forschung hat dieses Bild korrigiert. Verdi kam aus relativ wohlhabenden Verhältnissen (sein
Vater war Schankwirt und führte einen Kramladen), die Familie verfügte über Grundbesitz
und einen für die Region ungewöhnlichen Bildungsgrad. Verdi selbst erhielt als kleines Kind
schon Unterricht in Latein, als Siebenjähriger schenkte ihm sein Vater ein Spinett und er
spielte auch schon auf der Kirchenorgel in Le Roncole.(Die Kirche liegt übrigens genau
gegenüber dem Wohnhaus der Familie Verdi.)
„Verdi gehörte aber nicht nur zur verschwindenden Minderheit der Kinder, die
damals im Herzogtum Parma überhaupt eine Schule besuchen konnten – eine Statistik
von 1833 geht von einer Einschulungsquote von 1:47 aus -, er wurde überdies von
seinen Eltern 1823 als Pensionist in die nahe gelegene Kleinstadt Busseto geschickt,
wo er nach 4 Jahren das Gymnasium absolvierte und offenbar nicht nur Autoren wie
Vergil und Cicero kennengelernt hatte, sondern auch regelmäßig die
Jesuitenbibliothek benutzen konnte, die immerhin rund 10000 Bände umfaßte.“8
Ab 1825 hatte er regelmäßigen Musikunterricht beim städtischen Musikdirektor Bussetos, vor
allem aber fand er einen Gönner (Antonio Barezzi), der ihm immer wieder mit Geld aushalf
und ihm zwei entscheidende Aufenthalte in Mailand, der größten Stadt Norditaliens,
ermöglichte. Zwar war Verdi 1832 die Aufnahme ins Mailänder Konservatorium verwehrt
worden (vor allem aus Altersgründen, die Obergrenze lag nämlich bei 14 Jahren), doch
Barezzi ermöglichte ihm Privatunterricht und den regelmäßigen Besuch verschiedener
Mailänder Opernhäuser.
Nach einem kurzen Intermezzo 1836-1838 in Busseto, wo er als ‚Maestro di musica‘
(städtischer Musikdirektor) arbeitete, ließ sich Verdi – wieder unterstützt durch Barezzi – in
Mailand nieder. Inzwischen hatte er Barezzis Tochter geheiratet, das Ehepaar hatte 2 Kinder.
In Mailand komponierte er 2 Opern, Oberto sowie Un giorno di regno. Während Oberto
Erfolg hatte, und ihm einen Vertrag über weitere Opern einbrachte, fiel Un giorno di regno
beim Publikum durch.
Das damalige Opernleben unterschied sich grundsätzlich vom heutigen. Die italienischen
Opernhäuser waren der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Gespielt wurden
vorwiegend zeitgenössische Werke. In sogenannten Stagione, zeitlich begrenzten
Abschnitten(Karnevalszeit, Fastenzeit) wurden die für die Jahreszeit charakteristischen Opern
aufgeführt (z.b. biblische Stoffe für die Fastenzeit). Viele Opern wurden jeweils extra für die
einzelnen Stagione komponiert. Der Komponist schloß dabei einen Vertrag mit dem
Impresario ab. Dieser Impresario pachtete für eine oder mehrere Stagione die Opernhäuser
und hatte dann für den reibungslosen Ablauf der Aufführungen zu sorgen. Nicht selten
ruinierten sich die Impresarios, wenn Sänger plötzlich erkrankten, die neuen Opern
durchfielen oder aber die Opernhäuser abbrannten. Aus diesem System erklärt sich auch die
große Anzahl von Werken, die die italienischen Opernkomponisten des 19.Jahrhunderts
geschaffen haben. Oft wurden mehrere Opern pro Jahr verfaßt, was natürlich Auswirkungen
auf die Qualität der Musik hatte. Das Ineins von genialen Einfällen und bloßer Routine, etwa
bei Donizetti, läßt sich hierdurch erklären. Nur wenige Komponisten konnten sich von diesem
System befreien. Bellini etwa, schrieb als erfolgreicher Komponist höchstens eine Oper pro
Jahr, während Rossini sich bereits mit 37 Jahren – ausgebrannt – fast nur noch der Kochkunst
8
siehe Gerhard, Anselm: Verdi-Bilder in ‚Verdi-Handbuch‘ S.3
Johannes Booms-Todoric
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widmete und Donizetti bekanntlicherweise als Geisteskranker endete. Der autonom für die
Nachwelt unsterbliche Werke schaffende Künstler, dieses Lieblingsbild der deutschen
Romantik, hatte mit der Situation der italienischen Auftragskomponisten nichts zu tun.9
Während seiner Zeit in Mailand gelang es Verdi, Kontakt zu den wichtigsten aristokratischen
Salons zu knüpfen. Er war sich seines Wertes wohl bewußt und benutzte zielbewußt seine
Kontakte, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Später hat er sich des öfteren als Bär
bezeichnet, der sich nicht in der Gesellschaft bewegen könne. Auch dies ist, wie seine
angeblich arme Herkunft bewußte Selbststilisierung.
Auch als Musiker sah er sich gerne in der Rolle des naturwüchsigen Theaterpraktikers. Wenn
es auch richtig ist, daß er kein Interesse daran hatte, durch ein umfangreiches
außermusikalisches Schrifttum zu wirken, so sind doch seine Opern, wie die neuere
Forschung gezeigt hat, alles andere als zufällig aneinandergereihte musikalische Einfälle.
Die Musik wie auch die Libretti wurden minutiös geplant. Daneben besaß er übrigens eine
umfangreiche musikalische Bibliothek, die von Bach über die Wiener Meister bis zu seiner
Gegenwart reichte. Vor allem die zeitgenössischen Opern sammelte und kommentierte er.
Für seine musikalische Entwicklung entscheidend sind 2 Einflüsse.
Erstens die italienische Tradition, die er konsequent weiterentwickelte. Kennzeichnend hierfür
ist der Vorrang des Gesangs(im Sinne des Belcanto), der bis zum Spätwerk erhalten blieb. 10
Zwar wird das Orchester immer differenzierter und beredter. So dient es bereits im 3.Akt des
Rigoletto als Grundlage des dramatischen Geschehens, indem es die Bühnengeschehnisse
mitdeutet. Der zeitgenössische Komponist Dieter Schnebel deutet die Szene so:
„Die zentrale Gewitterszene ist gleichsam ein Tonfilm, wo die bewegten Bilder ein
äußeres und inneres Drama zeigen. Die huschenden Bewegungen der Personen in dem
unregelmäßig von Blitzen durchzucken Dunkel werden von leeren Quintklängen ,
fahlen Streichertremolie, kurz aufflackernden Bläserfolgen, Donnergrollen sowie
einem unheimlich stöhnenden Summchor durchzogen, und sie meinen gleichermaßen
äußere wie innere Vorgänge: im Augenblick des stärksten Donnerschlags passiert der
Mord. Die Musik wechselt in dieser Szene immer wieder von stockend Reizitativischem
ins fließend Ariose, und Zwar stets dann, wenn Gefühle Melodie werden, so als der
Herzog mit dem Trällerlied auf den Lippen einschläft, weiter als Maddalena von
ihrem „schönen Apoll“ zu schwärmen beginnt, dann in den eigentlichen
Terzezttpassagen, wo Maddalena um das Leben des Angebeteten bittet und in Gilda
das Gefühl reift, sich für den Geliebten zu opfern.“11
Aber die fortschreitende Verfeinerung auf knappstem Raum, hörbar vor allem im Spätwerk
Otello und Falstaff, gewinnt nie Eigenständigkeit gegenüber dem gesungenen Wort oder der
theatralischen Szene.12 . Das Orchester verdeutlicht die Situation – mehr nicht.
vgl. Walter, Michael: Italienische Opernhäuser als Wirtschaftsunternehmen in ‚Verdi-Handbuch‘ S.45-62
Belcanto nicht nur als schöner Gesang, sondern als grundlegender Gesangsstil, der neben technischen
Fähigkeiten (Legato-Singen, sicheres und geschmackvolles Ausführen von Verzierungen usw.) vom Sänger
fordert, mit dem musikalischen Mittel der Improvisation, den gesungenen Text zu verdeutlichen. Siehe hierzu
z.b. Kesting, Jürgen: Die großen Sänger, Bd.1-3, Düsseldorf 1986, Kapitel ‚Von Treue und Untreue‘ S. 41-47,
Bd.1
11
Schnebel, Dieter: ‚Ah la maledizione – Der Durchbruch zum wahren Ton und zum Ton der Wahrheit
in:Csampai/Holland (Hrsg.): Rigoletto, Texte Materialien, Kommentare, Reinbeck bei Hamburg 1982, S.245
12
vgl. hierzu auch das höchst lesenswerte Verdi Kapitel in Schreiber, Ulrich: Schallplatten Klassik, Auslese,
Karlsruhe 1977, S.274-279. Schreiber gelingt das Kunststück, nicht nur einen informativen Schallplattenführer
zu schreiben, sondern darüber hinaus auch auf knappstem Raum lehrreiche Artikel zu den jeweiligen
Komponisten zu verfassen.
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Johannes Booms-Todoric
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Grundsätzlich respektierte er sodann die überkommenen musikalischen Formen. Die für
musikalische Szenen typische Abfolge Rezitativ, Adagio-Arie, Rezitiativ, Stretta-Cabaletta
oft begleitet durch Chöre, kann als Grundmodell angesehen werden, das er zumindest bis
Aida immer wieder benutzte um es kreativ umzuformen.
Zweitens ist der Einfluß der zeitgenössischen französischen sog. ‚Großen Oper‘, repräsentiert
vor allem durch den auch von Verdi bewunderten deutsch-französischen Opernkomponisten
Giacomo Meyerbeer, von Bedeutung. Die Besonderheiten der Großen Oper lagen zum einen
im äußeren Aufwand, der so aber nur an der Pariser Oper – dem ersten modernen Opernhaus
– überhaupt möglich war. Die anderen Errungenschaften Meyerbeers waren die Expansion
bestehender Formen (z.b. Duette) oder die Neuschöpfung von Formen überhaupt
(insbesondere von Massenszenen) sowie der virtuose Umgang mit dem Orchester, dessen
Klangmöglichkeiten erweitert wurden. Vor allem der 3. und 4. Akt der Hugenotten wurde
stilbildend. Verdi griff immer wieder auf die hier entwickelten Modelle zurück (z.b. in den
Opern La forza del destino, Aida). Auch einzelne Figuren, wie etwa der Page Oscar in Un
ballo in maschera sind direkte Kopien aus der Oper die Hugenotten. Verdi stand mit diesem
Verfahren nicht allein. Wagner z.b. hat im Parsifal auf subtile Weise seine Jugenderfahrung
mit Meyerbeers Oper Robert der Teufel verarbeitet 13 . Es ist übrigens die Tragödie
Meyerbeers, daß er, der überall Anreger und Entdecker von Kunstmitteln war, von den
Komponisten, die er beeinflußte, musikalisch weit übertroffen wurde. 14 So sind als die
Hauptwerke der Großen Oper Berlioz Les Troyens sowie Verdis Aida zu bezeichnen.
Verdis musikalische Gesinnung entspringt dem Theater. Er war überzeugt, daß der
komponierte Affekt, die wirkungsvoll gestaltete Situation als Grundlage der Oper dienen
mußte. Im Vordergrund steht demnach nicht die logisch geschürzte Handlung sondern der
musikalisch abstrahierte Ausdruck menschlicher Bewährung oder menschlichen Scheiterns,
also die Situation der Liebe, des Verrats, des Todes. Auch wenn er kühne, neuartige, geradezu
rohe Stoffe und Personen auf die Bühne bringt(z.b. Rigoletto), so ist Verdi doch nie
Naturalist, wie z.b. Puccini, der in der Tosca eine Folterszene mit den dazugehörigen Schreien
komponierte.15 Sein Ziel ist immer der musikalische Ausdruck der Eifersucht, der Liebe, des
Todes. Die Wahrheit erfinden dies ist sein künstlerisches Credo. Er kann somit als
musikalischer Realist bezeichnet werden.
Im Jahre 1838 war Verdi aber noch nicht der gemachte Mann, der er 14 Jahre später sein
sollte. Eine schwere Lebenskrise, der Tod seiner Frau und seiner 2 Kinder innerhalb von 2
Jahren, trat ein. Im Rückblick hat der die Todesfälle auf 2 Monate reduziert, auch hier tritt
wohl die Tendenz zur Stilisierung – hier als der vom Schicksal Gebeutelte – zu Tage. Um so
heller konnte er dann das wohl auch nur fiktive Erweckungserlebnis, das Lesen der ersten
Zeile des Gefangenenchors aus Nabucco, gestalten. Tatsache ist jedenfalls, daß er mit dieser
Oper, 1842 aufgeführt, seinen eigentlichen Durchbruch erzielte. Auch in menschlicher
Hinsicht half ihm ein gütiges Schicksal. Er lernte die Hauptdarstellerin Guiseppa Strepponi
kennen und lieben. Diese ungemein gebildete und lebenskluge Frau, die kurz darauf ihre
Karriere wegen Stimmproblemen beenden mußte, blieb ihm bis zu ihrem Tode 1897 eine
Lebensbegleiterin, die seine künstlerischen Pläne förderte und unterstützte, seine herrischen
Launen ertrug. Gemeinsame Kinder hatten sie nicht, die Kinder der Strepponi wurden
auswärts untergebracht. Für die Strepponi bedeute die Liaison und spätere Ehe mit Verdi
natürlich auch eine gesellschaftlich Besserstellung, da sie als Sängerin doch im Grunde zum
13
vgl. Schreiber, Ulrich: Die Kunst der Oper, Bd.2, Frankfurt a.M. 1991, S.556-559
Das Meyerbeer heute fast nicht mehr aufgeführt wird, liegt aber auch daran, daß es gegenwärtig unmöglich ist
eine auch nur einigermaßen befriedigende Besetzung der Hauptrollen zu gewährleisten. Gerade die
Gesamtaufnahmen der Hugenotten oder des Propheten weisen eine ganze Reihe krasser Fehlbesetzungen auf.
15
womit dann umso pikanter der Schmerz der schönen Tosca kontrastiert wird. Nicht umsonst wurde Puccini
Sadismus vorgeworfen.
14
Johannes Booms-Todoric
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anrüchigen und verachteten Personal der Epoche gehörte.16 Sie reisten viel nach Paris, Genua
und lebten später in Busseto, wo Verdi einen Stadtpalast gekauft hatten und ab 1851 vor allem
auf dem erworbenen Landgut Sant‘ Agata. Der Kauf dieser Anwesen war möglich geworden,
da Verdi ausgezeichnet verdiente. Er komponierte Oper nach Oper (die sogenannten frühen
Werke bis Rigoletto) und konnte schrittweise seine Forderungen erhöhen. Im nachhinein
sprach er 1859 von den Galeerenjahren, aber auch dies ist bewußte Stilisierung, denn
spätestens ab der Mitte der 40er Jahre war er ein wohlhabender unabhängiger Mann, mit dem
Erfolg von Rigoletto, La traviata und Il trovatore wurde er sogar reich. Sein Landgut
vergrößerte er schrittweise auf 1000 Hektar, beschäftigte 2 Verwalter und 200 Landarbeiter.
Er war also kein Bauer sondern ein Großgrundbesitzer, der sich intensiv mit den neusten
Errungenschaften der Land- und Viehzucht beschäftigte. Das er sich nebenbei philantrophisch
betätigte und auch für Hygiene, Gesundheit und Bildung der bäuerlichen Bevölkerung seiner
Anwesen sorgte, sollte nicht unerwähnt bleiben.
Seit den Premieren und dem folgenden Welterfolg der ‚Trilogia Populare‘ (Rigoletto, Il
trovatore, La traviata) verlangsamte sich das Tempo von Verdis Komponieren. Es suchte
jetzt ganz bewußt das Experiment (die große Oper) und achtete penibel auf die Qualität der
Libretti, d.h. er hatte es nicht mehr nötig, des Geldes wegen, zu arbeiten. Alles was jetzt kam,
geschah freiwillig und manchmal erst nach längerem Zögern. Oft mußten sich Freunde oder
seine Verehrer intensiv bemühen, um Verdi wieder zum Komponieren zu bringen (z.b.
Otello).
Daneben beschäftigte ihn zunehmend die Umarbeitung eigener Kompositionen, mit denen er
aus seiner Sicht nun nicht mehr zufrieden war. Äußere Ereignisse waren seine Ernennung
zum Deputierten im Parlament des neuen italienischen Nationalstaats 1861-1865, wo er sich
vor allem für eine Verbesserung des Urheberrechts einsetzte. Schon vorher war sein Name
Synonym für die italienische Einigungsbewegung geworden V.E.R.D.I. (Vittorio Emanuel Re
d’Italia). Gesellschaftlicher Höhepunkt der späteren Jahre, die ihn durch ganz Europa führten
war gewiß der Welterfolg der Oper Aida anläßlich der Vollendung des Baus des Suezkanals.
Nach der Vollendung der Messa da Requiem für seinen verehrten Freund Alessandro
Manzoni sah er sich zunehmend als verehrter aber auch nicht mehr zeitgemäßer Nestor der
italienischen Opernmusik. Skeptisch beobachtete er die zunehmende Begeisterung der
Italiener für die rein instrumentale Musik, da er als Grundlage der italienischen Musik den
Gesang ansah. Züge von Verbitterung und Angst vor versiegender Schöpferkraft bestimmten
zunehmend sein Leben. Häusliche Probleme traten hinzu, da er durch eine Liaison mit Teresa
Stolz die Gefühle seiner Giuseppina zutiefst verletzte. Es bleibt das unsterbliche Verdienst
Arrigo Boitos, daß es ihm gelang, das Interesse Verdis an einer Komposition des Otello durch
sein Libretto geweckt zu haben. Boito war selbst Komponist und stand Verdi zuerst skeptisch
gegenüber . 1887 erfolgte dann die Premiere der unbestritten bedeutendsten italienischen
Oper. 1893 folgte dann noch eine Komödie, Falstaff, sowie die Quattro pezzi sacri. In den
letzten Jahren lebte der nun zunehmend kranke Verdi vor allem in Mailand. Dort hatte er im
Hotel Milan eine Suite. Er starb am 27.01.1901.
16
so erschien z.b. ein pornographischer Roman, der Wilhelmine Schröder-Devrient zugeschrieben wurde
Johannes Booms-Todoric
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Bausteine einer deutschen Verdi-Rezeption
1.3.1 Vorbemerkung
Die Verdi Rezeption kann chronologisch, nach Art der Äußerungen (Presse, musikalische
Mitwelt...usw...) oder aber nach inhaltlichen Schwerpunkten gegliedert werden. Im folgenden
wird die chronologische Klammer gewählt, um die Aussagen von Musiker, Musikkritikern,
Musikwissenschaftlern, Literaten darzustellen. Hinzugefügt wird der allgemeine Verlauf der
Aufführungsgeschichte sowie eine bewußt knapp gefaßte Diskographie.
Die Verdi Rezeption ist primär durch die Reaktion des Publikums bestimmt worden. Infolge
der ständig steigenden Aufführungszahlen17 Verdis in Deutschland waren Musikwissenschaft
und Musikkritik gezwungen sich – oft gegen ihren Willen – mit Verdi zu beschäftigen oder
aber einmal gefaßte Urteile neu zu überprüfen. Seit den späten 30er Jahren des
20.Jahrhunderts ist Verdi der meistaufgeführte Opernkomponist in Deutschland. 18 Auffällig
an der gesamten älteren Verdi Literatur (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) ist, daß
rein musikalische Analysen fehlen. Wie oft in der Musikliteratur wird nur ein Höreindruck
wiedergegeben und blumig ausgestaltet, d.h. es wird mit mehr oder weniger Geschick
versucht, musikalische Verläufe zu paraphrasieren
17
In der Regel wurden dabei die Opern auf deutsch gegeben, erst seit den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts
werden zumindest italienische oder französische Opern vornehmlich in der Originalsprache gegeben
18
Mack, Dietrich: Mitwelt und Nachwelt, in Mack, Dietrich (Hrsg.): Richard Wagner, Darmstadt 1984 S.10
Johannes Booms-Todoric
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1.3.2 Phase 1: 1840 bis 1870
Auch die frühen Opern Verdis wurden in der Regel relativ schnell an deutschen Bühnen
nachgespielt. Hier spiegelt sich die besondere Situation Deutschlands wieder. Deutschland
war und ist wie Italien ein Land mit sehr vielen Theatern und Opernhäusern. Im Gegensatz zu
Italien oder auch Frankreich war Deutschland aber kosmopolitisch gestimmt. Es wurden
zahlreiche italienische und französische Opern gegeben, oft auf Betreiben der jeweiligen
Landesherren, wenn diese eine bestimmte Vorliebe für einen Komponisten hatten.
„In Hannover etwa, wo das Hoftheater die Repertoire-Opern Verdis ... ohne große
Verzögerung in den Spielplan aufnahm... befahl König Ernst August geradezu die
Pflege der italienischen Oper. Sein Hofkapellmeister Heinrich Marschner , einer der
profiliertesten Vertreter der deutschen romantischen Oper, mußte von Amts wegen
stets die italienische Oper dirigieren, obwohl er eine ausgesprochene Abneigung
gegen diese hatte. „19
Andererseits war die Beurteilung durch die Presse oder Musiker für die frühen Opern in der
Regel ablehnend. Dabei spielt eine große Rolle, daß als Maßstab für die Kritik oft das
spezifisch deutsche instrumentale Musikverständnis (absolute Musik, heilige Tonkunst)20 oder
die Ästhetik der älteren italienischen romantischen Oper etwa Bellinis diente. Demgegenüber
wurden die frühen Opern Verdis als musikalisch roh und schematisch, einfallslos und lärmend
empfunden. So urteilt etwa die Allgemeine Musikalische Zeitung im Jahre 1843 über
Nabucco:
„Entblößt man dieses vieraktike Dramma lirico von dem bestehenden Massenpomp,
dem Instrumentenhallo, den Chorevolutionen usw. – so bleibt für das Reinlyrische
nicht als ein mager rinnendes. trübes Bächlein der Melodie übrig, So entstand denn
eine eklektische Lärmoper...“21
Und die Sonntagsblätter in Wien schreiben 1843 von::
„Charakterlosigkeit der Motive, Monotonie des Rhythmus, Armut der Harmonie,
Ungeschicklichkeit der Begleitung. Sinnwidrigkeit der Deklamation, gedankenlose
Stereotypie der Formen, all das ist in beispielloser Monstrosität versammelt.“22
Otto Nicolai notierte in seinem Tagebuch:
„Wer jetzt in Italien Opern schreibt, das ist Verdi, Er hat auch den Nabucco
geschrieben, der auch mir angeboten war, und damit großes Glück gemacht. Seine
Opern aber sind wahrhaft scheußlich und bringen Italien völlig ganz herunter. Er
instrumentiert wie ein Narr – ist kein Meister in technischer Hinsicht, muß ein Herz
wie ein Esel haben und ist wirklich in meinen Augen ein erbärmlicher,
verachtenswerter Kompositeur. Ich denke, unter diese Leistung kann Italien nicht
19
Hortschansky, Klaus: Das deutschsprachige Verdi-Repertoire, in Lippmann, Friedrich(Hrsg.):Colloqium
;Verdi-Wagner‘ Rom 1969 Analecta musicologica 11Köln/Wien 1972, S.150
20
vgl. hierzu z.b. E.T.A. Hoffmann: Kreisleriana, in: E.T.A. Hoffmann: Fantasie und Nachtstücke,München
1960
21
Engler, Günter (Hrsg.): Über Verdi, Stuttgart 2000, S.57
22
Über Verdi,a.a.O,. S.58
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mehr
sinken
–
und
jetzt
möchte
ich
dort
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keine
Opern
schreiben.“
23
Positiver urteilte dagegen die Hamburgische Staats- und Gelehrtenzeitung:
„Was dieses Werk vor manchen anderen der modernen Komponisten Italiens
auszeichnet, ist eine größere Mannigfaltigkeit der Rhythmen, die schon von
vorneherein ein Streben nach Charakteristik andeutet, und die wesentlich dazu
beiträgt, die Monotonie aufzuheben. Dann hat das Orchester sein hübsches Teil Arbeit
bekommen, was die Italiener sonst gerne versäumen.“24
Die aufgeführte Kritik am Nabucco läßt sich auch auf andere frühe Opern Verdis anwenden.
Der Tenor ist ziemlich eindeutig: Verdi hat die italienische Oper auf eine Schundstufe
gebracht, die nicht mehr zu unterbieten ist.25
In dem Maße aber, wie sich Verdis Musik seit dem Rigoletto verfeinert, fallen auch die
Urteile weniger kraß einseitig aus. So urteilt Hans von Bülow über den Rigoletto:
„Gestern Abend hörte ich Verdis Rigoletto (nach Hugo Le roi s’amuse), ein teures,
aber wirkliches Vergnügen; ich war entzückt, soweit man es sein kann, wenn man sich
stets bewußt bleibt, sich gut zu unterhalten.“26
Die Hannoversche Zeitung fällt dagegen in den alten Tonfall zurück:
„Die Musik gibt dem Text an Gemeinheit nichts nach. Sinnlich lockend sind nur die
Stellen, welche sich im Walzer, Galopp, Schottisch und Polka bewegen. Ein Anflug
von Geistigkeit oder Gemütlichkeit ist nur in der kleinen Arie der Gilda „Teuerer
Name, dessen Klang“ und in dem Duett zwischen Rigoletto und Sparafucile zu ahnen.
Sonst fehlt es an allem Geist, an jeder Ahnung, daß der Komponist begriffen habe, was
eine Oper sein könne und deshalb auch solle.“27
Ferner gehört es zu den Paradigmas der Verdi Kritik gehört , nicht nur die Musik sondern
auch die zugrundeliegenden Stoffe und deren theatralischer Umsetzung zu kritisieren. Es wird
Verdi immer vorgeworfen werden, daß seine Libretti unlogisch sind und daß in ihnen
ausgesprochen rohe und brutale Menschen und Situationen sich ablösen. Diese Kritik wird
dann verständlich, wenn man bedenkt, daß die klassische und romantische Opernbühne neben
den edlen antiken oder adeligen Persönlichkeiten den grandiosen Verführer, den einfachen
Jäger oder auch schon mal einen Vampir kannte, daß aber ein buckliger Hofnarr oder eine
Prostituierte Personen waren, vor denen man aus volkspädagogischer Sicht nur warnen
konnte.
Eine weitere Eigenart der deutschen Verdi-Rezeption ist die Ablehnung seiner
Schillervertonungen, die als Schändung eines spezifisch deutschen Kulturguts angesehen
werden. Zur Kritik an Musik und Libretto tritt nun der nationalistische Tonfall, der es dem
23
Über Verdi a.a.O,.S.59
Über Verdi a.a.O,.S.59
25
Aus heutiger Sicht muß man beachten, daß die frühen Opern Verdis allerdings häufig keinen Vergleich mit
etwa Norma oder La Sonnambula von Bellini, der vielleicht schönsten lyrischen italienischen Oper überhaupt,
aushalten. Die neue dramatische Kraft, die gleichwohl in diesen Werken steckte ist uns heute geläufig, aber nur
weil wir ja den Rigoletto, La traviata. Un ballo in maschera oder Otello kennen.
26
Über Verdi a.a.O.,S.72
27
Über Verdi a.a.O,.S.74
24
Johannes Booms-Todoric
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Italiener Verdi verbieten will, sich an deutscher Dramatik zu vergreifen. So urteilt wieder Otto
Nicolai:
„Wer wird sich wundern, wenn wir morgen Schillers Räuber und Don Carlos auch bei
uns ihre Triller schlagen hören, da ja bekanntlich diesem Don Juan Verdi keine
deutsche Tragödie zu heilig ist.“28
Gerade im Zusammenhang mit der Oper Don Carlos, die es aufführungstechnisch immer sehr
schwer hatte (Verdi selbst hat mehrere Fassungen erstellt), wird ein anderes Grundmuster der
Verdi Rezeption sichtbar, das sich bis heute gehalten hat. Verdi wird positiv oder negativ eine
Nähe zu Wagner attestiert. Verdi habe demnach von Wagner gelernt, sich seinem Stile
angepaßt. Je nach Ausrichtung wird dies als verderblich oder förderlich angesehen. So
schreibt Eduard Hanslick:
„Nun denke man sich einen Verdi ohne seine nationale Frische und Sinnlichkeit, einen
Verdi ohne Leichtsinn und Melodie und urteile, was da noch Gutes übrigbleibt! Im
Don Carlos verleugnet der Komponist ängstlich seine musikalische Wiege, will halb
Deutscher, halb Franzose sein, nicht melodiös, sondern tief und gelehrt schreiben und
dort fortsetzen, wo Meyerbeer aufgehört. An der Partitur des Carlos klebt mehr
Schweiß als an allen früheren Opern Verdis zusammengenommen. Dieser stets
unentschiedene Kampf zwischen dem alten und dem neuen Verdi, diese krampfhafte
Anstrengung sich höher zu strecken, als er gewachsen ist, wirkt geradezu peinlich.
Dafür hat Verdi sich das für einen Italiener bewundernswürdige Geschick angeeignet,
die musikalische Form a la Richard Wagner zu zerbröckeln, als Amphibium lange Zeit
zwischen Cantilene und Rezitativ zu atmen und eine „unendliche Melodie“ zu spinnen,
wenn ihm keine endliche einfällt.“29
Der vermeintliche konstruierte Zusammenhang oder Gegensatz Wagner/Verdi, der sich kaum
auf die wenigen Äußerungen der Komponisten und erst recht nicht auf ihre
Kompositionstechnik stützen läßt, , wurde erst ein halbes Jahrhundert später korrigiert.
Abgerundet wurden dieses wenig schmeichelhaften Porträts noch durch das Bild des vulgären
Leierkastenmuskers Verdi, der schmissige Melodien verfaßt, aber zu keiner motivischthematischen Arbeit fähig ist. Es geisterte noch Jahrzehnte durch den deutschen Blätterwald.
28
29
Über Verdi a.a.O,.S.81
Über Verdi a.a.O,.S.117-118
Johannes Booms-Todoric
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1.3.3 Phase 2: 1870 bis 1913
Ab 1870 schlägt allmählich die Stimmung in den Musikrezensionen und in den Urteilen
deutscher Musiker um. Wichtig ist nicht so sehr, daß nun auch viele positive Kritiken
erscheinen, sondern, daß zumindest teilweise ein vertieftes Verständnis der Opern Verdis
festzustellen ist. Die Weiterentwicklung der italienischen Oper durch Verdi wird
wahrgenommen, die alten Vorurteile der 40er und 50er Jahre verschwinden allmählich. 30
Ausgangspunkt hierfür sind 2 Werke der 70er Jahre: Aida und Messa da Requiem. So urteilt
die Allgemeine Musikalische Zeitung 1877 zu Aida:
„Die Oper zeigt von reicher Erfindungskraft, diese Musik ist dabei ebenso schön als
dramatisch wahr erfunden, ebenso im Ganzen formell abgerundet als im Einzelnen
reich an interessantem und dabei einfachem harmonischem Detail. Dramatische
Wärme hat ja von jeher zu Verdis hervorragendsten Eigenschaften gehört, und gerade
in der Aida weiß er den Hörer durch Melodie und Rhythmus zu fesseln wie wenige
Opernkomponisten...Verdi zeigt sich als Meister, welcher sich ebenso auf großartige
Massenwirkung versteht als auf musikalisch-dramatische, echt künstlerische
Ausgestaltung des Seelenlebens seiner Opernfiguren.“31
Richard Strauss schreibt dagegen 1886 an seine Eltern:
„Gestern Abend Aida, scheußlich. Indianermusik“32
Auch die Messa da Requiem wird kontrovers beurteilt. Hans von Bülow steht ihm
ablehnend gegenüber, während Brahms über Bülows Kritik33 mit dem Satz
„Bülow hat sich unsterblich blamiert, so etwas kann nur ein Genie schreiben“34:
urteilt. Eine Tagebuchnotiz von Cosima Wagner35 vermerkt:
„Ein Werk, worüber nicht zu sprechen entschieden das Beste ist.“36
Zuletzt sei Hanslicks Kritik erwähnt:
Verdis Requiem ist ein schönes, tüchtiges Werk, vor allem merkwürdig als Markstein
in der Entwicklungsgeschichte Verdis. Mag man es nun höher oder tiefer stellen, der
Ausruf „das hätten wir von Verdi nie erwartet!“ wird nirgends ausbleiben. In diesem
Sinne bildet das Requiem ein Seitenstück zu Aida, die mir gleichwohl in Erfindung und
Ausführung viel bedeutender erscheint.“37
Die Alterswerke Otello und Falstaff wurden in der Regel sogleich als bedeutende
Musikschöpfungen erkannt. Das Niveau der Auseinandersetzung mit diesen Werken kann
30
Dafür treten dann neue Vorurteile auf, z.b. daß Otello und Falstaff wagnerische Opern sind
Über Verdi a.a.O., S.83
32
Über Verdi a.a.O.,S.86
33
Bekanntlicherweise hat sich Bülow für seine Äußerungen in einem pathetischen Brief an Verdi vom 7.April
1897 entschuldigt, vgl. Über Verdi a.a.O., S.120-121
34
Über Verdi a.a.O.,S.90
35
Cosimas Tagebuchnotizen können als Meinung Richard Wagners gelten.
36
Über Verdi a.a.O.,S.91
37
Über Verdi a.a.O.,S.91
31
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nicht mit den oft rein persönlichen Urteilen früherer Kritiken verglichen werden. Die
Grundtendenz der Auseinandersetzung ist dabei aber immer auch die Frage, inwieweit Verdi
hier von Wagner abhängig ist. So schreibt etwa Josef Sittard im deutschnationalwagnerischen Sinne::
„In Othello hat Wagner eine Oper geschaffen, in welcher der Geist deutscher Kunst
lebendig geworden ist.“38
Anders urteilt Hanslick, der den Otello übrigens nicht besonders mochte:
„Daß die Musik zu Othello „wagnerisch“ sei, ist die nämliche Fabel, welche schon
über Aida verbreitet und mitunter geglaubt wurde. Im Othello finden wir nicht eine
Szene, ja nicht einen Takt, wofür Verdi dem Komponisten des Tristan verpflichtet
wäre. Hier regieren weder Leitmotive noch die unendliche Orchestermelodie, durch
weg herrscht der Gesang, die Singstimme; das Orchester dient selbst in seinen
belebtesten Momenten nur als stützende Begleitung. Das entscheidet den Streit, ob
eine Musik „wagnerisch“ sei.“39
Nach Verdis Tod bildet das Jahr 1913, also die 100. Wiederkehr seines Geburtstages einen
weiteren wichtigen Markstein der deutschen Verdi-Rezeption. Auch hier spielt der Gegensatz
Wagner-Verdi eine bedeutsame Rolle, nun aber so, daß Verdi gegen Wagner ausgespielt wird,
der ja von 1900 bis 1914 die Spielpläne der Opernbühnen weltweit beherrschte. Neben diesen
letztendlich politischen Äußerungen, die Verdi als Vehikel benutzen (genau wie dies die
Wagnerianer ihrerseit mit Wagner taten) versucht aber nun auch die Musikwissenschaft,
vertreten durch Alfred Heuß, das Verhältnis der beiden Komponisten zu bestimmen.
„Wagner vermag einzelne Motive über ein ganzes Werk zu spannen, er dehnt sie bis
zum Zerreißen aber nicht weiter; Verdi aber bringt seine Motive in einer einzigen Arie
oder, wenn’s hoch kommt, in einer Szene zum Explodieren, und was einmal explodiert
ist, ist erledigt. Wagner bildet das Leitmotiv-System bis zum äußersten aus, bei Verdi
könnte es – aus dem angegebenen Grunde – keine erhebliche Rolle spielen, selbst
wenn er wollte. Denn Verdi ist Szenendramatiker vom Scheitel bis zur Sohle, er faßt
jede Einzelszene als solche derart scharf ins Auge, daß gar kein Raum vorhanden ist,
unmittelbare Beziehungen zu den anderen Szenen herzustellen.“40
Damit war der Weg frei gemacht für die grundlegenden wichtigen Wagnerstudien der
folgenden Jahrzehnte.
38
Hortschansky, Klaus a.a.O. S. 169
Über Verdi a.a.O.,S.96
40
Kämper, Dietrich; Das deutsche Verdi-Schrifttum, in: Lippmann, Friedrich a.a.O. S.195
39
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1.3.4 Phase 3: 1918 bis 1933
Die Jahre der Weimarer Republik bilden den Höhepunkt der deutschen Verdi-Rezeption.
Deutschland hatte in dieser Zeit eine Leitfunktion, da die sog. Verdi-Renaissance dieser Jahre
die Werkgruppe der mittleren Opern La forza del destino, Don Carlos, Simone Boccanegra
und Un ballo in maschera erschloß und international durchsetzte. Die Diskussionen des
19.Jahrhunderts wurden zusammengefaßt und geklärt. Danach war der Weg frei für die später
entstehenden Spezialstudien der 70er und 80er Jahre.
Die Träger der Verdi Renaissance waren Musiker, Bühnenbildner, Musikwissenschaftler und
Literaten. Den bedeutsamen Beginn markiert der 1924 erschienene Verdi-Roman von Franz
Werfel.41 Trotz zahlreicher Ungereimtheiten – auch sprachlicher Natur – hat dieser Roman
Verdi in Deutschland „durchgesetzt“. Aus dem erfolgreichen aber verachteten
Leierkastenmusiker wurde der Hauptvertreter der italienischen Oper, der sich als Gipfelpunkt
der Opernmusik des 19.Jahrhunderts gleichberechtigt neben Wagner behauptet. Daher hat
jede Beschäftigung mit Verdi in Deutschland von diesem Roman auszugehen. Nicht weniger
wichtig war Werfels editorische Leistung der Briefe Verdis42 sowie seine Neuübesetzungen
Verdischer Opern43. Aufgeführt wurden diese Opern vor allem in Dresden, das damals seine
Glanzzeit unter dem Dirigenten Fritz Busch erlebte. Unterstützt wurde Fritz Busch von einem
erstklassigen Ensemble, allen voran die unvergleichliche Sopranistin Meta Seinemeyer. 44
Aufführungen auf diesem Niveau waren in den 20er Jahren nur noch an in der MailänderScala zu hören, die ihre damalige Glanzzeit vor allem Arturo Toscanini und Adolphe Appia,
dem berühmten Bühnenbildner verdankte. Daneben gab es, bedingt durch den Aufschwung
von Radio und Grammphon eine große Anzahl höchstwertiger Musikproduktionen, die
allerdings technisch fragwürdig sind und sich – aufgrund der begrenzten Spieldauer von
Schellack-Platten – auf die bekannten Gesangsnummern beschränkten. Festzuhalten ist
jedoch, daß der große Verdi-Gesang, der so lange seine Heimat in Italien und Frankreich hatte
nun seine besten Vertreter in Deutschland fand. 1932 erschien dann die erste bedeutende
musikwissenschaftliche Gesamtdarstellung Verdis, Herbert Gerigks45 Buch, erschienen in der
Reihe „Die großen Meister der Musik“.
„Es handelt sich hier um die erste umfassende und zugleich musikwissenschaftlich
seriöse Darstellung von Leben und Werk des Komponisten. Gerigks Buch ist darüber
hinaus eine der wenigen Arbeiten über Verdi , in denen die Musik selbst in größerem
Maße Gegenstand der Forschung ist.“46
Literarisch bedeutsam ist darüber hinaus die Aida-Episode im Zauberberg von Thomas Mann
47
, kennzeichnet sie doch auch die Öffnung des Autors für andere Musikwelten als die
Richard Wagners. Dennoch ist Thomas Mann natürlich zeitlebens Wagnerianer geblieben.
41
Werfel, Franz.a.O.
Werfel, Franz: Verdi-Briefe, Berlin/Wien 1926
43
Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß Verdi Aufführungen grundsätzlich in deutsch erfolgten. Opern in der
jeweiligen Landessprache zu geben war üblich. Wagner wurde in Italien auf italienisch, Verdi in Frankreich auf
französisch gegeben.
44
Man kann wohl behaupten, daß Maria Callas in Meta Seinemeyer eine bedeutende Vorgängerin hatte. Die früh
verstorbene Sängerin erschloß ähnliche dramatisch-tragische Ausdrucksbereiche wie die Callas, und das bei
größerer Stetigkeit der Stimme.
45
Gerigk, Herbert: Giuseppe Verdi, a.a.O. Nicht verschwiegen werden darf aber, daß Gerigk nur wenige Jahre
später seinen wissenschaftlichen Ruf ruinierte. Er war nämlich Mitherausgeber des ebenso gehässigen wie
wissenschaftlich haarsträubenden NS-Machwerks „Lexikon der Juden in der Musik“.
46
Kämper, Dietrich a.a.O. S.196
47
vgl. Mann, Thomas: Der Zauberberg, Frankfurt a.M. 1981, S.904-908
42
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Damit war Verdi in allen Rezeptionsbereichen anerkannt. Natürlich gab es auch weiterhin
Stimmen, die Verdis Bedeutung -–meistens zu Gunsten Wagners – herabsetzten. Wesentlich
neues aber hatten sie in der Regel nicht zu bieten.
Die Tatsache, daß Richard Wagner in Deutschland nie ein wirklich populärer Musiker
gewesen ist, deutet der Dirigent Wilhelm Furtwängler, der von Verdi den Otello dirigiert hat,
1931 wie folgt:
„Der heute so beliebte Vergleich zwischen Wagner und Verdi kennzeichnet die
Situation recht gut. Was man auch über das Genie beider sagen möge, so liegt es auf
der Hand, daß Verdi nicht nur für Sänger, sondern auch für das Publikum der
ungleich glattere, voraussetzungslosere und bequemere von beiden Künstlern ist. Dies
allein erklärt schon zum großen Teil die heutige Stellung Verdis zu Wagner in den
Augen der Öffentlichkeit.“48
Eine letzte –skurrile Facette – sei zum Abschluß zitiert. Der Komponist Hans Eisler fügt der
deutschnationalen Verdi-Kritik die sozialistische hinzu:
„Es gab vor Jahren in Deutschland eine große Händel-Renaissance, es gibt eine
Gluck-Renaissance, und jetzt sind wir dabei, eine Verdi-Renaissance miterleben zu
müssen. Stellen wir fest: Diese Händel-Renaissance war eine literarische
Schmockerei, und die Verdi Renaissance ist auf dem besten Wege, ebenfalls eine
solche zu werden. Man kann den Leichnam des modernen Opernbetriebes , der wie
jeder andere der Zersetzung der bürgerlichen Kunst unterworfen ist, nicht durch
Injektionen von gepflegten ätherischen Ölen aufwecken.“49
48
49
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Über Verdi a.a.O.,S.157
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1.3.5 Phase 4: 1933 bis 1945
Die Jahre zwischen 1933 und 1945 brachten keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Das
Ergebnis für die Verdi-Rezeption ist insgesamt ambivalent. Verdi wurde wie eh und je
aufgeführt, und war am Ende des 2.Weltkriegs der meistaufgeführte Opernkomponist in
Deutschland. Andererseits konnte der Verlust von zahlreichen Musikern 50 und
Musikwissenschaftlern, Regisseuren und Bühnenbildnern, die freiwillig oder
gezwungenermaßen in die Emigration gingen, Aufführungsverbote erhielten oder ermordet
wurden, nicht einfach ausgeglichen werden. Natürlich wurden in den 30er und 40er Jahren
viele später berühmte Musiker „groß“, aber diese hatten musikalisch andere Prioritäten.51
Man muß daher von einer Verarmung, teilweise sogar von einer Provinzialisierung der
deutschen Verdi Pflege sprechen. Dies gilt allgemein für die Oper, da ja viele erfolgreiche
Stücke der 20er Jahre, etwa von Korngold, Schreker, Brecht/Weill nicht mehr aufgeführt
werden durften.
Interessant aus heutiger Sicht sind vor allem die Rundfunkgesamtaufnahmen, die an
verschiedenen Opernhäusern und Runfunkanstalten aufgenommen wurden. In ihnen zeigt
sich, daß es einen womöglich politisch verbindlichen ‚nationalsozialistischen‘ Verdi Stil nicht
gab. Man kann eben nur gut oder schlecht, stilvoll oder stillos musizieren.52 Auffällig ist die
Dominanz von Helge Rosvaenge als Tenor, der seinen deklamatorischen Stil pflegt. 53 Die
Aufnahmen sind von unterschiedlichem Niveau, reichen insgesamt nicht an die kurz vorher
entstandenen Scala-Einspielungen heran, würden sich aber neben den meisten heutigen
Produktionen zumindest behaupten.
50
so emigrierte Fritz Busch nach einem wüsten Eklat in der Dresdner Oper
man denke hier nur an Karl Böhm, Herbert von Karajan, Elisabeth Schwarzkopf
52
Wo allerdings die nationalsozialistische Ideologie direkt tangiert wurde, wie etwa im Nabucco, wurde der Text
dreist gefälscht.
53
dies ist durchaus zeittypisch, vgl. hierzu die Aufnahmen von Pertile oder teilweise auch die des großen
Martinelli
51
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1.3.6 Phase 5: 1945 bis Heute
Hauptmerkmale der Entwicklung ab 1945 sind:
 die Internationalisierung des (west)-deutschen Opernbetriebs. Seit Mitte der 60er Jahre
werden in der Bundesrepublik die Opern zunehmend in der Originalsprache gesungen. (In
der DDR blieb man bei der deutschen Sprache, insbesonders unter dem Einfluß des
Regisseurs Felsenstein.) In der Bundesrepublik machte sich zudem vor allem an den
großen Häusern, die von Herbert von Karajan eingeführte Auflösung fester Ensemble
negativ bemerkbar. Vorbildhafte Produktionen nacheinander an unterschiedlichen
Häusern aufzuführen (heute Milano, morgen Berlin, übermorgen New York) führte zu
einem Reisezirkus, der die Stars und natürlich den Dirigenten Herbert von Karajan
exponierte. Die Kehrseite der Medaille war, daß die Ensemblestruktur, die einst Sängern
die Gelegenheit gegeben hatte, langsam in immer größere Aufgaben hereinzuwachen,
durch dieses Verfahren obsolet wurde. Die oftmals beklagte Krise der Gesangskunst, die
auch bei Verdi zu konstatieren ist, hat hier eine ihrer Ursachen. 54 Ausdruck dieser
Internationalisierung ist die Tatsache, daß die deutsche Grammophon-Gesellschaft ihre
große Verdi-Serie der 60er und 70er Jahre in Zusammenarbeit mit der Mailänder Scala
durchführte. Deutschsprachige Verdi Opern wurden zuletzt wohl in den 60er Jahren und
da auch meist nur als Querschnitt produziert.
 Die Verwissenschaftlichung der Verdi-Rezeption. Ausgehend von den grundlegenden
Forschungen in Italien und besonders England und den USA begann etwa ab 1970 auch in
Deutschland eine intensive Verdi-Forschung, die ihren Höhepunkt mit dem Verdi Jahr
2001 findet.55
 Das Regietheater. Im Gegensatz zu Wagner blieb Verdi weitgehend von den
Experimenten des modernen Regie-Theaters verschont 56 . Zwar räsonieren die
einschlägigen Feuilletons auch bei Verdi Aufführungen primär über Regie und
Bühnenbild – wohl weil die musikalische Beurteilung eine musikalische Ausbildung
verlangt – doch ist Verdi insgesamt zu eindeutig und nicht ‚interessant‘ genug um tiefere
Gedankengänge bei modernen Regisseuren auszulösen. Als Ausnahme können die
Inszenierungen von Hans Neuenfels gelten.
54
Die andere ist wohl, daß heutige Sängerinnen und Sänger oftmals mit den Gefühlsinhalten dieser Musik, von
den Charakteristika des Belcanto ganz zu schweigen, nichts mehr anfangen können.
55
vgl. Gerhard/Schweickert (Hrsg.) a.a.O.
56
Hiermit ist kein Verdikt gegen moderne Inszenierungen ausgesprochen. Gemeint sind lediglich Inszenierungen
und deren Regisseure, die ohne Kenntnis der Musik und der jeweiligen Hintergründe der Oper , die Opern als
Vehikel zur Selbstdarstellung benutzen, und dabei ohne Überlegung sich über sämtliche Orts oder
Regieanweisungen der Komponisten und Librettisten hinwegsetzen. Oft fordern sie auch von Sängern
Unmögliches oder Unsinniges, und nutzen dabei die Abhängigkeit gerade unbekannter Sängerinnen und Sänger
schamlos aus.
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1.4 Diskographie
Die folgende – ganz kleine - Auswahldiskographie versucht wichtige Stationen der deutschen
Verdi-Musikpflege nachzuzeichnen:
Von den frühen, technisch sehr mangelhaften Aufnahmen einzelner Arien sind vor allem die
der Sopranistin Lilli Lehmann und der Altistin Margarete Matzenauer von Interesse. Als
echte Battistini Nachfolger erweisen sich in den zwanziger Jahren die Baritone Joseph
Schwartz und Heinrich Schlusnus. Von den Tenören ist neben Richard Tauber und Alfred
Piccaver vor allem Torsten Ralf (in seiner Otello-Aufnahme aus den 40er Jahren)
hörenswert. Herausragend sodann, die Aufnahmen von Meta Seinemeyer und Elisabeth
Rethberg vom Ende der 20er Jahre.
Die technisch deutlich besseren Rundfunkgesamtaufnahmen der 30er und frühen 40er
Jahre sind interpretatorisch schwankend, insgesamt aber von mehr als nur dokumentarischem
Interesse, auch wenn sie nicht das Niveau der gleichzeitig entstandenen Scala-Aufnahmen
oder Met-Mitschnitte(s.o. Kapitel 1.3.5) erreichen, was sowohl die Leistungen der Sänger als
auch die der Dirigenten betrifft.
Schließlich die Gesamtaufnahme des Maskenball von 1951 unter Fritz Busch 57 , die
schönste Reminiszenz an die Dresdner Verdi-Renaissance der 20er Jahre, technisch
erstklassig und künstlerisch der wenige Jahre später entstanden Toscanini-Aufnahme
mindestens ebenbürtig.
57
Giuseppe Verdi: Ein Maskenball, Gesamtaufnahme in deutscher Sprache, Sänger/innen:
Fehenberger,
Fischer-Dieskau, Wegner, Mödl, Schlemm, Der Kölner Rundfunkchor, Das Giesen Quartett, Die Bläsergruppe
des Kölner Konzert-Orchesters, Das Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester, Dirigent: Fritz Busch,
Erschienen bei CALIG: CAL 50946/47
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1.5 Literaturliste
Für den Vortrag genutzte Literatur sowie sonstige wichtige Werke über Verdi in Auswahl
1.5.1 Bibliographie
Harwood, Gregory: Giuseppe Verdi: A Guide to Research
New York/London 1989
Viele Hinweise auch in:
Gerhard/Schweikert(Hrsg.): Verdi Handbuch
Stuttgart 2001
1.5.2 Leben und Werk
Abbiati, Franco: Giuseppe Verdi 4 Bde.
Milano 1959
Budden, Julian: The Operas of Verdi, 3 Bde.
London 1973-1981
Busch, Hans(Hrsg.): Giuseppe Verdi Briefe
Frankfurt a.M. 1979
Busch, Hans(Hrsg.): Verdi-Boito Briefwechsel
Frankfurt a.M. 1986
Gerhard/Schweikert(Hrsg.): Verdi Handbuch
Stuttgart 2001
Gerigk, Herbert: Giuseppe Verdi
Potsdam 1932 (Reprint 1980 bei Laaber)
Meier, Barbara: Giuseppe Verdi
Reinbeck bei Hamburg 2000
Werfel, Franz: Verdi Roman der Oper
Berlin 1924
Werfel/Stefan(Hrsg.): Giuseppe Verdi Briefe
Berlin/Wien 1926
1.5.3 Texte zur Rezeptionsgeschichte in Deutschland und Österreich)
1.5.3.1 Quellen(sammlung)
Engler, Günter(Hrsg.): Über Verdi Eine Anthologie
Stuttgart 2000
Hanslick, Eduard: Die moderne Oper
Berlin 1875
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1.5.3.2 Neuerer Forschungsstand
Bermbach, Udo(Hrsg.): Verdi-Theater
Stuttgart/Weimar 1997
Gerhard/Schweikert(Hg.): Verdi Handbuch
Stuttgart 2001
Schreiber, Ulrich: Die Kunst der Oper Bd.2
Frankfurt a.M. 1991
Schreiber, Ulrich: Schallplatten Klassik/Auslese
Karlsruhe 1971
1.5.3.3 Rezeptionsgeschichte
Csampai/Holland: Rigoletto, Texte, Materialien, Kommentare
Reibeck bei Hamburg 1982
Kesting, Jürgen: Die großen Sänger, 3Bde.
Stuttgart 1986
Lippmann, Friedrich(Hrsg.):Colloqium: ‚Verdi-Wagner‘ Rom 1969 Analecta musicologica 11
Köln/Wien 1972
Mack, Dietrich (Hrsg.): Richard Wagner
Darmstadt 1984
1.5.4 Sonstige Literatur
Hoffmann, E.T.A.: Fantasie und Nachtstücke
München 1960
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