4. Das Gereizte Auge

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4. Das Gereizte Auge
Definition
Der Begriff „Gereiztes Auge“ bezeichnet eine unspezifische Reizkonjunktivitis, d. h.
eine Bindehautreizung infolge nichtinfektiöser Ursachen.
Wenn vom „Gereizten Auge“ die Rede ist, handelt es sich in der Regel um jene eher kurzzeitigen symptomatischen Beschwerden, die mit einer Rötung des Auges, Juckreiz, Brennen oder
einer Schwellung einhergehen. Genau genommen wird unter dieser Bezeichnung jedoch eine
ganze Reihe verschiedener Augenerkrankungen
zusammengefasst, die nicht nur die verschiedensten Ursachen haben können, sondern sich
auch in ihren Symptomen und ihrem Verlauf
deutlich von einander abgrenzen lassen. Vielfältige krankhafte Veränderungen oder Irritationen
sowohl der Bindehaut (Konjunktiva) als auch der
Hornhaut (Cornea) oder der Lederhaut (Sklera) können eine Augenreizung verursachen.
In der täglichen Praxis hat es sich allerdings eingebürgert, ausschließlich die mit einer
Funktionsstörung der Bindehaut einhergehenden Veränderungen mit dem Begriff „Gereiztes Auge“ in Verbindung zu bringen.
Eine mit dem Begriff „Gereiztes Auge“ bezeichnete Bindehautreizung liegt meist nur
kurzzeitig vor, ist oft durch äußere, physikalische oder chemische Reize (Rauch, Staub,
Zugluft, gechlortes Wasser etc.) bedingt und kann durch Selbstmedikation rasch zum
Abklingen gebracht werden. Im Gegensatz dazu muss eine infektiöse Bindehautentzündung (Konjunktivitis) unbedingt durch einen Augenarzt behandelt werden.
Eine infektöse Bindehautentzündung kann durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze
hervorgerufen werden. Im Falle der Reizkonjunktivitis, also der Bindehautreizung, die
nichtinfektiöse Ursachen hat, ist eine kompetente und verantwortungsvolle Beratung
des Betroffenen in der Apotheke besonders wichtig. Therapieempfehlungen zu allen anderen Formen der Konjunktivitis, insbesondere zur infektiösen Konjunktivitis, sollten ausschließlich der Entscheidung des Arztes vorbehalten bleiben.
Die akute bakterielle Konjunktivitis beginnt meist abrupt mit einer größtenteils einseitigen Entzündung des Auges, auf die innerhalb weniger Tage eine übergreifende Entzündung des zweiten Auges folgen kann. Abgesehen von der Reizkonjunktivits und der infektiösen Konjunktivitis ist es in manchen Fällen leider nicht möglich, die genauen Ursachen einer Bindehautentzündung auszumachen. Dauert die Symptomatik länger als vier
Wochen, so handelt es sich um eine chronische Konjunktivitis.
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Einleitung
Anatomie
Optik
Trockenes Auge
Gereiztes Auge
Allergisches Auge
AMD
Glaukom
Zusammenfassung:
Das „Gereizte Auge“ ist eine Bindehautreizung, die nichtinfektiöse Ursachen hat
und mit Selbstmedikation rasch zum Abklingen gebracht werden kann. Es muss
scharf von einer infektiös bedingten Bindehautentzündung unterschieden werden,
die ärztliche Behandlung erfordert. Aus einer Bindehautreizung kann sich im weiteren, unbehandelten Verlauf eine Bindehautentzündung entwicklen.
4.1 Epidemiologie
Wegen der oft uneinheitlich verwendeten Definition des Begriffs „Gereiztes Auge“, liegen für die hier betrachtete Reizkonjunktivitis keine verlässlichen epidemiologischen
Daten vor. Die Statistiken unterscheiden nicht zwischen allergischer Disposition (Anfälligkeit für die Ausbildung von Krankheiten), bakterieller Infektion oder der Exposition (Ausgesetztsein des Körpers gegenüber Umwelteinflüssen) physikalischer Einflüsse als Ursache für das „Gereizte Auge“.
Prinzipiell können Menschen jeder Altersgruppe betroffen sein. Kleinkinder und Säuglinge leiden jedoch besonders häufig an bakteriell verursachten Bindehautentzündungen.
In einer Studie aus dem Jahre 1986 zeigten 46 von 100 betroffenen Kindern im Alter
unter zwei Jahren eine bakterielle Ursache ihrer Konjunktivitis. Infektiöse Ursachen überwiegen auch bei den Bindehautentzündungen Erwachsener.
Als Faustregel mag jedoch gelten, dass die bakteriell bedingte Konjunktivitis umso seltener auftritt und die unspezifische Reizkonjunktivitis umso wahrscheinlicher wird, je älter
der Betroffene ist. Im täglichen Umgang mit den Kunden gemachte persönliche Erfahrungen wiesen darauf hin, dass die unspezifische Reizkonjunktivitis nach der allergischen
Konjunktivitis und der bakteriellen Infektion die dritthäufigste Ursache für die Symptome
eines „Gereizten Auges“ ist.
Das „Gereizte Auge“ im Sinne der hier definierten unspezifischen Reizkonjunktivitis tritt
in der Regel in städtischen Gebieten häufiger auf. Gerade die großen Ballungsräume
begünstigen derartige unspezifische Bindehautreizungen. Die schadstoffbelastete, staubige und verrauchte Luft ist einer der wichtigsten Faktoren in der Krankheitsentstehung.
Zusammenfassung:
Das „Gereizte Auge“ ist ein häufiges Augenleiden, dessen Wahrscheinlichkeit mit
fortschreitendem Alter zunimmt. In schadstoffbelasteten Ballungsräumen tritt das
Leiden gehäuft auf.
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Gereiztes Auge
Allergisches Auge
AMD
Glaukom
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4.2 Diagnose
Die gesunde Bindehaut ist eine durchsichtige Schleimhaut, die den Raum zwischen Lid,
Augapfel und Knochenhöhle auskleidet. Die Hornhautoberfläche ist zwar anatomisch eigenständig, bildet jedoch zusammen mit der Bindehaut eine funktionelle Einheit – den
Bindehautsack.
Bindehaut
Hornhaut
Tränenfilm
Umschlagfalte der Bindehaut
Lederhaut
Letzterer gewährleistet im Wesentlichen drei Funktionen:
Die freie Beweglichkeit des Augapfels
durch die lockere Verbindung der Bindehaut mit der Lederhaut und die „Bindehautreserve“
innerhalb der Umschlagfalte
Das schmerz- und problemlose Aufeinandergleiten der Schleimhautschichten
bei der Bewegung des Lides mit dem Ziel, den Tränenfilm gleichmäßig auf der Oberfläche des Auges zu verteilen (hierbei spielt auch die Produktion von Mucinen (Bestandteil
der Schleimschicht) in den Becherzellen der Bindehaut eine Rolle)
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Glaukom
Die Immunabwehr von Erregern,
welche durch eine unter der Bindehaut und in ihren Umschlagfalten lokalisierte, follikelähnliche Ansammlung von Lymphozyten und spezialisierten Plasmazellen gewährleistet
wird
Zeigt sich im Rahmen der Diagnostik, dass eine dieser Hauptfunktionen eingeschränkt
ist, gilt dies als deutlicher Hinweis auf das Vorliegen einer Bindehautentzündung.
Untersuchung
Der Arzt kann die Bindehaut des Augapfels (Conjunctiva bulbi) bereits im Bereich der Lidspalte
durch eine fokale Beleuchtung beurteilen.
Beim Gesunden erscheint dieser Schleimhautabschnitt transparent und glänzend. Die Bindehaut
der Übergangsfalten und der Lider kann jedoch
nur nach vorherigem Umklappen des oberen Augenlides nach oben bzw. dem Herunterziehen
des unteren Lides nach unten inspiziert werden.
Diese als Ektropionieren bezeichnete Prozedur ist
unkompliziert und schnell durchzuführen.
Das Unterlid hat sicherlich jeder schon einmal ektropioniert. Hierbei schaut der Betreffende nach
oben und der Untersuchende zieht das Unterlid
dicht an der Lidkante vorsichtig nach unten.
Zum Ektropionieren des Oberlids blickt der Betreffende entspannt nach unten, ohne dabei das
Auge zuzukneifen. Der Untersuchende legt einen
Watteträger oberhalb des Tarsus (Lidknorpel) an
das Lid, fasst die Wimpern mit Daumen und Zeigefinger und schlägt das Lid anschließend um
den Watteträger, der nun als Drehpunkt dient,
nach oben um. Das Umklappen sollte mit einer
raschen Hebelbewegung erfolgen. Das Lid bleibt
in der umgeklappten Position und ist so einer Untersuchung zugänglich.
Ektropionieren
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Färbe-Reaktion
Nach Einträufeln bestimmter Farblösungen in das Auge, können Defekte der Bindehaut
(aber auch der Hornhaut) unter speziellem Licht sichtbar gemacht werden. Sie zeigen
sich zum Beispiel nach Fluoreszenzeinfärbung oder Bengalrosa-Färbung im Blaulicht. Zudem kann abgeschabtes Bindehautepithel später auf dem Objektträger gefärbt werden
(nach Giemsa oder Gram) und liefert ebenfalls wichtige Hinweise zur Diagnosesicherung
und zur Ätiologie (Ursächlichkeit) der Bindehautentzündung. Das mikroskopische Präparat zeigt unter Ölimmersion (Lichtmikroskopie mithilfe eines speziellen Öls) zum Beispiel
Bakterien (bakterielle Konjunktivitis), vermehrte Lymphozyten und Monozyten (virale
Genese) oder Eosinophile (allergische Konjunktivitis).
Zusammenfassung:
Zu den wichtigsten ärztlichen Methoden im Hinblick auf die Indikation „Gereiztes
Auge“ gehören:
die Spaltlampenuntersuchung,
die Untersuchung der Bindehaut nach Ektropionieren der Lider,
die Anfärbung zur Sichtbarmachung von Epitheldefekten und
der Abstrich für die zytologische Untersuchung.
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4.3 Symptome
Im Falle der unspezifischen Bindehautentzündung klagt der Betroffene vor allem über
gerötete und brennende Augen (verklebte Augen weisen dagegen auf eine infektiöse
Konjunktivitis hin, der Betroffene muss zum Augenarzt geschickt werden!). Darüber hinaus sind die Augenlider oft auch angeschwollen. Der Betroffene beschreibt dies gewöhnlich als „schweres Lid“. Zudem hat er ein ausgeprägtes Fremdkörpergefühl. Die Augen
tränen und der Betroffene scheut das Licht.
Obwohl Juckreiz meist auf eine allergische Genese hindeutet, ist er auch beim „Gereizten
Auge“ nicht selten. Die Bindehaut gereizter Augen zeigt meist ein wässriges Exsudat
(Absonderung eiweißreicher Flüssigkeiten ). Bei der bakteriellen Konjunktivitis kann es
hingegen auch eitrig-gelb sein, hier muss der Betroffene zum Augenarzt geschickt werden!
Die Stärke dieses Sekrets und dessen Konsistenz (wässrig, schleimig, Fäden ziehend,
blutig) geben also wichtige Hinweise auf die Ursache einer Bindehautentzündung bzw.
Bindehautreizung. Herdförmige Anhäufungen lymphatischen Gewebes, die ein wenig an
Sago-Körner erinnern, deuten auf eine Virus- oder Chlamydien-Infektion hin.
Das deutlichste Zeichen ist jedoch die unübersehbare Hyperämie, das „rote Auge“ bzw.
die zahlreichen feinen geröteten Äderchen, weil die Bindehautgefäße vermehrt mit Blut
gefüllt sind. Dieses Symptom ist auch bekannt als konjunktivale Injektion. Allein aus dem
Ausmaß und der Lokalisation solcher Injektionen vermag der Augenarzt abzuklären, ob
tatsächlich eine Konjunktivitis oder eine Entzündung der Sklera oder Cornea vorliegt.
Zusammenfassung:
Die Symptome des „Gereizten Auges“ sind:
gerötete Augen (= Leitsymptom),
Schwellung der Bindehaut,
verstärkte wässrige Sekretion,
Brennen und teilweise Juckreiz,
Fremdkörpergefühl im Auge.
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Wer an einer unspezifischen Konjunktivitis leidet, hat nicht nur gerötete, geschwollene
Augen, sondern trägt vor allem einen entzündlichen Prozess in sich. Dieser ist zwar nicht
infektiöser Natur, manchmal kann aber eine bakterielle Besiedlung des Auges unmittelbar folgen. Dazu trägt zum Beispiel auch das dauernde Reiben und Berühren des brennenden Auges durch den Betroffenen selbst bei. Zudem zeigen sich bestimmte Erkrankungen in unmittelbarer Augennähe ebenfalls als zunächst scheinbar harmlose Bindehautreizungen. Dazu gehört zum Beispiel auch das Wachstum eines Karzinoms.
Wenn die akute Bindehautentzündung nicht behandelt wird, kann sie sich zu einer chronischen entwickeln. Der fortschreitende Krankheitsprozess kann dann zu einer allmählichen Degeneration der Bindehaut führen. Dauerhafte Epithelzerstörungen oder sogar
schwere Nekrosen können dann die Folge sein. Jede chronische Konjunktivitis bedarf
daher einer unbedingten augenärztlichen Behandlung, natürlich auch jede akute Bindehautentzündung, wenn diese bakteriell oder viral bedingt ist!
Zusammenfassung:
Die unspezifische Reizkonjunktivitis kann eine bakterielle Infektion nach sich ziehen. Eine daraus folgende akute Bindehautentzündung, die nicht behandelt wird,
kann chronisch werden.
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4.4 Ursachen
Bindehautreizungen und -entzündungen können überall und bei jedem auftreten. Ätiologisch (ursächlich) wird vor allem die infektiöse (ansteckend!) von der nichtinfektiösen
(nicht ansteckend) Konjunktivitis abgegrenzt. Aber auch altersbedingte Degenerationen
und Vitaminmangelzustände können Ursache einer Bindehautfunktionsstörung sein.
Infektiöse Ursachen
Als infektiöse Auslöser kommen am häufigsten Bakterien in Frage. Natürlich ist die
Bindehaut auch im gesunden Zustand stets
mit Bakterien besiedelt. Normalerweise
herrscht aber eine Art Gleichgewicht. Infektionen entstehen daher meist erst infolge einer Neubesiedlung durch den direkten Kontakt mit „pathogenen Keimen“.
Durch unsaubere Finger, schmutzige Handtücher, aber auch Verletzungen können
Keime übertragen werden, auch in mangelhaft gewarteten Schwimmbädern können sich Keime vermehren. Das Erregerspektrum zeigt dabei erhebliche regionale
Unterschiede.
Bakterien sind die mit Abstand häufigsten Auslöser infektiöser Bindehautentzündungen.
Dennoch spielen auch Virusinfektionen gelegentlich eine Rolle. Diese Infektionen, meist
mit Adenoviren Typ 18 oder 19, erfolgen stets durch den direkten Kontakt mit Infizierten.
Nach einer Inkubationszeit von etwa 8-10 Tagen beginnt die Absonderung eines weißen,
schleimigen Sekrets, das Auge tränt und juckt. Die Betroffenen haben meist gleichzeitig
einen leichten grippalen Infekt. Die Untersuchung des Auges sollte unbedingt durch einen Augenarzt erfolgen und jegliche Berührung des betroffenen Auges vermieden werden.
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In sehr seltenen Fällen wird die Konjunktivitis durch Parasiten oder Pilze hervorgerufen.
Bei Urlaubern, die über Augenbeschwerden klagen, muss diese Möglichkeit jedoch in
Betracht gezogen werden. Die durch Mikrofilarien hervorgerufene Onchozerkose (landläufig unter dem Namen „Flussblindheit“ bekannt), gilt in Afrika als häufigste Erblindungsursache. Die Übertragung des Parasiten erfolgt durch die Simulium-Fliege. Eine
weitere Form dieser Konjunktivitis ist die in West-, Ost- und Zentralafrika auftretende
„Loiasis“. Pilzerkrankungen des Auges sind von geringerer Bedeutung und treten vorwiegend als Begleitsymptom einer primären Hornhauterkrankung auf.
Nichtinfektiöse Ursachen
Die durch nichtinfektiöse Ursachen bedingte unspezifische Reizkonjunktivitis ist das eigentliche „Gereizte Auge“. Als äußere Auslöser kommen hier vor allem physikalische
und chemische Reize in Betracht. Die häufigsten Auslöser sind (Tabak-) Rauch, Staub,
Chlorwasser, Zugluft, Wind, Allergene (z. B. Pollen), grelles Sonnenlicht, starke UV-Strahlung, Ozon, Hitze/Kälte und Kosmetika.
Das Auge kann aber auch infolge Schlafmangels oder ungewöhnlich nahem Arbeiten
„am Auge“ überanstrengt werden und sich entzünden. Als weitere Ursache sind in diesem Rahmen falsch zentrierte Brillengläser oder schlecht angepasste bzw. verunreinigte
Kontaktlinsen zu nennen.
Zusammenfassung:
Ursachen der Bindehautreizungen und -entzündungen lassen sich prinzipiell in
infektiöse (ansteckend) und nichtinfektiöse (nicht ansteckend) einteilen. Zu ersteren zählen Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten. Das „Gereizte Auge“, die
nichtinfektiöse Reizkonjunktivitis, wird durch physikalische oder chemische Reize
verursacht.
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4.5 Weitere Formen von Entzündungen am Auge
4.5.1 Hornhautentzündung (Keratitis)
Die Hornhaut (Cornea) ist zwar eine eigenständige anatomische Struktur, funktionell
bildet sie jedoch mit der Bindehaut eine
Einheit, den Bindehautsack. Daher ist
leicht nachvollziehbar, dass eine Konjunktivitis in vielen Fällen nicht allein auftritt,
sondern auch die Hornhaut in Mitleidenschaft ziehen kann. Gleiches gilt natürlich
auch umgekehrt.
Die Hornhaut gleicht einem Uhrglas mit
ungewöhnlich großer Brechkraft (ca. 45
Dioptrin!). Ihre Oberfläche wird von einem
ca. 40 µm starken Epithel gebildet, das
sich im Verletzungsfall innerhalb weniger Stunden regenerieren kann. Die Basalzellen
dieses Plattenepithels sind durch eine 1 µm dünne Basalmembran in der so genannten
Bowman-Lamelle (8-14 µm) verankert.
Wird die Bowman-Lamelle beschädigt, ist nur noch eine vernarbende Ausheilung etwaiger Hornhautschäden möglich. Die Hornhaut ist dicht mit sensiblen Nervenfasern aus
dem 1. Trigeminusast durchzogen und daher hoch empfindlich. Jede Verletzung ist höchst
schmerzhaft. Schon die kleinste Berührung führt zum reflexartigen Lidschluss. Die Hornhaut wird darüber hinaus durch die spülende und antimikrobiell wirkende Tränenflüssigkeit geschützt.
Dennoch sind kleinste Verletzungen möglich, die dann eine Hornhautentzündung, die
Keratitis, begünstigen.
Diagnose und Symptome
Die Keratitis (Hornhautentzündung) äußert sich durch Schmerzen, Tränenfluss und einer
erhöhten Lichtempfindlichkeit. Die Sehleistung ist beeinträchtigt. Unter der Spaltlampe
fällt ein verzerrtes Spiegelbild auf. Charakteristisch ist der fehlende Glanz der Hornhaut.
In der Fluoreszenzeinfärbung werden Hornhautdefekte, die bis zur Ulzeration (Geschwürbildung) gehen können, sichtbar. Das Abkratzpräparat ermöglicht eine Beurteilung von
Entzündungszellen und eine Bestimmung etwaiger Keime. Bei bakteriellen Infektionen
ist oft ein eitriges Sekret sichtbar. Virale Infektionen gehen hingegen mit einem wässrigen Sekret einher.
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Unbehandelt kann durch fortschreitende Ulzeration der Verlust des Auges drohen. Eine
besonders aggressiv verlaufende Form der Keratitis ist das Ulcus serpens, das innerhalb
von Tagen oder sogar Stunden die Hornhaut durchdringt und zu einer intraokularen Beteiligung führt. Das Ulcus serpens gilt als das gefährlichste Krankheitsbild des Auges
überhaupt, da es schnell zum Verlust des Sehvermögens führen kann.
Ursachen
Auch die Keratitis kann infektiös oder nichtinfektiös verursacht sein.
Als infektiöse Auslöser kommen Bakterien (z. B. Staphylococcus aureus), Viren (z. B. Herpes
simplex Typ 1 = HSV 1), Pilze (z. B. Fusarium solani) und Amöben (z. B. Acanthamoeba
castellani) in Frage.
Nichtinfektiöse Keratitiden werden vor allem durch Verletzungen, z. B. beim Augenreiben,
durch „ins Auge geratene Fremdkörper“, die sich unter dem Oberlid verfangen und über
die Hornhaut reiben, sowie durch Verblitzungen oder Kontaktlinsenunverträglichkeit hervorgerufen. Über 90 Prozent aller Keratitiden sind bakteriell bedingt. Liegt jedoch eine virale Infektion vor, so ist mit größter Wahrscheinlichkeit vom weit verbreitet auftretenden
Herpes simplex Typ 1 auszugehen. Rund 90 Prozent der deutschen Bevölkerung sind mit
diesem Virus infiziert. Die meisten Menschen bleiben nach unbemerkt verlaufender Erstinfektion lebenslang Träger dieses neurotropen (auf Nerven gerichteten) Virus. Ausgehend
von einer bestimmten Nervenzellenart (Ganglion Gasseri), kann die Erkrankung jederzeit
erneut ausbrechen.
Zusammenfassung:
Die häufigsten Ursachen der Hornhautentzündung sind bakteriell. Virale und nichtinfektiöse Ursachen sind seltener. Jede Hornhautentzündung ist mit großen Schmerzen verbunden und bedarf augenärztlicher Therapie. Eine fortschreitende Ulzeration (Geschwürbildung) kann im Rahmen der Keratitis schnell zum Verlust des Augenlichts führen.
4.5.2 Entzündung der Lederhaut (Skleritis)
Die Lederhaut (Sklera) ist ein porzellanweißes (undurchsichtiges) Bindegewebe, das zusammen mit der Bindehaut in gewissem Sinne die „formstabile Hülle“ des Auges bildet. Alle
sechs Augenmuskeln setzen an der Sklera an. Im Kammerwinkel bildet die Sklera das so
genannte Trabekelmaschenwerk und den Schlemm‘schen Kanal, der für die Ableitung des
Kammerwassers (siehe Kapitel „Glaukom“) von Bedeutung ist.
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Die Sklera wird von Blutgefäßen und Nervenfasern
versorgt. Wegen ihres direkten Kontaktes zur Bindehaut sind gegenseitig übergreifende Entzündungen
nicht ausgeschlossen.
Diagnose und Symptome
Weil lediglich der vordere Teil der Sklera mit der Spaltlampe direkt untersucht werden kann, sind häufig zusätzlich indirekte Methoden, wie Ultraschall, erforderlich. Gewebeveränderungen, Ausbuchtungen, Verletzungen und Entzündungen können auf diese Weise „sichtbar“ gemacht werden. Konjunktivale Injektionen aber auch entzündliche Prozesse lassen die Sklera rot erscheinen. Bei
Neugeborenen und nach abgelaufenen Entzündungen schimmert sie in einigen Fällen auch
bläulich. Bei Stich-Verletzungen ist die Lederhaut (Sklera) meist mit betroffen. Die häufigsten Skleraveränderungen sind jedoch Entzündungen (Skleritiden), vor allem die so genannte Episkleritis. Sie manifestiert sich in der Regel als Entzündung der Episklera, dem
Gewebe zwischen Sklera und Bindehaut. Die Sklera selbst ist dabei nicht angeschwollen,
es kommt jedoch zu einer Blutstauung in den darüber liegenden Bindehautgefäßen. Eine
diffuse Entzündung der Sklera wird als Skleritis bezeichnet. Unterschieden wird – je nach
Lokalisation des Herdes – eine vordere von einer hinteren Skleritis. In beiden Fällen handelt
es sich um eine seltene Krankheit. Die Skleritis ist von starken Schmerzen begleitet. Weil
die entzündlichen Prozesse stärker ausgeprägt sind als im Falle der Episkleritis, ist das gesamte Auge gerötet.
Ursachen
Die Episkleritis hat meist keine erkennbaren Ursachen. Manche Autoren beschreiben außergewöhnlichen Stress im Vorfeld der Entzündung. Auch andere Allgemein-Erkrankungen
wie Syphilis, Gicht oder Acne rosacea wurden schon als Ursache angegeben. Zudem scheinen auch systemische Erkrankungen wie M. Crohn und M. Behçet beim Auftreten der
Episkleritis eine Rolle zu spielen. Letztere sind auch mögliche Auslöser für die Skleritis, die
in etwa 50 Prozent aller Fälle durch Autoimmunerkrankungen bzw. infektassoziierte Immunprozesse hervorgerufen wird.
Zusammenfassung:
Die Entstehung der Skleritis und Episkleritis ist meist unbekannt. Sie sind nur selten
bakteriellen oder viralen Ursprungs. Die Episkleritis geht einher mit nur leichten Druckschmerzen, die Skleritis hingegen mit starken Schmerzen und einem geröteten Auge.
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4.6 Therapie
Hornhaut- und Lederhautenzündungen
Während die vorgenannten Hornhaut- und Lederhautentzündungen in den meisten Fällen mit Antibiotika bzw. antientzündlich wirkenden Substanzen ursächlich therapiert
werden können, gestaltet sich die Behandlung der sehr viel häufigeren Bindehautentzündung komplexer.
Bindehautenzündungen
Eine infektiöse Konjunktivitis kann zuverlässig mit lokal wirksamen Antibiotika behandelt
werden. Das Antibiotikum wird während der nächtlichen Anwendung meist als Salbe,
tagsüber hingegen in Tropfenform bereitgestellt. Bewährt haben sich hier unter anderem
Fluorochinolone wie Ofloxacin, Gentamycin und Kanamycin. Unter Umständen muss ein
Antibiogramm zur Therapieentscheidung herangezogen werden. Bei stark entzündlichen
Komponenten kann unter strenger ärztlicher Therapieführung die Kombinationsgabe eines Antibiotikums mit Glukokortikoiden sinnvoll sein. In der Regel kommen hier Kortikosteroide wie Dexamethason, Hydrocortison oder Kombinationspräparate zum Einsatz.
Chlamydien-Infektionen werden üblicherweise mit Erythromycin (Kinder) bzw. Tetracyclin (Erwachsene) behandelt. Sinnvoll ist hier die Mitbehandlung des Partners, um einer
wechselseitigen Keimübertragung vorzubeugen.
Eine Adenovirus-Konjunktivitis ist praktisch nicht zu beeinflussen. Allgemein kann von
einer Spontanheilung innerhalb von zwei Wochen ausgegangen werden. Die zusätzliche
Gabe künstlicher Tränen kann Linderung bringen. Bei Befall durch Herpes simplex und
Varizellazoster kann lokal oder systemisch z. B. mit Aciclovir therapiert werden.
Bindehautreizung
Die unspezifische Reizkonjunktivitis, das „Gereizte Auge“, wird rein symptomatisch behandelt. Im Vordergrund steht die schnelle Linderung der auftretenden Beschwerden.
Neben dem ergänzenden Einsatz von Tränenersatzmitteln, z. B. Hyaluronsäure oder
Hypromellose, zur Minderung des Fremdkörpergefühls kommen hier vor allem
α-Sympathomimetika (Vasokonstriktoren) zum Einsatz. Letztere entfalten ihre Wirkung
über eine Stimulation der α-Adreno-Rezeptoren. Die glatte Gefäßmuskulatur, der Hauptwirkort dieser Substanzen, antwortet darauf mit einer komplexen biochemischen Kaskade, bei der es im Wesentlichen zu einem vermehrten Kalziumeinstrom in die Zelle und
dadurch zu einem Zusammenziehen des Gefäßmuskels kommt.
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Diese Vasokonstriktion äußert sich systemisch durch einen Blutdruckanstieg, in der lokalen Anwendung hingegen vor allem in einer Schleimhautabschwellung, die feinen geröteten Äderchen im Auge ziehen sich wieder zusammen – das Auge wird wieder „weiß“.
Der Effekt ist umso ausgeprägter, je feiner der Wirkstoff auf der betreffenden Schleimhaut verteilt wird.
In der Augenheilkunde werden zur Behandlung der Bindehautreizung vor allem folgende
topische Vasokonstrikoren angewandt:
Tetryzolin,
Naphazolin,
Tramazolin.
Weil mit der Gefäßverengung und der Schleimhautabschwellung auch die starke Rötung
des Auges zurückgeht, werden die genannten Wirkstoffe häufig als „Weißmacher“ bezeichnet. Ihre vasokonstriktive Wirkung geht zudem mit einem verringerten Flüssigkeitsaustritt aus den Gefäßen einher, was wiederum ein verringertes Vorkommen von Entzündungsmediatoren wie Histamin, Leukotrienen und Prostaglandinen im Gewebe bewirkt.
Eine sanfte Alternative zur Linderung von Augenreizungen bilden Augentropfen, die einen Extrakt aus der Pflanze Augentrost (Euphrasia) enthalten. Die Pflanze Augentrost hat
sich schon seit Jahrhunderten in der Naturheilkunde bewährt. Augentropfen mit Euphrasia-Extrakt sind sehr gut verträglich (ohne Altersbeschränkungen) und können ganz nach
Bedarf angewendet werden (auch zur Daueranwendung). Sie beruhigen und harmonisieren gereizte Augen, verbessern die Stabilität des Tränenfilms und schützen so die
Augen vor äußeren Umwelteinflüssen.
Zusammenfassung:
Infektiöse Bindehautentzündungen müssen vom Augenarzt therapiert werden.
Das „Gereizte Auge“ kann im Rahmen der Selbstmedikation durch den kurzfristigen Einsatz von α-Sympathomimetika, z. B. Tetryzolin, wirksam behandelt werden. Dabei sollten diese Augentropfen nicht länger als 5 Tage hintereinander
angewendet werden.
Eine sanfte Alternative zur Linderung „Gereizter Augen“ bilden Augentropfen, die
einen Extrakt aus Augentrost (Euphrasia) enthalten – diese können auch länger als
5 Tage hintereinander angewendet werden, ganz nach Bedarf.
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