2.1 Grundlagen der Telefonie Grundlagen der Telefonie Geschichtliches 1844 Samuel Morse baut eine Telegrafenlinie von Washington nach Baltimore. 1861 Der deutsche Phillip Reis führt sein Telefon vor, welches er jedoch nicht patentiert. 1876 Der Amerikaner Graham Bell reicht zwei Stunden vor Elisha Gray sein Patent für ein verbessertes Telefon ein und entwickelt es anschliessend zur Serienreife. 1880 Die private Zürcher Telefongesellschaft eröffnet das 1. Telefonnetz der Schweiz. Die abgebildete Lokalbatterie Station LB stammt aus dieser Zeit. 1897 Dem Italiener Guglielmo Marconi gelingt die erste funktechnische Übertragung. 1923 In Berlin wird die erste drahtlose Fernsehübertragung gezeigt. 1965 Telefonverbindung mittels Fernmeldesatelliten Early Bird nach Amerika. 1978 Einführung des automatischen nationalen Auto-Telefons (NATEL) in der Schweiz. 1993 Tim Berners-Lee entwickelt am CERN (in Genf) den Webbrowser und das World Wide Web, das dem Internet (Interconnected Networks) zum Durchbruch verhilft. Telefonische Übertragung Beim Sender (Mikrofon) werden Schallwellen in elektrische Signale (Schwingungen) umgewandelt. Damit die schwachen elektrischen Signale auch grössere Distanzen überwinden können, werden sie transformiert (Übertrager). Im Empfänger (Hörer) werden die elektrischen Signale in Schallwellen zurück gewandelt. Schaltung (historisch) Schema mit genormten Zeichnungs-Symbolen: Nebenstehende Zeichnung ist zu beschriften Ströme Die beiden Stromarten sind zu bezeichnen. Beschreibung I nach Mikrofon t I nach Übertrager t p Ton mit PM t p Ton ohne PM (verzerrt) t __________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Die beschriebenen Ströme bilden die Grundlage der analogen Telefonie. Sprechen Die Membrane (dünne Metallscheibe) drückt auf die Kohlekörner. Diese verändern ihren Widerstand, es entsteht ein pulsierender Gleichstrom (Analogsignal). Übertragung Der Übertrager (Transformator) wandelt den pulsierenden Gleichstrom in den sogenannten Sprechwechselstrom um. Ausserdem erhöht er die Spannung auf der Leitung. Hören Der Elektromagnet zieht die Membrane bei positivem Signal an, bei negativem Signal lässt er sie gehen. Es entsteht etwa der gleiche Ton, wie er beim Mikrofon empfangen wurde. Die Hörermembrane ist vorgespannt. Ohne Permanentmagnet (PM) würde das Signal verzerrt ertönen (etwa mit der doppelten Frequenz). Bei positivem Signal überlagern sich die Felder von Elektro- und Permanentmagnet, bei negativem Signal heben sie sich auf. Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 © pem 2.2 Grundlagen der Telefonie Telefonspeisung LB: 1,5 ... 3 Volt ZB: 24 ... 60 Volt Die Mikrofone sind immer in Serie zur Speisung (Batterie) geschaltet. Mit den Gabelkontakten (G) wird jeweils bei Nichtgebrauch die Speisung abgeschaltet. Die Vermittlungseinrichtung sowie die Rufstromkreise sind in den folgenden Schemas nicht dargestellt. Je nach Standort der Energiezuführung (in der Station oder in der Zentrale) werden zwei verschiedene Betriebssysteme unterschieden. Lokalbatteriesystem (LB) LB Die Station B ist zu zeichnen. Die Stationen sind mit der Zentrale zu verbinden. Station A G Mikrofon Zentrale Station B Übertrager Hörer Die Speisung erfolgt beim LB-System ab jeder Station. Damit in der Übertragungsleitung weniger Verluste auftreten, wird das spannungsschwache Signal des Mikrofonkreises mit dem Übertrager (Trafo) heraufgesetzt. Dieses an und für sich einfache Prinzip hat den Nachteil, dass bei Ausfall einer Batterie keine Gespräche mehr geführt werden können. Anwendungen: Bergwerk, Zivilschutzanlage, Militär (Feldtelefon), Spielzeugtelefon. Zentralbatteriesystem (ZB) ZB Die Station B ist zu zeichnen. Die Stationen sind mit der Zentrale zu verbinden. Merkhilfe Der Sprechwechselstrom wird in der Zentrale durch die Kondensatoren weitergeleitet und durch die Drosseln gesperrt (Hochpass). Die angeschlossenen Stationen werden hingegen über Drosselspulen gespeist, ohne dass der Sprechwechselstrom über der Batterie kurzgeschlossen wird (Tiefpass). Der Rufstromkreis ist nicht eingezeichnet! Anwendung: Analog-Zentralen im Ortsnetz mit automatischem Betrieb, Teilnehmervermittlungsanlagen (TVA) in Hotels, Betrieben oder grösseren Wohnungen. Frequenzabhängigkeit der Widerstände Drossel Je nach Stromart werden die aufgeführten Bauteile bei steigender Frequenz niederohmig (stromdurchlässig) respektive hochohmig (stromsperrend) oder sie sind frequenzunabhängig. Ergänzen. Tabelle entsprechend ergänzen und das Ergebnis mit dem Schema beim Zentralbatteriesystem vergleichen. Bauteil Kondensatoren Symbol Drosselspule mit FE-Kern Kondensator Sprechwechselstrom Speisegleichstrom XL I I XC I R Widerstand Widerstand Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 © pem 2.3 Grundlagen der Telefonie Grundfunktionen analog Das Telefon als die klassische Endeinrichtung der Telekommunikation ermöglicht seit mehr als 100 Jahren Sprach- und Datenübertragung in einem analogen Nutzkanal von 300 Hz bis 3400 Hz. Die Apparate werden über zwei Adern gespiesen, ausserdem erfolgt über die gleichen Adern das Sprechen, Hören, Wählen, Steuern und der Ruf. Modernere Geräte haben ein Display zur Visualisierung der Leistungsmerkmale. Wirkschaltschema Modell 29 G b Die Stromkreise sind einzufärben. C T Die nachfolgenden Teilschemata sind mit dem Schema rechts zu vergleichen! XL W2 a J W1 K M Knackschutz Zusatzwecker Übertrager Funktionsweise Ruf (violett) a J 1W2 Der Hörer ist aufgelegt (G C b XL ZW, seriell Sprechen (rot) ) Rufstromkreis (Wechselstrom): Klemme a ⇒ Impulskontakt J ⇒ Weckerbrücke W1-W2 ⇒ Wecker XL ⇒ Kondensator C ⇒ Klemme b. C sperrt Speisegleichstrom. Anstelle einer Weckerbrücke 1W2 konnte bei Apparaten bis Modell 85 ein serieller Zusatzwecker ZW installiert werden. Der Hörer ist abgehoben (G ) Sprechstromkreis: Klemme a ⇒ Impulskontakt J ⇒ Mikrofon M ⇒ Spule 33 Ω ⇒ Gabelkontakt G ⇒ Klemme b. Mikrofonkreis: Das Mikrofon ändert seinen Widerstand im Rhythmus der Sprachfrequenz, dies verändert den Speisegleichstrom (Gleichstrom überlagert mit Wechselstrom). Rückhören: Der Mikrofonstrom teilt sich auf die Wicklungen 33 Ω und 580 Ω auf und magnetisiert den Übertrager gegensinnig. Das Sprechsignal wird wegen der ungleichen Wicklungen gedämpft auf den Hörer übertragen. Ohne das Rückhören hätte der Sprecher den Eindruck die Leitung sei unterbrochen. Hören (grün) b Der Hörer ist abgehoben (G ) Hörerstromkreis: Der von der Gegenstation über Klemme a kommende Sprechwechselstrom teilt sich auf: 1. über das Mikrofon und die 33-Ω-Wicklung 2. über die 580-Ω-Wicklung und die 33-Ω-Wicklung G Die Wicklungen 33 Ω und 580 Ω des Übertragers werden gleichsinnig durchflossen. Der ankommende Sprechwechselstrom wird auf die 14-Ω-Wicklung und somit auf den Hörer übertragen. M a Knackschutz: Zwei antiparallel geschaltete Dioden unterdrücken Knackgeräusche der Zuleitung, die von Unwettern oder Stromschwankungen parallel liegender Energieleitungen herrühren (heute Varistor). Wahl (blau) Der Hörer ist abgehoben (G G b K a J ) Wählstromkreis: Während dem Wählen schliesst der Kurzschlusskontakt K, dies verhindert ein Knacken im Hörer. Beim Loslassen der Wählscheibe öffnet sich der Kontakt J je nach Nummer 1 bis 10mal. Neuere Stationen haben anstelle des Impulskontaktes einen Mehrfrequenzwahlbaustein [TK 6.6]. Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 G Abnehmen des Mikrotels t K Aufziehen der Wählscheibe t J Rücklauf 1 - 10 mal t © pem 2.4 Grundlagen der Telefonie Begriffe aus der Akustik Schallwellen und Frequenz Akustik, die Lehre vom Schall, umfasst alle Erscheinungen, die durch das Ohr wahrgenommen werden, also Schwingungen im Hörbereich. Schallwellen sind Druckwellen in der Luft. Je höher der Druck (Amplitude), desto dichter die Wellen und umso lauter ist der Ton. Schallwellen bereiten sich in allen Raumrichtungen in sogenannten Wellenfronten aus. Schalldruck p der Luft p Amplithude Das Oszillogramm der Stimmgabel zeigt einen Sinuston mit einer Frequenz von 500 Hz t hoch tief Kammerton Das Oszillogramm zeigt die Schwingungen des Wortes "AUS" (Massstab wie oben) Der gültige Stimmton in einem Orchester ist der Ton a mit der Frequenz von 440 Hz. Frequenz des Buchstaben "U" im Wort "AUS"? __________________________________________________________________________ Tonhöhe und Klang Die Tonhöhe ist abhängig von der Grundfrequenz. Der Klang eines Tones oder eines Geräusches setzt sich aus der Grundfrequenz f und verschiedenen Obertönen mit den Frequenzen 2f, 3f, usw. zusammen. Die Frequenz f ist der Kehrwert der Periodendauer T. Ein periodischer Vorgang (Schwingung, Ton) kann aus einer Summe von sinusförmigen Teilschwingungen zusammengesetzt werden. Die Frequenzen der Teilschwingungen sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz. Sägezahnsignal Erzeugung eines Sägezahnsignals aus 5 sinusförmigen Teilschwingungen. Zusammensetzung eines Klanges aus mehreren Tönen: (Fourier-Synthese) U Sägezahn 2f Frequenzspektrum eines Sägezahnsignals: Grundton z.B. f = 500 Hz Summe aus Grundton und 4 Obertönen f 3f u 1 = û sin(t) 1. Oberton, 2f = 1000 Hz u 2 = û /2 sin(2t) 4f 5f t Rechtecksignal 2. Oberton, 3f = 1500 Hz u 3 = û /3 sin(3t) 3. Oberton, 4f = 2000 Hz u 4 = û /4 sin(4t) 4. Oberton, 5f = 2500 Hz u 5 = û /5 sin(5t) Erzeugung eines Rechtecksignals aus 5 sinusförmigen Teilschwingungen. Das Signal wird um so besser, je mehr Schwingungen hinzugenommen werden. Frequenzspektrum eines Rechtecksignals: U 1 0.5 0 f 0 f 3f Gundton = tiefster Ton 5f 7f 9f Die Abbildungen zeigen, dass für die genaue Übertragung von Signalen mit steilen Flanken (Rechteck, Sägezahn, Impulse) sehr hohe Obertöne übertragen werden müssen. Je höher die Übertragungsrate, umso genauer das zusammengesetzte Signal. Umgekehrt erzeugen schnelle Ein- oder Ausschaltimpulse von Kontakten oder elektronischen Schaltungen hohe elektromagnetische Oberwellen, welche Störungen verbreiten können. Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 © pem 2.5 Grundlagen der Telefonie Hörkurven Das Ohr Kurven gleicher Lautstärkepegel in Dezibel (dB) im Hörbereich für Menschen: 140 dB 120 Schmerzgrenze 100 angenehmes Hören alterndes Ohr 80 60 Hörbereiche 40 Hörschwelle 20 f < 16 Hz = Infraschall f > 20 kHz = Ultraschall f 0 20 30 40 50 60 80 100Hz .2 .3 .4 .5 .6 .8 1kHz 1.5 2 3 4 5 6 8 10k 15 20kHz Frequenzband der telefonischen Übertragungen markieren (f = 300 - 3400 Hz). Für die sprachliche Verständigung braucht es den inneren markierten Bereich zwischen etwa 200 - 3400 Hz, für das Musikhören den Bereich von etwa 30 - 8500 Hz. Dezibel (dB) ist die Einheit der Lautstärke und stellt eine logarithmische Grösse dar, die dem menschlichen Hörempfinden angepasst ist. Dabei gilt: • • • +3 dB: Doppelte Leistung (gleichlaute Schallquellen statt einer) [TK +6 dB: Doppelter Schalldruck (doppelte Amplitude des Luftdruckes) +10 dB: Doppelte Lautstärke (vom Menschen empfunden) 14.1] Lautstärke und Hörschäden Gesetzliche Grenzwerte in Discos - Tanzfläche: 100 dB - Tanzflächenrand: 95 dB - Bar, Sitzbereich: 93 dB Merke Hörschäden entstehen ab 87 dB. Grosse Lautstärke kann das Ohr beeinträchtigen und zu Schwerhörigkeit oder gar zu einem Tinnitus (dauernder Pfeifton im Ohr) führen. Entscheidend für die Gefährdung des Gehöres ist die gesamte Schallenergie, also Einwirkungsdauer und Pegel. Bereits ein einziger lauter Knall kann die feinen Haarzellen im Innenohr so massiv schädigen, dass ein lebenslanger Hörschaden bleibt. Die SUVA lässt an Arbeitsplätzen höchstens eine Lärmbelastung von 87 dB während 40 Stunden pro Woche zu. Jede Halbierung der Belastungsdauer erlaubt einen um 3 dB höheren Pegel. Zulässige Belastungsdauer gemäss SUVA Pegelmessgerät Ergänzen Sie die maximale wöchentliche Einwirkungsdauer (ohne Hörschäden): Düsenflugzeug beim Start in 33 m Entfernung, Schmerzgrenze ........ 130 dB 5s Rockkonzert im Zuschauerbereich, Disco im Tanzbereich .................. 110 dB ______________ Kreissäge, Walkman mit Kopfhörer ...................................................... 105 dB ______________ Presslufthammer, Autohupe (Abstand 5 m) ........................................ 100 dB ______________ Motorrad, Lastwagen (Abstand 5 m) .................................................... 90 dB ______________ Laute Unterhaltung ............................................................................... 60 dB > ____________ Flüstern, Ticken eines Weckers, Zimmerventilator .............................. 30 dB > ____________ Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 © pem 2.6 Grundlagen der Telefonie Schallgeschwindigkeit Die Schallgeschwindigkeit hängt vom Medium ab. Man unterscheidet Luft-, Flüssigkeits- und Körperschall entsprechend den verschiedenen Medien. Die Geschwindigkeiten v sind zu bezeichnen. Zum Vergleich: Die Lichtgeschwindigkeit c beträgt 300'000 km/s im Vakuum. Signalausbreitungsgeschwindigkeit Die Signalausbreitungsgeschwindigkeit in Kabeln wird in Prozent der Lichtgeschwindigkeit angegeben, auf Englisch "Nominal Velocity of Propagation" (NVP). Sie ist aus dem Datenblatt des jeweiligen Kabelherstellers zu entnehmen. Üblicherweise liegt dieser Wert zwischen NVP = 65 % für Glasfaser- und NVP = 80 % für Kupferleitungen. Spannungen, Ströme und Frequenzen Versuche 1. Schnurtelefon 2. Darstellung von Tonquellen mit Lautsprecher und Oszilloskop. 3. Messung des Frequenzganges beim Gehör. 4. Darstellung mechanischer Schwingung auf Glasscheibe. Glasscheibe mit einer Kerze einschwärzen. Mit einer langen schwingenden Stimmgabel, an der eine Spitze Nadel befestigt ist, die Sinusschwingung an einem Hellraumprojektor zeigen. 5. Messung der Kabelreflexionen. Bei welchem Abschlusswiderstand sieht das Signal am besten aus? Telekommunikation für Elektroberufe - Auflage 11 © pem