Doldenblütler - Universität Konstanz

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Apiaceae – Doldenblütler (Apiales)
© Dr. VEIT M. DÖRKEN, Universität Konstanz, FB Biologie
1 Systematik und Verbreitung
Die Apiaceae sind eine große Familie aus der Ordnung der Apiales (Magnoliopsida,
Dikotyledoneae) mit rund 430 Gattungen und 3500 Arten. Die Apiaceae werden in 4
Unterfamilien gegliedert: 1. Mackinlayoideae (mit z.B. Mackinlaya), 2. Azorelloideae
(z.B. Azorella), 3. Saniculoideae (mit z.B. Astrantia, Eryngium, Sanicula),
4. Apioideae (z.B. Apium). Die Apioideae werden wiederum in 12 Triben unterteilt.
Die Apiaceae sind weltweit mit einem Schwerpunkt in den gemäßigten Zonen
verbreitet. Seltener sind sie hingegen in den Tropen anzutreffen.
Abb. 1: Verbreitungskarte (vgl. HEYWOOD, 1982);
2 Morphologie
2.1 Habitus
Bei den Apiaceae handelt es sich um ein- oder zweijährige, vielfach jedoch auch um
ausdauernde krautige Pflanzen. Die Internodien, die Sprossabschnitte zwischen zwei
Knoten, sind bei vielen Arten hohl. Apiaceae können ausläufertreibend, rosettenoder polsterbildend sein. Einige Arten verholzen im Basisbereich und bilden somit
Halbsträucher. In der Gattung Eryngium kommen auch Baum- und Strauchgewächse
vor. Alle in M-Europa heimischen Arten der Apiaceae sind krautig, einige (z.B.
Daucus carota) mit einer ausgeprägten Pfahlwurzel.
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2.2 Blatt
Die Blattstellung ist immer wechselständig. Nebenblätter sind nicht vorhanden,
jedoch kann der Blattgrund bei einigen Arten stark vergrößert oder sogar blasenartig
aufgetrieben sein, sodass der Eindruck des Vorhandenseins von Stipeln entsteht.
Die Blattspreiten sind beim Großteil der Arten einfach bis mehrfach gefiedert.
Ungefiederte Blätter sind selten.
Abb. 2: Heracleum sphondylium, Blattgrund stark Abb. 3: Petroselinum crispum, die Blattspreite ist
blasig aufgetrieben; Nebenblätter fehlen bei Apiaceae; mehrfach gefiedert;
2.3 Blüte
Die bei den Apiaceae überwiegend ausgebildete Blütenstandsform ist die
Doppeldolde (z.B. Anthriscus), sehr viel seltener eine einfache Dolde (z.B.
Astrantia). Die Dolde ist ein Blütenstand bei dem alle Blütenstiele an einem Punkt der
Blütenstandsachse inserieren.
Abb. 4 & 5: Für die Apiaceae ist die Anordnung der Einzelblüten in Dolden typisch; dabei kommen neben
einfachen Dolden (links) wesentlich häufiger Doppeldolden (rechts) vor;
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Abb. 6: Astrantia major, einfache Dolde;
Abb. 7: Heracleum sphondylium, Doppeldolde;
Die einzelnen Blütenstiele haben bei vielen Arten jedoch eine unterschiedliche
Länge, sodass eine tellerartige Abflachung der Dolde zustande kommen kann. Eine
Doppeldolde setzt sich aus mehreren einzelnen Dolden zusammen, die Blüte einer
Dolde wird durch eine weitere Dolde ersetzt. Diese einzelnen Dolden in einer
Doppeldolde werden als “Döldchen“ bezeichnet, die ganze Doppeldolde als “Dolde“,
auch wenn dieses morphologisch nicht ganz korrekt ist. Die Gesamtheit der
Tragblätter der Dolden in einer Doppeldolde wird als Hülle (Involucrum) bezeichnet,
die Tragblätter der einzelnen Blüte in einem Döldchen als Hüllchen (Involucellum).
Die Ausbildung von Involucrum und Involucellum ist neben den Früchten und den
Grundblättern wichtige Bestimmungsmerkmale. Bei einigen Arten (z.B. Pimpinella)
fehlt sowohl das Involucrum als auch das Involucellum.
Abb. 8: Heracleum sphondylium, Involucrum;
Abb. 9: Heracleum sphondylium, Involucellum;
Die Blüten der Apiaceae weisen ein gegliedertes Perianth auf. Die Kelchblätter sind
bei allen Arten recht klein und meist unauffällig. Die Kronblätter sind hingegen
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auffällig gefärbt. Bei den meisten Arten kommen weiße (z.B. Heracleum), seltener
auch gelbe (z.B. Foeniculum) und rote Blüten (z.B. Pimpinella) vor.
Abb. 10: Blütendiagramm Heracleum sphondylium;
Abb. 11:
Heracleum
sphondylium,
median-zygomorph gestaltet;
Randblüten
Auf die 5 freien Kelchblätter folgen 5 freie Kron- und 5 Staubblätter. Der Fruchtknoten
wird aus zwei unterständigen, verwachsenen Karpellen gebildet. Bei einigen Arten
(z.B. Astrantia) kommen in den Dolden gelegentlich rein männliche Blüten, seltener
rein weibliche Blüten vor. Charakteristisch für die Blüten ist ein zwischen den
Staubgefäßen und den Griffeln ringartig angeordnetes Diskusnektarium. Die Blüten
im Zentrum einer Dolde sind radiärsymmetrisch. Bei vielen Arten (z.B. Heracleum)
sind die Randblüten durch eine einseitige starke Vergrößerung der Kronblätter zur
Peripherie hin stark zygomorph. Diese Zygomorphie der Randblüten dient zur
Vergrößerung des Schauapparates. Bei einigen Arten (z.B. Daucus carota) sind im
Zentrum des Blütenstandes eine oder zwei bis drei Blüten abweichend von den
ansonsten
weißen
Blüten
schwarzrot
gefärbt.
Diese
Blüten
werden
als
“Mohrenblüten“ bezeichnet und sollen dem Anlocken von Blütenbesuchern dienen.
Abb. 12: Daucus carota, Blütenstand mit zentraler Abb. 13: Daucus carota, Detail einer zentralen auffällig
schwarzer “Mohrenblüte“ zur Anlockung von schwarz-rot gefärbten “Mohrenblüte“;
Blütenbesuchern;
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2.4 Frucht
Die Frucht der Apiaceae ist eine Spaltfrucht, die zum Zeitpunkt der Samenreife in
zwei Teilfrüchte zerfällt. Jede Teilfrucht wird als Merokarpium bezeichnet. Die
Teilfrüchte bleiben zunächst noch an einem Fruchtträger, dem sog. Karpophor,
hängen.
Die Früchte können unterhalb der Ansatzstelle der Blütenhülle einen mehr oder
weniger langen, sterilen Abschnitt aufweisen, den sog. Schnabel. Dieser kann
artspezifisch sehr klein (z.B. Aegopodium) oder mehrere Zentimeter lang sein (z.B.
Scandix pecten-veneris). Die Früchte der Apiaceae weisen 10 Rippen (5 je Teilfrucht)
auf. Dabei stehen je Teilfrucht 3 Rippen auf dem Karpellrücken (Karinalrippen) und
je 2 an den Karpellflanken (Kommissuralrippen) in dem Bereich, an dem die beiden
Karpelle des Gynoeceums miteinander verwachsen sind. Zwischen diesen
Hauptrippen können artspezifisch 4 weitere Nebenrippen ausgebildet sein.
Abb. 14: Heracleum sphondylium, junge Frucht mit 3 Abb. 15: Heracleum sphondylium, reife Frucht zerfällt
rötlichen Ölstreifen;
in zwei Teilfrüchte (Merokarpien);
Abb. 16: Daucus carota, reife Frucht mit zahlreichen Abb. 17: Scandix pecten-veneris, langer Schnabel
zwischen Fruchtknoten und Diskus;
Stacheln auf den Nebenrippen;
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Die Früchte sind für eine sichere Bestimmung der Apiaceae unerlässlich, da sie
artspezifisch charakteristische Ausbildungen aufweisen. So tragen z.B. die Früchte
von Daucus carota (Wilde Möhre) auf den Nebenrippen Stacheln. Bei Laserpitium
latifolium (Gewöhnliches Laserkraut) sind nur die Nebenrippen auffallend groß
ausgebildet. Bei Selinum pyrenaeum (Pyrenäen-Silge) sind hingegen nur die
Kommissuralrippen auffallend groß und aneinander liegend. Bei Peucedanum
cervaria (Hirschwurz) und Heracleum sphondylium (Wiesen-Bärenklau) sind auf jeder
Teilfrucht deutliche Ölstriemen ausgebildet.
3 Inhaltsstoffe
Die Apiaceae enthalten hohe Gehalte an ätherischen Ölen. Einige Arten wie z.B.
alle Vertreter der Gattung Heracleum sind reich an Furocumarinen, welche eine
stark phototoxische Wirkung haben. Bei Hautkontakt
Lichtbestrahlung
verursachen
sie
schwere
(Photophytodermatitis) hervor. Andere Arten wie
z.B.
zusammen
mit UV-
Hautverbrennungen
Conicum maculatum
(Gefleckter Schierling) enthalten Alkaloide (hier Coniin), die über Schleimhäute als
auch unverletzte Hautpartien rasch aufgenommen werden.
4 Nutz- und Zierpflanzen
Zu den Apiaceen gehören neben einigen Gemüsepflanzen wie Daucus carota ssp.
sativum (Möhre) und Apium graveolens (Sellerie) zahlreiche Gewürzpflanzen wie
z.B. Foeniculum vulgare (Fenchel), Coriandrum sativum (Koriander) und Carum carvi
(Kümmel).
Abb. 18: Foeniculum vulgare var. arizonica (Knollen- Abb. 19: Daucus carota var. sativa (Möhre), Bastrübe;
fenchel), stark entwickelte Unterblätter;
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Abb. 20: Apium graveolens var. rapaceum (Sellerie), Abb. 21: Petroselinum crispum (Petersilie), FiederHypokotylknolle;
blätter;
5 Weiterführende Literatur
DÜLL, R. & KUTZELNIGG, H. (2011): Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und
angrenzender Länder. 7. Auflage. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.
HEYWOOD, V. H. (1982): Blütenpflanzen der Welt. – Birkhäuser Verlag, Basel.
LEINS, P. & ERBAR, C. (2010): Flower and Fruit; Morphology, Ontongeny, Phylogeny;
Function and Ecology. – Schweizerbart Science Publishers, Stuttgart.
LIEBEREI, R. & REISSDORF, C. (2007): Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage. – Thieme,
Stuttgart.
MABBERLEY, D.J. (2008): MABBERLEY´s plant book, 3rd ed. – Cambridge University
Press, Cambridge.
STEVENS, P. F. (2001): Angiosperm Phylogeny Website. Version 12, July 2012.
http://www.mobot.org/mobot/research/apweb/
STÜTZEL, TH. (2015): Botanische Bestimmungsübungen. 3. Auflage. – Ulmer,
Stuttgart.
WEBERLING, F. (1981): Morphologie der Blüten und der Blütenstände. – Ulmer,
Stuttgart.
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