1. Die Deutsche Botschaft in Mazedonien organisiert das Konzert zu Ehren des 200. Gebrurtstages des Komponisten Robert Schumann. Was war die Motivation, ein Konzert, das Schumann gewidmet ist, in Mazedonien zu organisieren? Die Kulturabteilung der Botschaft organisiert traditionell ein abwechslungsreiches Kulturprogramm mit Deutschlandbezug, um damit ein Bindeglied zwischen Deutschland und Mazedonien auch im kulturellen Bereich zu schaffen. Bei der Auswahl der Kulturveranstaltungen orientieren wir uns an Jubiläen, die auch in Deutschland groß gefeiert werden. 2010 steht natürlich 20 Jahre Deutsche Wiedervereinigung im Mittelpunkt. Die Idee, anlässlich des 200. Geburtstags von Robert Schumann in Skopje ein Konzert auf höchstem Niveau zu organisieren, stammt von Maestro Simon Trpceski selbst. Die Botschaft hat diesen Vorschlag mit Freude aufgegriffen. Damit ist das Konzert ein echtes deutsch-mazedonisches Partnerprojekt. 2. Meinen Sie, dass solche Veranstaltungen eine gute Möglichkeit sind, das Schaffen eines Autors einem breiten Publikum nahe zu bringen? Wenn ein international bekannter Künstler wie Maestro Trpceski ein Konzert in seinem Heimatland gibt, zieht das ein großes Publikum an. Für uns ist das eine Chance, auf diese Weise auf Robert Schumann, sein Werk und seine Bedeutung in der Musikgeschichte aufmerksam zu machen. Wir hoffen, dass wir damit auch Menschen erreichen, deren Interessenschwerpunkt sonst nicht im Bereich der klassischen Musik liegt. Aus meiner Sicht ist das Schumann-Konzert ein Höhepunkt in Skopjes musikalischem Kalender 2010. Es war mir wichtig, Konzertkarten einem breiten Publikum zugänglich zu machen und zu einem günstigen Preis anzubieten. Dies ist nun Dank der Unterstützung der Sponsoren ProCredit Bank, Imperial Tobacco, Makedonski Telekom und Gemak möglich. 3. Ist dies eine Aktivität nur der Botschaft in Mazedonien oder etwas, was auch andere Botschaften weltweit organisieren? Deutsche Botschaften überall auf der Welt gestalten ihr Kulturprogramm mit Blick auf die Besonderheiten des Gastlandes. D.h., es kann nicht in Berlin entschieden werden, wo es sich empfiehlt, ein Schumann-Konzert zu veranstalten und wo nicht. Klassische Musik aus Deutschland wird zu meiner Freude fast überall gerne gehört. So hat z.B. die Deutsche Botschaft Teheran bereits letztes Jahr einen Clara-Schumann-Abend organisiert. Die Botschaften in Kiew und Bukarest gedenken dieses Jahr mit diversen Konzerten an Schumanns 200. Geburtstag und die Botschaft Madrid stellt Schumann ins Zentrum einer Ausstellung. 1 In Deutschland stehen die „Schumann-Städte“ Zwickau, Leipzig, Dresden, Düsseldorf und Bonn im Zeichen ihres berühmten Sohnes und organisieren übers Jahr verteilt Konzerte, Musikwettbewerbe, Ausstellungen, Musikfeste, szenische Lesungen, Symposien und vieles mehr. 4. Wie erfolgte die Auswahl der Musiker, die bei dem Konzert auftreten? Dabei hat sich die Botschaft ganz auf die Expertise von Maestro Trpceski und seinem Team verlassen. Es ist ihm gelungen, eine internationale Gruppe ausgezeichneter Künstler für das Konzert zu gewinnen. Ich denke, mit dem Auftritt dieser international bekannten Musiker rückt Skopje ein Stück näher an die europäische Kulturszene heran. Aus meiner Sicht ist es besonders erfreulich, dass auch der junge, in Deutschland viel beachtete deutsche Cellist Leonard Elschenbroich beim Konzert in Skopje musizieren wird. 5. Was war die Hauptrichtung bei der Auswahl des Konzertprogramms? Auch hier hat die Auswahl Maestro Trpceski selbst getroffen. Durch die Entscheidung, ein Kammerkonzert zu veranstalten, stand ein bestimmtes Repertoire zur Auswahl. Ich selbst freue mich im Besonderen auf die Interpretation von Schumanns berühmten Piano-Quintett durch Maestro Trpceski und seine Musikerkollegen. Dieses Werk ist von großer Bedeutung für Schumann. Es wurde erstmals im Januar 1843 im Rahmen einer von Robert und seiner Frau Clara Schumann gegeben „Musikalischen Morgenunterhaltung“ aufgeführt. Clara saß am Piano. 6. Mögen Sie persönlich klassische Musik; gehört Schumann zu Ihren Lieblingskomponisten? Ich mag klassische Musik sehr, auch die Musik von Robert Schumann. Ich spiele selbst Klavier und bin sehr froh, daß ich hier in Mazedonien eine wunderbare Pianistin und hervorragende Lehrerin gefunden habe, die die Güte hat, sich um Hebung meines Niveaus zu bemühen: Maria Vrshkova. Aus Anlaß des Schumann-Jubiläums studieren wir jetzt ein Stück von Schumann ein, was mir viel Freude macht. Ansonsten habe ich mich mehr mit Bach, Mozart und Beethoven beschäftigt. 7. Die deutsche Musikgeschichte hat viele Autoren, die bedeutende Musikwerke geschaffen haben. Was bedeutet Schumann für die Deutschen? Deutsche Komponisten haben die Musikgeschichte insgesamt entscheidend mitgeprägt – denken Sie nur an Bach, Beethoven oder Richard Wagner. Statt „deutsche Komponisten“ sage ich eigentlich lieber „Komponisten aus Deutschland“, denn das Entscheidende ist nicht, daß sie Deutsche waren, sondern ihr Werk. Robert Schumann wurde natürlich 2 durch die Romantik inspiriert, eine umfassende europäische Bewegung, die sich aus verschiedenen Gründen in Deutschland besonders stark ausprägte. Er hat viele Gedichte der deutschen Romantik vertont, z.B. die berühmte „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff, und eine seiner Symphonien heißt „die Rheinische“. Gleichzeitig fällt auf, daß zahlreiche andere Komponisten, die ebenfalls aus der Musikgeschichte nicht mehr wegzudenken sind, fast auf das Jahr genau Altersgenossen von Robert Schumann sind. Der französische Pole Frédéric Chopin wurde 1810 geboren, der Ungar Franz Liszt 1811, der Italiener Guiseppe Verdi 1813, der Franzose Héctor Berlioz nur wenig älter, von 1803. Es kommen auch noch weitere Deutsche dazu: Felix Mendelssohn-Bartoldy 1809, Richard Wagner 1813. Es ist wie eine plötzliche europaweite Explosion von Talenten. Ich sehe Robert Schumann vor allem als Teilnehmer an einem großen musikalischen Gespräch, als Bewohner eines ästhetischen Kontinents ohne Pässe und ohne Flaggen. Es war ja auch die Zeit des Eisenbahnbaus, und damit eines neuen Phänomens: der von Konzert zu Konzert quer durch Europa eilenden Virtuosen. Die europaweit bekannteste Klaviervirtuosin (neben Franz Liszt) war übrigens Robert Schumanns Frau Clara. Robert Schumann war ein Neuerer. Er setzte sich als Komponist und Publizist für neue musikalische Formen ein und provozierte damit kontroverse Diskussionen. Sein Vermächtnis ist neben seiner Musik auch die 1834 gegründete „Neue Zeitschrift für Musik“, die sich auch heute noch mit zeitgenössischen Strömungen der Musik beschäftigt. Interessant ist auch der Mensch Robert Schumann: die schwierige Liebe zu seiner Frau Clara, seine beruflichen Rückschläge, schließlich seine psychische Erkrankung und sein früher Tod 1856 in einer Nervenklinik. (Das Interview führte Gordana Kolevska) 3