2016_01_10_1.n.epiphanias_moewa_pfr

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Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Lasst uns um den Segen der Predigt bitten.
Der Predigttext steht im Römerbrief, Kapitel 12, die Verse 1-8. Der Herr segne an uns dies Wort.
Liebe Gemeinde,
einen Ermahnungstext schreibt Paulus der römischen Gemeinde und damit der Christenheit im
Allgemeinen. Wie kommt er dazu? Paulus fühlt sich nicht etwa als etwas. Er fühlt sich als Bruder
unter Geschwistern. Ihm ist aber bewusst, dass er eine besondere Aufgabe hat und diese berechtigt,
ja zwingt ihn beinah seine Ermahnung auszusprechen, nicht von oben herab, sondern quasi für sich
selbst mit, inklusive. Paulus schließt sich da also nicht aus, sondern ein.
So kann ich den Paulus hören, ohne gegen ihn die Stacheln ausfahren zu müssen.
Gebt eure Leiber Gott zum Opfer hin, lebendig, heilig und Gott wohlgefällig. Im Gebet sich Gott
zuwenden, wie auch immer das körperlich aussieht, gefaltete Hände, auf Knien, vor Gott liegen, wie
auch immer, den Rückbezug suchen auf Gott selber. Das ist nicht nur Christlich, sondern
Grundmerkmal eigentlich aller Religionen. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.
Sich Gott hingeben, das ist due Grundlage von Gottesdienst und damit von Veränderung in uns
selbst. Gottesdienst ist also nicht nur unsere Sonntagmorgenveranstaltung, die von Kirchenfernen
Leuten oft nicht mehr ohne Weiteres verstanden wird.
Vernünftiger Gottesdienst hat unbedingt etwas mit mir undmeinem Leben zu tun. Er ist wiederum
nicht allein Privatsache, sondern auch immer Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde. Damit hat Paulus
das Spannungsfeld umrissen in dem wir leben und unser Christsein zu gestalten haben.
Christen und Welt sind so Paulus nicht dasselbe. Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sagt er. Was die
Welt macht, kann also aus dem Glauben heraus nicht unreflektiert übernommen werden. Es muss
überdacht und geprüft werden: Inwieweit kann ich als Christ, können wir als Gemeinde weltliche
Dinge mit tragen bzw. Verhaltensweisen übernehmen.
Ich kann um Gottes Willen, nicht einfach tun und lassen was ich will.
Es gilt immer zu prüfen, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
Damit wird klar, wir leben in dieser Welt. Wir können uns ihr nicht einfach entziehen, sollen wir auch
nicht, aber wir sollen uns mit ihr um Gottes und unseres Glaubens willen auseinandersetzen.
Ich ermahne euch Geschwister, man könnte auch sagen ich ermutige euch das zu tun und immer
wieder neu zu fragen, damit ihr in euch selber Klarheit bekommt, wie wir als Christen leben können.
Totale Anpassung wäre sicher genauso falsch, wie totale Weltflucht. Es muss etwas dazwischen
geben. Meine Frömmigkeit muss ihren Platz finden. Ich möchte kein weltfremder Spinner werden,
der von allen belächelt und gemieden wird. Ich will mich aber auch nicht von allen Schmarotzern
dieser Welt ausnutzen und betrügen lassen. Ich habe auch keine Lust mich vor diverse politische
Karren spannen zu lassen.
Deshalb muss ich prüfen, wo ich Gutes tue, Was will ich privat und als Gemeinde tun. Vor allem nicht
nur im eigenen Saft kochen, sondern wirklich für andere da sein. Wollen wir Möglichkeiten für
Kirchenasyl schaffen? Wollen wir Flüchtlingen Unterkunft, Zuhause unsere Freundschaft anbieten?
Wie gehen wir mit unseren eigenen Armen um? Was tun wir für Familien und Kinder? Kaufen wir fair
gehandelte Produkte oder nur die billigsten Angebote und Schnäppchen? Beziehen wir Oeko- oder
Atomstrom? Wo können wir uns sinnvoll politisch engagieren und wo so sollten wir dagegen sein?
Sie merken, würde ich jetzt anfangen Antworten zu geben, würde es ganz schnell moralisch werden.
Ich meine, das wäre falsch. Wir müssen uns aber darüber verständigen und anfangen zu handeln. Wir
können nicht nur für uns selber leben. Das wär sicher kein vernünftiger Gottesdienst im Sinne des
Paulus. Denn dann würden wir uns dieser Welt gleich stellen.
Manchmal heißt es eben auch gegen den Strom schwimmen. Die Masse muss nicht unbedingt recht
haben, nur weil es viele sind, die so denken und reden.
Zumindest sind andere Meinungen immer genau zu hören und zu prüfen, um sachgerecht urteilen
und handeln zu können.
Paulus führt nun aus, wie das funktionieren könnte. Jeder halte zuerst einmal maßvoll von sich
selber. In unserer Leistungsgesellschaft wird Kindern oft ein gerüttelt Maß an Selbstbewusstsein
anerzogen. Je stärker die Ellenbogen sind, desto besser wird er oder sie sich durchsetzen können.
Nehme ich mich etwas vornehm zurück, gelte ich schnell als schwach. Wer nicht laut ruft, wird nicht
gehört. Es muss immer alles gesagt werden und zwar von jedem. Ist das aber wirklich
erstrebenswert? Ich meine, wenn andere das gesagt haben, was ich auch denke, muss ich es nicht
unbedingt wiederholen. Da kann ich mich getrost zurücknehmen, es sei denn, meine Meinung ist
ausdrücklich gefragt. Dann bekenne ich gerne Farbe.
Es geht wie überall um das rechte Maß. Paulus bindet das auch wieder an Gott zurück. Wie Gott
einem jeden das Maß des Glaubens ausgeteilt hat, so formuliert er. Das ist natürlich immer noch
auslegbar. Maß des Glaubens bezog sich damals auf die Einhaltung der Speisegebote.
Heute könnte man sagen, in des Glaubens Sinn maßvoll von sich selber halten, bedeutet
unterschiedliche Frömmigkeiten gegenseitig anerkennen und achten, nicht auf das trennende
hinarbeiten, sondern auf das Gemeinsame.
Diese Zerreißprobe haben wir in unserer Kirche ja auch immer wieder. Da steht sofort die Frage nach
dem Schriftverständnis und den daraus folgenden praktischen Schlussfolgerungen auf dem Plan.
Da auszuhalten, dass es sehr unterschiedliche Positionen gibt, ist nicht so leicht.
Ich habe vor meinem Theologiestudium den Kirchlichen Fernunterricht absolviert, den auch einige
Prädikanten unserer Gemeinde absolviert haben bzw. begonnen haben. Wir haben uns da
nächtelang die Köpfe über theologische Fragen heiß geredet und dann doch immer wieder
festgestellt, dass wir auch richtig gegensätzlichen Leuten keinesfalls die Ernsthaftigkeit ihres
Glaubens absprechen konnten.
Keinem dieser Runde mangelte es an Frömmigkeit oder Glaube. Das war so meine ich die wichtigste
Erkenntnis dieser Abende und des KFU überhaupt. Es hat mir unheimlich den Blick geweitet.
In unserer Kirche und auch in unserer Gemeinde findet sich dieselbe Bandbreite an Frömmigkeiten.
Begreifen wir sie als Schatz und Gabe Gottes, können wir uns gegenseitig als Christen wertschätzen
ohne einander klein zu machen oder den rechten Glauben abzusprechen, können wir eine sehr
lebendige Kirchgemeinde sein, die tatsächlich etwas an Weisheit hat, wie unser Gemeindename
sophia sagt.
Paulus nutz hier das Bild des Leibes mit den verschiedenen Gliedern. Viele Glieder ein Leib in
Christus. Christus aber ist das Haupt. Damit ist klar, wir können unterschiedlich sein und auch
bleiben, solange unser Haupt Christus ist und bleibt. Wir haben unterschiedliche Einsichten und
Aufgaben und das ist auch gut so. damit entsteht Vielfalt, die sich zugegebenermaßen manchmal
aneinander reibt.
Damit Christus das Haupt bleibt, braucht es regelmäßige Zentrierung auf ihn hin, also den
sonntäglichen Gang zur Kirche, der uns manchmal leichter und manchmal schwerer fällt.
Ich finde den Sonntagsgottesdienst aber als unverzichtbare Chance eins zu sein in dem Herrn. Das
macht sich mir nicht unbedingt in der predigt fest. Da bringe ich als Prediger ja auch meine
spezifische Prägung ein. Gut wäre darüber dann reden zu können, gerade, wenn jemand mit dem
gesagten nicht einverstanden ist. Solche Kritik finde ich immer besonders wichtig, wenn sie sachlich
ist.
Ds zentrale ist und bleibt für mich das Abendmahl. Hier finden wir wieder zu unserer Mitte zu Jesus
Christus. Und von hier aus geht es dann wieder fröhlich in die Welt. Da können wir uns dann wieder
ausprobieren, Versuch und Irrtum wagen und aus unserem Glauben heraus diese Welt mitgestalten
und versuchen das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene auf den Weg zu bringen, wie Paulus es
formuliert hat.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus
Christus unserem Herrn. Amen.
Fürbitten
Herr unser Gott, du kennst uns und hast in deiner großen Liebe deinen Sohn Jesus Christus in die
Welt geschickt, dass wir an ihm lernen dürfen, was wahres Menschsein und damit Christsein
bedeutet.
Lehre uns nach deinem Willen zu fragen und zu leben, auf dein Wort zu hören und Liebe zu üben.
Lass uns erfinderisch werden, deine Liebe in die Welt zu tragen.
Wir bitten dich für alle Projekte in unserer Kirchgemeinde, besonders aber für den neuen
Kindergarten in Lindenthal. Gib deinen Segen und die nötige Geduld, deine Gemeinde wachsen und
gedeihen zu lassen.
Wir bringen dir alles, was uns Angst macht, Krieg und Terror, Gewalt und Bosheit, Gedankenlosigkeit
und Egoismus. Lehre uns das Leben aus deiner Hand zu nehmen, Geduld zu lernen und für andere da
zu sein.
Wir bringen dir alle Ungerechtigkeiten dieser Welt, dass Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben
können und dass die Ausbeutung deiner Schöpfung unsere Welt an den Rand einer Katastrophe
gebracht hat, dass der Meeresspiegel steigt und Inseln verschwinden werden.
Wir bitten dich für alle, die davon betroffen sind. Wir bitten für alle, die neu anfangen müssen in
ihrem Leben. Lass sie Heimat und erfüllende Aufgaben finden, von denen sie leben können.
Wir bitten für alle, die mit großen Hoffnungen als Flüchtlinge in unser Land kommen. Lehre sie
anzukommen in unserer Gesellschaft, lass sie Freunde, Arbeit und Wohlstand finden. Lass uns
gemeinsam in Frieden leben.
Wir bitten für alle, die traurig und mutlos sind. Wir bitten für alle Kranken um Geduld mit sich selber,
um Heilung und neue Kraft, Lebensmut und Hoffnung.
Die Trauernden tröste du mit deiner Liebe und der Gewissheit, dass ihre Lieben in dir geborgen sind.
In der Stille lasst uns vor Gott bringen, was uns persönlich bewegt.
Lehre uns miteinander achtsam und liebevoll umzugehen, uns den Glauben gegenseitig nicht
abzusprechen, sondern gemeinsam diese Welt in deinem Sinne mitzugestalten und zu verändern.
Lehre uns aus dir Herr immer wieder Kraft zu schöpfen und dich als unseren Herrn zu ehren und dir
zum Lobe zu leben.
Amen.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen,
denn dein ist das Reich und die kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Zugehörige Unterlagen
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