Zitate von Prokop von Caesarea und aus dem Anonymus Valesianus Prokop von Caesarea, Gotenkriege (geb. um 500, gest. nach 555, consiliarius auf den Feldzüges Belisars) Die Belagerung Ravennas durch die Goten und Theodorich zog sich drei Jahre lang hin, so daß sie des untätigen Sitzens überdrüssig wurden. Da auch Odoakar und seine Leute an allem Lebensnotwendigen litten, kam durch Vermittlung des Bischofs von Ravenna ein Vertrag zustande, wonach Theodorich und Odoakar gleichberechtigt und gemeinsam in Ravenna die Regierung führen sollten. Einige Zeit hielten sich beide an die Abmachungen, dann soll Theodorich einem Anschlag Odoakars gegen sein Leben auf die Spur gekommen sein. Mit erheuchelter Freundlichkeit lud er ihn zu einem Gastmahl und ließ ihn dort niedermachen. Hierauf gewann Theodorich die überlebenden feindlichen Barbaren für sich, so daß er jetzt unangefochten über Goten und Italiker herrschte. Die Insignien und die Bezeichnung eines römischen Kaisers anzunehmen, lehnte er ab. Zeitlebens ließ er sich nur "Rex" nennen - so heißen die Barbaren ihre Führer -, regierte aber über seine Untertanen mit kaiserlicher Machtfülle. Nachdrücklich sorgte er für Gerechtigkeit und wahrte die Gesetze, er schützte das Land vor den umwohnenden Barbaren und bewies höchste Klugheit und Tapferkeit. Seinen Untertanen tat er fast nie ein Unrecht an und ließ es auch von keinem anderen zu. Lediglich den Teil an Ländereien, den Odoakar seinen Leuten überlassen hatte, durften die Goten unter sich aufteilen. So war Theodorich dem Namen nach ein Gewaltherrscher, in Wirklichkeit jedoch ein echter Kaiser und stand keinem seiner berühmten Vorgänger irgendwie nach. Die Goten und Italiker liebten ihn daher sehr, was sonst menschlicher Art nicht entspricht. Denn in den Kreisen der Bürger verfolgt die eine Partei diese, die andere jene Ziele. So kommt es, daß die Regierung jeweils denen zusagt, die mit ihren Maßnahmen einverstanden sind, bei den Andersgesinnten aber auf Ablehnung stößt. Theoderich starb nach 37jähriger Regierung, ein Schrecken aller seiner Feinde, doch tief betrauert von seinen Untertanen. Sein Tod kam so: Symmachus und dessen Schwiegersohn Boethius, beide altpatrizischer Herkunft, waren Konsulare und bekleideten die erste Stellung im römischen Senat. Eifrigst trieben sie philosophische Studien und strebten nach dem Ruhm der Gerechtigkeit. Sie halfen auch vielen Stadtbewohnern und Fremden mit Geldunterstützungen aus der Not, zogen sich aber durch ihr wachsendes Ansehen die Mißgunst schlechter Menschen zu. Theodorich schenkte deren verleumderischen Behauptungen Glauben, ließ beide Männer als Hochverräter hinrichten und zog ihr Vermögen ein. Wenige Tage später setzten ihm die Diener den Kopf eines großen Fisches zum Mahle vor. Da war es ihm, als sei dies das Haupt des eben erst getöteten Symmachus: Mit seinen in die Unterlippe eingebissenen Zähnen und starr und wild auf ihn gerichteten Augen erschien er Theodorich furchtbar drohend. Das gräßliche Gesicht erfüllte ihn mit Schrecken; er bekam Schüttelfrost und mußte sich eilends in sein Schlafgemach zurückziehen, wo er, in viele Decken gehüllt, Ruhe suchte. Hierauf berichtete er seinem Leibarzt Elpidius den ganzen Vorfall und beklagte das Unrecht, das er Symmachus und Boethius zugefügt hatte. Nachdem er seinen Fehler bitter beklagt und bereut hatte, verschied er kurz darauf. Dies war die erste und letzte Untat gegen seine Untertanen; denn nicht wie sonst hatte er eine sorgfältige Untersuchung durchgeführt und erst dann sein Urteil gegen die Männer gefällt. Anonymus Valesianus (zweiter Text, Theodericiana 474-526, 1636 von H Valois hrsg. After this the king began from time to time, when he found an opportunity, to vent his rage upon the Romans. Cyprianus, who was then a referee, afterwards count of the privy purse and a master, was led by avarice to make a charge against the patrician Albinus, to the effect that he had sent to the emperor Justinus a letter hostile to Theoderic's rule. When Albinus was summoned p563and denied this, the patrician Boethius, who was master of ceremonies, said in the king's presence: "The charge of Cyprianus is false, but if Albinus did that, so also have I and the whole senate with one accord done it; it is false, my Lord King." 86 Then Cyprianus, after some hesitation, produced false witnesses, not only against Albinus, but against his defender Boethius. Moreover, the king was plotting evil against the Romans and seeking an opportunity for killing them; hence he trusted the false witnesses rather than the senators. 87 Then Albinus and Boethius were imprisoned in the baptistery of a church. And the king summoned Eusebius, prefect of the city, to Ticinum, and pronounced sentence on Boethius without giving him a hearing. Presently at the Calventian estate, where Boethius was confined, he had him put to a wretched death. He was tortured for a long time with a cord bound about his forehead so tightly that his eyes cracked in their sockets, and finally, while under torture, he was beaten to death with a cudgel. 85 74 75 76 77