Anlage 2 - Universität des Saarlandes

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Vorlesung Stochastik, Anlage 2
Universität des Saarlandes, SS 2013
Urnenmodelle – Werkzeuge für das Abzählen von Mengen
Im Allgemeinen kann das Bestimmen von #A und #Ω — im Gegensatz zu dem Fall
in Beispiel 3.1.17 — recht kompliziert sein. In einigen Beispielen lässt sich das jeweilige
Problem jedoch auf eines der folgenden Urnenmodelle zurückführen. In diesem Fall hilft
der unten stehende Satz 1.3 weiter.
Modell 1.1 In einer Urne seien n von 1 bis n durchnummerierte Kugeln. Es werden
sukzessive insgesamt k Kugeln entnommen. Das zufällige Endergebnis der k gezogenen
Kugeln nennt man Stichproble des Umfangs k. Hierbei muss man unterscheiden, wie
die Stichprobe zustande gekommen ist:
• Stichprobe mit Rücklegen: ja/nein
• Stichprobe durch Ziehen in Reihenfolge: ja/nein
Das Ziehen einer Stichprobe unter Beachtung bzw. unter Missachtung der Reihenfolge
nennt man auch Variation bzw. Kombination.
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Definition 1.2 Für eine Zahl n ∈ N0 nennt man
(
n(n − 1) · · · 1 , n ∈ N
n! :=
1
, n=0
n Fakultät. Für Zahlen n, k ∈ N0 nennt man
(
n!
n
k!(n−k!)
:=
k
0
, n≥k
, n<k
den k-ten Binomialkoeffizienten bzgl. n oder auch n über k.
Satz 1.3 Für das Urnenmodell 1.1 mit n, k ∈ N gilt:
(i) Es gibt
n!
(n−k)!
verschiedene Stichproben in Reihenfolge ohne Rücklegen, falls k ≤ n.
(ii) Es gibt nk verschiedene Stichproben in Reihenfolge mit Rücklegen.
(iii) Es gibt nk verschiedene Stichproben ohne Reihenfolge ohne Rücklegen, falls k ≤ n.
(iv) Es gibt k+n−1
verschiedene Stichproben ohne Reihenfolge mit Rücklegen.
k
1
Beweis [durch Anschauung] (i) Es sein k ≤ n. Dann hat man bei der
1. Ziehung: n Möglichkeiten
2. Ziehung: n − 1 Möglichkeiten
..
.
k. Ziehung: n − k Möglichkeiten
für das Ziehen einer Kugel. Es gibt dementsprechend n(n − 1) · · · (n − k + 1) =
verschiedene Stichproben in Reihenfolge ohne Rücklegen.
(ii) Man hat bei der
n!
(n−k)!
1. Ziehung: n Möglichkeiten
2. Ziehung: n Möglichkeiten
..
.
k. Ziehung: n Möglichkeiten
für das Ziehen einer Kugel. Es gibt dementsprechend n · · · n = nk verschiedene Stichproben
in Reihenfolge mit Rücklegen.
n!
(iii) Sei wieder k ≤ n. Gemäß (i) gibt es (n−k)!
verschiedene Stichproben in Reihenfolge
ohne Rücklegen. Da nun die Reihenfolge keine Rolle spielt, können wir jeweils all diejenigen
Stichproben identifizieren, bei denen dieselben k Zahlen (unabhängig von der Reihenfolge)
gezogen wurden. Das sind jeweils k! viele, denn es gibt für die
1. Position der Reihung: k Möglichkeiten
2. Position der Reihung: k − 1 Möglichkeiten
..
.
k. Position der Reihung: 1 Möglichkeit
Dementsprechend gilt
n!
= k! · (Anzahl verschiedener Stichproben ohne Reihenfolge ohne Rücklegen),
(n − k)!
n!
d. h. es gibt (n−k)!
/k! = nk verschiedener Stichproben ohne Reihenfolge ohne Rücklegen.
(iv) Der Schlüssel ist die Umformulierung der Fragestellung. Eine Stichprobe ist offensichtlich bestimmt durch die Anzahl der Einsen, Zweien, . . . . Sie ist aber auch bestimmt
durch eine Folge von k Sternen und n − 1 senkrechten Strichen:
Die Anzahl der Sterne bis zum 1. Strich entspricht der Anzahl der Einsen.
Die Anzahl der Sterne zwischen 1. und 2. Strich entspricht der Anzahl der Zweien.
..
.
Die Anzahl der Sterne nach dem (n − 1). Strich entspricht der Anzahl von n.
Im Fall von n = 5 und k = 3 können die Stichproben (1, 3, 3) und (3, 4, 5) also zum Beispiel
identifiziert werden mit (∗|| ∗ ∗||) bzw. (|| ∗ | ∗ |∗). Die neue (äquivalente) Frage lautet nun:
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Wie viele Möglichkeiten gibt es, die k Sterne auf k + n − 1 Positionen zu verteilen? Die
, denn das Verteilen der Sterne entspricht dem
Antwort ist gemäß (iii) tatsächlich n+k−1
k
Ziehen einer Stichprobe der Größe k ohne Reihenfolge ohne Rücklegen aus einer Urne mit
n
e := k + n − 1 durchnummerierten Kugeln.
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Einige Laplace’sche W-Räume
Fasst man die vier Ausprägungen des Urnenmodells 1.1 als Zufallsexperimente auf, dann
bieten sich folgende W-Räume (Ω, F, P) an:
(i) Ziehen in Reihenfolge ohne Rücklegen:
Ω := {(i1 , . . . , ik ) : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} paarweise verschieden}
F := P(Ω)
n!
P[A] := #A/ (n−k)!
, A∈F
(ii) Ziehen in Reihenfolge mit Rücklegen:
Ω := {(i1 , . . . , ik ) : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n}}
F := P(Ω)
P[A] := #A/nk ,
A∈F
(iii) Ziehen ohne Reihenfolge ohne Rücklegen:
Ω := {{i1 , . . . , ik } : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} paarweise verschieden}
F := P(Ω)
P[A] := #A/
n
k
, A∈F
oder
Ω := {(i1 , . . . , ik ) : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} mit i1 < i2 < · · · < ik }
F := P(Ω)
P[A] := #A/
n
k
, A∈F
(iv) Ziehen ohne Reihenfolge mit Rücklegen:
Ω := {{|i1 , . . . , ik |} : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} mit i1 ≤ i2 ≤ · · · ≤ ik }
F := P(Ω)
P[A] := #A/
k+n−1
k
, A∈F
(wobei {|i1 , . . . , ik |} eine Multimenge ist) oder
Ω := {(i1 , . . . , ik ) : i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} mit i1 ≤ i2 ≤ · · · ≤ ik }
F := P(Ω)
P[A] := #A/
k+n−1
k
, A∈F
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