mile Durkheim (1858-1917) geht in seiner – lngst klassisch gewordenen, aber noch immer aktuellen – Studie Die elementaren Formen des religiçsen Lebens (Les formes lmentaires de la vie religieuse. Le systme totmique en Australie, 1912) der Frage nach dem Wesen der Religion nach, und er entwirft die Grundlage fr eine funktionalistische Betrachtung der Religion, indem er als ihren sozialen Kern die Aufgabe zur Stiftung gesellschaftlichen Zusammenhalts und gesellschaftlicher Identitt ausmacht. Religiçse Zeremonien und Rituale haben eine wesentliche Funktion zu erfllen: Sie bilden den »Kitt«, der die Mitglieder der Gruppe bzw. der Gesellschaft zusammenhlt. Daher durchziehen religiçse Rituale den Alltag und ermçglichen in verschiedenen Situationen – bei oft krisenhaften Vernderungen des individuellen Lebens (wie Geburt, Heirat und Tod) oder in Zeiten rapiden gesellschaftlichen Wandels – eine Neubesinnung und Neubestimmung durch Integration in die Gemeinschaft. In kollektiven Zeremonien wird die Gruppensolidaritt gerade durch und unter Bedingungen persçnlicher und gesellschaftlicher Sinnkrisen gestrkt und verlebendigt. Zeremonien befreien die Menschen aus den Sorgen des profanen Lebens und çffnen sie fr hçhere Erfahrungen und Werte der Transzendenz, die zugleich Gemeinschaft stiften. Mitbegrnder der Soziologie als empirischer Wissenschaft, bte Durkheim großen Einfluß auf die nachfolgenden Soziologengenerationen aus. Bryan S. Turner war von 1998 bis 2005 Professor fr Soziologie an der Universitt Cambridge, seit 2006 lehrt er an der Universitt Singapur. V E R LAG DE R W E LT R E L I GI ON E N TASC H E N BUC H 2 MI LE DURKH EIM DI E ELEME NTAR E N FORME N DE S REL IGISE N LEBE NS Aus dem Franzçsischen von Ludwig Schmidts V E R LAG DE R W E LT R E L I G ION E N Gefçrdert durch die Udo Keller Stiftung Forum Humanum Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar. http://dnb.d-nb.de Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig Taschenbuch 2 Erste Auflage 2007 Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1981 Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des çffentlichen Vortrags sowie der bertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfltigt oder verbreitet werden. Umschlag: Hermann Michels und Regina Gçllner Satz: Hmmer GmbH, Waldbttelbrunn Druck: Druckhaus Nomos, Sinzheim Printed in Germany ISBN 978-3-458-72002-7 Titel der Originalausgabe: »Les formes lmentaires de la vie religieuse: le systme totmique en Australie«. Paris: Alcan, 1912. Presses Universitaires de France Paris 1968 1 2 3 4 5 6 – 12 11 10 09 08 07 DI E E L E M E N TA R E N FOR M E N DE S R E L I G I S E N L E BE NS 9 I N H A LT Einleitung · Objekt der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . 11 Erstes Buch · Einleitende Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Zweites Buch · Die elementaren Glaubensvorstellungen 149 Drittes Buch · Die wichtigsten Ritualhaltungen . . . . . . . 437 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 Nachwort von Bryan S. Turner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Ethnographische Karte Australiens . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 11 E I N LE I T U NG OBJE KT DE R U N T ER SUC H U NG 13 R E L I G I O N S SOZ IOL OG I E U N D E R K E N N T N I S T H EOR I E I Der Zweck dieses Buches ist, die primitivste und einfachste Religion zu studieren, die bis jetzt bekannt ist, sie zu analysieren und eine Erklrung zu versuchen. Wir behaupten von einem Religionssystem, daß es das primitivste ist, das wir beobachten kçnnen, wenn es die beiden folgenden Bedingungen erfllt: erstens muß es in Gesellschaften zu finden sein, deren Organisation von keiner anderen an Einfachheit bertroffen wird.1 Es muß zweitens mçglich sein, es zu erklren, ohne daß man ein Element einfhren muß, das von einer voraufgegangenen Religion geborgt worden ist. Wir wollen die Struktur dieses Systems mit der Genauigkeit und der Treue beschreiben, wie es ein Ethnograph oder ein Historiker tut. Aber damit ist unsere Aufgabe nicht beendet. Die Soziologie stellt sich andere Probleme als die Geschichte oder die Ethnographie. Sie versucht nicht, erloschene Formen der Zivilisation zu erschließen, nur um sie zu kennen und zu rekonstruieren. Sondern sie hat, wie jede positive Wissenschaft, vor allem das Ziel, eine aktuelle, uns nahe Wirklichkeit zu erklren, die folglich imstande ist, unsere Gedanken und unsere Handlungen zu beeinflussen. Diese Wirklichkeit ist der Mensch und im besonderen der heutige Mensch, denn es gibt nichts, woran wir strker interessiert 1 Im selben Sinn sagen wir von diesen Gesellschaften, daß sie primitiv sind, und nennen den Menschen dieser Gesellschaften den primitiven Menschen. Zweifellos ist der Ausdruck nicht genau, aber er lßt sich nur schwer vermeiden; im brigen bedeutet er keine Gefahr, wenn man sich bemht hat, seine Bedeutung festzulegen. 14 e i n l e i t u n g · ob j ek t d e r u nt e r su chu ng sind. Wir studieren also nicht die sehr archaische Religion, von der die Rede sein wird, nur um das Vergngen zu haben, ihre Wunderlichkeiten und ihre Seltsamkeiten zu berichten. Wenn wir sie als Objekt unserer Untersuchung gewhlt haben, so geschah das, weil sie uns geeigneter erschien als jede andere, die religiçse Natur des Menschen verstndlich zu machen, d. h. uns einen wesentlichen und dauernden Aspekt der Menschheit zu offenbaren. Aber diese Behauptung bleibt nicht ohne lebhaften Widerspruch. Man findet es seltsam, daß man,um die heutige Menschheit kennenzulernen, damit beginnen msse, sich von ihr abzuwenden, um zu den Ursprngen der Geschichte hinaufzusteigen. Dies Verhalten erscheint in der Frage, die uns beschftigt, besonders paradox. Religionen spricht man nmlich ungleichen Wert und ungleiche Wrde zu; man sagt im allgemeinen, daß sie nicht alle denselben Anteil an Wahrheit enthielten. Man kann also anscheinend nicht die hçchsten Formen der religiçsen berzeugung mit den niedrigsten vergleichen, ohne die ersten auf das Niveau der zweiten herabzudrcken. Wenn man zugibt, daß uns die derben Kulte der australischen Stmme helfen kçnnen, zum Beispiel das Christentum zu verstehen, heißt das nicht vorauszusetzen, daß das Christentum aus derselben Mentalitt kommt, d. h. daß es aus denselben Elementen des Aberglaubens geformt ist und auf denselben Irrtmern beruht? So hat die theoretische Bedeutung, die man manchmal den primitiven Religionen beigemessen hat, als Kennzeichen einer systematischen Irreligiositt gelten kçnnen, was die Ergebnisse der Forschung prjudiziere und somit von vornherein verflsche. Wir brauchen hier nicht zu untersuchen, ob es wirklich Wissenschaftler gegeben hat, die diesen Vorwurf verdient haben und die aus der Geschichte und der religiçsen Ethnographie eine Kriegsmaschine gegen die Religion gemacht haben. Jedenfalls kann das nicht der Standpunkt der Soziologie sein. Ein wesentliches Postulat der Soziologie ist nmlich, daß eine menschliche Einrichtung nicht auf Irrtum und auf Lge beruhen kann: denn sonst kçnnte sie nicht dauern. Wenn sie nicht in der Natur der Din- r e l i g i onssoz i olog i e · e r ke n nt n i st he or i e 15 ge begrndet wre, htte sie in den Dingen Widerstnde gefunden, die sie nicht htte besiegen kçnnen. Wenn wir also das Studium der primitiven Religionen angehen, dann mit der berzeugung, daß sie von der Wirklichkeit abhngen und sie auch ausdrcken. Wir werden sehen, daß dieses Prinzip im Laufe der Analysen und der folgenden Diskussionen stndig wiederkehrt. Was wir den Lehrmeinungen, von denen wir uns trennen, vorwerfen, ist gerade, dies verkannt zu haben. Wenn man natrlich nur den Buchstaben dieser Formeln betrachtet, dann erscheinen diese religiçsen berzeugungen und Praktiken manchmal verwirrend, und man kçnnte versucht sein, sie einer Art von fundamentalen Verirrungen zuzuschreiben. Aber man muß unter dem Symbol die Wirklichkeit erreichen, die es darstellt, die ihm erst seine wahre Bedeutung gibt. Die barbarischsten und seltsamsten Riten, die fremdesten Mythen bedeuten irgendein menschliches Bedrfnis, irgendeine Seite des individuellen oder sozialen Lebens. Die Grnde, die der Glubige sich selber gibt, um sie zu rechtfertigen, kçnnen falsch sein, und sie sind es meistens; trotzdem gibt es wahre Grnde. Es hngt von der Wissenschaft ab, sie zu entdecken. Im Grund gibt es also keine Religionen, die falsch wren. Alle sind auf ihre Art wahr: alle entsprechen, wenn auch auf verschiedene Weisen, bestimmten Bedingungen der menschlichen Existenz. Zweifellos ist es nicht unmçglich, sie hierarchisch anzuordnen. Die einen kçnnen den anderen in dem Sinn berlegen sein, als sie hçhere geistige Funktionen ins Spiel bringen, daß sie reicher an Ideen und Gefhlen sind, daß sie mehr Begriffe und weniger Gefhle und Bilder verarbeiten, daß die Systematisierung ausgeklgelter ist. Wie wirklich aber diese grçßere Kompliziertheit und diese hçhere Idealitt auch sei, sie gengen nicht, um die entsprechenden Religionen in unterschiedliche Gattungen einzuordnen. Alle sind gleichermaßen Religionen, wie alle Lebewesen lebendig sind, angefangen von den bescheidensten Plastiden bis zum Menschen. Wenn wir uns also an die primitiven Religionen wenden, dann nicht mit dem Hintergedanken, die Religionen auf eine allgemeine Art herabzuwrdigen; denn diese 16 e i n l e i t u n g · ob j ek t d e r u nt e r su chu ng Religionen sind nicht weniger ehrbar als die anderen. Sie antworten auf dieselben Bedrfnisse, sie spielen die gleiche Rolle, sie hngen von denselben Grnden ab; sie kçnnen also genauso gut dazu dienen, die Natur des religiçsen Lebens zu offenbaren, und folglich das Problem zu lçsen, das wir uns gestellt haben. Wozu soll man ihnen aber ein Vorrecht einrumen? Warum soll man eher sie als alle anderen zum Gegenstand unserer Studie whlen? – einzig und allein wegen der Methode. Erstens kçnnen wir die neuesten Religionen nur verstehen, wenn wir in der Geschichte die Art und Weise verfolgen, wie sie sich allmhlich zusammengesetzt haben. Die Geschichte ist in der Tat die einzige Methode einer erklrenden Analyse, die man auf sie anwenden kann. Nur sie erlaubt uns, eine Institution in ihre Bauelemente zu zerlegen, weil sie uns diese hintereinander bei ihrer Entstehung in der Zeit zeigt. Wenn man andererseits jedes Einzelelement in die Gesamtheit der Umstnde stellt, aus denen es entstanden ist, reicht sie uns das einzige Mittel, das wir haben, um die Grnde aufzuzeigen, die sie hervorgerufen haben. Jedes Mal, wenn man es unternimmt, ein menschliches Anliegen an einem bestimmten Zeitpunkt zu erklren – ganz gleich, ob es sich um einen religiçsen Glauben, um eine Moralregel, um einen Rechtsbegriff, um eine sthetische Technik, um eine Wirtschaftsverfassung handelt –, muß man damit beginnen, bis zur primitivsten und einfachsten Form hinabzusteigen und zu versuchen, die Charakterzge zu ermitteln, durch die sie zu jenem Zeitpunkt definiert werden kann, schließlich darstellen, wie sie sich nach und nach entwickelt hat und komplexer wurde, wie sie das geworden ist, was sie in dem betreffenden Zeitpunkt ist. So kann man mhelos begreifen, von welcher Bedeutung fr diese Serie fortschreitender Erklrungen die Bestimmung des Ausgangspunktes ist, von dem diese ausgehen. Es war ein cartesianisches Prinzip, daß das erste Glied in der Kette der wissenschaftlichen Wahrheiten die Hauptrolle spielt. Es kann natrlich nicht in Frage kommen, die Wissenschaft r e l i g i onssoz i olog i e · e r ke n nt n i st he or i e 17 der Religionen auf cartesianische Art und Weise mit einem ausgearbeiteten Begriff zu beginnen, d. h. ein logisches Konzept, eine pure Mçglichkeit, die rein geistig konstruiert wurde. Wir mssen im Gegenteil eine konkrete Realitt finden, die uns einzig und allein die historische und ethnographische Beobachtung liefern kann. Aber wenn dieser Grundbegriff durch verschiedene Verfahren erreicht werden kann, so bleibt dennoch wahr, daß er dazu berufen ist, auf die ganze nachfolgende Gedankenkette, die die Wissenschaft aufstellt, einen bedeutenden Einfluß zu haben. Die biologische Entwicklung wurde von dem Augenblick an anders aufgefaßt, als man erkannt hatte, daß es einzellige Lebewesen gibt. Genauso kann man die religiçsen Fakten anders erklren, je nachdem man an den Anfang der Entwicklung den Naturismus, den Animismus oder irgendeine andere religiçse Form stellt. Selbst die grçßten Spezialisten mssen, wenn sie sich nicht in reine Gelehrsamkeit einengen, wenn sie versuchen wollen, sich der Tatsache, die sie analysieren, bewußt werden, diese oder jene Hypothese whlen und sich von ihr leiten lassen. Ob sie wollen oder nicht, die Fragen, die sie sich stellen, nehmen notwendigerweise die folgende Form an: Wie ist es gekommen, daß der Naturismus oder der Animismus hier oder dort diese bestimmte Gestalt angenommen und sich auf diese oder jene Weise bereichert oder verarmt hat? Da es also unvermeidlich ist, in der Frage dieses Grundproblems Partei zu ergreifen, und da die Lçsung, die man ihm gibt, dazu bestimmt ist, die Gesamtheit der Wissenschaft zu beeinflussen, mssen wir es direkt angehen; das wollen wir tun. Außer diesen indirekten Rckwirkungen hat das Studium der primitiven Religionen im brigen an sich ein unmittelbares Interesse, das von hçchster Bedeutung ist. Wenn es nmlich in der Tat ntzlich ist zu wissen, woraus diese oder jene Religion besteht, so ist die Untersuchung noch wichtiger, was die Religion im allgemeinen ist. Dieses Problem hat schon immer die Philosophen gereizt, und zwar nicht ohne Grund, denn es interessiert die ganze Menschheit. Unglcklicherweise ist die Methode, die sie im allgemeinen 654 M I L E DU R K H E I M S DI E E L E M E N TA R E N FO R M E N DE S R E L I G I SE N L EBE N S NACHWORT mile Durkheims Werk ist lange Zeit nicht ausreichend gewrdigt worden. Die soziologische Theorie des ausgehenden 20. Jahrhunderts stand unter dem Zeichen der Skularisierung, weshalb Durkheim in der Soziologie jener Epoche kein gnstiges Schicksal beschieden war. Erst jetzt findet Durkheims Religionssoziologie die angemessene Beachtung: Das aktuelle weltweite Erstarken der Religion, gerade im politischen Bereich, hat auch dem Gedanken zu neuer Blte verholfen, daß Glaubensvorstellungen fr die gegenwrtige Verfassung der sozialen Wirklichkeit von Bedeutung sind. Die jngsten Krisen, in die Politik und Religion verstrickt sind, haben Durkheims Religionssoziologie erneut ins Zentrum der gesellschaftlichen und politischen Theoriebildung gerckt. So berufen sich zeitgençssische Philosophen wie Charles Taylor bei ihrer Beschftigung mit Nationalismus, Multikulturalismus oder Pluralismus hufig auf Durkheim als Inspirationsquelle fr das Verstndnis der çffentlichen Rolle von Religion. Auch Edward Tiryakian zieht zur Erklrung politischer Revolutionen Durkheims Soziologie als theoretischen Rahmen heran. Daß es wichtig ist, Durkheim in der modernen Interpretation von Soziologen wie Talcott Parsons oder Jeffrey Alexander zu lesen, war ein Dauerthema der modernen soziologischen Theorie. Aber aktuelle Probleme wie Terrorismus, religiçser Nationalismus, ethnische Konflikte und Gewalt in der Gesellschaft haben Durkheims Verstndnis der dynamischen Beziehung zwischen Gefhlen, Symbolen und Solidaritt ins Zentrum der intellektuellen Diskussion rcken lassen. n a c hwor t 655 Somit ist deutlich zu beobachten, daß Durkheim als Theoretiker der Religion einen bedeutenden Beitrag zur Analyse der modernen Gesellschaft leistet. Noch grundstzlicher kann man fragen, welche Erkenntnisse sich durch die Lektre der Klassiker der Soziologie im allgemeinen gewinnen lassen. Fr das Studium der Soziologie sind die klassischen Texte grundlegend: Die soziologische Ideenwelt wird von Themen und Problemstellungen bestimmt, die in diesen Texten formuliert sind – Imperialismus, Kapitalismus, Moderne, Entfremdung oder Klassenzugehçrigkeit. Diese Texte regen bis heute die Forschung an. Nicht selten werden aber die Ursprnge und das Umfeld vergessen, aus denen sich Weiterentwicklungen wie George Ritzers Anwendung von Max Webers Rationalisierungstheorie auf den McDonaldisierungs-Prozeß ergeben. Interdisziplinaritt setzt sich als modische Ausrichtung am Lehrplan von Studenten durch, doch kann es keine Interdisziplinaritt ohne Disziplinen geben. Und vielleicht sind es auch hier die klassischen Texte wie Webers Wirtschaft und Gesellschaft mit ihrer Verbindung von Soziologie, konomie, Rechtswissenschaft und Politologie, die das Modell fr diese Interdisziplinaritt liefern. In diesem Nachwort zu Durkheims Religionssoziologie mçchte ich aber hauptschlich mit dem Argument fr die Klassiker eintreten, daß sie ein Verstndnis der sozialen Wirklichkeit ermçglichen und Grundlagen fr kritische und wirkungsvolle Interventionen in die moderne Politik liefern kçnnen. Die Leistung der klassischen Soziologie bestand darin, den Begriff des »Sozialen« als autonomes Gebiet sozialer Krfte zu verteidigen. In der Praxis lief diese Verteidigung des »Sozialen« auf das Studium der sozialen Institutionen,Verhaltensmuster und Interaktionen sowie der sozialen Normen, sozialen Zwnge und Macht hinaus. Allgemein gesprochen, sind diese Institutionen die sozialen Krfte, die Gemeinschaften zusammenhalten oder auflçsen. Das »Soziale« wird so durch eine Dynamik zwischen Solidaritt (ein Prozeß, der uns in Gemeinschaften einbindet) und Mangel (ein Prozeß, der Gemeinschaften spaltet und zerbrechen lßt) charakterisiert. 656 n a c hwor t Praktisch gesehen, gehçrt zur klassischen Soziologie das Studium der Werte, kulturellen Muster, Verpflichtungen und normativen Abmachungen, die Institutionen und Systeme sozialer Schichtung als Ausdruck von Mangel sttzen. Die klassische Soziologie als Suche nach einer Definition des »Sozialen« orientierte sich stark an Durkheims Die Regeln der soziologischen Methode (1895), insbesondere darin, zur Erklrung sozialer Phnomene und Tatsachen den Rckgriff auf psychologische Variablen zu vermeiden. Der eigentliche locus classicus dieser Tradition ist aber der Text ber einige primitive Formen der Klassifikation (1903) – ein Versuch Durkheims und Mauss’, das allgemeine Schema logischer Klassifikation als Ausdruck gesellschaftlicher Struktur zu begreifen. Klassische soziologische Erklrungen sind soziologisch im strengen Wortsinn, weil sie sich nicht auf individuelle Dispositionen als Ursachen von Handlungen beziehen. Die offensichtliche Ironie dieser Definition liegt darin, daß sie Weber von diesem strengen Programm auszuschließen scheint, weil er eine an der klassischen konomie orientierte Vorstellung des gesellschaftlichen Handelns entwickelt hat, die soziale Strukturen als konkretisierte Begriffe ablehnt. Darauf lßt sich erwidern, daß Webers soziologische Erklrungen eher auf dem Begriff der »unbeabsichtigten Folgen« als auf bewußtem Handeln der Individuen beruhen. Die Vorstellung der unbeabsichtigten Folgen bei Weber oder die der Zweideutigkeit in der Soziologie von Robert Merton verweisen auf die Rolle der gesellschaftlichen Strukturen »hinter dem Rcken« der gesellschaftlichen Akteure. Wichtig ist auch, die klassische Soziologie als kritische Disziplin zu begreifen, ist sie doch ein Angriff auf die Ideologie der kapitalistischen Industriegesellschaft, insbesondere die Ideologie des brgerlichen, utilitaristischen Liberalismus. Diese kritische Tradition wird meist nur mit dem Marxismus in Verbindung gebracht, obwohl auch Durkheim entscheidende Beitrge geliefert hat. Sowohl Der Selbstmord (1897) als auch Professional Ethics and Civic Moral (1992) sind politische Angriffe auf den çkonomischen Individualismus und die Sozio- n a c hwor t 657 logie von Herbert Spencer; Durkheims professionelle bzw. akademische Soziologie wandte sich insbesondere gegen sozialzerstçrerische Tendenzen in der Gesellschaft. Durkheims Angriff auf die negativen Konsequenzen der Ideologie des egoistischen Individualismus ist in dieser Hinsicht eine Vorwegnahme der jngeren franzçsischen Soziologie, wie sie in den kritischen Schriften des (spten) Pierre Bourdieu oder von Luc Boltanski formuliert wird. Durkheims Religionssoziologie kann man auch als Antwort auf die Philosophie Immanuel Kants begreifen. Durkheims Erkenntnissoziologie weist die epistemologische Argumentation Kants zurck, indem sie zeigt, wie soziale Krfte den Vorstellungen des Individuums Allgemeingltigkeit und Geltungsanspruch verleihen. Fr Durkheim und seine Schule sind die klassifikatorischen Prinzipien nicht individualistisch, a priori und rational. Ihre Autoritt und Wirksamkeit ergeben sich aus der Tatsache, daß sie kollektiv sind, sie werden durch soziale Rituale lebendig gehalten, beziehen ihre Kraft aus kollektiven Emotionen und sttzen ihre Realitt auf die Tatsache, daß sie gesellschaftliche Strukturen darstellen. Klassifikation funktioniert, weil sie eine kollektive Vorstellung ist. Um Durkheims Untersuchungen zum Totemismus der australischen Ureinwohner zu verstehen, mssen wir deshalb mit seiner Theorie der Klassifikation beginnen. Durkheim vertiefte diese Erçrterung der sozialen Ursprnge von Klassifikationssystemen in den Elementaren Formen. Der Text ber einige primitive Formen von Klassifikation erschien zuerst in L’Anne Sociologique Nr. VI (1901-2). Durkheims Analysen der klassifikatorischen Prinzipien, die hinter dem Totemismus der Ureinwohner stehen, gehçren zu den großen Texten des soziologischen Denkens. Seine Thesen sind komplex und auch nicht unumstritten. Eine eingehende Beschftigung mit den Primitiven Formen von Klassifikation ist daher ein guter Einstieg in die Entwicklung der soziologischen Theorie. Die Philosophie hat die Ausfhrungen Durkheims und Mauss’ weitgehend unbeachtet gelassen oder verworfen, trotzdem ist dieses Werk hinsichtlich des allgemeinen Problems der Klassifika- 658 n a c hwor t tion ausgesprochen lehrreich, die darin aufgeworfenen Probleme sind fr die soziologische Beschftigung mit dem Thema bis heute relevant. Ich verstehe die Grundfrage so: Wie wird Klassifikationen Geltung verschafft? Spezifischer ausgedrckt: Wenn Klassifikation von ihrem Wesen her willkrlich ist, wie kann sie dann ganz allgemein Verbindlichkeit bekommen? Die Texte Primitive Formen und Elementare Formen sind Versuche, durch das Studium der soziologischen Formen von Klassifikation Erkenntnis zu gewinnen, insbesondere durch die Auseinandersetzung mit den Formen religiçser Klassifikation, die die Welt in das Heilige und das Profane scheiden. Durkheim verwendet den Begriff »elementar« in zwei Bedeutungen. Einerseits heißt »elementar« fr ihn »primitiv«, andererseits »einfach« oder »grundlegend«. Inwiefern er »elementar« im Sinn von »primitiv« begreift, soll hier nher erlutert werden. Die Soziologie Durkheims ist auch eine Reflexion ber die frhe Feldforschung, wie sie in Australien die Anthropologen Baldwin Spencer und F. J. Gillen, letzterer ursprnglich Kolonialbeamter, in Native tribes of Central Australia (1899) und The northern tribes of Central Australia (1904) vorgelegt haben. Doch Durkheim wollte darber hinaus eine soziologische Darstellung der fundamentalen Formen der kollektiven Bewußtseinsstrukturen entwickeln. Der Untertitel des lteren Werks ber primitive Klassifikation, »Ein Beitrag zur Erforschung der kollektiven Vorstellungen«, macht vielleicht den intellektuellen Anspruch deutlicher. Diese »primitiven« Formen der kollektiven Vorstellung sind das elementare Prinzip der kulturellen Klassifikation. Dem Buch liegt der Gedanke zugrunde, daß man Bewußtseinsformen nicht verstehen kann, indem man sich mit dem Bewußtsein isolierter Individuen beschftigt. Die Natur des Denkens erschließt sich nicht durch psychologische Zergliederung des Inhalts menschlicher Hirne. Das Soziale geht dem Individuellen voraus, weshalb man Bewußtsein (also Klassifikation) nur verstehen kann, wenn man seine gesellschaftlichen Formen betrachtet. Die explizite These, die Durkheim in seiner Studie formuliert, lautet: Die Gesellschaft selbst stellt dem Geist 683 I N H A LT S V E R Z E I C H N I S einleitung objekt de r unte r suchung Religionssoziologie und Erkenntnistheorie I. Hauptzweck des Buches: Analyse der einfachsten bekann- ten Religion, um die elementaren Formen des religiçsen Lebens zu bestimmen. Warum man sie ber die primitiven Religionen leichter erreichen und erklren kann . . . . . . . . . 13 II. Sekundres Untersuchungsobjekt: Genese der Grundbegriffe des Denkens oder der Kategorien. – Grnde fr die Annahme, warum sie religiçsen und folglich sozialen Ursprungs sind. – Wie man, von diesem Gesichtspunkt aus, ein Mittel in Aussicht nehmen kann, die Erkenntnistheorie zu erneuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 erstes buch einleitende fragen 1. Kapitel: Definition des religiçsen Phnomens und der Religion Ntzlichkeit einer vorgngigen Definition der Religion; Methode zur Erreichung dieser Definition. – Warum es angemessen ist, zuerst die herkçmmlichen Definitionen zu untersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Die Religion, durch das bernatrliche und das Mysteriçse definiert. – Kritik: Der Begriff des Mysteriums ist nicht primitiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Die Religion, definiert in bezug auf die Idee des Gottes 684 i n h a lt oder des geistigen Wesens. – Religionen ohne Gçtter. – In deistischen Religionen gibt es Riten, die keine Idee der Gçttlichkeit beinhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 III. Suche nach einer positiven Definition. – Unterschied zwischen Glaubensansichten und Riten. – Definition der Glaubensvorstellungen. – Erstes Charakteristikum: Einteilung der Dinge in heilige und profane. – Definitionsmerkmale dieser Einteilung. – Definition der Riten in bezug auf Glaubensvorstellungen. – Definition der Religion . . . . . . . . . . . . . . 60 IV. Notwendigkeit einer anderen Charakterisierung, um die Magie von der Religion zu unterscheiden. – Die Idee der Kirche. – Schließen die individuellen Religionen die Idee der Kirche aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Kapitel: Die Hauptbegriffe der elementaren Religion 1. Der Animismus Unterscheidung zwischen dem Animismus und dem Naturismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Die drei Thesen des Animismus; 1. Genese der Idee der Seele; 2. Die Bildung der Idee des Geistes; 3. Verwandlung des Kultes der Geister in einen Kult der Natur . . . . . . . . 79 II. Kritik der ersten These. – Unterschied zwischen der Idee der Seele und der Idee des Doppel. – Der Traum sagt ber die Idee der Seele nichts aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 III. Kritik der zweiten These. – Der Tod sagt nichts ber die Verwandlung der Seele in einen Geist aus. – Der Kult der Seele der Toten ist nicht primitiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 IV. Kritik der dritten These. – Der anthropomorphe Instinkt. Spencers Kritik; Vorbehalte. Prfung der Fakten, mit denen man die Existenz dieses Instinkts hat beweisen wollen. – Unterschied zwischen der Seele und den Naturgeistern. Der religiçse Anthropomorphismus ist nicht primitiv . . . . . . . . 101 V. Zusammenfassung: Der Animismus lçst die Religion in ein System von Halluzinationen auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 i n h a lt 685 3. Kapitel: Die Hauptbegriffe der elementaren Religion (Fortsetzung) 2. Der Naturismus Geschichte der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 I. Darstellung des Naturismus nach Max Mller . . . . . . . 112 II. Wenn die Religion den Zweck hat, die Naturkrfte auszu- drcken, versteht man nicht – da sie sie falsch ausdrckt –, wie sie sich hat erhalten kçnnen. – Angeblicher Unterschied zwischen der Religion und der Mythologie . . . . . . . . . . . . 121 III. Der Naturismus erklrt nicht die Unterscheidung zwischen heiligen und profanen Dingen . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Kapitel: Der Totemismus als Elementarreligion Geschichtlicher berblick – Behandlungsmethode I. Summarische Geschichte der Totemismusfrage . . . . . . 134 II. Methodische Grnde, warum der australische Totemismus Hauptbeobachtungsfeld wird. – Der Platz, der dem amerikanischen Totemismus eingerumt wird . . . . . . . . . . . . . . . . 141 zweites buch die elementaren glaubensvorstellungen 1. Kapitel: Der eigentliche Totemglaube 1. Das Totem als Name und als Kennzeichen I. Definition des Clans. – Das Totem als Clan-Name. – Natur der Dinge, die als Totem dienen. – Arten, wie das Totem erworben wird. – Die Totems der Phratrien und der Heiratsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 II. Das Totem als Wappen. – Totemzeichnungen auf Gegen- 686 i n h a lt stnden; Ttowierungen und Zeichnungen auf dem Kçrper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Heiligkeit des Totemwappens. – Die churinga. – Der nurtunja. – Der waninga. – Das herkçmmliche Merkmal des Totemwappens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Kapitel: Die eigentlichen totemistischen Glaubensvorstellungen (Fortsetzung) 2. Das Totemtier und der Mensch I. Die Heiligkeit der Totemtiere. – Verbot, sie zu essen, zu tç- ten, Totempflanzen zu ernten. – Verschiedenes Verhalten den Vorboten gegenber. – Berhrungsverbote. – Die Heiligkeit des Tieres ist weniger stark ausgeprgt als die Heiligkeit des Wappens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Der Mensch. – Seine Verwandtschaft mit dem Totemtier oder mit der Totempflanze. – Verschiedene Mythen, die diese Verwandtschaft erklren. – Die Heiligkeit des Menschen ist bei verschiedenen Organen verschieden stark betont: das Blut, die Haare, usw. – Wie dieses Merkmal nach Geschlecht und Alter wechselt. – Der Totemismus ist weder ein Tiernoch ein Pflanzenkult . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Kapitel: Die eigentlichen totemistischen Glaubensvorstellungen (Fortsetzung) 3. Das kosmologische System des Totemismus und der Gattungsbegriff I. Die Klassifizierung der Dinge in Clans, Phratrien und Klas- sen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 II. Die Genese des Gattungsbegriffs: die ersten Klassifizie- rungen der Dinge entlehnen ihre Formen der Gesellschaft. – Unterschied zwischen dem Gefhl der hnlichkeit und der Idee der Gattung. – Warum diese sozialen Ursprungs ist 216 III. Religiçse Bedeutung dieser Klassifizierungen: alle in i n h a lt 687 einem Clan klassifizierten Dinge nehmen an der Natur des Totems und seiner Heiligkeit teil. – Das kosmologische System des Totemismus. – Der Totemismus als Stammesreligion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Kapitel: Die eigentlichen totemistischen Glaubensvorstellungen (Schluß) 4. Das individuelle und das sexuelle Totem I. Das Individualtotem als Vorname; seine Heiligkeit. – Das Individualtotem als persçnliches Wappen. – Bande zwischen dem Menschen und seinem Individualtotem. – Beziehungen mit dem Kollektivtotem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 II. Die Totems der Sexualgruppen. – hnlichkeiten und Unterschiede zwischen Kollektiv- und Individualtotems. – Ihre Stammesmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5. Kapitel: Der Ursprung dieser Glaubensvorstellungen 1. Kritische Untersuchung der Theorien I. Theorien, die den Totemismus von einer vorangegangenen Religion ableiten: vom Ahnenkult (Wilken und Tyler); vom Naturkult (Jevons). – Kritik dieser Theorien . . . . . . . . . . 250 II. Theorien, die den Totemismus von Individualtotemismus ableiten – Ursprnge, die durch diese Theorien dem Individualtotem beigemessen werden (Frazer, Boas, Hill Tout). – Unwahrscheinlichkeit dieser Hypothesen. – Grnde, die die Prioritt des Kollektivtotems beweisen . . . . . . . . . . . . . . . 257 III. Die neue Theorie von Frazer: Der Konzeptions- und Lokaltotemismus. – Die petitio principii, auf der diese Theorie grndet. – Die Religiositt des Totems wird verneint. – Der Lokaltotemismus ist nicht primitiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 IV. Die Theorie von Lang: das Totem ist nur ein Name. – Schwierigkeiten, um von diesem Gesichtspunkt aus die Heiligkeit der totemistischen Praktiken zu erklren . . . . . . . 274 688 i n h a lt V. Alle diese Theorien erklren den Totemismus nur, wenn man religiçse Begriffe postuliert, die ihm vorangegangen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 6. Kapitel: Der Ursprung dieser Glaubensvorstellungen (Fortsetzung) 2. Der Begriff des Totemprinzips oder des mana und die Idee der Kraft I. Der Begriff der Kraft oder das Totemprinzip. – Seine allge- meine Verbreitetheit. – Seine sowohl physischen wie moralischen Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 II. Analoge Auffassungen in anderen niedrigen Gesellschaften – Die Gçtter auf Samoa. – Der wakan der Sioux, der orenda der Irokesen, das mana in Melanesien. – Beziehungen dieser Begriffe zum Totemismus. – Der arunkulta der Arunta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 III. Logische Prioritt des Begriffs unpersçnlicher Kraft vor den verschiedenen mythischen Gestalten. – Neue Theorien, die zur Anerkennung dieser Prioritt neigen . . . . . . . . . . 296 IV. Der Begriff der religiçsen Kraft ist der Prototyp des Begriffs der Kraft im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 7. Kapitel: Der Ursprung dieser Glaubensvorstellungen (Schluß) 3. Genese des Begriffs des Totemprinzips oder des mana I. Das Totemprinzip ist der Clan, aber unter sinnhaften Gat- tungen gedacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 II. Allgemeine Grnde, warum die Gesellschaft imstande ist, das Gefhl des Heiligen und Gçttlichen zu erwecken. – Die Gesellschaft als zwingende moralische Macht; der Begriff der moralischen Autoritt. Die Gesellschaft als Kraft, die das Individuum ber sich hinaushebt. – Fakten, die beweisen, daß die Gesellschaft das Heilige erschafft . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 i n h a lt 689 III. Besondere Grnde fr die australischen Gesellschaften. – Die beiden Phasen, durch die das Leben dieser Gesellschaften reihum geht: Zerstreuung, Konzentration. – Große Erregung whrend der Konzentrationsperioden, Beispiele. – Wie die religiçse Idee aus dieser Erregung kommt. Warum man die Kollektivkraft unter den Gattungen des Totems erdacht hat: weil das Totem das Wappen des Clans ist. – Erklrung der hauptschlichsten totemistischen Glaubensvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 IV. Die Religion ist nicht die Frucht der Angst. – Sie drckt etwas Wirkliches aus. – Ihr wesentlicher Idealismus. – Dieser Idealismus ist ein allgemeines Merkmal der Kollektivmentalitt. – Erklrung der ußerlichkeit der religiçsen Krfte in bezug auf ihre Grundlagen. – Vom Prinzip des: Der Teil steht fr das Ganze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 V. Ursprung des Wappenbegriffs: Die Sinnbildlichkeit, eine notwendige Bedingung der Kollektivvorstellungen. – Warum der Clan seine Wappen und Sinnbilder dem Tier- und Pflanzenreich entlehnt hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 VI. Von der Fhigkeit des Primitiven, die Reiche und Klassen zu verwechseln, die wir unterscheiden. – Ursprung dieser Verwirrungen. – Wie sie den Weg fr wissenschaftliche Erklrungen erçffnet haben. – Sie schließen die Tendenz zur Unterscheidung und zum Gegensatz nicht aus . . . . . . . . . . . . . . 347 8. Kapitel: Der Begriff der Seele I. Analyse des Begriffs der Seele in den australischen Gesell- schaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 II. Genese dieses Begriffs. – Die Lehre von der Wiederver- kçrperung nach Spencer und Gillen; sie beinhaltet, daß die Seele ein Teil des totemistischen Prinzips ist. – Prfung der Fakten, die Strehlow beschreibt; sie besttigen die totemistische Natur der Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 III. Allgemeingltigkeit der Lehre von der Reinkarnation. – Weitere Fakten zur Sttzung der vorgeschlagenen Genese 378 690 i n h a lt IV. Die Antithese von Seele und Kçrper: was an ihr objektiv ist. – Beziehungen zwischen der individuellen und der kollektiven Seele. – Die Idee der Seele kommt zeitlich nicht hinter der Idee des mana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 V. Hypothese, um den Glauben an ein Nachleben zu erklren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 VI. Die Idee der Seele und die Idee der Person; unpersçnliche Elemente der Persçnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 9. Kapitel: Geisterbegriff und Gottesbegriff I. Unterschied zwischen der Seele und dem Geist. – Die Seele der mystischen Ahnen sind Geister, die bestimmte Funktionen haben. – Beziehungen zwischen dem Ahnengeist, der individuellen Seele und dem individuellen Totem. – Erklrung des individuellen Totems. – Seine soziologische Bedeutung 402 II. Die Geister der Magie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 III. Die Zivilisationshelden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 IV. Die großen Gçtter. – Ihr Ursprung. – Ihre Beziehung zur Gesamtheit des totemistischen Systems. – Ihre Stammes- und berregionalen Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 V. Einheit des totemistischen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . 435 drittes buch die wichtigsten ritualhaltungen 1. Kapitel: Der negative Kult und seine Funktionen – Die asketischen Riten I. Das System der Verbote. – Magische und religiçse Verbote. Verbote zwischen heiligen Dingen verschiedener Gattungen. Verbote zwischen Heiligem und Profanem. – Letzteres liegt dem negativen Kult zu Grunde. – Die hauptschlichsten Typen dieser Verbote; ihre Rckfhrung auf zwei Haupttypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 i n h a lt 691 II. Die Befolgung der Verbote verndert den religiçsen Zu- stand der Individuen. – Flle, wo diese Wirkung besonders deutlich ist: die asketischen Praktiken. – Die religiçse Wirkung des Schmerzes. – Soziale Funktion der Askese . . . 454 III. Erklrung des Verbotssystems: Der Gegensatz zwischen dem Heiligen und dem Profanen, die Ansteckung des Heiligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 IV. Grnde dieser Ansteckung. – Sie kann nicht durch das Gesetz der Ideenassoziation erklrt werden. – Sie ist das Ergebnis des Außerhalbseins der religiçsen Krfte in bezug auf ihre Grundlagen. – Logisches Interesse dieser Eigenschaft der religiçsen Krfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 2. Kapitel: Der positive Kult 1. Die Elemente des Opfers Die Zeremonie des intichiuma bei den Stmmen Zentralaustraliens – Ihre verschiedenen Formen I. Die Arunta-Form. – Zwei Phasen. – Analyse der ersten Phase: Besuch der heiligen Orte, Ausstreuung des heiligen Staubes, Blutvergießen, usw., um die Vermehrung der Totemgattung zu sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 II. Zweite Phase: Ritualverzehr der Totempflanze oder des Totemtieres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 III. Deutung der vollstndigen Zeremonie. – Der zweite Ritus besteht aus einer Eßkommunion. – Grund dieser Kommunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 IV. Die Riten der ersten Phase bestehen aus Darbringungen – Analogie mit den Opferdarbringungen. – Der intichiuma weist also die beiden Elemente des Opfers auf. – Bedeutung dieser Fakten fr die Theorie des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 V. Von der vorgeblichen Sinnlosigkeit der Opferdarbringungen. – Wie man sie erklren kann: Abhngigkeit der heiligen Wesen in bezug auf ihre Glubigen. – Erklrung des Kreises, in dem sich das Opfer zu bewegen scheint. – Ursprung der Periodizitt der positiven Riten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 692 i n h a lt 3. Kapitel: Der positive Kult (Fortsetzung) 2. Die mimetischen Riten und das Prinzip der Kausalitt I. Natur der mimetischen Riten. – Beispiele von Zeremonien, bei denen sie angewendet werden, um die Fruchtbarkeit der Gattung zu sichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 II. Sie beruhen auf dem Prinzip: Das hnliche bringt das hnliche hervor. – Prfung der Erklrung, die die anthropologische Schule darber gibt. – Grnde, warum man das Tier oder die Pflanze nachahmt. – Grnde, warum man diesen Gesten eine physische Wirkung zuschreibt. – Der Glaube. – In welchem Sinn er auf der Erfahrung beruht. – Die Prinzipien der Magie kommen aus der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 III. Das obige Prinzip, verstanden als eine erste Form des Kausalittsprinzips. – Soziale Bedingungen, von denen das Kausalittsprinzip abhngt. – Die Idee der unpersçnlichen Kraft, der Macht, ist sozialen Ursprungs. – Die Notwendigkeit des Kausalurteils, erklrt durch die den sozialen Imperativen innewohnende Autoritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 4. Kapitel: Der positive Kult (Fortsetzung) 3. Die Darstellungs- oder Gedenkriten I. Darstellungsriten mit physischer Wirkung. – Ihre Bezie- hung mit den zuvor beschriebenen Zeremonien. – Die Wirkung, die sie hervorrufen, ist gnzlich moralisch . . . . . . . 545 II. Darstellungsriten ohne physische Wirkung. – Sie besttigen die vorherigen Ergebnisse. – Das Erholungsmoment der Religion; seine Bedeutung; seine Daseinsberechtigung. – Der Begriff des Festes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 III. Funktionale Zweideutigkeit der verschiedenen untersuchten Zeremonien; sie kçnnen untereinander ausgetauscht wer- i n h a lt 693 den. – Wie diese Zweideutigkeit die vorgeschlagene Theorie besttigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 5. Kapitel: Die Shneriten und die Zweideutigkeit des Begriffs des Heiligen Definition des Shneritus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 I. Die positiven Trauerriten. – Beschreibung dieser Riten 571 II. Wie sie zu erklren sind. – Sie sind keine Manifestation von privaten Gefhlen. – Die Bçswilligkeit, die man der Seele des Toten zuschreibt, kann auch keine Rechenschaft darber geben. – Sie hngen vom Geisteszustand ab, in dem sich die Gruppe befindet. – Analyse dieses Zustandes. – Wie er durch die Trauer endet. – Paralleler Wechsel in der Art, wie man die Seele des Toten begreift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 III. Andere Shneriten: nach einer çffentlichen Trauer, einer ungengenden Ernte, einer Drre, einem Sdlicht . . . . . 590 IV. Die zwei Formen des Heiligen: die reine und die unreine. – Ihr Antagonismus. – Ihre Verwandtschaft. – Zweideutigkeit des Begriffs des Heiligen. – Erklrung dieser Zweideutigkeit. – Alle Riten zeigen die gleichen Merkmale . . . . . . . 598 zusammenfassung In welchem Maß die gewonnenen Erkenntnisse verallgemeinert werden kçnnen I. Die Religion sttzt sich auf eine wohlbegrndete, aber nicht privilegierte Erfahrung. – Notwendigkeit einer Wissenschaft, um die Wirklichkeit zu erreichen, die diese Erfahrung begrndet. – Welches diese Wirklichkeit ist: die menschlichen Gruppierungen. – Der menschliche Sinn der Religion. – Der Einwand, der die ideale Gesellschaft der wirklichen entgegenstellt. – Wie man nach dieser Theorie den religiçsen Individualismus und den religiçsen Kosmopolitismus erklren kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 II. Was in der Religion ewig ist. – Der Konflikt zwischen der Religion und der Wissenschaft; er dreht sich einzig und allein 694 i n h a lt um die spekulative Funktion der Religion. – Wozu diese Funktion zu werden verspricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 III. Wie kann die Gesellschaft eine Quelle des logischen, d. h. des begrifflichen Denkens sein? Definition des Begriffs: er darf nicht mit der allgemeinen Idee verwechselt werden; seine Merkmale: Unpersçnlichkeit und Mitteilbarkeit. – Er hat einen kollektiven Ursprung. – Die Analyse seines Inhalts bezeugt dasselbe. – Die kollektiven Vorstellungen als Begriffstypen, an denen die Individuen teilhaben. – Der Einwand, sie wren nur unter der Bedingung unpersçnlich, wenn sie wahr sind. – Das begriffliche Denken tritt mit der Menschheit zusammen auf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 IV. Wie die Kategorien soziale Dinge ausdrcken. – Die Hauptkategorie ist der Begriff der Totalitt, der nur von der Gesellschaft erfunden worden sein kann. – Warum die Beziehungen, die die Kategorien ausdrcken, nur in der Gesellschaft bewußt werden kçnnen. – Die Gesellschaft ist kein alogisches Wesen. – Wie sich die Kategorien von bestimmten geographischen Gruppierungen zu lçsen versuchen . . . . 643 Einheit der Wissenschaft einerseits, der Moral und der Religion andererseits. – Wie die Gesellschaft ber diese Einheit Aufschluß gibt. – Erklrung der Rolle, die der Gesellschaft zugeteilt wurde: ihre Schçpferkraft. – Auswirkungen der Soziologie auf die Wissenschaft vom Menschen . . . . . . . . . . 643 Nachwort von Bryan S. Turner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Ethnographische Karte Australiens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680