Predigt zum 13. Sonntag im JK (28. Juni 2009) Mk 5,21-43 Thomas Stürz Am letzen Sonntag im Juni werden in unserer Diözese traditioneller Weise die Priesterweihen gespendet. Die Weiheliturgien sind immer Feste der Freude und des Glaubens, in denen Kirche auf beeindruckende Weise erfahrbar wird. Heuer gibt es in unserem Land sozusagen eine Premiere, da kein Südtiroler in unserer Diözese zum Priester geweiht wird. Es gibt sehr wohl eine Priesterweihe eines Serviten in Maria Weißenstein. In unserer Kirchengeschichte muss man aber schon sehr weit zurückblicken, damit man sozusagen ein Jahr ohne eigene Priesterweihe noch einmal antrifft. Sicher können Gründe gefunden werden für die schwindende Begeisterung zum Priesterberuf. Manche werden meinen, die alleinige Schuld liege am Zölibat; andere, die der Wirklichkeit besser auf den Grund gehen, werden bemerken, dass die Zahl der Kinder stark abgenommen hat und es somit zwangsläufig weniger Theologiestudenten gibt. Ich glaube aber, die Ursache für den Priesterschwund ist noch weit dramatischer: In unserem Heiligen Land Tirol mangelt es zusehends am Glauben und damit verbunden an der Begeisterung, diesen Glauben weiterzugeben. Wozu soll man glauben. Wir haben ja fast alles, können scheinbar alles – da hat ein Glaube, der sich an einen Gott ausrichtet wenig Platz. Dieser Umstand müsste uns viel eher aufrütteln als irgend eine fehlende Priesterweihe! Jener Glaube, der in unserer Zeit immer mehr kritisiert, bagatellisiert und an den Rand gedrängt wird, steht im heutigen Evangelium ganz im Mittelpunkt. Von einer ungewöhnlichen Krankenheilung und von einer Totenerweckung war die Rede. Jesus wird dargestellt als derjenige, der Macht hat über die Krankheit und den Tod. Anders als die vielen Wunderheiler, die es zu allen Zeiten und an allen Orten gegeben hat, fordert Jesus keinen Lohn für seinen Erfolg, sondern den Glauben der Betroffenen. Zur Frau, die durch die Berührung des Gewandes Jesu von ihrem Leiden befreit worden ist, sagt er: „Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen.“ Zu Jairus, dem Synagogenvorsteher, sagt er noch im Angesicht des Todes seines Kindes: „Sei ohne Furcht, glaube nur“. Der Glaube wird also zur Voraussetzung für das Heil und das gelingende Leben. Jesus verkündet mit Macht die Frohe Botschaft vom Reich Gottes und fordert bei den Zuhörern die entsprechende Reaktion ein, nämlich den Glauben. Wenn wir die Evangelien durchlesen, werden wir immer wieder bemerken, dass es kaum eine Heilung durch Jesus gibt, ohne den Glauben. Wo den Menschen der Glaube fehlt, werden die Zeichen Jesu nicht verstanden. So auch am Ende des heutigen Evangeliums: Die zahlreichen Menschen, die vor dem Haus des Jairus von der Totenerweckung seiner Tochter hören, brechen keineswegs in Jubel aus, oder loben gläubig Gott für sein wunderbares Handeln durch Jesus. Es heißt nur, dass sie in blankes Entsetzen geraten. Sie sind offensichtlich durch das Handeln Jesu nicht zum Glauben gekommen. Das Sprichwort, wonach der Glaube Berge versetzen kann, ist vielfach schon bewiesen worden. Inzwischen gibt es auch wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass z. B. Krankenheilungen besser und schneller verlaufen, wenn ein Patient getragen ist von einem starken Glauben, wenn er sich eingebettet weiß in eine Gemeinschaft, die sich im gläubigen Gebet an Gott richtet. Der Glaube ist aber nicht nur etwas für Kranke und Hilfsbedürftige. Er hilft allen Menschen, dem eigenen Leben Sinn abzugewinnen und ihm Orientierung zu geben. Glauben hat mit Vertrauen, mit sich auf Jemanden verlassen, auch mit Sicherheit zu tun. Wer glaubt, vertraut darauf, dass Gott in die Geschichte eingreift; wer glaubt, verlässt sich auf die Möglichkeiten Gottes, die sich nicht nur auf unsere irdische Existent beschränken sondern darüber hinaus reichen; wer glaubt, rechnet mit der Existenz Gottes, die unserem Dasein durch das Wirken Jesus Christi einen ganz anderen Wert gegeben hat. Unser Leben endet nicht an unserem Sterbetag, sondern wird aufgenommen in die Größe Gottes. Diese Sicherheit gibt unserem Leben einen Mehrwert, der durch nichts anderes zu erreichen ist. Einer, der sich sein ganzes Leben lang für diese Überzeugung, den Glauben an Jesus Christus, eingesetzt hat, ist der Apostel Paulus. Heute endet das Paulusjahr, das vor einem Jahr von Papst Benedikt XVI. ausgerufen worden ist. 2000 Jahre nach der Geburt des Völkerapostels sollte auf sein großes missionarisches und schriftstellerisches Wirken hingewiesen werden. Oft wird ja gesagt, Jesus Christus habe die Kirche gestiftet, Paulus aber hat ihr das theologische Fundament gelegt, auf dem dann andere weiterbauen konnten. Er hat also beigetragen, dass unser Glaube auch theologisch begründet wurde, dass sich dieser Glaube auch mit anderen Überzeugungen auseinandersetzen kann. Interessant ist in der Theologie des Paulus, dass er nie einen blinden Gehorsam eingefordert hat, sondern immer den freien Willen vorausgesetzt hat. Jeder einzelne ist aufgefordert, sich zu Jesus Christus, dem Gekreuzigten zu bekennen, der in seiner Auferstehung der Welt das Heil gebracht hat. Paulus erzählt nicht Wundergeschichten, fordert auch nicht Kadavergehorsam, sondern will die Menschen durch seine Predigt zum Glauben führen. Bemühen wir uns wieder mehr um diesen Glauben, der unser ganzes Leben durchwirken soll. Er darf nicht sein, wie ein Sonntagskleid, das wir vor der Kirche wieder ausziehen, sondern muss zu einem wichtigen Bestandteil unseres Lebens werden. Der Glaube mit seinen Bräuchen und Ritualen muss unseren Alltag durchdringen, damit wir ihn verinnerlichen und nicht als etwas Fremdes und Eigenartiges erleben. Wenn wir das zulassen, werden wir selber nach und nach zu Zeugen des Glaubens, wie der Apostel Paulus. Der Glaube wird durch unser Verhalten auch andere anstecken, überzeugen und begeistern können. Erst wenn unser christlicher Glaube wieder gefestigt ist, wird auch die Zahl der Priesterweihen in unserem Land wieder zunehmen. Gott möge uns allen zu einem solchen Glauben verhelfen!