Leitfaden «Ernährungsempfehlungen für hochbetagte Menschen»

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Leitfaden
«Ernährungsempfehlungen für
hochbetagte Menschen»
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Ernährung 80+
Mit zunehmendem Alter sinkt der Energiebedarf, nicht aber der Bedarf an Vitaminen und
Mineralstoffen. Bei manchen Nährstoffen wie Vitamin D und K ist er wahrscheinlich sogar
höher. Auch der Organismus verändert sich, die Verdauungsleistung nimmt ab - z.B. kommt
es zu einer Verschlechterung der Absorption von Vitamin B12, der Geschmacks- und Geruchsinn sind beeinträchtigt, das Durstgefühl sinkt und oft auch der Appetit. Hinzu kommen
Schluckstörungen, Kauprobleme, Krankheiten und Medikamente, die appetithemmend wirken. Um mit einer geringeren Energiezufuhr bzw. kleineren Portionen einen gleichen oder
erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen decken zu können, benötigen hochbetagte Menschen
eine bessere Qualität bzw. eine höhere Nährstoffdichte in der Nahrung. Die minimale Energiezufuhr, die zur Deckung des Mikronährstoffgehalts benötigt wird, liegt bei ca. 1500 kcal
pro Tag. Zu den Lebensmitteln mit einer hohen Nährstoffdichte gehören Gemüse, Früchte,
Milch- und Vollkornprodukte, Kartoffeln, mageres Fleisch, Fisch und Eier.
Ziele:
Lebensqualität wieder herstellen bzw. erhalten
Freude am Essen und Trinken fördern
Mangelernährung vermeiden bzw. angehen
(obligates Screening der HeimbewohnerInnen)
Empfehlungen für eine lebensqualitäterhaltende Ernährung:
Ausreichend trinken
Muskel- und Knochenmasse erhalten (genügend Eiweiss, Calcium und Vitamin D)
Genug essen, da der Appetit oft nachlässt
Erlaubt ist fast alles, was gerne gegessen und gut vertragen wird
Vitamin- und mineralstoffreiche Kost
Bei der Menüplanung und Zubereitung die Fettzufuhr im Auge behalten
Körperliche Bewegung/Aufenthalt im Freien soweit möglich
Bedarfsgerechte Ernährung ist im hohen Alter ein Mittel, um die Lebensqualität zu erhalten.
Es sollten nicht nur ernährungsphysiologische und medizinische Aspekte berücksichtigt werden. Gerade bei älteren Menschen ist es wichtig, persönliche Gewohnheiten, Abneigungen
und Vorlieben zu respektieren (Zitat Elmadfa, s. Quellen).
Die Freude am Essen ist das absolut Wichtigste für hochbetagte Menschen!
Ernährungsempfehlungen
Die folgenden Ernährungsempfehlungen richten sich nach der Lebensmittelpyramide. Sie ist
ein gutes Hilfsmittel, um gesunde Ernährung zu planen. Von den Stufen 1+2 viel, von den
Stufen 3+4 genügend und von den Stufen 5+6 wenig, ausser bei Energiemangel.
Stufe 1: Getränke
Täglich 1 bis 1,5 Liter Flüssigkeit, bevorzugt in Form von ungezuckerten Getränken. Bei
Appetitlosigkeit und bei tiefem Körpergewicht sind gezuckerte bzw. kalorienhaltige Getränke
zu bevorzugen.
CURAVIVA Weiterbildung
Annemarie Meier Bosshard, dipl. Ernährungsberaterin HF
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Hochbetagte Menschen trinken oft zu wenig, weil das Durstempfinden im Alter sinkt. Weitere
Gründe sind z.B. Vergesslichkeit, Inkontinenz und schlechte Beweglichkeit (Toilettengänge
sind mühsam). Im hohen Alter ist die Trinkmenge wichtiger als die Getränkewahl. Wer keine
Lust auf das angebotene Getränk hat, lässt sich schlecht motivieren zu trinken. Damit das
Trinken nicht vergessen wird, ist es ratsam «Gedankenstützen» einzusetzen. An heissen
Tagen steigt der Flüssigkeitsbedarf an und es ist dann besonders wichtig, dass man die
Flüssigkeitszufuhr überprüft. Schorlen (1/3 Fruchtsaft und 2/3 Wasser/Mineralwasser) werden vom Körper schnell aufgenommen und sind sehr empfehlenswert, wenn Flüssigkeitsdefizite rasch ausgeglichen werden müssen.
Getränke sollten jederzeit verfügbar sein (z.B. Trink-Oasen einrichten)
Verschiedene Getränke anbieten (ein Getränk für jeden Gusto)
Leere Gläser bzw. Becher immer wieder gegen gefüllte austauschen
Trinkrituale einführen (z.B. Saft zum Apéro, einander zuprosten, Nachmittagstee, etc.)
2. Stufe: Gemüse und Früchte
Ideal sind: je 2 bis 3 Portionen Gemüse und Früchte pro Tag, insgesamt 5 Portionen. Eine
Portion kann durch Saft ersetzt werden.
Gemüse und Früchte liefern wichtige Nährstoffe (antioxidative Vitamine, Vitamin K, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Nahrungsfasern). Alte Menschen weisen hier oft Versorgungslücken auf. Gründe sind z.B. eingeschränkte Kaufunktion (Zahnprobleme, fehlende
Kraft) und Schluckprobleme. Achten Sie darauf, dass auch diese HeimbewohnerInnen beim
Gemüse und Obst gerne zugreifen.
Salate fein schneiden oder aus gedämpftem Gemüse zubereiten
Frische pürierte Gemüsesuppen anbieten
Grössere Früchte in Schnitze/Stücke schneiden (Früchteplatten statt Fruchtkörbe) oder
Früchte als Kompott bzw. Fruchtpüree anbieten (Kompottsaft und Fruchtpürees können
z.B. mit Sanddorn, Orangen- oder Zitronensaft angereichert werden.)
Desserts mit Früchten vollwertiger machen (z.B. Schokoladecreme mit Birnen- oder Apfelkompott/-püree, Vanillecreme mit Beeren/-püree, Gebäck auf Früchtespiegel, etc.)
Käse- oder Fleischtellerchen mit einer kleinen Salat- oder Früchtegarnitur servieren
Täglich einen Frucht- oder Gemüsesaft anbieten – auch Ganzfruchtsaftgetränke
(Smoothies). Mit einem Glas angereichertem Fruchtsaft, kann die Versorgung mit antioxidativen Vitaminen verbessert werden.
Bringen Sie öfters grüne Gemüse, Sauerkraut und Sellerie auf den Tisch. Sie sind reich
an Vitamin K (auch Petersilie).
3. Stufe: Brot, Getreide, Getreideprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte
Zu jeder Hauptmahlzeit eine Stärkebeilage servieren. Bei kleinen Essern, können Stärkeprodukte auch zu den Zwischenmahlzeiten gegeben werden, z.B. ein belegtes Brötchen oder
ein paar «Vollkornguetzli». Ideal wären 2 Portionen Vollkornprodukte täglich. Das absolute
Minimum ist eine Scheibe Vollkornbrot.
Diese Lebensmittel enthalten kaum Fett, aber reichlich Kohlenhydrate in Form von Stärke.
Stärke liefert dem Körper leicht verfügbare Energie. Kartoffeln, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte sind wichtige Lieferanten für Vitamine der B-Gruppe, Mineralstoffe und Nahrungsfasern. Sie sind besonders wichtig für den Stoffwechsel und den Stuhlgang. Leider werden
Vollkornprodukte von vielen hochbetagten Menschen abgelehnt. Ermuntern Sie Ihre HeimbewohnerInnen trotzdem immer wieder auf diese Produkte zurückzugreifen und/oder bieten
Sie diese so an, dass sie gegessen werden.
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Annemarie Meier Bosshard, dipl. Ernährungsberaterin HF
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Vollkornbrot ohne Schrotanteil wie Grahambrot anbieten
Zum Frühstück ein Müsli nach «Bircher Benner» offerieren
Salat mit Hülsenfrüchten anbieten (rote Linsen blähen beispielsweise kaum)
Suppen mit Vollkornmehl zubereiten
Öfters Kartoffeln auf den Menüplan setzen
Vollkornteigwaren in einem bunten Salat oder in einem Auflauf fallen kaum auf. Vollkornteigwaren können auch mit farbigen Teigwaren gemischt werden. (Wichtig: gut ausquellen lassen, damit sie weich sind)
Viele Süssspeisen, welche bei hochbetagten Menschen sehr beliebt sind, schmecken
auch mit Vollkornprodukten (z.B. Vollkorngriessschnitten mit Ei, Hirseauflauf mit Obst,
Götterspeise mit Vollkornzwieback)
Ersetzen Sie beim Backen einen Teil des Weissmehls mit Vollkornmehl
4. Stufe: Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Tofu.
Zum Mittag- und zum Abendessen je eine eiweissreiche Speise einplanen (eine davon mit
Milchprodukten) und zusätzlich 3 Portionen Milchprodukte z.B. am Morgen und vor dem
Schlafen.
Diese Lebensmittel zeichnen sich durch einen hohen Eiweissgehalt aus. Fleisch ist eine
wichtige Quelle für Eisen, Zink und B-Vitamine. Milchprodukte liefern Calcium und
B-Vitamine. Eier enthalten wertvolle Omega-3-Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe.
Eiweissreiche Lebensmittel sollten beim hochbetagten Menschen öfters auf den Speiseplan
genommen werden als beim jüngeren Erwachsenen. Gründe: Empfohlene Zufuhr ist höher
und die Portionen sind kleiner. Auch die Portionen der Stärkeprodukte sind kleiner und damit
die Zufuhr an pflanzlichem Eiweiss geringer. Kommt die Eiweissversorgung beim hochbetagten Menschen zu kurz, verliert er an Muskulatur und Kraft, das Sturz- und Frakturrisiko ist
erhöht, das Immunsystem leidet und bei Krankheit ist das Komplikationsrisiko grösser sowie
die Genesungszeit länger (s. Seiten 7 und 8).
Hochbetagte Menschen essen gerne Wurst, weil sie schmeckt und gut kaubar ist. Diese liefert jedoch viel mehr Fett und Wasser, aber weniger Eiweiss als Fleisch. Planen Sie besser
gut kaubare und weiche Fleischgerichte ein. Wurst oder fettes Fleisch (Speck) sollten maximal 1 bis 2 Mal pro Woche auf den Menüplan gesetzt werden.
Zum Frühstück 2 Milchprodukte, z.B. Milch-Kaffee und Käse, Joghurt oder Birchermüsli
Zum Mittag- und Abendessen eine eiweissreiche Speise einplanen, d.h. :
1 x Fleisch, Fisch, Eier oder Tofu
1 x Milchprodukte, wie z.B.
- Griessschnitten mit Vanille-Apfelcreme
- Geschwellte, «Käseplättli» mit Kräuterquark, Salat
- Hörnli mit Eiermilch, Salat
- «Café complet» mit frischem Fruchtjoghurt oder «Käseplättli» mit Obstgarnitur
- Ofenkartoffeln mit Hüttenkäse, Salat
- Frische Gemüsepüreesuppe, Grahambrot, Käse
- Früchte-Quarkauflauf, Vanillesauce
- Getränk: Milch-Kaffee
Massvoll Wurstwaren, dafür gut kaubare, Fleischgerichte z.B.
- Gerichte mit Hackfleisch
- Ragout in kleinen Würfeln, Geschnetzeltes
- Niedertemperaturgaren und Marinieren machen das Fleisch zarter.
- Gute Fleischqualität
- Auch Fisch- und Tofugerichte sind weich!
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Als Spätmahlzeit ein weiteres Milchprodukt einplanen, z.B. Milch vor dem Schlafen. Durch
eine calciumreiche Spätmahlzeit können Sie die Eiweisszufuhr optimieren und zudem die
nächtlichen Knochenabbauprozesse reduzieren.
Milchprodukte sind zusammen mit Vitamin D unentbehrlich für stabile Knochen. Wenn diese
Nährstoffe zu kurz kommen, steigt die Gefahr einer Osteoporose. Weil alte Menschen kleinere Portionen essen, reichen 3 Portionen Milch bzw. Milchprodukte nicht mehr aus, um den
Calciumbedarf zu decken. Hochbetagte Menschen benötigen doppelt so viel Vitamin D wie
jüngere Erwachsene, weil die Eigenproduktion geringer ist. In den Wintermonaten reicht die
UV-Strahlung zudem nicht aus, um genügend Vitamin D selber produzieren zu können. In
dieser Zeit wäre eine Vitamin-D-Supplementierung sinnvoll. Wenden Sie sich an Ihren Heimarzt. Vitamin-D-Lieferanten sind: Fettfische, Butter, Vollmilchprodukte, Eier und Leber.
Ältere Menschen trinken manchmal keine Milch, weil sie spüren, dass sie ihnen Bauchbeschwerden macht. Es könnte sein, dass sie unter einer Milchzuckerunverträglichkeit
(= Laktoseintoleranz) leiden – rund 20% aller Erwachsenen sind davon betroffen. In diesen
Fällen kann laktosefreie Milch angeboten werden. Käse (ausser Frischkäse und Quark) sowie Joghurt und Sauermilch machen in der Regel keine oder weniger Beschwerden.
5. Stufe: Fette und Öle
Fett liefert viel Energie. Es enthält aber auch lebensnotwendige Fettsäuren und fettlösliche
Vitamine. Rapsöl ist eine wichtige Quelle für Omega-3-Fettsäuren und Vitamine E und K.
Fettqualität
Als Brotaufstrich Butter oder Margarine aus Rapsöl anbieten, für die Salatsauce Rapsöl verwenden und für die Zubereitung Oliven-, High-Oleic- oder Erdnussöl. Rapsöl und andere Öle
mit mehr als 20% mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollten nicht erhitzt werden.
Fettzufuhr
Starkes Über- als auch Untergewicht sollten vermieden werden. Darum ist die Fettzufuhr
individuell anzugehen.
Weil der Energiebedarf mit dem Alter stark abgenommen hat, sollten Sie bei der MenüPlanung und Zubereitung die Fettzufuhr im Auge behalten, um Übergewicht vorzubeugen.
HeimbewohnerInnen, die ungewollt stark zunehmen, sollten ermuntert werden auf fettarme
Lebensmittel zurückzugreifen, um ihr Gewicht halten zu können (z.B. auf fettreduzierte Butter, Margarine, Milch und Milchprodukte). Bei untergewichtigen Personen, bei ungewolltem
Gewichtsverlust oder bei Personen, welche eine bedarfsdeckende Portion regelmässig nicht
aufessen, sollten Sie fettreiche Lebensmittel gezielt einsetzen, um die erforderliche Energiezufuhr sicher zu stellen.
Lebensmittel mit viel verstecktem Fett sind z.B.
- Paniertes, Frittiertes
- Speck, fettes Fleisch (z.B. Kalbsbrustschnitten, Hamburger, Brät, Fleischkügeli,
Adrio, Wurstwaren, Lyoner, Fleischkäse,
Terrinen, Mettwurst, Le Parfait)
- Käse, Käsespeisen
- Mascarpone, Rahm
- Butter- und Rahmsaucen, Mayonnaise
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- Bratkartoffeln, Rösti, Chips
- Gratins mit viel Käse oder Rahm
- Blätter- und Kuchenteig
- Gipfeli, Butterstengeli, Chips etc.
- fettreiche Süssigkeiten (Patisserie,
Torten, Cakes, die meisten «Guetzli»,
Schokolade
- Avocado, Oliven, Nüsse, Kerne, Samen
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Eine Gewichtsnormalisierung/-reduktion im hohen Alter ist gemäss Dorner (s. Quellen) nur
dann angezeigt, wenn eine Verbesserung der physischen Funktionen und der Lebensqualität
zu erwarten ist.
Wichtig: Besonders darauf achten, dass es zu keinem Verlust der Muskel- und Knochenmasse kommt. Also ausreichend Eiweiss- und Calcium! Kalorien vor allem über Fett und
Zucker sparen.
6. Stufe: Süssigkeiten, Alkohol
Hier gilt die Regel «Mit Mass und Genuss». Ein kleines Dessert «kitzelt» den Gaumen und
schadet nicht. Im Gegenteil, es kann ein sinnvoller Nährstofflieferant sein, sofern es Eiweiss,
Calcium und Vitamine liefert, wie z.B. Cremen, Pudding, Quark- und Joghurtcremen, Cremen
mit Fruchtanteil oder Gebäck mit Creme- bzw. Fruchtspiegel.
Alkohol sollte massvoll im Rahmen einer Mahlzeit genossen werden. Wenig Alkohol – v.a.
Rotwein – scheint eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System zu haben. Aber
trotzdem wöchentlich mindestens 1 bis 2 alkoholfreie Tage einschalten.
Regelmässiges Screening der HeimbewohnerInnen (Abklärung des Ernährungsstatus)
Damit Mangelernährung frühzeitig erfasst und angegangen werden kann, ist ein regelmässiges Screening z.B. nach Kondrup bei allen HeimbewohnerInnen empfehlenswert. Unterernährte Personen oder Risikopersonen für Mangelernährung sollten umfassend abgeklärt
werden. Die Behandlung und die Ernährungstherapie sollten individuell angegangen werden.
Lebensqualitäterhaltende Ernährung erfordert eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit!
Quellen:
-5. Schweizerischer Ernährungsbericht, 2005
-Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin zum Thema „Ernährung im Alter“. Nr. 5, 2006
-Schweizerische Gesellschaft für Ernährung : Information/Merkblatt zum Thema „Ernährung für ältere Erwachsene“ 2008
-7. Dreiländertagung der Schweizerischen, Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Ernährung: „Nährstoffbedarf im
Alter – Möglichkeiten einer ausreichenden Versorgung“, Ibrahim Elmadfa Institut für Ernährungswissenschaften Universität
Wien
- 7. Dreiländertagung der Schweizerischen, Deutschen und Österreichischen Gesellschaft für Ernährung: “Das Adipositas
Paradoxon“, Dr. Thomas Dorner, Institut für Sozialmedizin, Medizinische Universität Wien
-Broschüre „80+ - Ernährung für hochbetagte Menschen“ Felix Platter-Spital Basel
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Checkliste lebensqualitäterhaltende Ernährung
Empfehlungen
Bemerkungen
Getränke/Flüssigkeit
1-1,5 Liter pro Tag
Bevorzugt zuckerfreie Getränke, ausser bei Untergewicht und Appetitmangel.
Die Trinkmenge ist wichtiger als die Getränkewahl.
Gemüse, Salat,
Früchte
2-3 Portionen Gemüse/Salat
2-3 Portionen Früchte
(insgesamt 5 Portionen)
1 Portion = 120g
Zur Optimierung der Vitaminzufuhr täglich 2 dl
Saft anbieten z.B. je 1 dl zum Morgen- und Mittagessen und Salate immer frisch zubereiten.
Bei den Desserts öfters Früchte integrieren.
Brot, Getreide, Getreideprodukte,
Kartoffeln,
Hülsenfrüchte
Zu jeder Hauptmahlzeit eine Stärkebeilage (vergl. Tagesbeispiel
S.7 und 8)
Mindestens 1x täglich 1 Scheibe
Vollkornbrot oder Getreideflocken
Mehr ist o.k., weniger ist problematisch.
Morgen:
75g Brot oder 45g Getreideflocken
Mittag/Abend:
-120-180g Kartoffeln
-100-150g gekochte Teigwaren,
Reis, Mais od. andere Getreideprodukte
-50-75g Brot
-30-45g Getreideflocken
Milch, Milchprodukte,
Fleisch, Fisch, Eier,
Tofu
Morgen:
2 Milchprodukte
Mittag und Abend:
1 Portion Eiweiss (Fleisch, Fisch,
Eier, Tofu, Käse oder andere Milchprodukte)
Empfehlungen:
-1x ein Milchprodukt einplanen z.B.
am Abend
-Zurückhaltung mit Wurst und fettem
Fleisch (max. 1-2x pro Woche)
Vor dem Schlafen zusätzlich 1 Portion Milchprodukte z.B. 1 Tasse
Milch oder 1 kleiner Becher Joghurt.
Erfahrungsgemäss werden am Morgen die Kohlenhydratportionen gut gegessen.
Am Mittag fallen die Portionen eher knapp aus,
daher am Mittag vorzugsweise eine gebundene
Suppe servieren. Zum Binden Vollkornmehl verwenden.
Am Abend sind die Mahlzeiten erfahrungsgemäss kohlenhydratbetonter, so dass eher die
grössere Portion gegessen wird.
Die gängigen Empfehlungen lauten:
1x tägl. 100-120g Fleisch, Fisch, Tofu od. 2-3
Eier od. 60g Käse od. 200g Quark, Hüttenkäse
und zusätzlich 3 Portionen Milchprodukte
(1 Portion = 2dl Milch od. 150-180g Joghurt oder
200g Quark, Hüttenkäse oder 40-60g Käse.
Weil die Portionengrössen in der Regel kleiner
sind als beim jungen erwachsenen Menschen,
muss die Portionen-Anzahl der Eiweissprodukte
erhöht werden.
Keine fettarmen Milchprodukte verwenden
(s. Tagesbeispiel S. 7 und 8).
Ausnahme: ungewollte Gewichtszunahme.
Fette und Öle
Fettqualität
Fettzufuhr individuell angehen
Versteckte Fette
Als Brotaufstrich Butter oder Margarine aus Rapsöl
Für die Salatsauce Rapsöl
Für die Zubereitung Oliven-, HighOleic- oder Erdnussöl
Allgemein gilt, Fettzufuhr im Auge behalten um
Übergewicht vorzubeugen
Achtung: Bei Untergewicht, ungewolltem Gewichtsverlust oder wenn eine bedarfsdeckende
Portion einer Mahlzeit regelmässig nicht aufgegessen wird, sollten fettreiche Lebensmittel gezielt eingesetzt werden
Öfters Blähungen und Durchfall – Milchzuckerunverträglichkeit abgeklärt?
HeimbewohnerIn trinkt Tee oder Kaffee mit Kaffeerahm statt Milch – für ein Milchersatzprodukt gesorgt?
HeimbewohnerIn isst kein Fleisch – ein anderes eiweissreiches Lebensmittel eingeplant?
Gewichtszunahme – Fettzufuhr im Griff?
Untergewicht, ungewollter Gewichtsverlust – fettere Kost?
Täglich eine Scheibe Vollkornbrot?
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Tagesbeispiel ca. 1500 kcal (= empfohlene minimale Energiezufuhr)
Dieses Tagesbeispiel dient als Grundlage zu den Empfehlungen.
Die aufgeführten Portionengrössen der Stärkebeilagen, Milchprodukte und des Fleischs bzw.
Fleischersatzes entsprechen denjenigen Portionengrössen, die in unseren Kursen als realistisch geschildert werden. Oft ist es so, dass am Morgen etwas mehr Brot gegessen wird (+
10g Kh), dafür am Mittag etwas weniger Stärkebeilage (-5g Kh) und am Abend (-5g Kh), also
insgesamt wieder gleichviel. Weniger Kohlenhydrate sind nicht erwünscht, mehr wären o.k.!
Ein Znüni ist nicht aufgeführt, weil es in der Regel nicht gegessen wird (zeitlicher Abstand
zwischen Frühstück und Mittagessen = zu kurz). Dafür ist eine Spätmahlzeit sinnvoll (s. unter
Fazit).
Eiweiss
Kohlenhydrate
Fett
Kalorien
1 dl Saft z.B. Orangensaft
0,5
11,1
0,5
46
Kaffee
-
-
-
-
1,5 dl Vollmilch
5
7,1
6
102
75g Vollkornbrot z.B. Grahambrot
6,9
33,3
1,1
170
10g Butter
+
+
8,3
75
30g Konfitüre
0,2
16,8
0,2
69
20g Hart-/Halbhartkäse z.B. Tilsiter
4,9
0,2
5,6
71
17,5
68,5
21,7
533
1 dl Saft z.B. Apfelsaft
0,1
10,8
0,1
45
ca. 1 dl Suppe gebunden
1,1
5,5
1,2
37
Salat z.B. 30g Endiviensalat
0,3
0,7
+
5
60-80g Fleisch (od. Fisch od. 1 ½ Ei)
12,2-16,3
0
4,1-5,4
86-114
ca. ½ dl Bratensauce
0,4
1,2
0,8
13
120g Kartoffeln
2,2
20,4
0,1
91
50g Schokoladecreme mit
1,8
10
1,5
61
50g Birnenkompott
0,6
10,5
0,2
46
10g Öl für die Zubereitung, inkl. Salat
-
-
10
90
18,7-22,8
59,1
18,0-19,3
473-501
0,4
14
0,4
61
Morgenessen
Mittagessen
(od. 100g Teigwaren, Reis od. andere
Getreideprodukte = 30g Rohgewicht)
kleines Dessert z.B.
Zvieri
120g Obst z.B. Apfel
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Eiweiss
Kohlenhydrate
Fett
Kalorien
5,4
33,3
0,8
162
1,0
7,9
0,4
38
-
-
5
45
7,1 + 0,2
6 + 5,6
102 + 71
48,5
17,8
418
190,1
57,9-59,2
1486-1514
50%
35%
Abendessen
150g Teigwaren gekocht = 45g roh
(od. 75g Brot,.180g Kartoffeln, 150g gekocht/45g roh Reis od. andere Getreideprodukte)
120g Gemüse z.B. Rüeblisalat
(od. Obst od. Kompott)
5g Öl für die Zubereitung
Eiweiss: z.B.
1 ½ dl Milch + 30g Hart-/Halbhartkäse od. 5 + 4,9
1 ½ dl Milch und 40g Fleisch
16,3
Total: 52,9-57
Prozentuale Nährstoffverteilung: 15%
Quelle «Nährwertangaben»: Schweizer Nährwerttabelle für Konsumentinnen und Konsumenten; SGE, ETH,
Bundesamt für Gesundheit; 1. Auflage 2004
Die gängigen Nährstoffempfehlungen lauten: Den Energiebedarf mit: 10-15% Eiweiss, 30%
Fett und 55-60% Kohlenhydraten decken. Dies ist im Alter 80+ nicht mehr realistisch, weil
hochbetagte Menschen nicht so grosse Portionen essen mögen. Mir scheint ein Nährstoffverhältnis von 15-20% Eiweiss, 50% Kohlenhydrate und 30-35% Fett realistischer.
Übrigens: Auch bei Kindern rechnet man beim Fett mit 35%, weil sie nicht so grosse Portionen essen mögen.
Ein hochbetagter Mensch benötigt mindestens 0,9g Eiweiss pro kg Körpernormalgewicht.
Bei einer 160 cm grossen Frau sind dies 54g und bei einem 175 cm grossen Mann 67,5g.
Mit dem oben aufgeführten Tagesbeispiel ist die empfohlene Zufuhr nur knapp gedeckt. Daher ist es ratsam, eine Spätmahlzeit in Form einer kleinen Portion Milch/-produkte anzubieten. Eine Unterversorgung mit Eiweiss und Energie würde sich prekär auswirken
(s. Seite 3)!
Wie Sie dem Beispiel entnehmen können wurden keine fettreduzierten Milchprodukte
verwendet. Mit weniger Fett ist man mit der Energiezufuhr rasch unter 1500 kcal. Vollmilchprodukte liefern mehr Vitamin D als fettreduzierte. Nimmt eine Person ungewollt zu, so kann
sie ermuntert werden, auf fettreduzierte Milchprodukte zurückzugreifen.
Wurstwaren sind mit Zurückhaltung auf den Menüplan zu nehmen, weil sie weniger Eiweiss
liefern als Fleisch (Beispiel: 100g Schweinsvoressen liefert 20,4g Eiweiss, 100g Kalbsbratwurst liefert nur 12,5g Eiweiss).
Die Kohlenhydratportionen in Form von Stärkeprodukten sind klein. Mehr wird gemäss Erfahrungen von KursteilnehmerInnen selten gegessen, wäre aber wünschenswert. Ohne Fruchtsaft kommt man nicht auf die empfohlene Menge Kohlenhydrate in Form von Obst. Um den
Vitaminbedarf zu decken, sollten täglich 2dl Saft, z.B. aufgeteilt auf 2 Mahlzeiten (je 1 dl am
Morgen und Mittag) angeboten werden.
Oft werden kleinere Portionen gegessen, als hier empfohlen, z.B. nur ½ Portion. In dem Fall
spricht man von einer Mangelernährung. Bei kleineren Portionen, muss die Kost gezielt mit
fettreichen Lebensmitteln angereichert werden.
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